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64 Schriften üb. Anlage u. Einrichtung von Irrenanstalten u. s. w.

folgenden Kapiteln wird die Siegbnrger Anstalt unter Beziehung
auf die angehefteten Plane und Risse beschrieben ; es werden In-
ventare, Lieferungs - Contrahte, Speisezettel, die Aufnahmsstatuten,
ein äufserst detaillirter Fragebogen, Dienstinstructionen für sämmt-
liehe Beamte, die Hausordnung, die auf das Kassen- und Rech-
nungswesen bezüglichen Notizen, mit einer ganz detaillirten Jah-
resrechnung und zuletzt eine tabellarische Uebersicht über Auf-
nahmen und Entlassungen der Siegburger Anstalt vom 1. Januar
1820 his 3i. December 1833, Alles mit einer Ausführlichkeit und
Vollständigkeit mitgetheilt, von der wir in diesem Fache kein
ähnliches Beispiel aufzuweisen haben. Eines Auszugs sind derartige
Mittheilungen nicht fähig, und eine in s Einzelne gehende Beur-
theilung würde zu weit führen. Nur im Allgemeinen erlaubt sich
Ref. die Bemerkung, dafs in den vorliegenden Regulativen ein
gewisses, freilich aus den edelsten Motiven hervorgegangenes Mifs-
trauen und ein Bestreben ersichtlich ist, für alle denkbare Fälle
Bestimmungen aufzunehmen , was man am Ende doch nie errei-
chen und bald genug bemerken wird, dafs solche sorgfältig aus-
gearbeitete Instructionen es nie weiter als zu einem papiernen
Leben bringen. Verordnungen aber, die nicht streng vollzogen
werden, sind unnütz, ja schädlich, weil durch sie das Ansehen
der Verordnungen überhaupt geschwächt wird. Wie die Ange-
stellten , so sind auch die Kranken mit zu grofser Aengstlichkeit
behandelt. Eine Einschränkung führt immer wieder andere herbei.
Vertra uen ehrt den vernünftigen wie den verirrten Menschen,
erzeugt wieder Vertrauen und beschwichtigt eine Menge schlim-
mer Dämonen , die im Mifstrauen leben und weben. Statt aller
ein Beispiel. Nie soll ein Zögling der Siegburger Anstalt Geld
in die Hand bekommen, also auch der nicht, welcher nach kurzer
Zeit, wie zuvor, wieder über Tausende zu verfügen haben wird,
und zwar hauptsächlich deswegen nicht, weil reichere Kranke
den W7ärter bestechen könnten ! ! Jacobi will, dafs diese Entzie-
hung durch Beweise eines gröfseren Vertrauens ersetzt werde
und gestattet keinem Kranken , auch dem genesenden nicht, ohne
Wärterbegleitung einen Ausgang über die Grenzen der Anstalt.
Wie viel man mit gröfserem Vertrauen ausrichten kann, das eben
scheint Jacobi nicht zu kennen. Ref., der seit neun Jahren
mit einem wenig zahlreichen Wärter - Personale und unter man-
chen ungünstigen Verhältnissen über 200 Seelengestürte zu be-
sorgen hat, sah sich öfter genöthigt, den Kranken mehr Freiheit
zu gestatten, als ihm räthlich schien, hat aber dabei erfahren,
dafs man den Kranken mehr vertrauen darf, viel mehr, als man
gewöhnlich glaubt, und dafs bei dem Allem Ruhe, Ordnung und
Gehorsam mehr gepflegt wird, als bei so vielen ängstlichen Vor-
kehrungen, die oft weniger einen Excefs zu verhüten, als viel-
mehr den Kranken zu einer raffinirten Ueberschreitung heraus-
zufordern scheinen.
(Der Beschlufs folgt.)
 
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