Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
592

Friedreich; Theorie »her das Wesen und den Sitz

Organen den Sitz der psychischen Krankheiten annehmen, und
gibt dann die verschiedenen Modificationen der ersten Meinung an.
Die Meinung, dafs auch in andern Theilen der Sitz der psy-
chischen Krankheiten seyn könne (S. 243 ff.) verwirft er, nach
des Ref. Meinung, irriger Weise. Zu der Gemüthsstimmung
steht der Zustand der Gangliennerven in näherer Beziehung als
das Gehirn, was hier näher zu begründen, zu weit führen würde.
Unter andern Beweisen für die Meinung, dafs das Gehirn allein
Seelenorgan sey, führt der Verf. auch den specifischen Geruch
(S. 279.) in psychischen Krankheiten an, der auch bei reinlich
gehaltenen Kranken nie fehle. Als Beleg für seine Meinung führt
er Burrows an, der nicht sich bedenken würde, danach allein
einen Menschen für wahnsinnig zu erklären. Was ich dazu sagen
soll, weifs ich wirklich nicht. Die Richter können nun die Aerzte
entbehren, um über zweifelhafte Seelenzustände Gutachten ein-
zuholen ; sie brauchen sich nur Hunde abrichten “zu lassen. Der
specifische Geruch ist-— einige Fälle abgerechnet, wo, wie auch
bei andern Kranken, Athem oder Hautausdünstung übel riechen
-— nichts anders, als eine Ausflucht für nicht gehörige Reinlich-
keit. (Vgl. Jacobi’s Beobachtungen über Pathologie und Therapie
der mit Irreseyn verbundenen Kraukheiten lr Band. S. 109 ff.)
Diesen specifischen Geruch bringt nun der Verf. mit dem Ge-
rüche des Gehirns zusammen.
Von Seite 184. geht er zur Meinung derer über, welche die
psychischen Krankheiten nicht als eine besondere Krankheitsklasse
anerkennen und führt Combe und Jacöbi an, von denen jener sie
als Symptome von Gehirnkrankheiten , dieser als Symptome von
den verschiedensten Körperkrankheiten ansehe. —-
Der Verf. selbst ist übrigens der Meinung, dafs die psychi-
schen Krankheiten bald idiopathische, bald consensueile Krank-
heiten des Gehirns, aber einzig und allein dieses Organes seyen.
Endlich S. 3oi betrachtet er noch die vermittelnde Theorie
und insbesondere die Meinung von Groos, dafs von psychischer
Seite eine mangelhafte Ausbildung der Seelennatur des Menschen,
von somatischer aber bestimmte , die Seelenverrichtungen störende
Einflüsse des Körpers zur Entstehung der psychischen Krankheiten
concurrirten.
Ehe wir nun nach dieser Uebersicht über die vorliegende
Schrift zu einem Endurtheile gehen, sey es dem Ref. erlaubt,
seine eigne Ansicht vom Wesen der psychischen Krankheiten aus-
zusprechen. Seiner Meinung nach gibt es einestheils krankhafte
psychische Erscheinungen, welche symptomatisch bei andern Krank-
heiten auftreten, z. B. das Delirium in exanthematischen Fiebern,
Aergerlichkeit bei Lungenschwindsucht; — anderntheils eigent-
liche psychsiche Krankheiten, bei denen der Mittelpunct der
Krankheit in der psychischen Sphäre des Nervensystems ist, wel-
che, wie sich aus vielfältigen Beobachtungen ergibt, nicht immer
mit den übrigen Verrichtungen des Nervensystems in gleichem
Zustande ist.

(Der Eeschlufs folgt.)
 
Annotationen