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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 75-100 (1. April 1902 - 30. April 1902)
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Abendstunden sammeltcn sich am Durlacherthor dic Studieren-
Den der 3 Hochschulen des Landes zum Fackelzug. Zehn
blumengeschmückte Sechsspänner, in denen die 20 Mitglieder
der stud. AuSschüsse satzen, fuhren dem schicr endlosen, ctiva
2000 Teilnchmcr zählendcn Zug voran, der sich voni Dur-
lacherthor durch die Kaiser- und Waldhornstrahe nach dem
Schlotzplatz bewegte. Sümtliche Chargierren der einzelnen
Korporationen (etlva 300) wareu beritten. Vor dcm Schloh-
portal angekommen, verlietzen die Mitglieder der AuSschüsse
die Wagen und begaüen sich ins Schloh. Herr cand. theol.

K r a st e l-Heidelbcrg gab in einer schwungvollen Ansprache
den Empfindungen der Studentenschafl Ausdruck und fordcrte,
nachdem Lic Vorsitzenden der drei Ausschüsse dem Jubilar
Adressen überreicht hatten, vom Balkon des Schlvsses aus dic
untenstehenden Kommilitonen zu eincm dreifachcn Hoch auf
den Grohherzog auf, in das alle freudig bewegt eiustimmren.

Die Ansprache lautete:

„Allerdurchlauchtigster Grohherzogl Gnädigster Fürst
und Herrl Heute, ivo ein ganzes Volk in frendigcr Be-
geisterung sich. um den heihgeliebten Landcsfürsten schart,
will auch die Studcntenschaft nicht fehlen, auch sie will
ihren ehrfurchtsvollcn, dcmkerfülltcn Gestnnungen eineu
sichtbaren Ausdruck verleihen. Vereint erscheincn heute die
drei Hochschulen des Landes vor Euerer Königlichen Hoheit,
um durch die aus ihrer Mitte erwählten Vertreter ihre
Glückwünsche auszusprechen, die in Worte fassen sollen,
was die rauschcnden Flammenzeichen vor dem Schlosse be-
fagen. Als crste hat die hohe Ehre ihre Huldigung dar-
zubringen die ültcste der drei Schwestern, die Rnperto-
Carola, deren Annalen mii Stolz erzählen, dah Grohherzog
Friedrich von Badcn, heute ihr Rektor, einst einer ihrer
eifrigsten Schüler gewesen ist, und dah er wiederholt be-
kannt hat, wievicl Anregungen für seinen hohen idcalen
Sinn er der Alma Mater verdankt. Es ist von jeher das
fchöne Vorrecht der Hochschulen gewcsen, in bcsouderer und
unmittelbarcr Weise der landes'herrlichen Fürsorge nahe zu
stehen und gerade heute empfangen wir einen Beweis groh-
herzoglicher Huld: Haben doch Euere Königliche Hoheit un-
geachtct der Anstrengungen, die diese Tage mit sich bringen,
der Studentenschaft gewährt, von Angesicht zu Angesicht
aussprechen zu dürfen, was ihr Herz bewegt. Als dank-
bare Empfüngerin nimmt die studierende Jugend an allcn
Segnungen der Regieruug Euerer Königlichen Hoheit teil;
und niemals wird vergessen werden können, dah Euere
Königlichc Hoheit den Muscn und Wissenschaften das Hei-
matsgefüh! in diesem Landc, das schon der hochfelige Ahn-
herr Euerer Königlichen Hoheir ihnen gegeben, noch vcrtieft
und verschönert haben. Jhren Empfiudungen bcim Jubi-
läum ihres in ganz Deutschland einhellig verehrtcn und
geliebten Grohherzogs hat die Studentcnschaft in ihren
Adressen Aus'druck zu geben versucht; zu deren Verlesung
erbitten wir nunmchr die Genehmigung Euerer König-
lichen Hoheit."

Der Grotzherzog dankte in huldvollcn Wortcn und vcrlieh
seiner Freudc darüber Ausdruck, dah anch die akademische
Jugend an diesem Feste teilgenommen habc.

Sodann fuhrcn Kaiser und Grohherzog, begleitet vom Erb-
grotzherzog, durch das Meer von Fackeln unter den stürmi-
schen Hochrufen der Musensöhne zum' Bahnhof, wo sich der
Kaiser verabschiedete. (Der Äönig von Würitemberg hatte
schon eine halbe Stunde vorher die badische Residenz ver-
lassen.)

Um 9 Uhr ertönte von sümtlichen Türmen der Stadt
feierlicher Glockenklang. Mit dem Glockenschlag strahlte die
gcmze Stadt in einem glänzenden Lichtmeere; eine
Unzahl von Lämpchen, Gasflämmchen und Glühlampen flamm-
ten an allen Ecken und Enden der Stadt, an den Häusern,
freien Plcchen und Vorplätzen auf zum Entzücken einer un-
geheurcn Menschenmenge, die sich durch die Strahen wäl.zte,
um die f e e n h a f t e B e l e u ch t u n g zu bewundern. Ganz
besonders effektvoll war die Jllumination des Schloß-, Zried-
richs- und Marktplatzes, der Kaiser- und Karl-Fricdrichs-
strahe und vor allem des Kaiserplatzes. "Die Anlage um das
Kaiserdcnlmal lvar von Gasröhren mir unzähligen Flammen-
öffnungen, wie mit einem Spinnennetz üüerdeckt, dw cine
Llendende Lichcsülle verbreiteten. Unter den Häusw» ragte
Lie Villa Burklin an der Kriegsstratze hervor, die nn Glanze
elektrrscher Blumcnkronen erstrahlte, ferner die Hnuptpojt, die
Allgem. Vcrsorgungsanstalt und die Lechnische idochichulc,
dercn prächtige archnektonischo Gliederung durch sinnvvllc
Gruppierung der Flämmckicn recht wirkungsvoll zur Geliiuig
lani. Ter Alcningersichc. Bierpalast an der Karserjtratze Ivar
Lis zum DackgesimS mit dichtgereihten Lämpchen wie icsät
und an dcm gcgcuüberliegenden Doppelhans der Firma
Weitz - Kölsch und Sexauer erglänzte in buuten clekirischen
Ricscnleltern der Namenszug des Großherzogs, umrahm: vou
eincm mächngeu Lorbecrzweig. Vom Rathausturm spielt eiu
elcktrischcr Ecbe-nwcrser.

Die Studierenden aber trafen sich in der Festhalle zum
A e st k o m m e r s. Der mächtige Saal war bis auf den letz-
ten Platz besetzt. Auf dem Podium satzen die Ausschüsse, an
der Chrentafel die Festgäste, darunter Ministerialpräsidem
Frhr. v. Dusch, der kommandierende General v. Bock u. Polach,
und viele höhere Beamte, Offiziere und Professoren der Tech-
nischen Hochschule, au den übrigcn Tischen im Saal und anf der
Gallerie die Studiercnden der beiden Universitätcn (c-.i. 400
von Freiburg nnd 000 vonHeidelbcrg) und dieBürger derTech-
nischen Hochschule. Vvn der Höhe grühten etwa 40 Banner
die bunt unter einander gcwürfelten feucht-fröhlichen Musen-
söhne, die sich unter dem Schutz des „Burgfriedens" zu „löb-
lichem Thun" versammelt hatteu. Der Vorsitzende des Karls-
ruher studentischeu Ausschusses, stuä. Krieg, eröffnete den
Kommers mit einem Salamander. Dann toasteten in kurzen
Zwischenräumen Herr stuck. Braun-Karlsruhe auf den Grotz-
herzog, und cand. pharni. Jtta (Cimbriae)-Freiburg auf den
Kaiser. Brandt-Liarlsruhe rieb einen Salamander auf die
Gäste, Pactow-Freiburg feierte die Professoren nnd Prorektor
Professor Buhl-Heidelberg die akademische Jugend. Geheimer
Hofrat Kraske-Freiburg leerte sein Glas aus das einmütige
Zusammenwirken der drei Hochschulen. Rektor Haid feierte
in einer geistvollen Rede den Grotzherzog als den Förderer
oer akademischen Freiheit und Wissenschaft.

SC. Karlsrnhe, 27. April.

Dcn Anbruch des heutigen Hauptfesttages verkün-
deten in aller Frühe Kanonenschüsse, Glockengeläute und Cho-
ralmusik vom Rathausturm. Um 8 Uhr sand militürisches
Wecken statt. Jn gemcssenem Schritt bewegten sich die Tam-
boure, Spiellcute und Regimentskapellen der Garnison durch
die Stratzen der Stadt zum Schlohplatz, ivoselbst unter Bött-
ges Direktion mehrere ernstfeierliche Musikpiecen zum Vor-
trag gelangten.

Die Festgottesdienste in den Kirchen der verschiedenen
Äonsessionen waren sehr gut besucht; in der katholischen St.
Stephanskirche zelebrierte Erzbischof Nörber unter Assistenz
zweier Domkapitulare ein Pontifikalamt.

Heute Vormittag empfing der Grotzherzog zuerst im
roten Saal des Schlosses die Hofstaaten zur Gratulation, so-
dann in Gegenwart der Grotzherzogin rc. das Staatsministe-
rium. Minister Brauer hielt eine Ansprache im Namen des
Ministeriums, die der Grotzherzog erwiderte. Es folgte der
Empfang einer Abordimng der ersten Kammer. Prinz Karl
von Baden als Präsident der ersten Kammer sprach die Glück-
w-ünsche derselben aus und Bizepräsident Graf Bodman ver-
las hierauf die Adresse der Kcnnmer. Der Grotzherzog dankte

in einer Rede. Hieran schlotz sich der Empfang enier Dcpu-
tation der zweiren Kammer, deren Präsident, Oberbürgcr-
meister Gönner-Baden-Baden unter Darbringung der Glück-
und Segenswünsche der zweiren Kammer cinc Adresse der
letzreren verlas. Der Grotzherzog antwortcre auch hier mit
einer Ansprache. Gleich darauf empfiug der Grotzherzog den
Erzbischof von Freiburg, welcher in Beglcitung zweier audcrer
Herren erschienen war.

?<?. jmr.isruhr, 27. April. Heutc Mittag 12 Uhr üüer-
reichie das Eam-uuaö-Komitee dem Grotzhcrzog d:e F u b i-
läumsgabe von 400 000 M; dann fcmd im Museumssaal
ei:: F e st e s s, » ftcni. an dem die Mmister, Lrzbi'chof Nöi -
ber nn: dc» Trmkapitularen Schenk und Otto, Prülal Helbmg,
sast säimOchc Miiglieder der 1. und 2. Kmimcr u»V ,al.I-
rcichc. hohc Miliiärs, sjaatlichc und städt. Bcannc Icil ialmcn
Während des Mahls erhob sich Oberbücger.iw'ster S ch n c p-
! e r iind.seicric in sch>> nngvoller Rede oen Julut.rr. , Grrtz-
herzog Fricdrich", so führte cr u. A. cms, „wird dcrcinstens
nicht zu dcn Gcwaltigen dcr Geschichte gezählt wcrden, unter
deren schwcren Tritten dcr Bodcn bcbtc, über den sie wan-
deltcn, die dcn harten Stcmpcl ihrer bcsonderen Eigenart der
Zeit. in der sie lebtcn, mit dämonischcm Ungestüm aufpräg-
icn. Wir haben ihn viclmehr kennen gelernt als einen
weisen und gercchtcn Fürsten, dcm alles leidenschaftliche
Wesen frcmd ist, nnd wir wissen von ihm, daß er mit warmcr
Herzensneignng den Frieden sncht und namentlich auch inne-
ren Frieden haben wollte mit seinem Volke. Wir wissen abec
nicht minder, datz er an dem, was er als recht und gut er-
kannt hat, mit zäher Ausdaucr festhält, datz er den Kampf
nicht scheut, wo er ihm aufgedrungen wird und datz er sich
auch durch die widrige Strömung erregter Tagesmcinungen
nicht abtreiben lützt von dem Kurse, auf welchem das Wohl des
Staates sein verantwortungsvolles Wirken hinweist. Jn
seiner edlcn ehrwürdigen Pcrsönlichkeit findcn wir einc scltene
Harmonie von hoher Einsicht, Kraft und Güte, dabci einen
starken Zug zum Schöuen und Jdealeu, wclche der Entwick-
lung der Künste in unserem Lande so förderlich gewcscn ist,
und in Verbindung mit dem Allem eine Schlichtheit und Be-
scheidenheit, die auch durch die Uebcrfülle glänzender Erfolge
in keinem Augenblick erschüttert werden tönnte. Solches
Wesen zeigt sich auch in scincr Erscheinung, welche jedes dem
Guten nicht völlig verschlossenc Hcrz zugleich mit Liebe und
mit Ehrfurcht erfüllt. Wic schlicht und natürlich ist doch
Alles, was er sagt. Jhm ist es nimmer beigekommen, durch
hyperbolische Dikta die Welt in Erstaunen zu setzen oder nach
irgend einer Seite hin durch Drohungen schrecken odcr ducch
Vcrsprechungcn blendcn zu wollen". Dic Ansprache wurde
mit tosendcm Beifgll aufgenommen.

Eine warme, leichtflictzcnde Redc auf Jhre Kgl. Hoh. dic
Grotzherzogiu hielt Erzbischof N ö r b e r. Auch cr ge-
dachte zunächst der Fortschritte, welche untcr des Jnüilars
Rcgierung gewonnen worden und ging dazu über, dic so ver-
dienstvolle Mitwirkung der Frau Grotzherzogin zu würdigen.
„Wir leben", so sagte der Redncr, „in einer Zeit sozialcr
Umwälzungen, wo ilnzufriedenheit die Kräfte zu äutzerster
Thütigkeit anspornt. Da hilft keine Machtentfaltung, keine
Philosophie, da ist eine ausgleichende Kraft notwendig, ein
Wirken im Dienste der Charitas, der allgemeinen Menschen-
liebe. Als eine Erscheinung, welche einem solch versöhnenden
Wirken Hingegeben und in diescr Thätigkcit geradezu cpoche-
machend für die ganze Gcgenwart sci, feierte der Erzbischof
die Grotzherzogin. Er, Redner, unterschrcibe Alles, was der
Herr Oberbürgermcister der Stadi Karlsrnhe ausgeführt. Sein
Hoch gelte der hohcn Frau, der grotzen Samariterin, der
trenen Gefährtin des Grotzhcrzogs, dic noch lange die Früchte
ihrer segensreichen Thätigkcit genieheii mögel (Beifall.)

Bürgermeister S i e g r i st weihtc sein Glas den Gästen,
in deren Namen Graf Bod m a n mit humorvollen Worten
sein Hoch auf die gastfreie Residenz, „auf dic wir stolz sind",
ausbrachte.

Gegen 4 Uhr bildeten die Karlsrnher und auswärtigcn
Vereine Spalier in den Stratzen, welche die Grotzh. Familie
bei der Rundfahrt passierte. An den Triumphbögen der
verschiedenen Stadtteilc hatten wieder die Bürgervereine Anf-
stellung genommcn. Der Jubilar und seine hohe Gemahlin
dankten unermüdlich für die begeisternden Huldigungcn der
jubelnden Volksmenge.

Den Schlutz des Hauptfesttages bildetc die ?lnfführung
des Festspiels „Des Landcs Huldigung", von Albert
Herzog, Mnsik von Stephan Krchl, in dcr Festhalle, welcher
das Grotzherzogspaar und zahlreiche geladene Gäste anwohn-
ten. Nach Beendigung der Aufführung richtete Kammcr-
präsident Gönncr an den Grotzhcrzog eine Ansprache, dic in
ein begeistert aufgenommenes Hoch anf den Jubilar ausklang.

Die Rundfahrt der Grotzh. Familie gestaltete sich zu
eincm wahren Triumphzug. Dem offen von einer
Es'kadron Dragoner eskortierten Merspäuner L ia Daumont,
in dem das Grotzherzogspaar satz, fuhren in zwei Wagen
Amtsvorstand Geh. Regierungsrat Fehrenbach, ein Hofmar-
schall, Oberbürgermeister Schnehler und der Obmann der
Stadtverordneten Prof. Dr. Goldschmit voraus; im Gefolge
der Grotzh. Herrschaften befanden sich der Erbgrohherzog und
die Prinzen Karl uud Max. Der Eskorte schkossen sich viele
Privatwagen an. Jn langsamcr Fahrt bcwegte sich der Zug
durch einc Kopf an Kopf gedrängtc, jubelnde Bolksmenge in
die vcrschiedcnen Stadtteile, woselbst Ehrenpforten crrichict
waren. Der Grotzherzog und die Grotzherzogin wurden nickst
müde, den mit bcgeistertcn Znrufen grützcndcn Bewohnern,
die sich beiderseits der Stratzen aufgcstellt hatten, zu danken;
ununterbrochen winkte dic hohe Fran mit dem Tascheutuch;
auch von allen Fenstern wchtcn weitzc Tücher in Damenhcmd.
Nach der Rundfahrt, die bis gcgen 42 Uhr dauerte, sammelten
sich die Bürgervereine in ihrcn Vercinslokaken, nm dcn Jubilar
zu feiern.

s- Heidelberg, 28. April. Die Jubiläumsfeier der O b e r-
realschule fand unter grotzer Beteiligung der Eltern und
Angehörigen der Schüler Freitag Nachmittag halb 5 bis nach
7 Uhr statt. Nach dem einleitenden „Halleluja" hielt Professor
Lorentzen die Festrede, in der in sehr ansprechender Weise
eine Parallele gezogen wurde zwischen der segensreichen Re-
gicrung Karl Friedrichs von Baden und der 80jährigen Re-
gierungsthätigkeit seines Enkels, des Grotzherzogs Friedrich,
des zweiten Gründers des Grotzherzogtums, des hohen För-
derers des deutschnationalen Gedankens. Jn streiflichtartigen
Rückblicken wurde eine Fülle geschichtlicher Ereignisse in helle
Beleuchtung gestellt, und schlietzlich bot das 50jährige Jubi-
läum Karl Theodors (1792) Anlatz zu scharsen Kon-
trasten. Die Huldigung für den geliebten Landesfürsten am
Schlutz der Rede fand einen kräftigcn Wiederhall in der Fest-
versammlung. Nach der durch 6 Violinen unter Klavier-
begleitung mit der gcwohnten Präzision vorgetragenen zweiten
Symphonie Heydns folgte das mit Spcmuung erlvartete
Schauspiel: Colberg von Paul Heyse, das von 2S
Schülern der oberen Klassen aus'geführt wurde, eine vorzügliche
Leistung. Einzelnes hier hervorheben zu wollen, wäre unmög-
lich. Die Träger der Hauptrollen lösten ihre Aufgabe mit viel
Geschick, und es iväre schwer zu enischeiden, ob der schneidige
Gneisenau, oder der alte Seebär Nettelbeck, der Jnvalide, oder
Rektor Zipfel usw. seine Rolle mit mehr Naturwahrheit durch-
führte. Die Darsteller waren erwärmt durch den belebenden
Pulsschlag begeisterter Vcrterlandsliebe, und die Verkörperung
dieser in Rose war wohl daS anziehendste Element in der

ganzen Aufführung. Dic Spannung dcr Zuhörerschaft wuchA
oon Alt zu Akt, und stürmischer Beifall lohrrte die jurrgeü
Schauspieler und die Veranstalter der Darstellung für ihre
mühevolle und gewissenhafre Vorbcreirung. Die Schlutz"
darbietung, Jubel-Kantate von Weber, die tadel-
los und mir wärmster Empfindting vorgetragen wurde,
gab der wohlgelungenen Feier einen würdigen, harmonischen
Abschlutz. Vormirrags 10 Uhr waren die Jubiläumsmedaillen
von Herrn Direktor Wittmann den etatmützigen Lehrern und
sechs Reallehrern der Anstalt übergeben worden. Diese Ab-
zeick>en, die von so viclen währcnd der Feier gctragen wurden,
botcn einen ungcwohnten, aver angenehm berührenden Ein-
druck: Alle gleichsam eine Familie, nnd der gefcierte Landes^
fürst ihr geliebtes, allverehrtes Oberhaript.

Die Gewerbeschule beging dic Feier am Freitag Abend.
Jn den eiuzelnen Klassen lvicsen die Lehrer auf vas Jubtlümii
des Großbcrzogs lsin. Dic Schüler erlsielten kleiue Andenken.

. Jm Pädagogium N c u e nh e i m versammelten süh
Lehrer und Schüler zur Feier des SOjährigen Regierungsjubi-
lüumS am Freirag, deu 20. April, früh 10 llhr in der fest
lich geschmückrcn Aula dcs Schulhauscs. Das Schulorchestei'
leitete die Feicr würdig eiu uud begleitetc den gemeinsamev
Gesang „Dcutschlcmd, Deutschland über alles". Alsdcmn hielt
Herr Dr. Volz selbst die Festrcde, indcm er in kurzen
Zügcn ein lebensvolles Bild des erhabenen Landesherrn ent'
wars und besonders die Fortschriltc Badens unter seiner glor^
reichen und milden Regierung betonte. Der Nachmitlag ver-
einte wiederum Lehrer und Schüler zu eiuer Turnfahrt übet
das Gcbirge nach Dossenheim, wv gleichfalls eine schöne Fest^
stimmung die junge Schar beherrschte. Es war eine Freudc
für die Lehrer, ihre Schüler erfüllt zu sehen von edlcw
Patriotismus und die Wirkung der Pflegc einer guten Deutscki:
gesinnnng auch bei dieser feierlichen Gelegenheit zu beobachteN'

Das hiesige Gymnasiuni bcging dic Großherzogsfeier ai>l
Samstag Nachmittag im großen Saale des städtischen Saalbaues'
Saal und Galerie waren zum Erdrückcn gcfüllt. Znerst truge>>
Schüler mit frischen Stimmen zwet Gesangschöre vor, dann lie?
sich das Hansorchester hören unv zwar uiit svlchem Crfolg, daß
die Beifallspenden kein Ende neümcn wollten. Die Festreve hiell
Prof. Rösiger. Er schildcrte Charakter, Lebeu und Wirken de^
Großherzogs sehr anschaulich und mit warmer Empfindung. NaÄ'
her fo gte eine Auffllhrung vo» Willensteins Lager diirch di^
Schüler. Die Mitwirkenden hatten sich sehr gut in ihre Rolle>>
hineingelebt, sodaß das wuchtige Stück schön zur Geltung ka>»
nnd einen siarken Eindruck anf die Zuhörer machte.

Böllerschüsse von dcr Philosophenhöhe am Samstag AbeM
vcrkündigten weithin dic Bedeutung des Tagcs, die eherne»
Töne der Kirchenglocken tlangen vielstimmig hinein, die Feucl"
wehr führte einen Zapfenstrcich mit Fackeln aus und in de»
Vereinen fanden noch vcrschiedene Festbankette statt.

Der Sonntag setztc mit Glockengeläute und Choralblaft^
ein. Festgottesüienste in allen Kirchen dcr Stadt vereinicst^
iinzühlige Andächtige zu erhebender Feicr. Jn dankbarer
sinnung wurde hier des verehrtcn Landesfürstcn und scin^'
erlauchten Hauses gedacht, und Glück und Segen für die ZP
kunft erfleht. Erhebend gestaltete sich der festliche Univerl!^
rätsgortesdienst in der Peterskirche. Die Kirche konnte d»
Zahl der Besucher Irotz ihrer Grötze bei wcitem nicht fasftst
Die Festpredigi, die Kirchcnrat Dr. Bassermann hielt, schtldci'».
mit grotzer Beredtsamtcit die hohen Tugcnden des Grotzherzoö'
als Mcnsch wie auch als Fürst und Landesvatcr. Der Bastj
verein trug dazu herrliche Chöre von Händel vor. Um d»
Aiittagsstunden sammelte sich auf der Anlage eine buw^
festlich gekleidete Menge, um dem doppelten Promenade-Mjsi
zerte — auf dem Wredcplatz spielte die Militärkapelle,
Stadtgartcn das städt. Orchester — anzuivohncn. NachR»
rags fandcn an verschiedencn belcüten Ausflngspunkten
büllc statt und der Abend schlotz mit einem gnt besnchten Ko»
zert in dcm sestlich beleuchteten Stadtgarten ab.

si- Weiuheim, 2S. April. Unscre Jubiläumsfei < s,
leiren begannen heutc mit den Schulfeiern an den
schiedenen hiesigen Schulen und wurden solche in prograistd,
mätziger Weise abgehaltcn an der Volksschule, am Gymuaft
und in der Töchterschule. Die Schulfeier der Volkssch>,,
mutzte, Raummcmgels wegen im Freien, im Schulhofe,
sich gehen. Es hatte sich autzer der Schuljugend der obct).,
Klassen dazu noch eine stattliche Anzahl Festfreunde, dcrru»'^
Herren vom Stadtrate, der Bürgermeister an der Spitze^st
Geistlichkeit u. a. m. eingefunden. Dic Festrede hielt der ö'istt
leiter, Herr Hauptlehrer Daub, im Gymuasium Herr Proscist
Dalitsch. — Jn der Töchterschule wurde ein patriotisches Utz.
spicl „Germaniens Erlvachen" uud „Die Huldigung der B»j
Städte" aufgeführt. Am Samstag Älbend finden in ^"ji
Wirtschasten Festbankette statt. — Heute schon praugt
Stadt im schönsten Flaggenschmnck. Drautzen aber in CM,,
herrlicher Nalur ist bermalen eine überaus herrliche Blü'st,'
pracht unserer Obstbäume zu bewundern, welche die Fr^
an unseren Landes-Fcstfeierlichkeiten noch mit erhöhen. ,
st Biannheim, 27. April. Das von der hiesigen Stad^
waltung zur Feier des SOjährigen Regierungsjubiläums P
Grotzherzogs veranstaltete Festbankett nahm unter
aus zahlreicher Teilnahme seitens der Bevölkerung einen
zenden Verlauf. Der von den vereinigten Mannheimer.^.j!
sangvereinen vorgetragene Choral „Die Ehre Gottes"
die Feier ein. Nach einer Begrützungsansprache des H jst
Obcrbürgermeisters Beck hielt, von jubelndem BeifaU
grützt, der Reichstagsabgeordnete Ernst Bassermari n ^>>
Festrede. Redner schlotz mit einem stürmisch aufgenonnst^l
Hoch auf den Landesfürsten. Oberamtsrichter Gie 8 .jj,'>
feierte das reine Familienleben der grotzherzoglichcn Fw^/
welches vorbildlrch für uns alle geworden sei. Sein
galt der Grohherzogin. Oberbürgcrmeister Beck dankt»
Rednern und gab hierauf die Anregung zur Absendung
Telegramms, in welchem der Hoffnung Ausdruck.8^»'
wurde, datz es der Stadt Mannheim bald vergönnt sein ^i'
das Herrscherpaar in scinen Mauern zu begrüßen. Dft 5,/'
sammlung gab jubelnd ihre Zustimmnng. Die vereN^^,'>
Gesangvereine sangen hierauf den Chor „Grutz ans b>
Land", womit das Bankett sein Ende erreicht hatte.

Deutsches Reich.

— Aus Saarbrücken kommt die erfreuliche
daß der nationalliberale Kandidat Dr. B o l «
der unerhörtesten Machinationen des Zentrums
mit 17 957 Stimmen gegcn den ZentrnmskandidateN
welcher 14 393 Stimmen erhielt, also mit einer
von fast 3600 Stimmen gesiegt hat! Das ist die M
wort auf die Ungiltigkeitserklärung der Wahl des
Dr. Boltz dnrch das Zentrum, seinen Anhang
Sozialdemokraten! Bei der Stichwahl im Jahre /
hatte Dr. Blotz 16249 und sein Gegenkandtdw ,i>
Zentrum 13 562 Stimmen erhalten und dennoch /
Betreiben des ZentrumS die Wahl annulliert;
diesem Vorgehen erwarteten Früchte hat aber das
nicht für sich geerntet, — die Wählerschaft hielt
Mehrheit an Dr. Boltz fest und verhalf ihm
glänzenden Wahlsiegc! — Bei der Ersatzwahl
 
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