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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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sicht gebotcn sei. Der Verkehr könnc kanm noch weiter ge-
steigert werden, woher sollen also die Mehreinnahmen kommen,
wenn der Tarif noch weiter herabgcsetzt ivird. Die Kilometer-
heftc sollte man in der Weise weiter ansbauen, dasz man
einzelne Kilometer verkauft, wie die Post die Marken. Redner
unterstützr die Wünsche des Abg. Geppert und ersucht die Re-
gierung, die Arbeiterkarten auch andern geringbezahlten Lcn-
ten, wie Jncipienten u. dergl. zukommen zu lassen.

Abg. v. Stockhorner (kous.) glaubt, daß die Ergeü-
nisse unseres Eisenbahnbetriebs durch die dlbleitung des Ver-
kehrs stark beeinflußt werden. Eine solche Ablenkung hat
thatsächlich zum Nachteil Badens durch die Pfalzbahnen.stattge-
funden, wie aus dem Prozeß Schad in Mannheim hervorging
und erst dieser Tage im bayerischcn Landtage von dem General-
direktor der Pfalzbahnen zugestanden wurde. Die Regiernng
möge auf Abhilfc dringen.

Oberregierungsrat Schulz schildert eingehend den K
kurrcnzkampf, der sich seit Anfang der 80er Jahre zwischen
den pfälzischen und badischen Bahncn abgespielt hat. Dem
Ansuchen dcr badischen Verwaltung entsprechend habe ncuer-
dings die bayerische Regierung eingegriffen und den Pfalz-
bahnen die Unterbietungen verboten.

Abg. Rohrhurst snatl.) will auf die llrsachen der Hei-
delberger Eisenbähnkatastrophe nicht naher eingehen, sondern
nur konstatieren, daß man iri Heidelberg anfänglich unter dem
unmittelbaren Eindruck des Unglücks einen großen Tei! der
Schuld der Verwaltung zugeschobcn hat. Heute aber sei die
Stimung wesentlich anders, nicht zum wenigsten deshalb,
weil man Weipert bon jeder Schuld frcizusprechen versucht hat.
Jetzt fragc sich hauptsächlich, ob die Regierung den Schaden
wieder gut gcmacht und für die Opfer hinlänglich gesorgt habe.
Den Wunsch nach Einführung von halbcn Kilometerheften 2.
Klasse findet Rcdner gerechtfcrtigt, viclc würden zweifellos
solche Hefte benützen, dcnen es heutc nur nnter schweren Opfcrn
möglich ist; er denke dabei hauptsächlich an Kranke, Frauen,
die'mit Kindern reisen, Beamte, die 2. Klasse fahren sollen
und wollen. Weiter ersucht Redner, die Bahnhofreftaurationcn
nicht in die Perronsperre einzuschließen. Zum Schluh cmpfiehlt
er die Wünsche der Eisenbahnbedicnsteten dcr gebührenden Be-
rücksichtigung. Jnsbesondere wäre dic Einführung eines Lohn-
tarifs durchaus gerechtfertigt, damit die Arbeiter nicht mehr
von der Willkür und, Launc ihrer Borgcsetzten abhängen
(Bravol) Auch die Berkürzung der Arbcitszeit scheine ihm
eine bcrechtigtc Forderung zu sein. Von Mannheim seien ihm
Klagen zugegangen, daß die Bchandlung der Arbeitcr einen
schroffcren imd'schneidigeren Charakter angenommen habe,
seitdcm ein Wechsel in der Oberleitung cingetreten ist. Man
sollte mchr mit Mahnungen, als mit Strafen vorgehen. Jn
dankcnswertcr Weise habe die Regiernng dcm Gcspenst der
Preußenfurcht ein rasches Ende bereitci. Muser branche nnn-
mehr keine Besorgnis zu hegen, daß wir auf dcr abschüssigen
Wahn zur preuhischen Gemeinschaft wciter glciten. Nicht auf
dem Redaktionsbnreau des „Schw. Merk." und auch nicht anf
dem Rathaus in Karlsruhc werde die Frage cntschieden, ob
wir in die preußische Gemeinschaft eintretcn sollen, was hier ge-
sagt und dort geschrieben wird, sei ganz ohne Belang, in solchen
Fragen sei nur die Volksvertretung znstündig und diese halte
an der Anschauung fest, welche vom Berichterstatter zum Ans-
druck gebracht worden sei. Jm badischen Volk sei nicht die ge-
ringste Neigung zum Anschluß an Prcußen vorhanden, nicht
etwa aus Abncignng gegcn Prcußen oder aus partikularistischen
Velleitäten, sondern weil sich von hier aus am besten beurteilen
läßt, was Baden frommt. Nach den Erklärungen des Staats-
ministers denkt übrigens Prenßen gar nicht daran, uns zu diesen
Schritt zu drängen und hat auch gar keine Veranlassung dazu,
wenn es an die Opfer denkt, welche Badey für das Reich ge-
bracht hak. Wir sind und blciben gute Deutsche und gute Ba-
dener, auch wenn wir unsere Selbständigkeit wahren wollen.

Staatsminister von Braner frent sich, daß in Heidel-
berg wicder eine ruhigere Stimmung Platz gegriffcn hat. Mit
den Entschädigungen sei die Regiexnng in der denkbar liberal-
sten Weise vorgegangen. Wenn die Regelung manchmal lange
Zeit beanspruchte, so kam dies däher, weil die ärztlichen Gut-
achten über die dauernden Folgen nicht frühcr abgegeben werden
konnten und weil Viele zu hohe Ansprüche stellten. Bis jetzt
wurde dic Eisenbahnverwalrung von keiner Seite verklagt
und mir einer großen Anzahl bereits ein cndgiltiges Abkom-
men getroffen. Fm letzten Jahre wurden 1 316 300 M.
und in diesem Jahr 67 000 M. an Entschädigungen gezahlt.
Jn cinigen Fällen erreichten diese eine bcdeutende Höhe; so
wurden in einem Fall 139 000 M., in einem andern 96 000
Mark und in mehreren Fällen 80 000 M. bezahlt. Bei einem
jungen Mann, der an beiden Beinen verletzt wurdc, konntc
noch keine Einignng erzielt werden, da nach Ansicht aller Räte
dessen Forderung zu hoch ist. Fn Mannheim war für die
Oberlcitung eine strenge Hcmd notwendig, da unter der alten
Betriebsinspektion lare Grundsätze herrschten. Wenn die Ueber-
gangszeit cinmal vorüber sei, wcrden die Beschwerden von selbst
uachlassen.

Prüsident Gönner teilt mit, daß ein Antrag einge-
laufen ist, die Regierung möge, sobald eine Besserung der
wirtschaftlichen Lage eingetreten sei, cine Tarifänderring auf
der Grundlage des 2-Pfennig-Tarifs für den Kilometcr 3. Kl.
untcr Wegfall des Schnellzugszuschlags vornehmcn. Der
Antrag ist unterzeichnet von Mitgliedcrn der freisinnigen, de-
mokratischen und sozialistischen Partei. .

Nach persönlichen Bemerknngen der Abg. Geck, Rohrhurst
und Binz wird dic Sitzung um 142 Uhr geschlossen. Fortsetzung:
Donncrstag 9 Uhr.

L.O. Karlsruhe, 15. April. Nach dem von der
Lem. und soz. Fraktion eingebrachten Entwurf eines Gesetzes
betr. die Errichtung eines Arbeitsamtes und einer
Arbeitskammcr soll für das Großherzogtum Baden
ein Arbeitsamt in Karlsruhe errichtet werden, welches sich
zusammensetzt aus 3 wissenschaftlich gebildetcn Beamten und
einer dem Bedürfnis anzupassenden Anzahl Hilfsbeamten.
Mindestens ein Viertel der Stellen des Arbeitsamtes sind
mit Frauen zn besetzen. Das Personal steht im Staats-
beamtenverhältnis. Das Arbeitsamt tritt in die Rechte
und Pflichten der Fabrikinspektion ein, welche mit dem Jn-
krafttreten dieses Gesetzes aufgelöst würde. Der Aufstcht
des Arbeitsamtes sollen in gleicher Weise, wie die Fabrik-
betriebe, Bauten, landwirtschaftliche Betricbe, Handwerks.
betriebe, die Betriebe des Handels und Verkehrs, sowie
die Arbeitsstätten der Heimarbeiter unterstellt werden.

Die Arbeitskammer soll zur Vertretung der Jn-
teressen der Betriebsinhaber und der von ihnen gegen
Lohn oder Gehalt beschäftigten Personen in Jndustrie,
Gewerbe, Landwirtschaft, Handel und Verkehrsgewerbe er-
richtet werden und 51 Abgeordnete zählen, von denen 34
von den Arbeitnehmern, 17 von den Arbeitgebern auf drei
Jahre zu wählen sind. Die Abgeordneten erhalten Tage-
gelder und Reisespesen. Die Arbeitskammer, die alle drei
Monate einmal zusammentritt, unterstützt das Arbeitsamt
in seiner amtlichen Thätigkeit. Sie kann Untersuchungen
anstellen über die Gehälter, die Löhne, die Arbeitsart und
Arbeitsdauer, die Lebensmittel- und Mietpreise, die

Wirkung von Verordnungen. Gesetzen, Handelsveiträgen,
Zöllen, Steuern und Abgaben und hat ferner das Recht,
Beschwerden und Mißstände im gewerblichen Leben zur
Kenntnis der Zentralbehörden und der gesetzgebenden Kör-
perschaften zu bringen und Anträge an dieselben zu stellen.
Die Kosten, welche aus der Durchführung dieses Gesetzes
erwachsen, werden aus allgemeinen Staatsmitteln gedeckt.
Ein weiterer Entwurf regelt das Wahlgesetz für die Ar-
beitskammer.

Aus der Karlsruher Zeitung.

Karl sr u h e, 15. April. Der Großherzog
nahm heute Vormittag den Bortag des Staatsrates Frei-
hern von Dusch entgegen und empfing darnach den Prof.
Dr. dcikolaus Biüller an der llniversität Berlin, welcher
über den Fortgang der Arbciten an dern Melanchthon-
Hause in Bretten Bericht erstattete. Zur Frühstücks-
tafel erschienen die Prinzessin Wilhelm, die Erbprinzessin
von Anhalt, welche gestern Abend hier eingetrofsen ist,
sowie der Prinz nnd die Prinzessin Max von Baden.
Nachmittags nach einer Spazierfahrt hörte Seine Kgl.
Hoheit der Großherzog die Vorträge des Geheimen Le-
gationsrates Dr. Freiherrn von Babo nnd des Legations-
rats Dr. Seyb.

Ausland.

Schweiz.

B ern , 15. April. Die Geschäfte der schweizerischen
Gesandtschaft in Rom werden einstweilen von dem belgi-
schen Gesandten A. van Loo weitergefiihrt.

Holland.

Haa g, 15. April. Es scheint jetzt sicher zu sein, daß
die Bemühungen der niederländischen Regierung, den
zn den Ambulanzen des niederländischen Roten Kreuzes
gehörenden Aerzten freien Verkehr in den Reihen der
kämpfenden Buren zu gestatten, auf Schwierigkeiten sei-
tens der englischen Regiernng gestoßen sind, die einer
Ablehnung gleichkommen.

H a a g, 16. April. Nach Meldungen aus schloß Loo
leidet die Königin an einer katarrhalischen Ilffektion
mit zeitweilig erhöhter Temperatur; die Behandlung
liegt in den Händen des Dr. Rossingk im Haag und Dr.
Pot Apeldoorn. — Das „Vaderland" meldet: Gestern
Abend hat eine Beratuug des Leibarztes der Königin
mit dem Gynäkologen Äalbertsberg stattgefunden. —
Das Galadiner zu Ehren des Prinzen Heinrich, das
kommenden Samstag stattfinden sollte, ist abgesagt wor-
den.

Frankrcich.

Pari s, 15. April. Die Königin - M utter
Natalie von Serbien, die seit Oktober in dem Dorfe
Berck im Departement Pas de Calais wohnt, ist dort,
wie schon kurz gerneldet, vergangenen Samstag von der
griechisch-orthodoren znr römisch-katholischen Kirche
übergetreten. Der Taufakt wnrde von dem Pariser Abbe
Stonlange Bodin vollzogen, der hierzu von dem Erz-
bischof Richard bestimmt ivorden war. Die Königin Na-
talie war während der Feier tief bewegt, doch gab sie
die Erklärung, daß sie diesen Schritt aus ihrem freien
,Willen thue, mit fester Stimme ab. Dem „Figaro" zu-
folge begiebt sich die Königin demnächst nach Rom.
(Königin Natalie, die Witwe König Milans, geboren
1869 und mit Milan vermählt 1875, ist die To-chter des
moldauischen Bojaren Johann Keschko, eines rnssischen
Obersten.)

Paris, 15. April. Jm heutigen Ministerrat
teilte der Minister des Aeußeren Delcass6 ein Schreiben
des Präsidenten Roosevelt mit, in dem Präsident Loubet
in herzlicher Weise eingeladen wird, der im Mai statt-
findenden Enthüllung des Denkinals des Grafen Rocham-
beau in Washington beizuwohnen; der französische Bot-
schafter in Washington erhielt den Auftrag, dem Präsi-
denten den Dank Loubets auszudrücken; er wird ihm
gteichzeitig die Namen der zur Vertretung des Präsiden-
ten ausersehenen Personen mitteilen, welche sich auf einem
Kriegsschiff nach Amerika begeben werden. Der Präsident
wird also nicht selbst nach Amerika gehen. Der Kolonial-
minister machte Mitteilung über die vom Kongo vorlie-
genden Nachrichten; nach einer heute früh eingegangenen
Depesche sind zwei Kompagnien Senegaltirailleure in
Üessu angelangt; eine dritte ist auf dem Marsche dort-
hin. Handelsminister Millerand legte ein Dekret zur
Nnterzei-chnung vor, durch das die Teilnahme Frank-
reichs an der Ausstellung in St. Louis geregelt und
Michel Lngrove zum Generalkommissar der französischen
Abteilnng der Ausstellung ernannt wird.

Aus Stadt und Land.

Heidelbcrg, 16. Avril.

Fürstliche Hochzeit. Die hier vielfach verbreitete An-
nähme, daß die Jesuitenkirche für das Publikum gelegentlich
der Hochzeit Jhrer Hoheit der Prinzessin von Sachsen-Weimar
geschlossen sein wird, ist nicht richtig. Außer einigen reservier-
tcn Bänken vorderster Rcihe wird die ganze Kirche dem
Pnbliknm zugänglich sem. Sämtliche Dekorationen für die
Feicr sind den Herren Hofliefcrmrtcn Atzler u. Scheurer
übertragen ioorden. Bei der kirchlichen Feier wird der Chor
des hiesigen Cäcilienvereins und das Trompeterkorps des Dra-
goner-Regiments „Königin Olga" (1. Würtremb.) Nr. 26 mit-
wirken. Die Trauung findct um halb 12 Uhr statt. Am
Abcnd vorher Ivird das städt. Orchester dem hohen Brautpaare
ein Ständchen bringen.

Kirchengemeinde-Versammlung. Herr Oberbürgermeister
Dr. Wilckens schreibt uns: „Der in Nr. 86 Jhres geschätzten
Blattes erschienene Bericht übcr dic Ktrchengemeindeversamm-
lnng Vvm letzten Sonntag giebt eine Aeußerung unrichtig wieder.
Jch habe nicht gcsagt, es sei unzweckmäßig, Kirchengelder in
Staatspapteren anzulegen. Eine Behauptung in disser Allge-
meinheit wäre natürlich nicht zu rechtfertigen. Dagegen habe
ich Bedenken darüber geäußert, ob es gut war, Gelder des
Fonds für den Kirchenbau im Rohrbacher Viertel, von denen
nm» wußte, datz sie in Kurzem wieder flüssig zu.machen seien,
in Staarspapicren, d. h. in einer Weise anzulegen, die mit
Rücksicht anf die Kursschwankungen von vornherein die Gefahr
Vvn Kapitalverlusten mit sich bringen mußte. Jm Uebrigen
habe ich cmvfohlen, die Frage zn prüfen, ob nicht die definitive
Bcschaffung der fnr den Kirchenban im Rohrbacher Viertel er-

forderlichen Anlehensmiticl unter andercn Bedingungen, als
nnter Lerjenigen einer beiderseitigen vierteljährlichen Kün-
dignngsfrist, sich bewirken lasfe.

" Vom Schloß. Die morgen hier tagende Schloßbau-Kom-
mission sollte eigentlich aus 7 Herren bestehen, von denen die
Regierung 6, der Schtoßverein 1, dic Stadt 1 (Herrn Wallot)
besttmmmt harten. Letzrerer Herr ist nun, wie er in eineM
Telegramm an den hiesigen Smdtrar mitgeteilt hat, plötzlich
krank geworden, so daß die Stadt unverlreten scin wird.

8t. L1. tL. Konzerte anf dem Schloß. Bei Fortdauer der
schönen, warmen Winerung werden voraussichtlich die Nach-
mittags-Konzerte des städt. Orchesters auf dem Schlosse schou
am Donnerstag den 17. ds. Ms. beginnen. Bereits geordnete
Abonnementslarten haben hierzu Gültigkeit.

i) Neuer Strasremiamc. Daß in nnserer Pfälzcr Bevöl-
tcrung der Hnmor täglich neue Blüten treibt, ist bekannt. So
hat sie in dieser kritischen Zeit, in der die Geschäftsleute
der Hanprstraße stark üeeinträchtigi werden, in ihrem Galgcn-
humor der Hauplstraße die Bezeichnung: Neue G r a b e n-
gasse zugelcgt.

U. Strnfkarrliiiersitzung vom 11. ds. Vorsitzender: Land-
gerichrsdirettor Dr. Wesr. Vertreter der Grohh. Staats-
behörde: Sraatsanwalt Dr. S e b o l d. 1. Wegen Diebstahls
eincs Regcnschirms im Wertc von etwa 3 M., gelegentlich des
Ktrchweihtanzes, wurde die Bernhard Höhnle Ehefrau von
Schönau in Berückfichtigung ihrer Vorbestrafungcn mir 4 Mo-
naten Gefüngnis bestraft. 2. Am 22. November v. I. erfatzte
der Güterzug 750 einen über den Bahnübergang am Klingen-
teich fahrenden Lastwagen und zcrtrümmerte densclben teil-
weise, wobei der Fuhrmann heftig an einen Laternenpfosten ge-
schleudert wurde, sodatz er schwcre Verletzungen an der Brust cr-
lirt, in Folge deren er bis jetzt noch nicht wieder arbeitsfähig
ist. Die Schuld an dem Unfall wird dem Bahnwartablöscr
Wilhelm Obländer von Zuzenhausen beigemcssen, dcr
kurz nach Pasfieren des Zuges 15a den Schlagbaum ösfnete,
obgleich er wußte, dah der Güterzug von Schlierbach her ein-
treffen mußte. Wegen fahrläfsiger Körperverletzung und Ge-
fährdnng eines Eisenbahntransports wird er zu einem Monat
Gefängnis verurteilt. 3. Weacn einer Haftgeldschwindclei
in INeckesheim ist der 43 Jahrc alte bereits vorbestrafte Dienst-
tnecht Peter Secula von Eichclberg angetlagt. Durch die
Beweiserhebung konnte die Betrugsabsicht des Angeklagten je-
doch nicht festgestelli wcrden und das Gericht sprach ihn des-
halb frei. 4. Taglöhner Albert Lauinger von Wiesloch
deckte seinen Bedarf an Brennholz dadurch, daß er Wingert-
stiefel des Morgens in aller Frühe aus benachbarien Wein-
bergen holte und zu Brennholz zersägte. Wegen Tiebftahls
im wiederholten Rückfall werdcn ihm 6 Monatc Gefängnis
diktiert.

(Schluß folgt.)

Von der Hauptstrasie. Dic Pferdebahn geht seit heute
früh nur noch vom Hauptbahnhofe bis zur Äkademicstraße.
Nuf der Straßenstrecke vom Geschäftsladen des Oprikers Pfaff,
bis zum Friedrichsbau, wv die Pfastersteine schon entfernt sind,
zieht heute Vormirtag ein mit zwei kräftigen Pferden be-
spannter eiserner Pflug mächtige Furchen. llm dem Pfluge
in seiner Wirftmg den richtigen Nachdruck zu geben, hat siÄ
ein Nrbeiter darauf gesetzt. Diese Hantierungen erregcn na-
türlich die allgemeine Heiterkcit des Publitums. Man denke
sich aber auch einen Pflug mitlen anf der Hauptstraße in
Thätigkeitl

-r- Polizeibericht. Verhaftct wurde ein Frauenzimmer
wegen Umherziehens, ein Taglöhner wegen Diebstahls und ein
Schuhmacher wegen Vergehens gegen 8 176 Z. 3 R.-Sl.-G.-B.
Wegen Unfugs wurden 5 Personen zur Anzeige gebracht.

X Wiesloch, 16. April. (S e l b st m o r d.) Heute Nacht
gegen 12 Uhr töiete sich durch eincn Revolverschuh in die
Schlüfe der verheiratete Uhrmacher St. von hier. Derselbe
war in der Itacht von einem auswärtigen Geschäftsgang zu-
rückgekommen, kehrte noch in einer in der Nähe seiner Miet-
wohnung gelegenen Wirtschaft ein, begab sich alsdann nach
Hause, wo er in der Küche in Gegenwart sciner Frau dic rm-
selige That ausführte. Zerrütrctc Vermögcns- nnd unglück-
liche Familienverhältnisse sollen, wie man hört, dem Sclbst-
mörder die Waffe in die Hand gedrückt haben. Auch soll stch
dcrselbe in letzter Zeit allzusehr dem Alkoholgenutz hingegeben
haben. Er hinterläßt eine Witwe mit 2 kleinen Kindern.

Nnsiloch, 14. April. (Von dcr Schule.) Nian schrcibt
deu Mittelbad. Nachr." von hier: Hier siud 5 Lehrer — 4
Haupt- und ein Unterlehrer —, bis Ostern für 610 Schüler'
angestellt gewesen, seit Ostern ist die Schülerzahl auf 644 ge-
stiegen, sodaß auch hier mit „Ueberstunden" gearbeitet
werden muß, bezw. ein Lehrcr 3 Klassen mit zusammen 142
Schüler zu unterrichten hat. Der betr., Lehrer, der die Dienst-
prüfnng noch nichr hintcr sich hat, bezieht cinen Jahresgehalt
von 800 M. Mit wüchentlich 8 Stnnden Turnunterricht hat
dieser Mann wöchentlich 441h Stunden Unter-
r i ch t. Achnliche Verhältnisse herrschen-in biclen Orten uiv
Heidelberg: es ist keine Seltenheir, daß ein Lehrer 70—60,
oft über 100 Kinder in ciner Klasse, daneben in weiteren
Klassen 50—60 Kinder zu unterrichten hat.

Weinheim, 14. April. (Der Teufel.) Zwei MädcheU
aus dem Odenwald wollten sich am Samstag mit Eiern,
Bntter, Käse usw. auf dcn Wochenmarkt nach Weinheim be-
geben, als fie zwischen Ursenbach und Rittenweier von weitciU
den „Teufel" zn erblicken glaubten und vor lauter Angst
die Körbe wegwarfen und nach Rittenweiler eilten. Der'
„Teufcl" war der Gehilfe des Kaminfegermeistcrs von Weiu-
heim, der in aller Frühe, seine Zigarre schmauchend, seinerU
Beruf nachging.

Mannheim, 15. April. (Stiftung etnes EhreM
p r e i s e s f ü r d a s M a n n h e i m e r P f e r d e r e n n e n- >

Prinz Wilhelm von Sachsen-Weimar hat zu Ehren des A»f
denkens seines Vaters, Prinzen Hermann von Sachsen-Weima^
welcher lange Zeit, bis zu seinem Ableben, Ehrcnmitglied
Badischen Rennvereins war, und sich um dessen Emporblühe^
große Verdienste erworben hat, cinen Ehrenpreis zu den IRauu-
heimer Rennen gestiftet. Für dieses Jahr wird die Ehrenga^
dem Heidelberger Jagdrennen, das am ersten Tage dcs Frud(
jahrs-Meetings (3. Mai) zur Entscheidung gelangt, zug ^
wtejen. Jn deu kommenden Jahren wird ein Rennen de
Namen des um den Sport so hoch verdienten Prinzen trage -

Mannheim, 15. April. (Die Sammlung für dZ
Großherzog Friedrich - Jubiläums - Strl,
tung) hat in Mannheim bis hente die Summe d
163 248.55 M. ergeben. Die Sammlung wird am 19- "
geschlossen.

80. Mannheim, 16. April. (R i ch t i g st e l l u n g- >
Nachrtcht, daß Oberamtmann Eckhard in Achern in die Dirertl ^
der Rheinischen Kreditbank rn Mannheim eintreten toerde, .
dem „Mannh. Gen.-Anz." zufolge unzutreffend. Es u N
eine Verwechselung vor mit dcr am 3. April erfolgten
des Herrn Eckhard in den Aufsichtsrat der Rheinischen Krru

bank. , - -- ckie

- jlarlsruhe, 16. April. (Die sozialdemokratr I i
Maifeier) findet n ich t in der Feschalle statt, weil der
litärberein, sowie die Eisenbahnbediensteten am 20. up
bezw. 4. Mai in der Festhalle Jubiläumsbankctts abha ^
und die Jubikäums-Dekorationen vorher nicht aus dem -sa
entfernt toerden können._

Kleine Zeitung. „

— Franksurt a. M„ 15. April. Wie die „FraM'
 
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