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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0024

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meerfrage zwischm Frankreich und Italien gebe, schreibt
man der „Llöliu Ztg." aus Berlin:

Jn Deutschland und in Oesterreich-Ungarir, den bei-
den Mitgliedern des Dreibundes neben Jtalien, kann
man mit dieser Lösnng nur in hohem Grade zusrieden
sein. Denn der Dreibund will möglichste >sichernng des
europäischen Friedens, jede Beseitigung der Möglichkeit
von Verwickelungen zwischen einein Mitglied des Drei-
bundes und einem ausländrschen Staat dient aber ledig-
lich zur Erfüllung dieses Dreibundzweckes, je wenigec
Mißverständnisse zwischen Ftalien und Frankreich beste-
hen, umso geringer ist die Gesahr, daß die Bestimmun-
gen des Deibundvertages einseilig angerufen werden.
Dabei ist als selbstverständliche Voraussetzung anzuneh-
men, daß die zwischen Frankreich nnd Italien getroffenen
Abreden wegen Tripolis nicht darauf abzielen, Jtalien
sofort oder in iibersehbarer Zeit die volle Herrschaft iiber
Tripolis zu verschaffen. Es handelt sich hier nicht um
eine in mehr oder weniger naher Zukunft zu verwirklich-
ende Politik ,sondern ansschließlich nm die rechtzeitige
Beseitigung von Befürchtungen. die praktische Bedeu-
tung erst dann gewinnen können, wenn einmal der
Sultan die Zügel der Regierung über Tripolis fallen
lassen sollte. Dieser Zeitpunkt ist jedenfalls gegenwär'-
tig weit entfernt, von einem freiwilligen Verzicht des
Sultans auf Tripolis zu Gnnsten Ktaliens kann keine
Rede sein.

Sachsen.

Eines der m e r k w ü r d i g st e n G e s u ch e, die
jemals an die Petitionskommission eines Parlaments
gerichtet worden sind, ist, wie dem „Hann. Cour." ans
Dresden geschrieben wird, die im Petitionsverzeichnis
der Zweiten sächsische n K a m m e r aufgeführte
Petition des Berginvaliden Jakob Richter in Bad Krei-
scha um Erlaß eines Gesetzes wegen ärztlicher Behandlung
unheilbar kranker Personen. Der Gesuchsteller wünscht,
daß ein Gesetz erlassen werde, das dem behandelnden
Arzte gestattet, unheilbar kranke Personen auf ihren
Wunsch zu vergiften, um ihnen die Oualen eines langen
Siechtums oder einen schweren Todeskampf zu erspa-
ren. Da eine solche landesgesetzliche Bestimniung mit
dem Reichsgesetz in Widerspruch geraten würde, lehnte
die Kommission es ab, das Gesnch an das Plennm zu
bringen.

Die Wohnungsgetd-Wortage.

R. <l. Karlsruhc, 1. Januar. Der Gesetzentwurf be-
treffend das W o h n u n g 8 g e l d , der nunmehr im
Druck erschienen ist, umsaßt nnr vier Paragraphen. Nach
Paragräph 1 bestimmt sich der Anspruch der etatmäßig
Beamten auf Wohnungsgeld mit Wirkung vom 1. Ja-
nuar 1902 nach dem neuen Tarife. Nach Paragraph 2
werden in den Gemeinden, die ohne Rücksicht auf die
amtlich erhobenen Mietpreise vom 1. Iuli 1900 der
fünften Ortsklasse zugeteilt worden sind, den Beamten
mit Wirkung vom 1. Jan. 1902 Ortszulagen bewilligt,
sofern dieselben für eine standesgeniäße Wohnung einen
Mietzins zu zahlen genötigt sind, der die Einreihung
der Gemeinde in eine höhere GehalMlasse rechtfertigen
würde. Die Ortszulagen sind zu bemessen nach dem
llnterschied zwischen dem Wohnungsgeld für die sünfte
und für diejenige Ortsklasse, welcher die betreffende
Gemeinde nach der Höhe der amtlich festgestellten Miet-
preise für standesgemäße Wöhnungen zuzuteilen wäre.
Dis Ortszulagen sind nach je vier Jahren auf Grund
der Ergebnisse der zu wiederholenden amtlichen Erhe-
bungen über die ortsüblichen Mietpreise für standes-
gemätze Wohnungen in den in Frage kommenden Ge-
rneinden nen festzustellen. Paragraph 3 regelt die Dienst-
zulagen: Den Inhabern von freien Wohnungen nnd von
Dienstwohnungen werden, sofern sie den Abteilungen G
bis K des Gehaltstarif angehören, mit Wirkung vom 1.
Jan. 1902 bis auf weiteres Dienstzulagene bewilligt.

Kenncth Baring zu seiner Frau, als sie miteinander an dem
frischaufgewvrfenen Grabhügel standen. Renee aber blickie
mit ihreü thräncnfeuchten Augen zu ihm anf »nd sagte:

„Berstehft du sie nicht? Er war Steinhoffs Freundl"

Foseph Larscn hatte cinen der Arme, mit denen er sein
Opfer niedergeschmettert, gebrochen und sich eine Hnfte ver-
renkt. Sein ganzer Körper ivar mit Benlen und mir Wunden
bedeckt, aber er machte jede Sorgc für sich unmöglich. Er riß
die angelegten Verbände ab, verfluchte seine Pfleger, weigerte
sich, Ärznei oder Nahrung zu nehmen, warf sich aus dem
Bett auf den Fnschoden, lieulte und raste und muszte wieder
gcfesielt werdcn. Er war ein zerschmetterter Satan, aber
immer noch ein Satan, und erst nach drei furchtbaren Wochen
starb er entsetzlich nnd Abscheu erregend, wie er gelcbt hatte.

Es ist früh im Herbst. Wieder ift eine munterc Gcsell-
schaft auf dem herrlichen Rasenplatze von Jacob Barings
Hause versammelt — diesmal — so groß ist der Wechscl, den
die Zeit und die Logik der Ereignisse bewirkt — eine durch-
aus harmonische Gesellschaft, trohdcm Mrs. Jacob Baring
die Wirtin und Köngin des Festes ist, und Kenneth Baring
und Renee als Ehrengäste zugegen sind. Auch die Suther-
lands und die Roseveldts sind da, desgleichen Charley Brian
und Lottci, dcnn Linette soll morgen mit einem jungen Geist-
lichen getrant werden, an dem selbst Mrs. Jacob Baring
nichts auszusetzen findet.

Auch Ellen Jermyngham ist nicht fern. Jhr Grab liegt
fast im Bereich ihrer Stimmen. Eine weiße Marmorsäule
macht cs kenntlich und immer ist es mit frischcn Rosen ge-
schmückt. So hochmiitig und unbeliebt Ellen Jermyngham
auch im Leben gewcsen sein mag, jetzt fehlt es ihr nicht an
Tcilnahme, nnd kein Grab wird in Roseville so häufig
von mitlcidigen Seelen aufgesucht, wie das ihre.

Es wird unruhig anf dem Rasenplatze jeht, da zwei
langerwartetc Gäste erscheinen — Steinhoff und Carl Jer-
myngham. Alle bewillkommnen sie lebhaft und die Herzen
der jnngen Mädchen schlagen höher beim Anblick des statr-
lichen Detcktivs, der so mnnter ist und so fröhlich zn lachen
vcrsteht. Aber bald nimmt ihn Renee in Beschlag.

„Jch fürchtete fast, Sie würden nicht kommen", sagte
sie. „Wir hatten Sie schon gestern erwartet."

,.Wir haben einen Umweg gemachr," erwiderte er, und
sein Gesicht ward ernst. „Jch war mit Jermynqham in
Uyton."

„So erzählen Sie mir von Bertha! Jch habe fo viel
an sie gedacht. Zweünal habe ich ihr geschrieben, aber ibre

welche nach dem Unterschied zwischen dem bisherigen
und dem neneii Wohnungsgeld zu bemessen sind nnd
bei den Bearnten Mteilung K 60, I liO, H 40 imd G 30
Prozent betragen sollen. Paragraph 4 bestimrnt, daß
die erforderlichen Rc'ittel durch das Finanzgesetz bereit
zu stellen sind.

Zur Begründung wird ausgesührt: Um sür
die Aiifstellung des neuen Tarifs die nötigen Gnind-
lagen zu gewinnen, sind im Iuli 1900 Erhebungen ge-
macht worden, die sich ans 5969 verheiratete nnd 637
ledige Beamten, auf die Zahl der bewohnten Zinmier,
den jährlich zu eutrichlenden Atitzins, die Nebenver-
gütung für Wasserleitnng, Heizung imd dergleichen er-
streckteu. Andere für die örtlichen Kosten eines standes-
gemäßen Lebensimterhaltes maßgebende Uuistäiide wie
Löbensmitelpreise, Höhe der Geineindcumlagen, Vor-
handensein höherer Schulanstalten, wurden nicht iiülbe-
rücksichtigt. Mit der Vorlage ist beabsichtigt, eine allge-
meine und erhebliche Aufbesserung der Eintöiiimeiibezüge
sämtlicher etatsmäßigcr Beaniten überhnnpt eintreten
zu lassen. Mit den vorgeschlagenen Wohnungsgeldsätzen
ist man deshalb besonders bei den unteren und mittke-
ren Beamten etwas weiter gegangeu, als das sonst
allgemein übliche Verfahreu Hinsichtlich der Bemessimg
des Wohnimgsgeldes rechtfertigeu würde. Die vorgü-
fchlageneu Sätze überholeu bei deri unteren Beamten
durchweg und zuiiieist auch bei den mittleren Beamten
die Wohmmgsgeldtarife des Reichs und der anderen
deutscheu Einzelstaaten, ja, sie belaufeu fich bei den ein-
zelnen nnteren Beamtenklassen auf das Doppelte imd
mehr der znr Vergleichung heranznziehenden Sätze an-
derer Staaten. Anch bei den oberen Beamten geht das
vorgeschlagene nene Wohnungsgeld über die in anderen
Staaten gewährten Beträge etwas hinaus oder erreichen
diese doch znm mindesten. Daß die Erhöhung des Ge-
samteinkommeiis der badischen Beamten jetzt gerade in
Gestalt eines wesentlich erhöhten Wohnnngsgeldes vor-
genomiiien werden soll, ist dnvcki die angenblicklichen
Verhältnisse bedingt nnd es wird gegen diese Art des
Vorgehens um so weniger etwas eingewendet werden
könneii, als zugleich den Jnhabern von freien nnd von
Dienstwohnniigen, iiisoweit sie den nnteren Beamten-
kkasseii angehören, vorübergehend bis zu einer späteren
Gehaltstacksreforni eine alsbaldige Aufbesserimg zuteil
iver'den soll in Form einer besonderen Dienstznlage. Jm
Zusaiimimhang mit dieser Absicht der Norlage einer
allgemeine Aufbessernng der Einkommenbezüge der etats-
mäßigen Beamten wird der weitere Vorschlag gemacht,
auch das nene Wohnungsgeld in seinem ganzen Uinfang
imd zwar bemessen nach den Sätzen der ersten Orts-
klasse, als Bestandteil des Einkommenanschlags zu be-
haiideln, wie dies durch Paragraph 24 des Beamten-
gesetzes vorgesehen ist.

Aus Perwaltungstechnischeii Gründen und da zugleich
die finanzielle Bedeutnng einer Ermätzignng des Woh-
nungsgeldes für die ledigen Beamten ohne eigenen Haus-
stand keine allzn große ist, wurde davon abgesehen, eine
unterschiedliche Behandlimg der verheirateten und ledü-
gen Beamten hiiisichtlich der Gewährung von Wohnimgs-
geld in Vorschlag zu bringen. Da dnrch das nene Gesetz
in keineni Falle die Bezüge eines Beamten eine Ermäßi-
gung erfahren, indem die wenigen Ausfälle, die dnrch
die neue Ortsklasseneinteilimg in die Erscheiiinng treten
kömiten, durch die vorgeschobene Gewährnng von Orts-
zulagen mindestens ansgeglichen werden, sind Ileber-
gaiigsbestimmungen in dem Simie, daß unter allen
llmständen der bisherige Besitzstand geivahrt werden soll,
diesesmal nicht erforderlich.

Hinsichtlich der Zahl der Ortsklassen hat
iiii nllgemeinen die Bildung von wenigen Ortsklassen
den Vorzug, daß weniger Grenzen gezogen werden müf-
sm; der Tarif mit mehr Ortsklassen wird sich aber nicht
so weit von dem für die Klasse berechneten Dnrchschnitt
entfernen. Als standesgemäße Wohnungeii werden an-
genommen: 3 Zimmer bei der Dienstklasse K, 3—4 bei

Antworten kkangen sv gezwungen, dah ich fürchtc, ich bin
ihr m!k mciner gut gemeinten Teilnahme lästig geworden."

„Das weiß ich nicht," sagte Steinhoff nachdenklich. „Wenn
ich an Jhrer Stelle wäre, würde ich ihr auch ferner schreiben.
Sie hat eine schwere Prüfung durchgemacht, nnd hat sie tapfer
bestanden. Es bedentet eine geradezu heroische lleberwindnng,
in das alte Haus zurückzukehren und dort, dem Dorfgeschwätz
nnd der Neugicr der Nachbarn ansgesetzt, ein nenes Leben zu
begimien. Sie ist dic beständige Gefährtin und Pflegerin chres
alten, kranken Vaters, nm dessentwillen ich jetzt hauptsächlich
dort war, ivenn ich anch natürlich früher oder später so wie
so nach Warhams Farm gereist wäre, nm Carnows Grab zu
besuchen."

„O, daß dieser treffliche Mensch so enden mnßtc!"

„Cs ift gar manchen bravcn imd tüchtigen Bnrschen be-
schiedcn. so zu sterbcn. Aber an diese Seitc des Lebens eines
Deiekiivs denkt die Welt nicht. Unseren Heldenthaten klatscht
sie Bcifall, aber von nnseren Gräbern nnd den Umständen, die
nnseren Tod herbcigeführt Haben, crfährt sic wenig. Armer
Carnow! jleiucr kcmn ihn so vermissen, wic ich, denn keiner
kannte ihn so gnt!"

„Erimiern Sie sich des Vermächtnisses, das er mir hinter-
ließ?"

„Das Packet, das er seinem Hauswirkc in Chicaao über-
geben hatte?"

„Ja. Es war ein nmfassendes Tagebuch, oder, richtiger
gesagt. dic Geschichte seines Lebens. Sie entsinnen sich viel-
leicht, daß seine Vergangenheit uns allen ein Geheimnis war;
er spielte nie auf sic an, und keiner wagte, ihn danach zu
srageu. Welch wimdcrbare Geschichte war es und wie ver-
skändlich wird dnrch sie manche seiner Eigenheiten. Viellercht
lesen Sie sie einmal."

„Das würde ich gcrn thnn. Aber sagen Sic m!r, fühlt
sich Bcrtha wohl?"

„Das ist zu viel gefragi. Sie ist ernst und still ivie eine
Stakuc. Jhr Vater ist sehr matt rmd schwach; fie wird bald
eine Waise rmd die Herrin eincs großen Vermögens sein. Jch
weiß nicht, was sie damit anfangen wird, aber sie hätte wohl
die Veranlagung, eine Rolle in der Welt zn spielen .obwohl
ich kanm glaubc, daß die Stellung eincr nur elegcmten Welt-
dame sie anf die Dauer befriedigen würde. Suscm und sie
scheinen sehr aneinander zu hängen. Sie sagte mir, daß sie
Srisan als ihre treueste Frermdin betrachtete, von der sie sich,
tvo sie auch hinginge, nie trennen würde, nnd ich glaube, daß
Susau damit ganz zufrieden ist."

„Da fällt mir ein," sagte Renee lächelnd, „was ist denn
aus der Cirkus-Famiy geworden?"

„Sie wohnt in einem netten, kleinen Haus und hat ein
regelmäßiges Einkommen, das ihr ganz behaglich zu leben

I, 4 H, 4—5 G, 5 F, 8—6 E, 6 D, 6—7 C, 7—8 B.
Als Prozentsätze, die das Wotmungsgeld in den emzelnen
Dienstklassen vom standesgernäßen Wohnungsaufwand
ausmachene soll, sind dem Tarif zu Grunde gelegt: sür
die Abteilnng B des Gehaltstariss 70 Prozent, C 75,
D 80, E 85, F 90, G 90, H 95, I 95 und K 100 Pro-
zent. Tie durchschnittliche Ausbesserung gegenüber dem
bisherigen Wohnungsgeld beträgt 58 Prozent; sie geht
mithin üüer den seinerzeit von der Zweiten Kamnier
gestellten Jnitiativantrag (Fieser uud Gen.) nicht uu-
erheblich hinans. Im Durchschnitt sämtlicher Ortsklassen
beträgt die Anfbesserung bei den Beamten der Tarifab-
teünnq A 50 Prozent, bei der Abteilung B 57,9 Pro-
zent, C 71,5: D 48,1; E 59,5; F 42,9; G 67,3;
H 51,9; I 82,3; K 60,3. Tas nene Wohnungsgeld
bleibt sür die erste Ortsklasse hinter dem standesgeinäßen
Anfwand überall zurück mit Ausnahme der Dienstklasse
K, bei der es um ein Geringes übersteigt; dagegen
steht dasselbe dem thatsächlichen Wohnungsaufwand nur
in den oberen Dienstklasseu von B bis einschließlich E
nach, und zwar vou oben nach nnten in stark abnehmender
Weise. Von der Abteilung F an abwärts übersteigt das
Wohnungsgeld den thatsächlichen Wohnungsaufwand
durchweg, wodurch am deutlichsten iu die Augen springeu
dürfte, liiwieweit zu Gunsten dieser Dienstklassen die
Vorlage ans Grund der schon erwähnten allgemeinen Er-
wägnngen vorzugehejn beabsichtigt. Diis unteren uud
mittlereii Beainten werden im Vergleich zu den Tarifen
des Reichs und anderer Bundesstaaten eine erhebliche
Aufbesserung erfahren. Die Vorlage bedeutet in Hinsicht
auf die allgemeine! Anfbesserung der Beamtenbezüge
einen vorkünfigen Abschlutz, da an eme weitere Aufbesse-
ruug sämtlicher Beamteu doch erst daim herangetreten
werden kann, wenn auch die im volkswirtschaftlichen
Erwerbsleben stehenden Stände infolge aussteigeüdeir
Konsimktur wieder besseren Nerhältnissen entgegengehen
und als Folge davon die allgemeine Finanzlage sich wie-
der günstiger gestaltet.

Vou dem gesamten ehraus w a u d entfallen
aus das Wohnuugsgeld 1 818 830 M., die Ortszulagen
17 268 Mark und die Dienstzulagen 156 637 Mark.
'An SNietzinsen für Dienstwohnungen und Ersatz vom
Reich gehen ein 438 080 Btark, so daß ein reiner Mehr-
anfwcmd von 1 664 655 Mark verbleibt. Für Ruhe-
gehalte nnd Hinterbliebenenversorgung kommen im Be-
harrungszustande je 390 000 Mark yinzu, so daß im
Beharriingszustand sich ein Gesamtaufwand von Mark
2 334 655 ergiebt. Würde man die 637 ledigeu Be-
amten ohne eigeueu Hausstaud van der Aufbesseruug
ausschließen, so würde sich der Bcehraufwand um Mark
124 000 verriiigeru. Wird das, was allein seit der
Novelle zur Gehaltsordmmg vom 9. Iuli 1894 für
die etatmäßigen Beamteu (ohue die Votksschutlehrer)
durch Verbesserung ihrer Einkommenverhältnisse ge-
schehen ist und durch die gegenwärtige Vorlage noch
geschehen soll, zusammengefaßt, so ergiebt sich für die
Staatskasse eine Mehransgabe im Beharrungszustande
von !m Ganzen rund 6,2 Millionen Mark iährlich, wo-
von auf die Wirkuug der 1894er Gehaltsordnuugs-
novelle 3 Bcillioneu, auf die Aufhebung der Witwen-
kassenbeiträge 0(9 Millioneu und auf die gegeuwärtige
Vortage 2,3 Bcillionen entfallen. Die allgemeine Staats-
verwaltung ist dabei im Ganzen mit ungefähr 3,7 Mil-
lionen imd die Eisenbahnverwaltuug mit ungefähr 2,5
Millioiren jährlich beteiligt.

Aus Stadt nnd Land.

L. L. Wertheim, t. Jan. Auf der alien Vockenrother Steige
stürzte ein mit sechs Personen, darunter drei Soldaten be-
setztes Wägelchen infolge Schetliverdens der Pferde um. Alle
Jnsassen fielcn herans und erlitten znm Teil rccht crhebliche
Verletzungen.

8. C. Ettlingcn, 2. Jan. (Die Weiheräcker-
Unzahlnn g) von 200 000 Mark sollte heute erfolgen.
Die Angelegenheit ivurde jedoch laut „Bad.Ldm." dahin ver-

gestattct. Jcrmyngham ift sehr hochherzig gegen sie gewesen
Und wird seine alte Frenndin nie im Stich lassen, aber —
die Cirkns-Fanny wird sie immer bleiben". Er lachte. „Sie
sollten einmal ihre Hüte sehen, und die Bilder, die sie in
ihrer guten Stube hüngen hat."

„Das will ich. Jch werde Ken bitten, daß wir sie auf-
snchen, wenn wir durch Chicago reisen. Aber kvmmen Sie
jekt, ich will Sie der Brant vorstellen."

» . *

Zur Zeit des Karnevals weilte Mr. Henry Weston wie
gewöhnlich in Neworleans. Er war in eine Gesellschast gera-
ten, die ihm außerordentlich gefiel nnd hatte sich zn ihrem
Führer aufgeworfen. Es Ivaren englische Touristen vom
^einsten Wasser, dic sich vorgenommen hatten, alles in Augen-
schein zu nehmen, was die Stadt an Bemerkenswertem bot.

So gelangten sie eincs Tages auch in das Polizei-Prä-
sidium, wo man sie, da sie offenbar Personen von Bedeutung
ware», mit besonderer Höflichkeit empfing und behandelte.
Einer von der Gesellschast, der mit ersichtlichem Jnter-
esse die Photographieen des Verbrecheralbums musterte, stietz
plötzlich einen Ruf des Stannens ans', der die llebrigen ver-
anlaßte, an scinc Seite zn treten.

„Was giebt's, Cawn?" fragte einer seiner Geführten.

„Meiner Treu! Sieh Dir den Kerl da an! Sieht der
nicht aus, wie der Mensch, der dem alten Ralf Jermyn so
biele llngelegenheiten gemacht hat?"

„Natürlich!" rief dieser, „'s könnt dem Hallunken sein
Bruder seinl"

„Dies Bild," sagte Weston. „O, nach dem müssen Sie
mich fragen. Jermy», sagten Sie? Das stimmt, so nannte
er sich."

„Wahrhaftig!"

„Ja. Er vergiftete seine Fran hier in Neworleans, ge-
rade vor einem Jahre. Dann nahm er sich selber aus die
gleiche Weise sein Leben — subcutane Einspritzung — Mor-
phinm — Sie wissen. Kannten Sie ihn? Wie war eigentlich
sein richtiger Name?"

„Er hatte gar keinen. Es schwebte ein Geheimnis mn
ihn. Er wurde von Sir Ralf Foster aus Barmherzigkeit auf-
genommcn nnd mit seinen Söhnen erzogen. War ein gewitz-
ter Junge von aristokratischem Ansehen und eleganten Ma-
niereii. Fälschte die Unterschrift des Alten und wurde nach
Amerika spediert — entsinne mich der Geschichte ganz gut.
Kommen Sie, Weston, erzählen Sie uns, was ans ihm ge-
worden ist?"

Als sie hinaustraien und dem Hotel Viktor zuschritten,
dachte Weston bei sich:

„Das ist ein Fund! Das mntz ich Steinhoff schreibenl"
Ende.
 
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