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N°. 38. HEIDELBERGER 1836.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Historisch-kritische Darstellung der Theorien über das Wesen und den Sitz
der psychischen Krankheiten von Dr.J. B. Friedreich. Leipzig 183(),
lei Wigand. 8. 3»4 S. — 3 fl. 18 kr.
(B&schluf s.)
Nicht blos das Gehirn sondern der ganze Centraltheil des
Nervensystems hat eine solche, in den verschiedenen Theilen ver-
schiedene psychische Sphäre. — Es ist hier mit den psychischen
Erscheinungen ähnlich wie mit dem Schmerze , der häufig ein
Symptom von andern Krankheiten ist, aber auch das Wesentliche
der Krankheit (als Neurose) ausmachen kann. Ich erinnere ferner
an Hysteria und Hypochondria cum et sine materia.
Von diesen eigentlichen psychischen Krankheiten sind nach
der Seite der Seele hin noch die moralischen Fehler zu unter-
scheiden, an denen auch der körperliche Zustand mehr oder we-
niger Theil nimmt, in denen aber das Wesentliche der abnorme
Zustand der Seele selbst ist.
Wenden wir uns nun zu der Beurthefiung der vorliegenden
Schrift , so müssen wir unsere Meinung darüber offen beken-
nen und Andern überlassen, in wie fern dieselbe begründet
sey. Das Historische, nämlich die Anführung der verschiedenen
Meinungen , ihre Eintheilung und Darstellung verdient alle Aner-
kennung der Verdienste des fleifsigen Literators 5 aber mit der
Kritik ist es nicht dasselbe. Dazu wäre eines Theils eine gründ-
liche psychologische Untersuchung, als allgemeiner Anhaltspunkt
für die Beurtheilung nöthig gewesen, welche wir in der Ansicht
des Verf. von Leben, Seele, Kraft und Materie keineswegs finden,
und anderntheils eine hinreichende eigne Beobachtung psychischer
Krankheiten, welche sich in den Schriften des Verf. überhaupt
nicht zu erkennen gibt, die er in dem vorliegenden Werke, bei-
läufig gesagt, 57 Male, also im Durchschnitt alle 6 Seiten einmal
citirt. Ich gestehe gern zu, dafs der Verf. viele Bücher über psy-
chische Krankheiten kennt, aber nichtsdestoweniger möchte ich
ihm den Rath geben , wenn er zur Beurtheilung des Gegenstan-
des selbst sich wenden will, sich an das Studium eines Buches
zu machen, in dem keine Irrthümer, wie in manchen andern
stehen, und aus dem man immer sicher ist zu lernen; ich meine
das Buch der Bücher —- die Natur, dafs er aber, bis er diefs
studiert hat, es Andern iiberläfst, die Natur der psychischen
Krankheiten zu bestimmen, denn nur dadurch und nicht durch Zu-
sammenschreiben aus Büchern kann die Wissenschaft wirklich ge-
fördert werden.
Heer m a n n.

XXIX. Jahrg. 6. Heft.

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