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N°. 19. HEIDELBERGER 1836.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Gedichte von E. Ferrand. Neue Sammlung. Berlin. Stuhr. 1835. 8.
X und 300 S.
Diese neue Sammlung lyrischer Gedichte des Yerfs., die
Ref. nach seiner Novellensammlung zur Hand genommen ,. kann
zur Bestätigung des Urtheils dienen, was er über die letztere
gefällt hat. Sie beweist in der Tbat, dafs alles Wahre und Na-
türliche in jenen Novellen dem Dichter, und die Unnatur nur
dem Zeitgeschmack angehört. Die Liejder- dieser Sammlung sind
nicht nur gewählter, als die der ersten, und bei'vielen ist ein
Fortschritt in der Kunstbildung bemerklich ; sondern in ihnen ist
nur selten eine Spur von jenem krankhaften Hochmuth und Hohn-
gelächel zu bemerken, welche in den Liedersammlungen so vieler
jungen Dichter Mode geworden sind, und einige Produkte der
ersten Sammlung entstellt haben. In der That ist auch nichts
unbildlicher, als die blinde Nachahmung nicht nur eines Dichter-
( tons, sondern einer ganzen Dichterindividualität ; das Publikum
hat dieses längst empfunden und wendet sich deswegen bereits
mit Ekel von den todten Nachgeburten der Heiner’scben Muse,
die diesem Dichter selbst am widerlichsten seyn müssen, ab.
Möchten sich auch die Dichter selbst endlich überzeugen lassen.
Gewifs ist unser Verf. auf dem rechten Weg. Seine ganze Poesie
ist wieder den einfachen , natürlichen Freuden und Leiden der
Jugend, ihrer Hoffnung, ihrer Liebeslust und ihrem Liebes-
kummer zugekehrt, und während andre, um sich interessant zu
machen, frech, heraussingen :
Ich habe oft geliebelt
Auf meinen-Pilgerbahn —
und : - _ . •'_•
Ich ffSbersö'gar um M a n c h,e
Ein Stündchen fastTgeminnt —
so spricht es für uirsern Dichter nicht w'eliig, dafs er diese ganze
Sammlung von Jugendliedern Einer und derselben Geliebten de-
diciren kann. Jene gewohnten Gefühle begriffen wir auch in
Jugendgedichten immer wieder gern und sie erscheinen uns neu,
sobald sie von jungem Leben frisch durchempfunden und von
dem nachdichtenden Geiste mit Wahrheit dargestellt worden
XXIX. Jahrg. 3. Heft. 16
 
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