Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0486

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Donnerstag 13. März 1902. Zweites Blatt. 44. Jahrgang. — Air. 61.


^cheint täglich, Sonntags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in'S Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstcllen abgeholt 40 Pfg. Dnrch die Post be-
^ zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^ "Seigenpr eis: 20 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- nnd Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bcstimmt
^geschriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen- — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82.

fer Weichstagsaögeordnete Meck-Keidetöerg
^ber die Aurchführung der Keweröegerichts-
novelke in Mreußen.

Bei Gelegenheit der 3. Lesnng des Etats des Reichs-
Ms des Jnnern hcit der Abg. Beck - Heidelberg (mie schon
erwähnt) die Durchführnng der Gewerbe-
l^ichtsgesetzno v elle vom vorigen Jahre in Preußen
^ Sprache gebracht. Er führte dabei Folgendes aus:

^ Nkeine Herren, als wir im borigen Jahre hier eine Aende-
des Gewerbegerichtsgesetzes mit doch wohl überwiegender
hMvrität in dem hohen Hause beschlossen, und als die Gesetzes-
dann auch die Zustimmung der verbündeten Regie-
L".gen und des Bundesrates erreichte und erhielt und damit
j^ietzeskraft erlangte, waren wohl alle von der Hoffnung ge-
^^en, datz damit ein Weg immer weiteren Kreisen zugänglich
gangbar gemacht werde, der durch das Gesetz vom Jahre
ü eröffnet und vielleicht aus Gründen einer gewissen Scheu,
s ^uch da und dort geltend machte, aus Gründen eines in
,^>ssen Kreisen hervortretcnden Widcrstrebens noch nicht über-
zr' tvo es zwcckmäßig und gut erschien, beschritten worden war.
meine Herren, ging man von der Absicht aus, alle
Vorteile, die jenes Gesetz gewährte, weiteren Kreisen
s^P>glich zu machen, Vorteilc, die insbesondere darin be-
ks^ven, eine wesentliche Erleichterung, Recht zu suchen und
wesentliche Beschlennigung, Recht zu finden und zwar vor
lyz?? Gericht, das schon durch seine Zusammensetzung cine
gx ^lichst große Gewähr für eine alle Jnteressen berücksichti-
und darum auch Vertrauen erweckende Rechtsprechung
sy konnte. Man wollte diese Vorteile im weiteren Um-
i,-W den Personcn zu gutc kommcn lassen, für die das Gericht
s^A dem Gewerbegesetz zuständig sein sollte, und der Grund-
E ben auch die Novelle unberührt ließ, war, daß diese Ge-
da eintreten sollten, wo ein gewisses Bedürfnis vorlag.
wollte diesen Grundsatz dadurch zum Ausdruck bringen,
rjL wan die Jnitiative zur Errichtung und Bildung solcher Ge-
in die Hand der Gemeinden legte. Darin hat anch die
h^lle wohl nichts geändert; sic hat nur den neuen Gesichts-
hinzugefügt, daß ein solches Bedürfnis als vorhanden
h ziNiehmen sei da, wo eine Gcmeinde eine Einwohnerzahl
' wehr als 20 000 Einwohnern aufweise. Es war zweifels-
die Absicht der Antragsteller, an der Bildung solcher
^ Arbeiter und Arbeitgebcr, soweit sie nach Para-
Hehg? ^ des Gesetzes in dicser Gemeinde, für die die Gcrichte
-k Odet werden sollen, in Frage kommen, zu beteiligen und
stx», gesamten gesetzlich zulässigen Zuständigkeit zu unteü-
Soweit mir die Verhandlungen in der Kommission,
tz. darnals der Reichstag zur Vorberatung des Jnitiativan-
gebildet hatte, noch erinnerlich sind, und soweit ich
ist^.noch die Verhandlungen hier im Hause überblicken kann,
h^wgends eine gegenteilige Auffassung vorgetragen wordcn,
s^sntlich auch nicht seitens eines Vertreters der verbündeten
kisAerungen, deren schätzenswerten und dankenswerten Aus-
SixPen die Kommission in ihrcn Arbeiten in vielfacher Be-
SeKng gerne Folge geleistet hat. Es schien, als ob alle
UMbenpen Faktoren daMals in außerordcntlich erfreu-
^ ? Uebereinstimmung in dieser Beziehung sich befanden.
rjh ^un, meine Herren, ist mir aber in den letzten Tagen erst
Thatsache bekannt geworden — ich war nicht in der
!>iksie in der zweitcn Lesung zur Besprechung zu bringen —
Uebereinstimmung einigen Zweifel zu bringen ge-
»ijhZ erscheint. Der Herr Minister des preußischen Handels-
ki^nteriums hat unter dcm 23. Dezcmber vorigen Jahres
^ ? Erlatz an die Oberpräsidenten und Regicrungspräsidenten
^o^u, tu welchem gesagt wird: Durch die Fassung der
^k>^8sworte: „für Gemeinden" hat zum Ausdruck gebracht
sullen, daß jede Gemeinde mit mehr als 20 000 Ein-
, zu eincm Gewerbegerichtsbezirk gehören muß.

»s-Ä der Absicht des Gesehgcbers hat es also nicht gelegen,
jede derartige Gemcinde ein besonders auf dcn Be-


Sneewittchen.

Roman von A. I. Mordtmann.

(Fortsetzung.)

öts^wiu giug Zarnow auf dic Geschichte Juanitas ein, und
Ä tz ? uud räscher fügtc sich in seinem Brkefe Zeile an Zeile.
Asx.^chrieb die Schönheit des Mädchens, ihre Gutherzigkeit,
und kindliche Denkart, ihre Begabung für Musik,
^ Weu Eifer im Lernen. Daran schloß sich eine Darstellung
Wandlung, dic mit Gerards Verheiratung in dem
so wolkenlosen und ungetrübten Dasein Juanitas
i, EZ en mar.

war lange nach Mittcrnacht, als Zarnow den Brief
^slh^chrieb, verschloß, an Ritzau adressierte und so auf den
^te Och- daß er am anderen Morgen gleich gefunden werden

g?? stand er auf und schickte sich an, mit dem Revolver
° .i zu verlassen, da cr die nächtliche Ruhe der übrigen
durch den Schuß stören wollte.
qst. Vlötzlich stockte sein Schritt. Die Rücksicht auf
!>>?,' dnL^wenschen in diesem Augenblicke kam ihm so thöricht
^ darüber lachte. Er warf sich wieder in den Stuhl

dk-AÄ^.nach.

kjPti^^sNiurdig, wie die verzweifclte Stimmung vom Mend
VNe« chnr! Es ward ihm nicht schwer, den Grund zu
y.'Zeb?' wdem er auf den Brief blickte. So lange er ihn
d^>id'g'?nv dcr Gedanke an Cäcilie vollständig in den Hinter-
NiLs.^ten; sie hatte wohl Gcwalt über ihn gehabt, so lange
dg^ A? Eindruck ihrcr eben erblicktcn Schönheit vorhiclt,
>var verblaßt, als neben ihr das noch schönerc
unsäglich reine und makellose Bild Juanitas herauf-
? ^ar.

kurchtbarste Krisis im Leben Zarnows war über-
"w haarscharfe Linie, die Gut von Böse, Recht von

zirk dcr Gemeinde beschränktes Gewerbegericht errichtet wird.

Und wir sind wohl mit dem Jnhalt dieses Satzes voll-
kommen einverstanden. Nun fährt der Erlatz aber wciter
fort:

„Der Vorlage ist auch genügt, wenn die sachliche Zu-
ständigkeit eines bereits bestehenden Gewerbegerichts auf be-
stimmte Arten von Gewerbe- oder Fabrikbetrieben oder die
örtliche Zuständigkeit auf bestimmte Teile eines solchen Ge-
meindebezirkes beschrünkt, oder in dcm Orte eine besondere
Kammer oder ein Berggewerbegericht vorhanden ist."

Meine Herren, ich gehe nun nicht so weit, wie es im
„Korrespondenzblatt dcr Generalkommission der Gewerkschaften
Deutschlands" geschehen ist, datz ich hier der preutzischen Re-
gierung eine illoyale Handhabung des Gesetzes vorwerfen
möchte. Jch darf und kann das nicht annehmen; aber ich glaube,
daß hier doch wohl eine mißverständliche Auffassung von
Zweck und Absicht jenes Gesetzes vorliegen dürfte, und eine
Klarstellung gebotcn erscheint. Man muß zugeben, daß die
Säche ganz cinfach nicht liegt. Jener Erlaß ist selbst
in dcr Lage, sich auf Bestimmungen des Gesetzcs zu berufen;
er führt Paragraph 7 an, nach welchem eine solche Einschrän-
kung der sachlichen Zuständigkeit und cine Einschränkung der
örtlichen Zuständigkeit der Gewerbegerichte für möglich und zu-
lässig erklart wird. Wenn wir uns abcr diesen Paragraphen
näher besehen und seinen Zweck und seine Entstehung ins Auge
faffen, so müffen wir vor allen Dingen uns' darüber klar werden,
datz dieser Paragraph herüber genommen ist aus dem alten
Gesetz von 1860 und unvcrändert auch in der jetzigen Gesetzes-
novelle stehen geblieben ist, und wir müssen uns darüber klar
werden, daß die Möglichkeit, die dieser Paragraph nun er-
öfsnct, gegenüber der allgcmeinen Vorschrift, die das Gesetz
geben will, lediglich nur eine Ausnahme sein kann. Das war
der Jnhalt dieses Päragraphen schon auf Grund des Gesetzes
von 1890. Jch kann hier auf den Bericht verweisen, den
seinerzeit der Herr Abgeordnete Bachem erstattet hat, der sich
damals Lbet den auch hierhergehörigen Paragraph 4 ausdrück-
lich in dicsem Sinne ausgesprochen hat. Gegenüber diesen
Ausnahmen soll es meines Erachtens die Regel sein — und
meine politischen Freunde stimmcn darin mit mir überein
daß in solchen Orten von mehr als 20 000 Einwohnern ein
Gewerbegericht gebildet werden sollte, dessen Zuständigkeit
nach den Paragraphen 3 und 4 uneingeschränkt und dessen
örMche Zuständigkeir auch für den ganzen Gemeindebezirk
gegeben erscheint. Diese allgemeine Regel hat zweifellos der
Paragraph 2, der durch die Novelle im vorigen Jahre in das
Gewerbegerichtsgesetz hineingekommcn ist, ins Auge gefaßt.
(Sehr richtig.)

Es' will mir darum scheinen, wenn ich den zweiten Teil
des Erlasses des Königlich preußischen Handelsministers rccht
verstehe, als ob es mit dem Jnhalte des Gesetzes nicht zu
vereinbaren sei, wenn wir uns zu der Deutung entschließen
wollen, die eigentlich der Wortlaut dieses Erlaffes in seinem
zweiten Teile giebt. Es ist ja freilich cin Fall denkbar, in
welchcm im Hinblick auf dcn Paragraph 2 des Gcsetzes doch
auf Grund dcs Paragraph 7 sich die Bildung eines Gewerbe-
gericlsts vollzieht, nämlich dann, wenn in einem solchen Ort
nur Betriebe bestimmter Art vorhanden sind, oder wcnn diese
aewerblichen Betriebe sich auf eincn bestimmten Teil eines
Gcwerbegcmeiudebezirkes beschränkcn. Es wird wohl zweifels-
ohne dann anch die Einrichtung eines cingeschränkten Gewerve-
gerichts für zuläffig erklärt wcrden müssen, wenn neben diesen
Betrieben und Arbeitern andere nicht in Betracht kommen.
Es wäre ja auch sehr wohl möglich, daß in solchen Orten
Gewcrbegerichte auf Grund des Paragraph 7 bereits bestehen.
Aber soweit ich aus den Bestimmungen des Gcsetzes folgern
miiß, wird in diescm Fallc cben nichts anderes übrig bleiben,
als das bestehende Gewerbegcricht in entsprechendem Sinne zu
ordnen, im Sinne des Gesetzes zu erweitern, odcr aber zur
Errickstung eines daneben stehenden Gewerbegerichtes zu schrei-
ten, für das viclleicht, um ihm eine entsprechende Thätigkeit
zuzuwenden, eine Vereinigung mehrerer Gemeinden herbeige-
füihrt ioerdcn kann.

Jch weiß nicht, wclche thatsächlichcn Verhältnisse vielleicht
zu diesem Erlaß Veranlassung gegeben haben; es erscheint mir
aber, da es sich um die Durchführung cincs Reichsgesetzes in
diesem Falle handelt, doch dringcnd geboten, hier eine Klarstel-
lung Lber die Absicht des Gesetzgebers' herbeizuführen und mich
eine Klarstellung der Stellung dcr einzelnen Regierungen zur
Durchführung und Handhabung dieses Gesetzes. Jch glaube
daher berechtigt zu scin, wenn ich mir erlaube, an den Herrn
Staatssekretär des Reichsamts des Jnnern die Frage zu rich-
tcn, ob ihm dieser Erlaß bckannt ist, ob ihm über Zweck und
Sinn desselben vielleicht Näheres mitzuteilen Gelegenheit ge-
geben ist, ob das Reichsamt sich viclleicht entschließt, meiner
Aufsassung beizutretcn, und ob es dann auch gewillt wäre»
eine Richtigstellung des von mir angeführten Materials her-
bcizuführen. Jch glaube, es liegt im Jnteresse einer einheit-
lichen Handhabung dieses Gcsetzes, wenn wir dafür sorgen»
dah hier eine Klarstellung cintreten wird und eintreten muß;
und es liegt auch im Jnteresse des Zwecks und der Absicht,
welche mit dem ganzen Gewerbegerichtsgesetz verfolgt werdcn,
nämlich wiedcr mit beizutragen, ein gut Teil beizutragen, zur
Wahrung und Durchführung des sozialen Friedens im Deutschen
Neich. (Bravo!)

Jn demsclben Sinne äußerten sich die Abg. Zubrik
und Triinbor n. Der Staatssekretär des' Reichsamts teilte
in seiner Antwort den Standpunkt des Abg. Beck und vcrlatz
eincn Crlaß des prenßischen Handelsministers, wonach dieser
den angefochtenen Erlaß berichtigte.

Aer MlM großer Schiffe in Peutschtaiid, Kng-
kand nnd den Mereinigten SLaaten.

Wirft inan einen Blick auf die Thätigkeit der Schiffs-
werften während der letzten Jahre, so fällt vor allem
die autzerordentliche Zunahme der Größe der Schiffe
in die Augen. Noch vor 10 Jahren gab es in der gan-
zen Welt nur zwei Schiffe von über 10 000^To., heute
finden wir allein in der Handelsflotte 63 Schiffe von
diesem Tonnengehalt und darüber, während unter Hin-
zurechnung der Kriegsschiffe etwa 80 Schiffe von über

10 000 Tonnen vorhanden sind. Diese Ziffer wird sich
aber in diesem Jahre noch bedeutend erhöhen. Nach den
neuesten Statisüken befinden sich gegenwärtig in Eng-
land 20, in Deutschland 3 und in den V'ereinigten Staa-
ten 10 Schiffe von mehr als 10 000 Tonnen im Bau.
Vier von diesen Dampfern, und zwar einer in England,
einer in Deutschland und zwei in den Vereinigten Staa-
ten werden über 18 000 Tonnen aufweiseu. Bis zum
vorigen Jahre waren die größten in Amerika gebauten
Schiffe die „St. Louis" und die „St. Paul" von je

11 660 Brutto R.To., gegen die „Campania" und „Lu-
cania" mit 12 960 To., dem „Kaiser Wilhelm der Große"
mit 14 500, dem D. „Deutfchland" mit 16 000 und die
„Oceanic" iint 17 250 Tonnen. Jm vorigen Jahre
wurden dann drei neue Dampfer von großen Dimensionen
in Amerika voni Stapel gelassen, der Dampfer „Kroon-
land" von 12 000 und die Dampfer „Korea" uud „Si-
beria" von je 11 300 Tonnen und 18 000 indizierten
Pferdekräften, der erstere wurde von Cramp und Sons,
die letztere von der Newport News Co. geliezert. Zur
Zeit befinden sich zwei weitere Dampfer auf amerikani-
schn Werften im Bau, welche je über 21 000 Tonnen
messen sollen, gerade genügend, um den bisher größten
Dampfer „Celtic" 20 904 Tonnen zu übertreffen, in-
dessen werden auch dicse wieder hinter dem neuen Dam-
Pfer „Cedric" zurückbleiben, der bis auf weiteres dcn
größten Dampfer der Welt darstellen wird. Die vor-
erwähnten beiden Riesendampfer, welche eine Wasser-


Ilnrecht und Sünde schicd, war iiicht überschritten worden
imd-

„Sie soll iiicht überschritten iverdenl" rief Zariiow, indein
er aufsprang imd seine Brust zu wiederholtcn tiefen Atemzügen
aiisdehnte. „Jnanita hat mich gerettet, mein Leben soll nicht
enden, ehe ich sclbst sie zum Glück geleitet habc!"

Er entkleidcte sich und warf sich auf sein Lagcr.

Was er noch vor wenigen Stnnden nicht für möglich
gehalten haben ivürde, tiefer Schlnniiner ninfing dcn geistig
nnd körperlich Erschöpften imd cntließ ihn nicht eher ans scinei!
Banden, äls bis dcr brausende Lärin dcs Alltagslebens schon
einige Stunden die Straßcn dcr Stadt durchflntet hatte.

16. Kapitel.

E i n W i e d e r s e h c n.

Kein fröylichcr Sonnenschein einpfing Zarnow, als er
auf die Straße trat. Ein fciner Landregen rieselte imimter-
brochen nieder nnd erfüllte die Herzen aller, die sich auf
dic Ausflügc des nähen Pfingstfestes gefreut hatten, mit Be-
trübnis.

Zarnow bestieg eine Droschkc und fuhr nach der Neuenbnrg,
um in Ansführung dcs Kriegsplanes, den cr entworfen, zu-
erst Hcrrn Gerard zu besuchen.

Mit herzlicheni Nngcstüm und einer Salve dcr kräftigsten
Ncdensarten wurdc cr bon seinem alten Freunde Gerard,
minder laut, aber nicht minder herzlich von Mnuvillon und
Hartmann ivillkommen geheißen. Er mußte bei einer guten
Flasche Wein über seine Erlebnisse Bericht erstatten und dafür
nbcr alles, was ivährend seiner Abwesenheit vorgegangen
war, über musikalische Greuel und Freuden, über Mauvillons
Gemäldecrwerbimgen und Hartmanns jüngste Münzfunde,
Gegcnbcricht cmpfangen. Der kurze peinliche Momcnt, da
cr Herrn Gerard zu seiner Vermählung Glück wünschen mußte,
ging rasch vorüber und Zarnow schmeichelte sich, daß keinem
der Anwesenden scinc inncrsten Gcsühle bei dicsem Glückwunsch
dnrch irgcnd cin äußeres Zeichen verraten worden scien.

Näm sprach von Juanita, und Zarnow bcnützte diese Ge-
lcgcnheit, nm zn erwähnen, daß er betresfs dcs jungen Mäd-
chcns einc besondere llntcrredung mit Gcrard zu haben wünsche.
Er bcmcrkte, wie alle drci eincn flüchtigen Blick wechselten,
der ihn sonderbar berührte. Wäre es möglich, daß man auch
nnr cine Sckunde lang eine so absnrde Vcrmutung über den
Gcgenstand dieser llnterredung hegcn konnte?

Als Zarnow mit Gerard allein lvar, beeiltc er sich, zunächst
diescn Argwohn zu zerstreuen, und es nahm ihn einigermahen
Wimdcr, daß Gcrard diese Eröffnnng Ivie die Vcrnichtuiig
ciner angcnehmen Hoffnuiig zu cmpfindcn schien.

Er fügte dahcr hinzu:

„Wie soll ich auf den Einfall kommen, mich um Juanita
zu bcwerben? Was könnte ich ihr bieten? Jch habe nur ein
bescheidenes, ungcwisses Los, sie dagegen ist schön, jung,
reich ..."

„Reich!" fiel Gcrard ein. „Das kann man doch nicht sagenl"

„Ach so — ich vergaß," sagte Zarnow, „daß sich die
Dinge scitdem anders gestaltet habcn."

„Das wohl, mein licber Doktor," antwortete Gerard,
„aber in einer Beziehung haben sie sich doch nicht geändert.
Was ich Jnanita in meinem Testament zugedacht habc, das
blcibt ihr, und daran ist durch meinc Verheiratung nicht das
Geringste gcändcrt worden. Äber es ist nicht soviel, daß man
sie reich ncmien kömite. Eine Mte Mitgift — nun ja —
die ausreicht, um sie vor dcm Betteln zn beivahren."

Er schritt einigcmale im Zimmer auf imd ab und schien
mit einer gcwisien Befangcnheit zu kämpfen. Zarnow ivollte
seine weiteren Mitteilungen nicht geradc jetzt anbringen, da
er sah, daß Gcrard ihm noch etwas anzuvertrauen hatte.

„Nehmen Sic es mir nicht üüel, lieber Zarnow," begann
Gerard, immer noch umhergehe.nd, „daß ich da vor Jhnen
hermnlanfe, wie ein in Freiheit dressicrtcs Trainpcltier. Wie
wollen übcr Juanita sprechen, da mnß ich cin wenig weiter
nnsholen imd wciß nicht rccht — abcr hole der Teufel die Ver-
 
Annotationen