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HEIDELBERGER

N°. 31. HEIDELBERGER 1836.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Matthäi, Gutachten über die Verurtheilung des Lieute-
nants Emile de la Ronciere.
(Besch l u f s.)
Zu 3) Es bleibt also nur das ■— fast vereinzelt stehende —
Zeugnifs des Fräuleins von M. übrig. Wenn man aber annehmen
bann, dafs ein Zeuge, der einen Andern beschuldiget, sich selbst
durch diese Beschuldigung entschuldigen wolle, (und so viel kann
und darf man in dem vorliegenden Falle allerdings annehmen,)
ist wohl ein solcher Zeuge für vollgültig zu halten ? soll gegen
einen solchen Zeugen dem Angeklagten die Vermuthung der Un-
schuld nicht zu statten kommen? Jedoch, es kam noch über-
dies bei der gerichtlichen Verhandlung der Sache ein Umstand
zur Sprache, welcher, wenn er genugsam aufgeklärt oder in Ge-
wifsheit gesetzt worden wäre , die Glaubwürdigkeit des Fräuleins
von Morell , (diese immer nur als Zeugin betrachtet,) nicht we-
nig zweifelhaft machen würde. Das Fräulein äusserte im Monat
Juli i834 gegen die Mutter, gesehen zu haben, wie sich ein Mann
in die Loire bei Saumur gestürzt habe , aber von den Schiffern
gerettet worden sey. Diese wollten, über den Vorfall, jedoch
erst nach einigen Monaten, befragt, von der ganzen Sache nichts
wissen. Der Vertheidiger hatte unterlassen, sich nach Zeugen
umzuthun, welche über die von dem Fräulein von M. behauptete
Thatsache genügende Auskunft geben konnten. Dem Fräulein
von M. wurden nickt einmal Fragen über jene Aeusserung vor-
gelegt. (Ueberhaupt wollte es Refn. bedünken , dafs vor einem
englischen Gerichtshöfe die Zeugin anders verhört worden seyn
würde, als sie vor den Assisen des Departements der Seine ver-
hört worden ist.) '
Ungeachtet aller dieser Einwendungen und Zweifel steht der
Beschuldigungsbeweis, diesen für sich betrachtet, noch immer
fest genug. Man kann oder man mufs sogar zugeben , dafs sich
der Spruch der Geschwornen , nach der Beweistheorie des fran-
zösischen Rechts, mit genügenden Gründen vertheidigen läfst,
sobald man nur den Besch ul d igungs beweis ins Auge fafst.
Die Frage ist also die: Ist ein Gegen- oder Entschuld i-
XXIX. Jabrg. 5. Heft 31
 
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