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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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Freitgg, 7. Febrnnr 1902.__Zweites Blatt ^ 44. Jahrgong — >r. 32.

^tscheinl täglich, Somttags ausgenommen. — Preis mit Fawilienblättern monatlich 50 Pfg. in's Hans gebracht, bei der Expedition nnd den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Dnrch die Post be-

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Wochenchrouik.

(Vom 26. Jan. bis zum 1. Febr.)

3an. 26.: Bei der Fiühstückstafel im Kasino des Gar'oedragoner-
Regiments bringt der Kaiser in herzlichen Worten
etn Hoch auf den Prinzen von Wales aus.
Dteser trinkt auf die Gesundhttt des Kaisers.

,, 27.: Ter Kaiser ordnet an, datz eine Anzahl Rcgimenter
neue Namen erhalten. Dadurch werden Bezeich-
nungen wie „kurbessisches", „nassauisches", „obcrelsässi-
sches" als Regimentsbennenung eingeführl.

„ 27.: Dem Prinzen von Wales wird das Dentzcr
Kürassierregimenl vcrliehen.

, 28.: Jm Reichs'az erklärt Graf Posadowsky, daß der
Bundesrat dem Reichstag alsbald Miltcilung über seine
Stellung zum Jes u i t e n g e s etz machen werde.

„ 23.: Holland hat an England eine Anregung in Be»
treff der Beendigung des Burenkrieges ergehen
lassen.

, 29.: Die Kaiserin-Wttwe und der Kaiser von Chin a haben
dte Damen der Gesandten empfangen. Die Kaiserin
hat dabei ihr Bedauern üder das Äeschehene aus-
gesprochen.

» 91.: Preußen erteilt dcn Abiturienten deutscher Real-
gymnasten uno preußischcr Oberrealschulen
die Berechtigung zum juristischen Studium.

Febr. 1.: Jn der er sten bad. Kammer findet eine lebhaftc
Debatte über die Zolltarifoorlage statt. Dabei vertritt
Herr v. Neubronn auffallend entschieden den Konsu-
menienstandpunkt.

„ 1.: China scheint ernstlich Reformen einführen zu
wollen; so sollcn Heiraten zwischen Mantschu's und
Chinesen statthaft setn, dte Chinesinnen sollen die Füße
ntcht mehr einschnüren uud die vornehmen Famtlien
sollen ansländisches Wesen kennen lernen.

Aie Austände in Indien.

Indiett ist das Stiefkind der e n g l i s ch e n B e r-
>valtung. Das kaiserliche Parlarnent fertigt in der
Äegel das ganze indische Bndget mit allem, was darum
ünd darn hängt, in einer Sitzung ab. Der indische Kron-
rat, der aus eineni Dutzend oder mehr aristot'ratischen
Nkitgliedern besteht, die einmal im Jahre sich in einer
zwei- oder dreistündigen Sitzung mit den Angelegen-
heiten deS indischen Kaiserreiches und seiner mehr als 300
Millionen Einwohner besassen, wofür jeder der Herren
die Kleinigkeit von 30 000 Alark bezieht, legt ein glei-
ches Jnteresse an den Tag, wie das Parlament. Jn der
Presse wird den indischen Angelegenheiten größere Beach-
tung geschenkt, und auf die bedenkliche und beklagens-
werte Lage der Hauptmasse der indischen Bevölkerung
hingewiesen. An Lynipathien fiir die hungernden Milli-
onen der indischen Eingeborenen fehlt es dabei in den
Kreisen der englischen Bevölkerung auch iiicht, wie die
großherzigen in die Plillionen laufenden Sammlungen
zur Linderung des indischen Notstandes darthun. Diese
sporadische Hilfeleistung kann jedoch die llebel nicht ver-
ringern, nnter denen Jndien zu leiden hat. Das eine
derselben steht außerhalb der menschlickien Macht: Dürre
und daraus folgende Mißernte. Das andere Uebel aber
liegt in den herschenden Jnstitutionen.

Der Hanptteil der indischen Bevölkerung, mehr als
sieben Zehntel, sind Äleinbauern, die vom Acker-
bau leben. Seit den nrältesten Zeiten waren diese armen
Aajahs der Gegenstand der Aussaugnng durch ihre
Landesherren. Wenn auch die Bedrückung, die frühec
vnter den eingeborenen Fiirsten bestand, im Wesentlichen
aufgehört hat, und die Leibeigenschaft, die früher furcht-

Sneewiltchen.

17) Roman von A. I. Mordtmann.

(Fortsetzung.)

„Sie fagen das alles so refigniert", meinte fie, „und doch so
gleichgültig — hät Jhnen der Bruch nicht leid gethan?"

„Vielleicht loürde es mir nahe gegangen sein, wenn ich
uicht gerade an demselben Tage eine junge Dame gesehen hätte,
die einen tticfen Eindruck auf mich machte. Wenn ich bis dahin
geglaubt hatte, ich liebte Helene, so wurde ich jetzr meines
Trrtums inne. Denn nnn erst erkannte ich, was Liebe sei."

Die arme Anna besatz wohl weiblichen Scharfsinn, aber
wenig Erfahrung, sie nahm die abgenützten, glitzernden Schau-
wünzen, die Paul ihr in die Hand drückte, für echte Goldstücke,
Und die schwachcn Proteste, die sie aussprach, hatten ihren Ur-
Iprung nicht in ihrem Hcrzen.

„Wie drollig das gewesen ware", sagte sie mit einem Ver-
luch zu scherzen, „hätten Sie jene Dame — wohl eine sehr
Ichöne Dame, nicht wahr?"

. „Jch weitz nicht, ob andere sie schön finden, aber ich habe
ste geliebt vom ersten Augenblick, datz ich sie gesehen habe."

„Hätten Sie sie also nicht gesehen, so würden Sie untröst-
llch gewesen sein, und das wäre doch eigentlich komisch gewesen,
da Sie im Grunde Helene nicht liebten — nicht?"

„Das kommr in dcr Welt vft vor", meinte Panl lächelnd.
--Aber ist das so nnvernünftig? Wenn jemand hundert Nkrrk
verliert und bei der Gelegenheir tausend Mark findet, so
lann er sehr froh sein; fände er sie aber nicht, so hat er wohl
ksn Recht, übcr die verlorcne kleine Summe untröstlich zu sein.
Darin liegt kein Widerspruch."

„Und wer fpielt in Jhrem Falle die Rolle der tausend
Mark?" fragte Anna. „Oder dürfen Sie es nicht verraten?"

„O warum nicht?" lachte Paul. „Jch hoffe es bald aller
Weft verraten zn können. Aber Jhnen nicht, Anna, denn Sie
wissen es schon."

bar mißbrancht wurde, nbgeschafft worüen ist, so ist doch
noch genug iibrig geblieben, um das Los der armen
indischen Landleute zu einem bejammernswerten zu ge-
stalten. Das Haupteinkommen der indischen Regierung
fließt noch immer aus der den Bauern auferlegten
Grundsteuer und da dieses Einkommen nicht entbehrt
werden kann, um die großen Militärausgaben, die kost-
spielige britische Verwaltung zu bestreiten, und die glück-
lichen Inhaber der indischen «inecuren in London zu
befriedigen, so wird diese Grundsteuer, wie es sich heraus-
stellt, iü Fndien mit der unerbittlichsten Strenge einge-
lrieben. Daß die Grundsteuer unerhört hoch ist, geht
daraus hervor, daß zu ihrer Bestreitung der halbe Erute-
ertrag dieser Kleinwirtschafteu ersorderlich ist. Mit
welcher Strenge die Grundsteuer eingetrieben
wird, zeigt sich daraus, daß in einer einzigen Präsident-
schaft (MadraS) in den zehn Jahren von 1890 bis 1900
840 713 Bauern wegen Nichtzahlung der «teuer ihre
Wirtschaften und ihr ganzes bewegliches Hab und Gnt
im Werte von drei Blillionen Rupien zwangsweise ver-
steigert wurde, sodaß die Leute als Bettler fortzogen und
ruiid eine Million Hektar außer Miltur gekommeu ist.
Nur um die Grundsteuer zahlen zn können, liefern sich
die armen Leute in die Hände der in Jndien eine wahre
Pest bildenden Wncherer aus, die einen anderen Teil
ihrer Einnahnien verschlingen, so daß das Einkommen
der indischen Landbevölkerung pro Tag nnd Kopf nun-
mehr aus dreiviertel Farthings (6 Pfennige) herabge-
sunkeu ist, was bei der gleichzeitigen Steigerung der
Preise der Lebeusmittel nicht hinreicht, auch uur den
Hnnger zu stillen. Nach und nach thut der Wucherer,
was die Regierung thut —- pfändet und verkauft die
Wirtschaft. Bis zu Ivelchem Grade die Wucherer die
Bevölkerung in der Hand haben, geht darans hervor,
daß in den meisten Distrikten 85 Prozent der Grundsteuer
regelmäßig von Wucherern für die Bauern gezahlt wer-
den. Nur 15 Prozent der Landbevölkerung sind noch
unverschuldet. Die Verarmung greift so auffallend
um sich, daß man sich an den maßgebenden Stellen dem
verhängnisvvlleu Gange der Dinge nicht lünger ver-
schließen kann, und so hat die Regierung sich endlich her-
beigelassen, -Mr. Caine die Gelegenheit zu bieten, die
Fräge im Unterhause zur Sprache zu bringen und sie hat
auch ihre Bereitwilligkeit gezeigt, eine Kommission zur
Erörterung der Angelegenheit einzusetzen. Die Abhilfe
liegt nur in einer Herabsetzung der Kosten des Militärs,
d. h. entweder in einer Reduktion der indischen Nrmee
oder aber in der Tragung der Kosten derselben durch das
Reich, da die Verteidigung der Grenzen Jndiens gegen
Rußland nicht eine indische, sondern eine Reichsfrage bil-
det. Hand in Hand damit müssen Ersparnisse in der
Verwaltung gehen, und nur anf diese Weise wird es mög-
lich werden, der Stcuerüberbürdnug ein Ende zn machen.
Außerdeni sollen von der Negierung Agrarbanken er-
richtet werden, um die Bauern aus den Händen der
Wucherer zu befreien. Das sind die in Vorschlag gebrach-
ten Mittel und weiter wird empfohlen, große Bewässe-
rungsanlagen vorzunehmen, uni auch deni anderen llebel,
der Dürre, soweit als dies in menschlicher Kraft steht,
Abhilse zu schaffen.

„Jch? Nichc im miiidestenl" protestierie Amm, aber jhre
glühenden Wangeii straften ihre Worte Lügen.

Paiil lietz sich iiicht beirren; er fuhr mit der Hand lieb-
kosend über dieGeranie und sagte:

„Fch erfuhr bald daranf, datz die junge Dame, die ich meine,
keine Mitgift habe, datz sie arm fei, und nnn stand mein Eut-
schlutz fest. Eine bcssere Gelegenheit, der Wclt zu beweisen,
datz ich nicht ein Mitgiftjäger fei, konnie ich nicht finden."

Herr Paul Mauvillon spielte ein gefährliches Spiel, aber
er spielte es kalrblüng und geschicki. Er mutzte und wollte Geld
heiratcn und doch sollte es den Anschein haben, als Iveiin ihm
garuicht darum zu thun wäre, was nm so schwierigcr war, da
dem juiigen Müdchen, dcm er sich näherte, grotze äutzere Reize
fehlten. Aber crleichtert wurde ihm die Sache durch Cäeiliens
Mitteilung, datz die Vermögensverhältnisse Annas absichtlich
verdunkelt wiirdeu, um sie vor gcwisscnlosen Glücksjägcrn
zu bewahren.

„Die juuge Dame, von der Sie spreck)eii, ist ohne Ver-
mögen?" fragtc Anna, um nur etwas zu sagen.

Beide ftanden in dcr Beranda, die zum Garten hinaus-
führte, und wareu gerade ganz allein, da drinnen im Saale
ebeu ein Lied gesimgen wurdc, das die Gäste dort festhiclt.

Paul säumte nicht, das Glück beim Schopfe zu fassen.

„Fhre Frage sollen Sie mir bcantworten, Anna", sagte er
zärtlich. „Sie Wisseii ja, wer die Dame ist. Jsi sie — siud
Sie arm? Sprecheu Siel"

„Und wenn ich es nicht iväre?" sragte sie verwirrt dagegen.

„Danu wäre ich nm die schönste Hoffnuiig meines Lebcus
gebracht!" beteuerte. Paul. „Jch beschwöre Sie, Auua, seien
Sie ehrlich mit mirl"

„Jch bin ein armes Mädcheu, Herr Mauvillon", antwortete
Aiina. „Das ist die ehrliche Wahrheit."

Dies war iu so überzeugendem Tone gesprochen, dah Paul
tüarsächlich eincii Augenblick irre wurde. Nber er lietz es sich
nicht merken, und als sich beide wieder den übrigen Gästcu zu-
gesellteu, hatte Anna ihm die Erlaubnis gegcbcu, bei Frau

Deutsches Reich.

Berlin, 5. Febrnar. (Köknische Zejtnnq.) Die Antwort
welche die enql j s ch e Regiernnq der holl ä n d i°
schen anf das Anerbieten, zur Herbeiführung eines
Friedensschlusses in Transvaal gnte Dienfte zu leisten,
erteilt hat, beweist, daß einerseitü die holländische Re-
giernng in sehr geschickter Weise den richtigen Zeitpnnkt
abgepaßt und den richtigen Weg eingeschlagen hat,
nnd daß andererseits die englische Regiernng dnrchans
bereit war, sachgemäßen nnd vernünftigen Friedensvor-
schlägen ein geneigtes Ohr zn widmen. Wenn anch
der holländische Schritt znnächst keinen positiven Er-
folg haben konnte imd gehabt hat, so l>at er doch insoweit
anfs nene Klarheit darüber erbracht, daß die Engländer
bemüht sind, mit den Bnren zn einem Uebereinkommen
zn gelangen, denn die englische Notc betont nicht nnr die
bereits anderweitig bekannte Thatsache, daß Lord Kit-
chener den Befehl erhalten hat, jeden Friedensvorschlag,
der an ihn herantritt, nach London zn melden, sondern
sie Iveist anch daranf hin, daß dnrch eine Reise der enro-
päischen Unterhändler nach Afrika die Feindseligkeiten
nnd damit die Friedensverhandlnngen nm drei LRonate
nnnötig verlängert werden würden; darin liegt das
Zngeständnis, daß sie einen früheren FriedenSschlnß für
möglich halten nnd das erwarten. Daß die Engländer
nicht mit den in Holland befindlichen Bnrengesandten
Verhandlnngen zu beginnen und zn führen beabsichtigen,
ist dnrchans erklärlich. Die jetzt in Holland weilenden
Herren haben seit ihrer Ausreise nahezn jede Fühlnng
mit der Heimat nnd voraussichtlich anch jeden maßgeben-
den Einflnß daselbst verloren, vor allem bei denen, welche
die wirklichen Leiter der kriegerischen Unternehmungen
in Transvaal sind nnd dabei ihre eigene Hant zn Markte
tragen. Es ist anch sachlich weit ziveckmäßiger, daß
etwaige Friedensverhandlnngen in Afrika selbst geführt
werden. Wir können sonach nnseren Eindrnck ans dem
jetzt veröffentlichten Notenwechsel dahin ziisammenfassen,
daß der englischen Regierung die holländische Anregung
dnrchans genehm gewesen ist nnd daß sie vielleicht dazn
beitragen wird, daß in übersehbarer Zeit ernsthafte Frie-
densvorichläge ans Kreisen der k'riegführenden Biiien
in Afrika gemacht werden.

Badcn. ^

11. l'. K a rlsr n h e, 5. Febr. In den vom katho-
lischen Priester Dr. Bumüller in Augsbnrq heransge-
gebenen reformfrenndlichen „Freien dentschen Blättern"
veröffentlichte Priester Karl BiIl in Nenburq, ein
srchüler nnd Verehrer von Franz ck'aver Krans, Erinne-
rnngen an den kürzlich verstorbenen Gelehrten. Dabei >
behaup'tet er, daß man im theoIogischen Kon -
vikt zn Freibnrg iind noch mehr im Priesterseminar'
zn St. Peter die Priesteramtskandidaten den im Auftrag
von Kirche und Staat dozierenden Lehrern der theo-
logischen Faknltät systematisch entfremdet habe; nament-
lich vor den Professoren Kraus-Freiburg und S-chell-
Würzburg seien die jnngen Theologen gewarnt worden.
Das habe dem Professor Kraus die Frende an seiner
Lehrthätigkeit stark gemindert. Bill selbst, der 1898 aus
denr Priesterseminar St. Peter ansgewiesen wnrde nnd
dann in Bayern die Priesterweihe erhielt, behauptet,
er sei wiederholt vom Weihbischof znrechtgewiesen wor-
den, weil er als Anhänger der Philosophie Braigs, des
Ordinarins für Apologetik nnd Dogmatik in Freibnrg,

Delmar um ihre Hand anzuhalteu. Es Ivar uur eiuc Form;
denn Amia hatie frei uud uuabhüiigig über sich selbst zu ver-
fügeu.

Nur EinK wutzte Anua iiicht, als sie ihre Zusagc crteilte;
datz uämlich Herr Paul Mauvillou heutc früh den Kasseuboten
von Mauvillon u. Co. mit einigcn Geldbricfen hatte weggehcn
sehen und darunter zwei, die ihn bcsonders interessierten, be-
merkr hatte, eiuen an Frau Delmar mit 1000 M. und eiuen an
Fräulein Anna Reschwib niit 2500 M. Vor dem „Neffen der
Firma" gab es keine Geschäftsgehcimnisse, und wie der Bote
ihm diese Briefe zeigte, so verriet ihm der Kassicrer, datz sich
die. gleichen Sendungcn viermal im Jahre wiederholtcn. Das
stimmte so genau mit Cäciliens Angaben, das; Paul uuumehr
seiner Sachc ganz gewitz zu sein glaubte.

llnterdessen hatte in einem anderen Teile des Salons
Herr Dr. Zarnow mit Cäcilic eine uicht gauz angenehme
llnterhaltnug. Das jnnge Mädchen war vcrdrietzlich dariiber,
datz Zaruow den Grntz Pauls mit so beleidigender Nichtachtung
erwidert hatte, und das führte zu eincm kleincn Zauk.

Die beidcn Liebeiiden hatteu sich iu der lehten Zeit nicht
mehr oft geseheu, uud eiu leiser, leiser Schatten war für Zar-
uow über Cüeilieiis vormals soiincuhelles Bild gefallen, so leise
allerdiugs, ivie dcr rasch verfliegende Duft, deu eiues Kindes
Hauch auf eiue glatte Spicgelfläche zaubert.

Als damals Zarnow bei Friedrichscus erschieneu war, um
ihneu in ihrem lluglück wcuigstcus das Eiuzige zu vriugen,
was cr briugeu kounte: iröstende und ermutigeude Worie, war
es ihm gewesen, als köune auch das lluglück die ideale Gestalt
Cäcilieus nur veredelu und vcrschöueru. Der ruhige Glcichmut,
womit sie den Verlust ihres Vermögeus crtrug, freute ihn.
Helene zeigte sich etwas gereizter, uud der Gcgensatz zwischen
bciden Mädchen fiel gauz zum Vorteil der Geliebteii nus.
Seitdem aber hatte sich das Bild verschoben. Cäcilie hatte
eiue Einladung zu einer Freimdin im Meckleuburgischeii an--
genommeu, wo sie niehrere Wochcn verweilte; und wenn Zar-
iioiv sich gegen den Eiiwrnck stränbte, nls habe die Geliebte
 
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