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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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DirnsLag, 7. Jannar 1902.

Zweites Blatt.

44. Jahrgang. — >r. 5.

Trl cheint ttzglich, Sonntags anLgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 56 Pfg. in's HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausjchließlich Zustrllgebühr.

Anzcigenpreitz: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeilc oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Gejchästs- und Privatanzeigm cnuäßigt. — Für die Aufuahme von Anzeigen an bestimmk
vorgeschriebenen Tagm wird keine Verantwortlichkeit übernommm. — Anschlag dcr Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. Femsprech-Anschluß Rr. 82.

Uolnische Erinnerungcn.

Auf die Anmaszung des galizischen Landtages, sich
Zum Richter über preußisch-deutsche Verhältnisse aufzu-
werfen und über die „llnbill und Unterdrückimg" der
-reutzischcn Polcn zn t'lagen, ist halbamtlich von Berlin
her mit einer Schärfe geantwortet worden, die in neuerer
Zeit selten geworden war. Die „Norddeutsche Allgeni.
Zeitung" hätte noch hinznfügen tönnen, datz^ eine
Sprache wie sie der Fürst Czartorysti in Leinberg führte,
garrz besonders schlecht einem Mitgliede des polnischen
Adels ansteht, unter dessen Einflutz Galizien völlig
verkommen ist, während in dem hreutzisch-polnischen
Landesteilen ein selbstbewutzter polnischer Mittelstand
heranwuchs, dessen Angehörige sicher nicht mit ihren
Landsleuten in Oeslerreich nnd Rutzland tauschen. Das
ist dnrch die „Unbill und Unterdrücknng" erreicht wor-
den, über die man in Galizien henchlerisch klagte; wie
es im altcn Polcn aussah, dessen Wiederherstellung
geschichtsunkundige Träumer und unbelehrbare Fanatiter
anstreben, darüber sagt der Geschichtsschreiber Heinrich
von Sybel aus der Zeit nach der ersten Teilung Polens
11772), die dem Schattenkönigreich den Kern seiner
Besiyungen gelassen hatte:

„Seit Fahrhunderten trug Polen am Fluch der
Leibeigenschaft. Neun Zehntel seiner Bauern waren ohne
Aechtsschutz der Willkür ihrer Herren preisgegeben. Noch
bestand das alte Gesetz, welches jeden im Falle des
Totschlages durch einen Dritten aus 10 M. oder nach
dcimaligen Gcldwcrt etwa 4 Thaler schätzte; der Herr
ober versnhr mil der Person seiner Leibeigenen nach
lreiem Beliebeu. Fn derselben Zeit, wo sonst überall
der Drang nach persönlichen nnd bürgerlichen Freihei-
ten begann, mit dem Ende des 17. Jahrhunderts, voll-
endete sich in Polen die adelige T y r a n n e i. Die
Frohnen wuchsen bis zu vier Tagen in der Woche, die
Brutalität des persönlichen Verhältnisses übersprang alle
Schrantcn. Die Edelleute, schrieb ein Reisender im Jahre
1781, mitzhandeln jedes Mädchen, das ihnen gefällt
Und jagen einen jeden, der sich dem widersetzen möchte,
>nit Stockhieben hinweg. Georg Forster, der sie Jahre
song in dcr Nähe beobachtet hattc, sprach 1791 das
iurchtbare Wort aus: „Tie polnischen Edelleute haben
ollein in Europa die llnwissenheit und Barbarei so weit
getrieben, in iyren Leibeigencn beinahe die letzte Spur
derDenkkrast zu vertilgen." Jn derThat, sie waren in eine
>n dem übrigen Welteile unerhörte Armut nnd tierische
Slumpsheit versunken. Jn Grotzpolen (dem Nordwesten
bes ehemaligen Königreiches) sanden die Reisenden sie
vur elwas elender als in den schlcchtesten Gegenden
Beutschlands, aber doch immer viel leidlicher gestaltet,
uls im Jnnern des Landes. Hier aber wohnen sie in
bolzernen, niit Lehm beworsenelr Hütten; das Jnnere
bildete stets einen einzigen Ranm, in welchein Männer
Und Weiber, Menschen und Vieh zusammen hansten; äber
bs gab kein Hausgerät als den grotzen Ofen, der zu-
gleich die Schlafstätte der Familie bildete nnd dessen
^auch durch die Thür und die Fugen des Gebäudes den
uusgang suchte . . . Keiner suchte etwas vor sich zu brin-
sten, weil keiner etwas siir sich oder seine Kinder erwarb;
ö?r Kantschu des Herrn trieb sie zur Arbeit und hinter
«ein Rücken desselben fielen sie in schlafse Unthätigkeit
virück. Tie einzige Freude war es sür die Männer und
<8eiber, in der Schänt'e, die jeder Gutsherr nnterhielt,
»llsonntäglich beim Schall der Geige im Brannt-

Der deutsche Fleischer von Manila.

2) Erzählung von E. Zimm crma nn.

(Fortsetzung.)

^ Vom Chefarzt wollte sich Friederike trotz der späten
!°tunde »och zum deursche» Konsul begebcn, das Schicksal
>hrcs dcutschen Landsmanns machte ihr um so mehr Sorge,
?ls sie die Kämpfenden bcglcitcn, also das Hospital verlasscu
"'ollte.

„ Vor dem Thor des von einer hohen Mauer nmschlossenen
^vspitals trat ihr ein Soldat cntgegen:

„Der Ansgang ist vcrbolenl"

„Für mich nicht, mcin Freundl" saglc die jnnge Denrsche
?»d wolltc vorbei gehen, weil sie glaubte, der Mann hätte
"r in der Dunkelheit nicht erkannt.

- „Verdammt, dcr Ansgang ist vcrbotenl" brüllte er sie
Mr an und riß sic am Arm zurück.

p Fricdcrikc stand cinen Angcnblick starr, dann eilte sis
'' das Hospital zurück; mit ihrer Fassung war es zu Ende.
Sie gerier in das Krankenzimmcr.

„Wir miissen hier sortl" rief sie ihrcm Landsmann zu,
iZentc noch, auf der Stellc; man beleidigt Sie, beleidigt
spcrrt mich hier ein gcgcn alles Völkerrecht!"

„Wer beleidigt Sie?" ricf drohend Herr Lütterjahn,
Ker Tcufcl soll ihn holen . . ." WLtcnd sprang er auf
rannte gcgcn die Thür.

r. Friedcrike hielt ihn zurück. „Lasscn Sie, lasscu Sie,"
^iänftigte sic dcn wütcndcn Mann, „aber ich gehe jctzt
Gcscllschafr rncine Stellrmg vor die Fütze zu wcrfen, morgen
'»h vertasscn wir bcidc das Haus!"

i, Sic hattc sich schon so wcit beruhigt, datz sie dem Tagalen-
jhrr Hilfc anbieten konnte, während sie eine Kranken-
sN'gerj,, z„ni Chefarzt mir dcr Meldrmg schickte, datz sie
ihrc Stellung in seine Hände zurücklege.

weinrausch bas Elend rhres Lebens zn vergessen.
So waren sis so weit herabgekomnien, datz sie sedesGefühI
für einen besseren Zustand nnd jedes Streben nrich
nienschlicher Existenz verloren hatten. Es war beinahe
nnerhört seit hnndert Jahren, datz es zn Widersetzlichkei-
ten imter den Bauern gekommen wäre; in keiner der vie-
len Zwistigkeiken, durch welche der Adel dcn Polnischen
Staat zerrüttete, hatte sich unter dcm Volke eine politssche
Regnng gezeigt. Dieselbe Stumpfheit herrschte aber anch
jetzt, wo es sich um das Dasein des Reiches handelte.
Woher hätten sie Gemeingefühl und Vaterlandsliebe
nehmen sollen? Sie mutzten nichts vom
Staate und sragten nicht, wer sie beherrsche, weil
alle Herrschast ihnen nicht als Frohne, Mißhandlnng nnd
Branntweinschank brachte. Ilm so gleichgiltiger mnßte
es ihnen sein, ob ihre Herren einer polnischen Repnblik,
einer russischen Zarin oder einem deutschen Könige ge-
horchen; sie hättcn das letztere vielleicht gewünscht, wenn
in ihre Hütte die Knnde gedrnngen wäre, datz ihre
Stammesgenossen in Westpreußen nnd Galizien zwar
mit harter Strenge, aber rmmer wie Menschen regiert
wnrden. Wenn man diese Verhältnisse erwägt, so wird
man kanm noch von dem Untergnng der Polnischen Na-
tion dnrch die Teilnngen reden mögen. Was 1793 (bei
der zweiten Teilnng) zugrnnde ging, war die nnmensch-
liche Herrschaft mehrerer Edelleute über das polnische
Volk. Dieses wechselte nnr die Herren und sah der
Aenderung, welche ihm anch aus der russischen Seite
beinahe so viel Gutes wie Uebles bringen konnte, mit
trägeni Gleichmut zu. . . . So rächte sich die Anarchie
des Staates, welche durch die Unbändigkeit dieses Adels
erzeugt worden war, an ihren Urhebern, indem sie diese
mit selbstsüchtigem Leichtsinn und verschwenderischer
Freigebigkeit ansstattete. ... Jn den Jesuiten-
s ch u I e n, in welchen das damalige Geschlecht noch er-
zogen war, hatte sie dann mechanische Andachtsübungen,
etegante Handschrist, barbarisches Latein nnd sonst nichts
anderes gelernt. Als Männer in den Strom der Welt
nnd des Zeitgeistes herausgetreten, hatten sich die mei-
sten mit der Frivolität des sranzösischen Radikatismus
erfüllt nnd hier die Theorie zu der Genußsucht und
Selbstsucht gesnnden, zu welcher ihnen Staat nnd Hans
die fruchtbare praktische Anteitung gaben .... An kei-
ner Stelle reichte die Bildnng so tief, nm den Charakter
zn gestalten, die Leidenschaft zu zügeln, die stttliche
Haltnng zu befestigcn. Ein geordneter Haushalt war
bei dcn Einzelnen so selten wie bei den öffentlichen Kassen:
neben sürstlicher Pracht breitete sich widerliche Unreinlich-
keit ans. . . . Was sür die niederen Klasfen der
Branntwein, war der Tokayer sür die höheren: mit dem
Trnnte wetleiserte das Spiel, dem sich Männer nnd
Weiber jeglichen Altcrs mit rasendem Eifer hingaben.
Wird es nötig sein, dcn staat, der von solchen Menschen
beherrscht wurde, in seinen einzelnen Verwaltungszwei-
gen zu schildcrn, demselben Schanspiel der Auflösung
und Verwitteimng in Jnstiz und Verwaltung, in Finanzen
nnd Heerwesen nachzngehen, die überall wiederkehrende
Verwildernng, Gewaltthätigkeit und Selbstsucht an
thatsächlichen Proben zn schildern?"

Deutsches Reich.

Bcrlin, 4. Ian. Ter dem Bundesrat vorliegende
i Gesetzentwnrf über den « ervistaris bestimmt, der

Dic vcidcn Fitippino» dantten sür den guten Willen, ba-
ten jcdoch, jede Hilfelcistnng zu untcrlassen.

„Sterbcn mntz ich doch," sagte der Obcrst, „da ist es
noch bcsscr, lvenn ich an dcr Wunde sterbe, als wenn ich im
Kerker vcrschmachte. Sorgcn Sic fiir meine Schwester Do-
lorcs, vicllcicht, datz Ivcnigstens sie frei tomnrtl"

„Abcr lvcshatb sollte man Sie nicht menschlich behandeln?"
fragtc die junge Deutsche.

„Jch wcrdc Jhnen genug gesagt haben, wenn ich mitteile,
datz ich der Oberst Franakando bin," bemcrkie jctzt dcr jnnge
Tagale mit trübcm Lächeln, „mich lätzt man nicht los."

Voll Ncugicr betrachtcte Friederike den jungen Mann,
von dcsscir Tapferkcit und Verwegenheit Wnndcrdinge erzählt
wurdcn; ja, in dcr That, er war den Amcrikanern ein gefähr-
licher Feind. Nach langcm Rcdcn brachte sie ihn endlich dahin,
dah er sich untersuchen lictz.

Er hatte einen Bajoncttstich in die Brnst cmpsangen, dank
seiner guten Konstitution war die Wnnde abcr regclrecht ver-
heilt, und nur gnte Kost und Pflege fchlten ihm, ihn wieder
auf dic Beiuc zu briiigcn.

-schlimmcr fast war dic Vcrivundung seiner Schwcster,
der ein Granarspliitcr den rechten Arm fast völlig zerrisscn
hatte; ihrc Bchandlüng verlangte grotzc Aufmcrksamkeit, weil
teicht Brand hinzutreten konnte.

Kaum war Friederike mir dcm Verbindcn fertig, als der
Chefarzt ganz bestürzt ankam.

„Mcin Fräulcin, Sic wollten nicht mchr mitmachen? Nein,
dicscr Entschlntz, cr enlspringt doch nur Jhrem Eigen-
sinn , .

„Jch fragc Sie, ob ich hicr eine Gefangene bin oder
nicht?"

„Aber Fränleiii, dicsc Matziiahme, dnrch welche Sie sich
gctränkt fühlen, gilt für heute Nacht für allc Zivilpcr-
sonen . ." entgegiicte der Arzt.

„Mich hat man nicht einzusperren, ich bin cine Deutsche,
mich einsperrcn, das ist gegen alles Vötkerrechtl Jch will jctzt
sofort zum Konsull"

„Rhvni.-Westf. Ztg" zvfolge, baß die bisher der fünften
Servisklasse zugeteilten Ortschasten in die vierte Klasse
übergehen, Die sünfte sällt also ganz fort. Für die Be-
messung der Pensionen der Reichsbeamten ist das inso-
sern von Bedeutung, als durch den Wegsalt der niedrig-
sien Servisklasse der fllr die Berechnnng des pensions-
sähigen Diensteinkommcns festzustellende Dnrchschnitts-
satz für Servis nnd Wohnungsgeldznschnß sich etwas er-

höht- - ^ .

Ausland.

Frankreich.

Paris, 4. Ian. Mehrere Blätter teilen mit, die
Polizei habe durch Vermirtelnng der Postbehörde festge-
stellt, daß von den 63 I e s n i t e n v ä t e r n, die sich
bis zur Verlantbaimng des Kongregationsgesetzes in
dem hiesigen Kloster ihres Ordens befanden, kein ein-
ziger Paris verlassen habe. Sie lebten jetzt hier mehr
zursickgezogen als Privatlcute in der Nähe ihres frühererr
Klosters,

Nnßland.

Pctcrsburg, 5. Jan. Jn dem Tschesmenskischen Ar-
menhause ans der Aiostauer Chaussee brach Feuer aus^
Nwbei drei Kinder ihr Leben einbüßten. Aus Kowns
wird genieldet, daß die Flüsse Njemen nnd Wilia eis-
frei sind,

Petcrsbnrg, 8. Jan. Dem russischen „Jnvaliden"
znfolge werden, nm nach Möglichkeit jede Zerstückelung
von Kavallerieabteilungen im Dienste als fliegende
Posten zn beseitigen, Kommandos von Stabsvelozipedi«
sten sormiert, welche bei dcn Jnfanterieabteilungen, anßev
Finland, im enropäischen Rutzland und Kaukasien zrr
zwei bei sedem Insanterieregiment, zu einem bei der
Reserve nnd den Schsitzenregimentern oder -Bataillonen
eingestellt werden.

Aus Stadt und Land.

(!) Vorlcsuiig Lewinsty. Der bcrühmie Charakterspieler
dcs Hofbiirgthcaters in Wicn- Joseph Lcwinsky beabsichtigt
am 10. Jaimar hier eine Bortesung lyrischer und epischer
Dichtungen zn veranstalten, welchc das regste Jnteresse aller
Freuiide der Vortragskunst finden dürftc. Lewinsky ist einer
dcr wcnigen Repräscntanten dcs altcn Burgtheaters, den
Laube gcfundeu uud gebildet und dcr bis heute zu den Zierden
des Burgtheaters gchört. Er ist eiues der Ruhmesbtätter in
dcr Geschichte des berühmten Dramaturgen, der sich für sei-
ueu glücklichcu Blick uud Griff dadurch belohnt sah, datz Le-
wtuskU das domals so schwer zu befriedigeude Publikum und
die Kritit mil seincn Darstellungen des „Franz Movr" und
„CarlvZ" im Clavigo im Sturm croberte und auf crster Stufe
sich sretig behaupteu tountc. Seine Bedeutuug wurde ebsns»
iu Deutschlaud bei wiederholtcn Gastspielen in Berlin, Brcs-
lau, Wcimar, Münchcn, Frankfurt, besonders iu Küuigsberg
aiiertaiint. Jn Künigsberg feierte er bei seinen umfangreichen
Gastspiclen Ivahrhafte Triumphe. Den gleichcn Ruf hat sich
dcr jiüiistler als Vorlcscr und Recitator erworben, und wurde
allenthatbcn als ein crstcr Meistcr des Wortes gepriesen. Frei-
lich Ivar cr so glücklich seinc Redcknnst als Darsteller, wie auch
am Vorlesetische an Heinrich Anschütz und Carl von Holtei
heran zn bildcn. Mit seiner scltcnenKunst holte er sich u. a. auch
in Ruhtand Rnhm nnd Ehre. Vom Kaiscr Franz Joseph wie-
derholt dcr höchstcn Auszeichnung gcwürdigt, wurde derselbe
anch als Lehrcr zur Erzherzogin Valerie berufen, Für den
hicr gcplanien Abend hat Hcrr Lcwinsky ein sehr reichhaltiges
Programm in Aussicht gcuommcn,

„Ja, das geht teineswegs^ höchstens könuten Sie eine

schriftlick)e Bittc zum Platzmajor schicken , . ."

„Jch mag nicht bitten, ich vcrlangc. Gut, ich füge mich der
Gewalt heute; aber rechncn Sie hinfort nicht mehr auf meine
Dienstc!" Damit drehte dic junge Dcutsche dem Chefarzt den
Rückcu und machtc sich mir der Schwcster dcs Oberst Frana-
kaudo zu schaffen. Kopfschiittclud giug der Arzt davon.

Friederike war mit dcm Vcrbinden ihrer Verwundeten
ferrig u»d wollte sich aus ihr Zimmcr zurückziehen, als ihr
ersr auffiet, datz der Flcisck)er schou eine ganze Weile verlegen
Vvr ihr gestaudcn hatte.

„Nuu, was ist's, Lütterjahu?" fragtc sie freundlich.

„Also Sic verlasscn nns morgen, Fränlein?" fragte er.

„Ja, aber ich werdc sie bcfreicn, nud Sie gchen dann auf
Jhr Schiss."

„II, jeh, . . . heiit' nachmittag wollte es abfahren, wev
weitz wo cs morgcn schon schwimmt,"

„Da toiinen Sie bci einer dcnrschen Familie in der Stadt
tlnterkunft finden."

„Ja, sa, aber das ist man ..." immer vcrlegcncr Ivurde
der giitc Flcischer.

Friedcrikc wutzte seinc Bcfangenheit nicht recht zu deu-
tcn; sic erinucrte sich, datz cr nrittellos wäre, uud mit der
Feiufühligkeit ciner cchtcn Frau bot sie ihm ihre Börsc an.

Dcr Hamburger wnrdc rot wie ein Schutknabe. „Nein,
ncin, das iiicht, Fränlein," sagte cr, „ich wünschte nur, ich
wollre, ohne Zweifcl werden Sie ..."

„Ja, was wiinschen Sie, bcster Frcuiid? Nur herans

mit dcr Sprachc!"

„Ja, Fräntein, nehmen Sie mich als Dicner anl Jn die-
sen Zcitlänstcn ist es immer gut, wenn man einen ergebenen
Menschen zur Hand hat, und da ich uichts auderes augcnschein-
lich macken kann-" ^

Einen Augenblick mutzie Friederite iiber das seltsame
Angebot täckelu, daun aber wurde sie erust. Sie begriff
dcu gauzeu Edelmut dcs braven Mauncs, der sich setber bot,
weil er soust nichts gebcn kounte, uud sie cntgegnete:
 
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