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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0006

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gehalte der etatmägigen Beamten au^ rund 2554000
Mark. Nach den angestellien Berechnungen wird ver
mutmaßliche Zuwach; >n deu kommendcn beiden Jihren je
140000 Mk. bctrage:!. Der Zuwachs !i; dcn Ruhegehal-
ten der Äolksschullehrer ist auf ctwa lO OOO 'Mk berechnet.
Der Jahresstand wird darnach im koinmenden Jahr auf
516 000'Niark anwacksen.

60 Karlsruhe, 1. Jan. Als N a ch k l ä n g e
zum Heidelberger Unglück kanu ein Erlatz der
Generaldirektion der Eisenbahnen bezeichnet werden, der
anordnet, datz Beamte, die eben das Atindestalter von
21 Jahren überschritten haben, wie es bei deni Weipert
der Fall war, und die denigeinätz im praktischen Fahr-
dienst noch nicht erfahren sein können, znm Fahrdienst
auf der Hauptbahn nüt dichtem Zugverkehr oder auf an-
deren wichtigen Fahrdienststationen in der Regel nicht
Zugolassen werden sollen, autzer wenn der betresfende
Beamte schon vorher auf der Station im Abfertigungs-
dienst längere Zeit verwendet war nnd die Verhältnisse
kannte. Äuch mutz er die Fahrdienstprüsung mit durch-
aus gutem Erfolg abgelegt und gezeigt haben, datz er
allen Anforderungen gewachsen ist.

Hesscn.

Darm st adt, 81. Dez. Der G r o ß h e r z o g, so-
wie der Grotzfürst und die Grotzfürstm Sergnis von Rntz-
land sind hente Vormittag hier eingetroffen. Jn Ber-
lin hatte sie der Kaiser zur Bahn begleitet.

Württemberg.

Stuttgart, 81. Dez. Die Generaldirektion der
Staatseisenbahnen hat sich entschlossen, wegen geringer
Benutzung 26 Per s o nenz ü g e vom 1. Januar ab
ausf allenzu lassen.

A«s der Karlsrnhe? Zeit««g.

- Seine Königlichc Sohcit der G r otz b e rz o g haben dic
Steu-rkomwissä!- Fricdrick Mekmer in Tauberbis-tioisherm
und Narl Ludwig in Waldshut und dc» Rcvvor Arihur
Odenwald bei der Zolldireklion landcsherrlich angesicllt.

— Erpeditionsassiüent Heinrich Diehl in Emnundingen
wurde nach Maunhnm versetzt. Erp-ditionsassckt-nt Franz L t, ch
in Renchen wnrde mii Versehung der Slation-verwaltersiehe da-
selbst betraut. „ .

Karlsruhe, 31. Dez. Der Grotzherzog
hörte vou 10 Uhr au bis halb 1 Uhr die Vortrage des
Generaladjulanten Generalleutnants vou Muller, des
Staatsrats Freiherrn von Dusch und des Staatsmmi-
sters von Brauer. Zur Frühstückstafel erschieu die
Prinzessin Wilhelm. Nachmittags halb 3 Uhr erhwlteu
die Grotzherzoglichen Herrschaften den Besuch des Prm-
Zen Karl imd der Gräfm Rhena. Danach empfmg
der Grotzherzog den Kaiserlichen und Königlicheu Ritt-
meister Freiherru von Wersebe, welcher die beiden Prm-
zen von Cumberland hieher begleitet hat. Hierauf be-
suchten der Grotzherzog und die Grotzherzogm deu Gat
l'sriedirektor Professor Thoma. Später nahm der
Grotzherzog den Vortrag des Geheimen Legatwnsrats
Dr. Freiherrn von Vabo entgegen. ^Um 6 Uhr nehmen
die Höchsteu Herrschaften an dem Schlutzgottesdienst m
der Schlotzkirche teiü_-

Ausland.

Schweiz. ... -

Bern, 30. Dez. Die bernische Regierimg beschlotz
heute, den Berner Oherland-Bahnen gemätz einer
Bestimmung der 1887 erteilten Konzession den Rückkauf
anzukündigen. Die gekündigten Linien sind Jntcrlaken-
Lauterbrunnen und Jmerlacken-Griadelwald.

Basel, 31. Tez. Jn der gestrigen Nacht- uud
Schlutzsitzuug des Ziouistenk o u gresses wurde
beschlosseu, das Aktionskomikee nköge die atronal-
bibliothek iu Jerusalem subventionieren und die Frage
der Gründung eiuer jüdischen Hochschule üuem sorg-
fältigen Studium uuterzieheu. Mik einem Hoch aus
deu Vorsiheudem Theodor Herzl uud unter Absingung
hebräischer ziouistischer Lieder wurde der Kougretz nm
4 Uhr geschlossen.

Belgien.

Brüsse l, 31 Dez. Die Volkszählung hat
ergebeu. datz die Bevölkeruug Belgieus gegeuwärtig
6 603 000 Persvueu beträgt. Die Bevölkeruug Belgiens
hat sich also in den letzten zehn Jahren um 634 000 Per-
soueu vermehrt. Hierdurch wird die Wahl von 14 neuen
Abgeordueteu uud Senatoreu uotweudig.

Frankrcich.

— Jn der Kammer beklagte fich kürzlich der Abge-
ordnete d'E st o u r n e l l e s über das Ueberhandnehmeu
der politischeu Karikaturen uud der unanständigen Abbil-
duugeu in Frankreich. Er führte uach der „Kölnischen
Zeitung" aus:

Die politische Karikatur hat alles Matz überschritten.
(Zuruf: Das ist in andereu Länderu auch so!) Dann ist
es beklagenswert, aber ich glaube, dah in Fraukreich
der Mihbrauch am gröhten ist; auch haben wir keiuen
Grund, die anderen Länder darin nachzuahmen oder
gar sie zu übertreffen. (Zuruf: Wir thun es wenigstens
mit mehr Geist!) Jch bin kein Tugendprediger, aber
ich stelle fest, datz das Ausland, welches in Frankreich

erkälteu, gleich iu der Hausslur warteteu, uud die die
Treppe herabkommeuden Dameu Spiehruten laufen
lietzen. Jm Jnteresse ihrer weiblichen Beamten selbst
hat daher die Oberpostdirektion die Verfügung ergeheu
kassen müssen, nach welcher sie die Mholungsszene
nicht unmittelbar an die Schwelle des Dienstgebäudes
gelegt habeu Ivitl. Jeder Schuldirektor, der Lehrerin-
ueu zu seinem Kollegium zählt, und jeder Geschäftsiu-
haber, der weibliches Presonal beschäftigt, würde das
gerade so wacheu Und die grotze Mehrzahl der Tele-
phonistiimen ist dankbar für diese Verfügimg gegeu daS
,/Abhokeu au der Schwelle".

— Der Hauptschmerz: „Dah i Zahnweh hab', sell thut
,nx; aber sell ischt arg: i' ka' moi'm Hnndle net pfoise!"

— Jm Eifer. Passagier: „. . . Was, schou wieder eiue
Zugsverspäiungd l Da hört sich doch alles aufl . . . Geben Sie
'mal das Beschwerdebuch her! . . . lNach zehn Minuten):
So, das kann stch die Direktiou hinter den Spiegel stecken. . .
Kommt deuu der Zug immer uoch nicht?" — Stationsvorsteher:
„Der ist eben abgefahren, mein Herrl"

das Land des Geschiuacks, der Aumut uud der Gastlichkeit
sieht, Auslotz uimmt au dieser Zoteuiudustrie uud au die-
sen Karikatureu und die Fremden beweisen das dadurch,
dah sie Paris meideu. l Zuruf: Sie sind doch zur Aus-
stelluug gekommeu!) Sie irreu sich! Tausende vou Aus-
länderu haben aus diesen Grüudeu es vermieden, die
Pariser Ausstellung zu besucheu, und wir siud um Mil-
lioneu gekommen. Die Fremden geheu jetzt nach der
Schweiz, nach Deutschlaud. Fragen Sie unsere groheu
Schneider, Goldschmiede, Lurushändler, auch tmsere
Jndustriellen, Kaufleute, Landwirte dte Badeorte. Vor
alleni vermeideu es Familieu, uach Fraukreich zu kom-
meu, uur die Lebemänner ziehen wir au. Gaston Des-
champs hat im „Temps" berichtet, datz die Amerikaner
sich über unsere pornographischen Schaustelluugcu iu
Bücheru uüd Zeichnungeu aushalten, und Heuri Turot
hat uns davou unterrichtet, datz verschiedene unserer
illustrierjlen Veröffeutlichungeu selbst iu Japan ver-
boteu sind. Uud fur wen geschieht das alleS? Zur
niedrigen Befriediguug einiger tausend kosmopolitischer
Lebemäuner uud zum Schadeu von 38 Millionen Fran-
zoseu. (Sehr gnt! aus verschiedeuen Bänten.) Der
Ministerpräsideut Waldeck-Rousseau gab dem Vorreduer
die bestehendeu Gefahreu zu uud versicherte, dah die
Regierung ihren Aussichtsorgaueu das Gesetz von 1898
zur Verfolguug der poruographischen Zeichuungen neu
eiüschärfen werde. Hiusichtlich der politischen Satiren
aber geuüge immer noch das Gesetz von 1884, daS die
gerichtlichen Verfolgungen nur auf Grund sormeller
Klagen des bcleidigten Teiles zulasse.

Eugland.

L o n d o n, 30. Dez. Jn dem Dorfe Netz auf der
Hebrideuinsel Levis kam es am Samstag zu einem Auf-
ruhr. Die Polizei, die vvm Festlaude dorthin gekom-
men war, wurde von den Einwvhneru des Dorfes in die
Kirche getrieben; sie ergab sich nach sechsstllndiger Be-
lagernug uud räumte deu Platz. Der Aufruhr war
die Folge der Vereiuiguug der schottischeu United Pres-
byteriau Church mit der Free Church, welche die Jnsel-
bewvhner sich weigern anzuerkenuen. Die Polizei-
macht verstaud sich dazu, die Jnsel zu verlassen. Wahr-
scheiulich werdeu Soldaten dvrthiu gesaudt werden, um
gegeu die Aufrührer vorzugeheu.

Jtalien.

R o m, 31. Dez. Der sozialistische Abgeorduete
Ferri wurde geiteru iu Torre Annunziata, wo er eine
Rede halten wo.llte, vou der Bevölkerung so feindselig
empfaugeu, datz er nur mit kuapper Not uud uuter Po-
lizeilicher Bedeckuug den Bahuhof wieder erreichen
konute.

Asicn.

Pekiug, 30. Dezember. Der russische Gesaudte
Lessar hat den Bevollmächtigten der chinesischeu Re-
gierung mitgeteilt, datz Rutzlaud es ablehne, einc
Veräuderuug des Vertrages über die Mantschurei vorzu-
nehmeu. Die Verhaudlungen sind thatsächlich auf dem
toten Puukt augelaugt. Man erwartet, datz der chinesische
Hof am 7. Ianuar Paotingfu mittels Souderzuges
verlassen werde, um uach Pekiug zurückzukehren.

Amerika.

—' Da Deutschlaud möglicherweise in die Lage
kommt, seine Eütschädigungsansprüche an die Republik
Veuezuela mit Gewalt zur Geltuug zu bringeu,
so sei über Veuezuela nach der „Köluischeu Zeituug"
Folgendes bemerkt: lluter der Bevölkerung, die man
trotz der Ilnzuverlässigkeit aller bisherigen Zählungen
jedeufalls auf weit über zwei Millioneu beziffern kann,
machen die herrschenden Familien vou reiu weitzem,
oder fast reiu weitzem Kreoleublut kaum 12 Prozent
aus, während man die Negersprößliuge auf mindestens
50 Prozent und dic indianischen Urbewohner auf etwa
30 Prozent veranschlagt. Gauz Venezuela wurde 1528
von Kaiser Karl dem Füuften als spauisches Lehen
an die Augsburger Bankierfamilie Welser abgetreten,
aber 17 Jahre später wegen angeblich schlechter Ver-
waltuug wieder eingezogen. Ueber diese früheste deutsche
Kotonialerwerbung haben vor einer Rmhe vou Jahreu
bayerische Gelehrte umfaugreiche Nachforschuugen in den
spanischen Archiven angestellt. Es hat sich dabei heraus-
gestellt, datz von deutscher Seite zwar manche Mitzgriffe
begaugeu wordeu sind, aber doch keiue derartigeu, daß
nicht bei längerer Dauec der deutschen Herrschaft gute
Erfolge zu erwarten geweseu wären. Ju Wahrheit ist
den Welseru Venezuela nicht wegen ihrer groben Fehler
verloren gegangen. soudern weil sich bei der damaligen
Weltlage der deutsche Besitz iumitten des umgebenden
nnd vorherrschenden Spaniertnms nnmäglich anf die
Daner hätte erhalten können.

— Um die Hebung Venezuelas haben sich auch in
ncuerer Zeit dentscher Geist und deutsches Kapital be-
müht; insbesoudere ist die Eisenbahn, welche die beiden
grötzten Städte des Landcs verbindet, ein deutsches Unter-
nehmen. Die Repierung hat der Bahn gegenüber Ver-
pflichtungen übernommen, crfüllt diese aber nicht. Außcr-
dem hat der Präsident den Betrieb jüngst einstcllen lassen.
Das sind mit die wichtigsten Beschwerdepunkte Deutschlands.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 2. Januar.

X Aus dem Stadtrat. Jn der Stadtratstitzung vam
31. v. Mks. wurden u. a. folgende G-genstände zur KenniniA
bezw. Erledigung gebracht:

1. Jm Notiember v. Js. wurden 451 Stück Großvieh nnd
2140 Stück Kleinvieh im Schlachthaus geschlachtet, auf dem Vieh-
hof aber 73 Stück Großvleh sowie 1837 Stück Kleinvieh zum
Verkans gebracht.

2. Nach der Zusammenstellnng der Stadtkasse haben die
Verbrauchssteuern im November v. Zs. 12 425 Mark 46 Pfg.
ertragen.

3. Das Ergebnis der Christbaninversteigerung vom 12.
v- Mts. mit elnem Erlös von 1021 Mk. 50 Pfg. wurde genemigt.

4. Die Lieferung des städtischen Bedarfs an Grubenkies fllr
die Feldwege wurde dem Joseph .Stephan dahier um sein Sub-
missionsangebot übertragen.

5. Der Antrag der Gaswerksdirektion hinsichtlich der Er-
stellnng eines Magazingebäudes auf dem Gaswerke wurde ge-
nehmigt.

6. Den Vorschlägen des städtischcn Forstamtes bezüglich der
Verbesserung der Verpflegungsverhältnisse der städtischen Wald-
arbeiter, welchen die Gelegenheit gegeben werden soll, täglich im
Walde abzukochen, wurde zngestimmt.

k DaS neue Zahr ist bier iu der Sqlvesieruacht in der üb-
lichen Weise begiüßt woiden. Der Lärm war nicht größer, aber
auch nichl geringer, als sonst auch. DaS Adbrennen von Feuer»
werksköipern iü etn Vergnrgen, das sich die Jugend, aber
auch manche ällere Leute nicht nedmen lassen. Als um 12 Uhr
die Glocken zu läuten anfirgen, erscholl auf den Gassen und zu
den Fenstern binaus, rro immer Leute einander -rblickten, ein
mebr oder minder kräftigeS: Prosit Neujahr! Die Neuen-
beimer Bevölkerung wurde beim Anbruch de» neuen Jahres itt
angenehmer Weise durch das Läuteu sämtlicher Glocken der
neuen Kirche überrafcht. Gsspannt lauschle Alt und Jung den
friedlich ernst-n Tönen. Am Neujahrstage srüh 7 Uhr rückte die
hiestge MililärkaveUe, somie das Trommler- und PfeiferkorpS
aus und ner!ündete, enyte und heitere B.-ei>en spielend, den
Heidclberg-r Einwohnern d n Anbruch des ersten Tages im neuen
Jahre. Um It Ubr brachtc die MtlitärlapeUe ln der B:Srrarckst:aße
cin Siändchen. Wie ongekündigi, eröffneie am Nachmittag dcs Neu-
jahrslages die „Karnevaisgeselischast Heidekberg-
Neu enheim" die Karncvaisaison durch eine festliche Auffahrt
des Elferrais ia vollem Ornat. In 5 Wagen kamen sie nach-
mittags um 2 Uhr dahergcfahren Purpur- und hermeiin-
verbräack waren ihre Gewänder, und Na renkappen der Kutscher.
und Herren veirieien ihre Abstcht, der Weit zu verkänden, daß
nuitmehr Prinz Karnevals Herrscherzeit «ekomwen ist, und daß
dicscr Fürst, wenn auch nur kurze Zeit, dieses Jahr seh r
energisch dns Szepter fühcen will.

(I) Die hiesige freie Vereinigung der Hotelbesitzer hat mit
dem !. Januar eine Konvention in Kraft treten lassen, die
zum Zwecke hat, einem Shstem der Fremdeiwerschleppung
Ivie es an nnserem Bahnhof leider besteht, ein Ende zu
machen. Es wnrde den Gepückträgern eine Neujahrsgratifi-
kation überwiesen, mit dem ansdrücklichen Hinweis seitens
drr beteiligten Geber, datz in ihren Häusern keine Sonder-
gratifikationen, sogenanntes Kopfgeld, mehr verabfolgt tver-
den. Dieser Abmachung sind beigetreten die Besitzcr nach-
folgender Hotels: Bayerischer Hof, Darmstädter Hof, Euro-
päischer Hof, Grand Hotel, Hotel Prinz Karl, Kohthofhotel,
Hotcl Reichspost, Hotel Ritter, Schlotzhotel und Bellevue,
Hotel Schrieder, Hotel Victoria.

Zu der Frage des Wiederaufbaues des Heidelberger
Schlosses. Nachstehende Berliner Architekten erlaffen
folgende Erklärung: Die unterzeichneten Architekten erklären sich
hiknnil grundsätzlich gegen den Wiederaufsau weiterer Teile
des Heidelbergcr Schlosses. Nach ihrer Ansicht wird auch dis in
Aussicht genowmene Wiederherstellung des Otto-Heinrichbaucs
das Bild vernichten, welchcs seit Jahrhunderten durch seine un-
vergleichliche Schönheit das deutsche Volk begeistert bat und ein
Besitz der ganzm gebildeten Welt geworden ist. Die Unter-
zcichncten eiachten es als eine Pflicht der deutschen Architrkten,
die Ruine des Heidelberger Schlosses lediglich gegen Ber-
sall zu schützen, ohne den gegenwärtigen Gesomteiüdruck zu
verändern. Berlin, den 29. Dezember 1901. Eggert. Geßner.
Geyer. Graef. Grtsebach. L. Hoffmann. v. d. Hude. Jhne.
Kieschke. Krocgcr. March. Messel. Reinhard. ReuterS. O.
Ricth- Roensch. Schaede. Schmieden. Schwechten. Sebring.
Siedle. SLßengutb. Ttede. Vollmer.

** Das nene Adrehbuch von Heidelberg ist mit gewohnter
Pünktlichkeit zur Jahreswende im Verlag von I. Hörning
erschicnen. Ter staitliche, sauber ai'sgefübrte Band tst von
494 Seiten im Vorjahr auf 518 augewachsen, ein Beweis, wie
sehr der HerauSgcber bemüht war, das Buch den Veränderungen
und Fortschritten be- Jahres anzupaffen. Jn allcn Teilen sind
verbessernde Ergänzungen vorgenommen, ob es nun der Ab- und
Zugang von Einwohnern oder die Veränderungen bei den Be-
hördcn oder neucntitandene Vereine und Anstalten betrifft. Von
ganz besonderer Wichtigkeit ist auch, daß alle im üaufe des Jabres
erlassenen ortspolizeilichen Vorschriften und sonstigcn gesetzlichen
Verordnnngen neu aufgenommen sind. deren Kenntnis ost vor
Strase schützt. Ein alpha'octisches Straßenverzeichnis am An-
sang des Buches erleichtert das Auffinden der Straßen vesoudcrs
in den Stadtteileu Nencnhcim nnd Handschuhsheim, soweir
letzteres in diesem Jahre scbon berücksichtigt ist. Dem Buche ist
ein hübscher Stadtplan und ein Plan des Stadttheaters beige-
geben und es ist zu wünscheu. daß ihm bei scinem billigen Pretse
von nur 3.50^L ein recht zahlreicher Abnehmerkreis beschieden sein
möge. Das Buch ist durch alle Buch- und Schreibwarenhand-
lungen zu beziehen, ferner durch den Verlag der „Heldelberger
Zcitung" und dre Universitäts-Buchdrnckerei I. Hörntng, Haupt-
straße 55

8 Plötzlicher Tod. Ztmmermeister Friedrich Weber von
Schlierbach hatte für die am Sylvcsterabend geplante Feier der
Verlobung seines Sohnes einige Einkäufe dahicr gcmacht und
befand sich ab,nds 6 Uhr auf dem Heimweg. Am Karlsplatze
wurde der Genannte von einer plötzlichen Atemnot befallen und
hielt sich an einem Baum. Einem jungen Mann, der thm helfend
beiiprang, sank er bewußtlod tn dic Arwc uud starb auf dem
Transport zum Polizeiwochtlokal im Rathause. Ein herbeige-
rufener Arzt konnte nur noch dcn durch einen Schlaganfall herdei-
gesührten Tod konstatieren.

** Die beim Gisenbahnunglück am Karlsthor Berletzte»,

bezw. deren Hinterbliebene, stnd nnn, wic wir hörcn, zu einem
größercn Teil von der Generaldirektion entschädizt worden, doch
schweben gerade in einigen der schwersten Fälle noch di- Ver-
handlungen. Frln. Kölling. die beide Beine v-rlor. hst 90000
Mark erhalten. Manche der Verletzten haben entschieden über-
triebene Forderungen gestellt; so wird erzählt. daß in einem
Faüe 100000 Mk. gefordeit wurden und schließlich einigte man
sich auf 2000 Mk. Ju onderen Fällcn waren die Forderer zu
bescheiden. So hat stch ein als Passagier verunglückter Bahn-
beamter mit seiner einfachen Pensionicrung beguügt, ein anderer
mit der Versetzung auf einen wenig anstrengenden. aber auch
wenig einträglichen Posten. Jm Allgemeinen klagen die Verun-
glückten, daß die Verhandlungen sehr schleppend verlaufen seien.
Zn einer gerichtlichen Entschetdung ist es, soviel uns bekannt,
bis jetzt in keinem Falle gekommen, was immerhin ein günstiges
Zeichen ist.

Zur Vegnadigung des Weipert wird noch aus Karlsruhe
geschrieben: Tie Nachricht, daß dem Expeditionsgehilfen Weipert
auf dem Gnadenwege etn Monat seiner Strafe erlüssen worden
sei, bedarf der Berichtigung. Das Gnadengesuch Weiperts ist
letder erfolglos geblieben; dagegen ist ihm in Aussicht gestellt
worden, daß er für den Fall, daß seine Aufführung tadelloS
blcibt, ein Monat vor Ablauf der 8monatigen Gefängnißstrafe
auf Urloub entlassen wird. Auch die Bemerkung, daß Weipert
beabsichtige, wieder in den Eisenbahndienst einzutreten, trifft
wenigstens formell nicht zu, da Weipert gar nicht aus dem Dienst
getreten ist und er schon längst von der Generaldirektton die Zu-
sicherung erhalten hat, daß er wieder Verwendung findet.

— Polizeibericht. Verhaftet wurden ein Bäcker, zwei Spenglcr,
ein Maurcr und cin Taglöhner wegen Ruhestörunz, drei Hand«
werker wcgen Bettelns. ein Frauenzimmer wegen Uucherziehens
und. ein Schlosser wegen eines Vergehens im Sinne des Z 17k
R.St.G.B. Eine größere Anzahl Personen kam wegen Schieß-
unfugs zur Anzeige.

* Druckfehlerberichtigung. Jn dem Artikel: Die ,Kredit-
genossenschaftenund die Handwerker" beftnden sich
einige sinnentstellende Druckfehler, die zu berichtigcn siud. Es
muß in Absatz 6 statt genossenschaftlichcr Zins gewöhnlicher
Zins heißen und in Absatz 10 ist statt der: zwischen Blättern
und Genossenschastswesens „für" zu sctzen.

--- Leimen, 1. Januar. (Unglücksfall.) Gestern Früh
4 /« Uhr geriet der 24 Jahre alte Arbeiter Martin Kenne auf
der Bahnstrecke, die daS Zemcntwerk Leimen mit der Staatsbahn
verbindet, zwischen die Puffer zweicr Wagen, welchs er auS»
einanderkoppeln wollte, und erlitt dabei so schwere Verletzungen
an der Hüfte, daß er noch am Abend des gleichen TageS im
hiesigen akademischen Krankcnhause seinen Geist aufgab.
 
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