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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (2. Februar 1902 - 28. Februar 1902)
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von der Landwirtschaftllchen Rechnnngskanimer in den I
von dieser veranstalteten Versammlungen als Mnster j
gepriesen, wie es sich den Ltenerbehörden gegeniiber lohne,
wenn nian gut rechnen könne. Jn einer Versanimlnng, !
welche die Landwirtschaftliche Rechnnngskammer in Stock-
see, 5treis Segeberg, abgehalten hat, hielt ein Major
a. D. von Besser den Banern vor, wie niitzlich es sei,
wenn man gnt rechnen könne, den Stenerbehörden gegen-
über. Er zählte vor, was man alsdann, an dem Wert
von Gebäuden, Geräten, Maschinen, Jnventar abschreiben
könne. Der Vorsitzende des Bundes der Landwirte, Frei-
herr von Wangenheim, nennen 22 000 Morgen sein
eigen: infolge seiner gnten Buchführung nnd weil er
so gnt rechnen könne, bezahle er gleichwohl keinen Pfen-
nig Einkommensteuer. Ferner macht der Major zwei
Betriebe im .Ürcise Arnswalde in der Grösze von 4000
und 400 Morgen namhaft. Auch die Besitzer dieser Giiter
seien steuerfrei, weil sie so ausgezeichnet rechnen könnten.

Aus Stüdt und Land.

Karlsruhc, I I. Februar. (G e m a r k u n g s v e r g r ö s; e-
rung.) Die am Freitag vom Bürgerausschus; genehmigte Ge-
markungsvcrgröszerung ist sehr bcmerkenswcrt, einmal wegen
ihres bedeutcnden Umfanges und dann weil sie gegen den Wil-
len der beteiligten Gemeinden erfolgcn soll. Einen Gegenstand
ständiger Klagen bildet von jehcr die Klcinheit der Karlsruher
Gemarkung, die bei der Gründung der Stadt im Jahre 1715
nur 158 Hektar maßl Die bon der Archivkommission herausge-
gebene Chronik dcr Stadt für das Jahr 1891 cnthält einen
Nachweis dcr stückwcise eingetretencn Vcrgrötzerungen, die in
87 Einzelfällen zusammen 990 Hektar betrugen, so daß in
genanntem Jahrechie Gemarkung 1148 Hcktar umfaßte. Für
alle Vergrößerungen mußte die Stadt Entschädigungen be-
zahlen, und einige der nmliegenden Gemeinden sind dadurch
so reich gewordcn, daß sie keine oder beinahe keine Umlagen
mehr zu zahlen haben, dagegen hohen Bürgcrnutzen gewähren.
Es ist schadc, daß in der Chronik nicht auch die von Karlsruhe
aufgewendetcn Geldbeträge angegeben sind. Seit 1891 kamen
wieder mehrere Stücke hinzu, so daß jetzt die Gcmarkung cine
Fläche von 1466 Hektar bedeckt. Die nunmehr bcabsichtigte
Erweiterung bcträgt 624 Hektar, d. i. nach dem „Schwäbischen
Merkur" die Hälfte der jetzigen Größe. Die Stücke bilden
Streifcn beiderseits des Rheinkanals in einer
durchschnittlichen Breite von etwa 300 Mcter, dann geht der
Streifen in noch etwas größerer Breite um den Hafe n herum.
Durch dicse Abtretung foll ermöglicht tverden, das; nebcn dem
Hafen und Kanal industrielle Anlagen erbaut werden, von
denen die Stadt natürlich nicht viel hätte, wenn sic auf fremder
Gemarkung lägen. Schon beim Abschlnß des Vertrages zwi-
schen Regicrnng und der Stadt wegen Erbauung des Hafens
machte dic Regierung die Zusicherung, sie wolle darauf hin-
wirken, das; die in das Hafengebiet fallcnden Teile der Ge-
markurigen Bulach, Daxlanden und Knielingen der Gcmarkung
Karlsruhe einvcrleibt werden. Dle Vertretungen der betreffen-
den Gemeindcn zeigten sich aber so wcnig cntgegenkommend und
stellten so weitgehcnde Forderungen, die zum Teil gar nicht
erfüllbar waren, daß der Stadtrat sich mit einem Antrage
an die Negiernng wandte. Das Ministerium des Jnnern cr-
klärte sich in Anbetracht der Sachlage gcneigt, die Einvcr-
leibung auch gegen den Willen der betrcffenden Gemcinden an-
zuordncn. Dazu ist es befugt und den Gemeinden steht dann
das Recht zu, vor dem Verwaltungsgerichtshof Entschädigung
zu verlangen. Da sie keine llmlagcn crheben, Ivird dic
Entschädigung sehr gering ausfallen. Die Stadt bietet Ve-
träge an, die der kapitalisiertcn Umlage von Karlsruhe ent-
sprechen, in der Annahme, daß die Ilmlagc noch etwas wächst.
Es sollen erhalten: Knielingen, welches das wertvollstc Ge-
lände abzutreten hat, für 164 Hektar 86 031 Mark, Bulach
für 74 Hektar 3976 Mark und Daxlanden für 395 Hektar
65 260 Mark, zusammen 155 268 Mark. Außerdcm hat die
Stadt aber noch Ncbenkostcn für die Acndcrung der Grenzen
und der Grundbucheinträge im Gesamtanschlag von 25 000
Mark. Sollten die Gcmeinden auf das Anerbieten nicht ein-
gehen, so würden sie vor dem Verlvaltungsgerichtshofe wahr-
scheinlich nicht so viel zugesprochen erhalten. Wird die Sache
durchgeführt, so steigt die Gemarkung Karlsruhe von 1465
Hektar auf 2089 Hektar. Die Gemarkung grenzt dann auf
eine Länge von mehr als 800 Meter an den freicn Rhein und
erstreckt sich bis in die Mitte des Stromes. Karlsruhe, das
ursprünglich nur am Landgraben lag, jedoch mittlerweile durch
die Einverlcibung der Stadt Mühlburg und eines Teiles der
Gemarkung Beirtheim an die Alb zn liegen kam, rückte also
um eine weitere Stnfe vor und tvird zu ciner wirklichen Rhein-
stadt. Damit ist aber die Erweiterung nicht für ctlle Zeiten
erledigt. Auch nach Süden und Wcsten bedarf die Stadt
neuer Erweiterungen und es ist zu begrüßen, daß sie endlich
die nötige Unterstützung bei der Regierung findet, da sie sclbst
keine Mittel hat, mit den Nachbargemeinden, die sie als eine
gutc Melkkuh betrachten, zu einem Ende zn kommen.

Kleine Zeitung.

— Wien, 10. Febr. Aus Ialta traf heute die Mcldung
cin, daß Geheimerat Benhenson, welcher zu Tolstoi be-
rufen wurde, ihn verhältnisu äßig wohl anlraf. Kaum
hatte der Arzt aber Aalta verlassen, so trat bei Tolstoi zu-
erst cine schwere Herzbeklemmung, dann akute Lungen-
entzündung ein. Die letzten Nachrichten schildern den
Zustand des Kranken als überans aesäbrlich.

— Ein Gegenstiick znm Gcsnudbeten ist das Gebet um
Eisenbahnanschluß. Jn der württembergischen Abgeord-
iietenkannner gab es in den letzten Tagen heiße Kämpfe
iim Nebenbahnen. So konkurrierten auch zwei Linien
-Wurzach-Roßberg und Wurzach-Lchwarzach-Waldsee, von
dcnen die erstere siegte. Dazn tischt nun das „Waldseer
Wochenblatt" seinen Lesern folgende erbauliche Geschichte
anf: Wnrzach, 31. Jannar. Warum die Bahn nicht über
Unterschwarzcich kommt? Jn den letztcn Tagen war hier
alles gespannt wegen des Ansganges der Eisenbahn-
frage, und nicht zuletzt das Kloster, welches mit seinem
Töchterinstitut stark hieran beteiligt ist. Jn diesem fin-
det gegenwärtig ein Arbeitskursus statt, an dem 34
Mädchen aus der Stadt nnd Umgegend teilnehmen. Die
ehrwürdige Lehrschwester hielt nun mit diesen eine An-
dacht nm günstigen Ersolg der Eisenbahnsache. Und
siche, da erhob sich in einer Pause ein Mädchen und sagte
zur Lehrerin: „Schwester, die Schwarzacher beten nicht!
.... nnd darnm haben sie keinen Anschlnß gekriegt.

— Der Ncwyorkcr „Hohcuzollernpmisch". Zu Ehren
des Besuches des Prinzen Heinrich hat ein bekannter
Newyorker Barbesrtzer eiu wunderbares Getränk, den
„Hohenzollernpunsch" erfnnden. Das Rezept dazn ist,
wie ein englisches Blatt berichtet, auch Kaiser Wilhelm
zugegangen. Das neue Getränk soll „das Alter ver-
jüngen und in kommenden Aeonen das Glück vermehren".
Der Pnnsch besteht aus solgenden Jngredienzien: Jn
einem großen Gefäß nüscht man ein Quart St. Croir-
Rum, vier Quart Brandy, sechs Flaschen Liebfranenmilch,
eine halbe Pinte Maraschino, ebensoviel Cura^ao nnd
gelben Chartreuse, ein Quart Sherry, ebensoviel San-
terne und Portwein, zwei Quart Moselwein und zwei
Flaschen Chambertin. Dazu kommen Scheiben von Ana-
nas, Upfelsinen, eingemachten Kirschen und ein großes
Stück Eis. Vor dem Einschenken giebt man noch sechs
Flaschen Champagncr nxti-n ckrv hinzu und serviert
sür 25 Personen. Das Weisze von 24 Eiern wird ge-
schlagen darauf gethan, deutsche und amerikanische Fahnen
werden zn beiden Seiten gesteckt und der Name Hohen-
zollern dazwischen.

— Die Berleihung dctz Roten Adlerordens dritter Klasse
mit dcr Schlcife an Herrn August Scherl, den vielgcnaimten
Hcrausgeber der „Wochc", des „Tag" und des „Lvkal-An-
zeigcrs", begleitet die „Jugcnd" mit folgenden stimmungsvollen
Vcrsen:

Heil dir, o Herr des „Tagcs" und dcr „Woche"

Hcil dir und deincs Knopfcs Loche!

Wer kann wie du scin Haupt so kühnlich legen

Jn jedes Fürsten Schotz? — Dehwegen

Ermatte nie in deinen Thaten

Für Kunst,und Vaterland und Potentaten,

llnd stren' auch fernerhin der Ehrfurcht Samen

Jns Volk mit Bildern höchster Herrcn und Damen,

Voll Schönheit und voll Harmonie —-
Hochl Dreimal hoch die Photographie!

Keidenacht.

Weun trüb das verlöschende letzte Rot
Herschimmcrt über dic Heide,

Wenn sie liegt so still, so schivarz uud tot,

So weit du uur schauest, die Heide,

Wcuu der Mond steigt auf und mit bleichem Schein
Erhellt den granitnen Hünenstein,

Und der Nachtwind seufzt und flüstert darcin,

Auf der Heidc, der stillcn Heide —

Das ist die Zeit, dann mußt du gehn
Ganz einsam übcr die Heide,

Mußt achtcn still auf des NachtwindA Wehn
Und des Mondes Licht auf der Heide:

Was niedn vernahmst dnrch Menschenmund,

Uraltes Geheimnis, cs ivird dir kund,

Es durchschauert dich tief in der Seele Grund
Auf der Heide, der stillen Heide.

Hermann Allmers.

LitterarisckieS.

—8 Katechismus der Kompositionslehre. Von Joh. Christ.
Lobe. Siebmte, vermehrte und verbesserte Auflage von

Richard Hofmaim. Jn Driginalleinenband 3 Mark 50 Pst'ss
nig. Verlag von I. I. Weber in Leipzig. — Jn den früherr»
Auflagen dieses Buches war bisher die Jelensperger-LobeW
vereinfachte Bezisferung der Harmonien beziehungsweise
korde angeführt. Da , sich aber diese Bezeichnung bis 5^
Gegcnlvart nur weuig eiugeführt hat, fo ift in dieser AllflE
die von den älteren Meistern angeführte Bezifferung uw
Bcnennung des Generalbasses in ihre Rechte wieder eing^s
treten. Mehrcre Kapitel über einfachen und doppelten Kontra^
Punkt, Kanon und Fuge, welche der Verfasser seiner Zeit ivcist"
gröheren Umfanges des Werkes nicht aufgenommen hcü^'
haben jetzt Aufnahme finden können. Mit dcr Ilnleituul!'
die dic dritte Abtciluug dcs Katechismus, „von den musikalischrss
Fvrmen", giebt, ist es möglich, ohne mündliche Lehrc uv"
»ur durch eigene Ucbung sich zum Komponisten ausznbildew
Die Hauptsachc ist: man verstehe jede Regel; alsdaim mE
man so viele Ucbungen nach jedcr einzelneu, bis' die sichere
Ausübung derselbcu gewoimen ist.

—8 Die Oimnastik der Stimme. Von Oskar Guttma »>r
Mit 24 Textabbilduugcn. Sechste, vermehrte und verbesser^
Auflage. Jn Originallcinenband 3 Mark 50 Pfennig. Vcrlag
von I. I. Weber in Lcipzig. — Diese beliebte Aniveisußg
zum Selbstunterricht in der Uebung und dem richtigen
brauch der Sprach- und Gesangsorgane, die nun schon
sechster Auflage erscheiut, stützt srch durchaus auf phhsiologiE
Gesetze. Dcr crste Apschnirt der „Gymnastik" hat es deshalo
auch ausschließlich mil deu Atmungsorganen und dem KchlkoPl
zu thun. Der zweite Abschnitt wender sich der timme, der
Erzeugung des Tones und der Erhaltung und Befestigung
des Stimmorgans zu. Der dritte Abschnitr, über die richtigr
Aussprache dcs Alphabets, hat nicht nur für den Sänger uiv>
Schauspieler, sondern auch für jeden Redner großen Wcrt-
Das Atmen spielt in der Rede wie im Gesmig eine Haupt-
rolle, es ist ihm deshalb auch im oierten Abschnitte de»
Schrift eine große, wenn auch nicht die größte Aufmcrksarnkcit
gewidmet worden. Bei genauerer und gewissenhafter BefoO
gung alles dessen, was in diesem Buche über das Atinen
nud die Fundameutalgesetze der Tonbildung gesagt ist, wüd
der Sänger wie der Schauspieler und Redner sichcre Erfolge
zu verzeichnen habcn.

Berantwortlich fm deu redaktronellen Tetl F. Montna, mr »««

_Fnseratenteil T». Berrcnlmsck, beide in Hkideldira. -

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Voetrstsr in iislriolbeeg, iirrupistrszZS 121, Lrnst Volt.

smpüsült 8ilt»sr-, Llkendelll-, llorn- Ullä Xotiirstöelcs, kkelteo,
Axnrrenspiirsn, 8eiiu«Ii» uock Voiuillosplelb, 8tleicr»tims0-

VllsrlrstStts kün kkvpni'Ltrinsii.
y^llsv k ^Iiss!

IZilr'lLls,

Ks.upt8tr3.886 116 — Islspkon 3,

smpllsüit ssinsll äirolrt bsrogsusll

E1ZSZ KGKLZKGßr SM VZLG«

osusstsr Zroio, voo varnüglloü rsiosm OssotimuLir.


12 Mrrlgssss 12.

Ltism. tteiniWng u. kunZt-Uasokel'si

lilr llameo- n. Ilerreii-Ouräerobs, ilöliel - ». vsborutiollsstolle

jsäsr Lrt.

lissolis luisksrllllg. — Lilligs krsiss.
- LnsrkLNllt tuäslloss Lnskükrunx-

A/'oss^.

//o/Z/e/s/'a/k^.

6e^-. 1876. As/'z/s/Ss/'L. ISL.

Sattx/Är. 16, Hsl/SlS/'^/m/NS/'. uVenacrssk ^
Dss/e Ic'aörr^a/e 1>sr«e.

Mir ging ordentlich das Herz auf! Jhre Schwester ist auch

hübsch, aber neben Fräulein Cäcilie ist sie doch uur eiue Urcke
— nimm mir's nicht übel, Paul — wic koimtest Du von dcn
beiden Schwestern gerade die vorziehen?"

„Das hing nicht von mir ab . . . . Die älteste wollte mich
eben nicht, und auch die zweite . . .

„Ja, recht, ich besinne mich, Du redest nicht gern davon —"
cruch Gerard war von Paul in dem Jrrtnm erhalten worden,
Helene habe dcn Abbruch des Verhältnisses veranlaßt — „Du
siehst, ich bin heute etwas zerstrcut."

„Fräulein Cäcilie würde gewitz sehr stolz sein, wenn sie
Las wüßte."

„Rede kein chaldäisches Gallimathias, Paul", schalt Gerard
gut gelaunt. „Ein alter Eisbär wie ich kann schon bewundern,
ohne in den Verdacht eselhafter Verliebtheit zu kommen."

Er schellte, übergab dem eintretenden Lehrlinge die unter-
schriebenen Briefe und fügte die Mahnung hinzu:

„Halten Sie beim Kouvertieren die Augen offen, daß nicht
wieder solche infernalischen Verwechselungen vorkommen wie
neulich, wo man nachher zwanzig Seiten lang um Verzeihuug
winseln muß."

„Findest Du nicht, daß sich Anna Reschwitz in der letzten
Zeit ordentlich herausgemacht hat?" fragte Paul, als der Lehr-
ling wieder verschwunden war.

Gerard ttmrde aufmerksam und antwortete bedächtig:

„Auna Reschwrtz ist ein prächtiges Mädchen, rch wützte keine,
Lre mrr lieber wäre — gutherzig, gescheit, praktisch — keine
bessere Frari könute sich der Großmogul von Delhi wünschen —
aber daß fte in der letzten Zeit gerade hübscher geworden wäre,
kann ich nicht fmden."

„Schade, daß sie so arm ist . . .

Gerard pfiff leise vor sich hin und sah seinen Neffen mit
den klugen grauen Augen forschend an. sagte aber nichts.

„Andere behaupten freilich, sie habe Geld, sehr viel Geld
sogar."

„So?" sagte Gerard. „Hoffentlich ist es wahr."

„Na, Onkel, Du mußt es doch wissen", platzte Paul etwas
ungeduldig heraus, „Du bist doch ihr Vormmid."

„Nicht so ganz; uur Testamentsvollstrecker ihres Groß-
vaters."

„Ahl"

// "

„Drr weißt also ....?"

„Wie es mit Armas Vrmögen aussieht, meinst Du?"

„Nun ja doch!"

„Fa, das werß rch."

„Wie rst es denn damit?"

Gerard lachte.

„Mein lieber Neffe", sagte er mit gutmütigem Spotte,
„wenn Du noch nicht bemerkt hast, daß der alte Gerard kein
Dachs ist, den man ans seinem Loche ziehen kann, sondern ein
gerissener Fuchs, dann bist Du im Punkte des Verstandes ein
Eskimo."

„Aber die Sache interessiert mich lebhaft, Onkel", . rief
Panl,. „und ich gebe Dir mein Chrenwort, daß ich verschwiegen
sein werde."

„Wirklich? Na, ich kann auch verschwicgen sein."

„Weißt Du, Onkel, daß Anna mir sehr gut gefällt? Jch
habe ein Auge aus sie geworfen, und da begreifst Du, datz mich
ihre Vermögensvcrhältnisse doch etwas interessieren."

„Hm — ja, das bcgreife ich. Nun, da will ich Dir wenigstens
cins sagen: Jch habe dem alten Delmar das feierliche Ver-
sprechen geben müssen, über die Vermögensverhältnisse Annas
erst dann Mitteilungen zu machen, wenn diese Mitteilungen
auf ihre Verlobung nicht mehr von Einflutz sein könnten."

„So würdest Du gegen einen Bräutigam Annas das Ge-
heimnis nicht bcwahren?"

„Das käme ganz auf dessen Person an. Denn, siehst Du,
mein Junge, der alte Delmar war ein etwas altmodischer
Herr, der es für unmöglich hielt, dah ein anständiger junger
Mann je von einer Verlobung zurücktreten könnte. Die Herren-
welt von heutzutage denkt darüber anders, und so würde ich es
mir sehr überlegen, ob ich die Enthüllung nicht bis nach der
Hochzcit verschieben müßte, wo eine .... Ehrlosigkeit un-
möglich wäre."

Gerard betonte das böse Wort sehr nachdrücklich.

Paul wnrde rot und sagte etwas unsicher: <

„Würdest Du die gleiche Vorsicht gegen mich anwenden?

Gerard antwortete nicht gleich; er sah voraus, was PcrU»
zunächst sagen würde, und ging mit sich selbst zu Rate, tvas
am meisten in Annas Jnteresse liegen könnte.

„Vor zehn und auch noch vor fünf Jahren", begann e»
endlich, „würde ich mit rneineri Äntwort rasch fertig gewesen
sein. Neuerdings habe ich bcsser von Dir denken gelernt. Dw
mit mutzt Du für heute zufrieden sein — wenn Du nicht etwa
ernstlrche Absichten auf das Mädchen hast."

„Warmn soll ich es länger verschweigen", erwiderte Paul,
von einer unbestimmten Ahnung drohenden Unheils erfatzt-
„Jch habe heute Bormittag um Annas Hand angehalten, und
sie hat mir ihr Jawort gegeben."

„Nun, da gratuliere ich herzlich", versetzte Gerard, indew
er seinem Neffen die Hand reichte. Aber seine Stimme drückte
nicht eben übermähiges Entzücken aus. „Jch will nur wüw
schen, dah dieser Schritt Euch beiden Glück bringen möge, Di»
und der armen Anna — ja besonders der armen Anna, dre
wirklich den besten der Männer verdiente."

„Wir haben nns beide lieb", versichert Paul. „WarrrrN
sollten wir also nicht glücklich sein?

„Ja, warum solltet Jhr uicht?" wiederholte Gerard. „Abec
von der Liebe allein wird die schäbigste Jnfusorie nicht satt-
Wie steht es denn mrt Deinem Geschäft? Kannst Du daraus
heiraten? Jch brn nämlich der Meinung, datz ein Man»<
wenn auch nicht ganz, doch in der Hauptsache auf seine eigeneN
Mittel rechnen sollte, wenu er heiratet."

„Mein Geschäft wirft genug ab, um mich und meine FraU
ganz anständig zu ernähren."

„Vortrefflich, das freut mich ganz unbändig. Du wirst»
nötig haben."

„Natürlich." Paul lächelte sehr gezwungen. „Was Awu»
mir zubringt, wollte ich ihr überlassen."

„Ueberflüssige Grohmutl" lachte Gerard. „WaS kann st?
Dir grotz zubringen? Höchstens einige Ersparnisse von deM-
was sie bei den Delmars nicht zugesetzt hat. Aber das wir»
so viel sein, datz eine Mücke es bequem auf ihreu Flügeln fort^
tragen könnte."

(Fortsetzung folgt.)

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