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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Samstag, 3. Mai 1902. Zweites Blatt. 44. Jahrgang. — 103.

Erscheint täglich, Sonnlags ausgenommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 5V Pfg. in's Haus gcbracht, bei der Expedition und den Zwcigstellen abgeholl 40 Psg. Durch die Post de-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustcllgebühr.

A nzeigcnpreis: 20 Pfg. für die Ispaltige Pctitzeile oder deren Raum. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschästs- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an dcstimmt
vorgefchriebenen Tagen wird keine Verantwortlichkeit überuommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidclberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Wegetung des Zrveitsnachweises.

8R. Die an Stelle der Reichskommission für Arbei-
terstatistik neuerdings im .iiaiseriichen statistischen Amte
gebildete A r b e i t s st a t i st i s ch e Abteilung soll
als erste Ausgabe die einheitiiche Regelung des Arbeits-
nachweises in die Hand nehnien, beziehungsweise sich oor-
erst, wie von anderer Seite gemeidet wird, mit der
Organisation dcr Beobachtung und Berichterstattung
über den Arbeitsmarkt beschäftigen.

Jn der That tritt unter den sozialen TageSfragen
die Regelung des Arbeitsnachweises immer bedeutungs-
voller in den Bordergrund. Nicht nur, weil man jetzt
an den Früchten erkannt hat, von welchem Werte die
in der Zeit des wirtschaftiichen Aufschwunges vorgenom-
mene Ausgestaltung der Arbeitsvermittlung ist, sondern
vor allem auch, weil mau aus Grund dieser Erfahrung
nenerdings mit Ernst bestrebt ist, die bestehenden Organi-
sationen weiter auszubauen. Wenn dies bisher nur
in unvollkommener Weise gelang, so tragen hieran in
allererster Linie die an dem Arbeitsnachweis interessier-
ten Kbeise selbst L-chnld. Denn, während die organisierte
Arbeitsvermittelung den Zweck verfolgt, dnrch Konzen-
trierung von Arbeiterangebot nnd Nachfrage nach Ar-
beitskrästen in einer Hand, den beiden am Arbeitsver-
trage beteiligten Parteien Zeit, Mühe und Geld zu er-
sparen, haben nicht nur Arbeiter, sondern auch
die Arbeitgebe r den Arbeitsnachweis als
Kampfmittei im wirtschaftlichen streite in den Dienst
ihrer spezieilen Interessen zn stellen gesucht. Die A r-
beiter benutzen ihre der Arbeitsvermittelung dienen-
den Einrichtungen, um mit Hiife derselben den von ihnen
aufgesteilten Fordernngen anf höhere Löhne, kürzere
Arbeitszeit, günstigere Arbeitsbedingungen u. a. m. znm
Siege zu verhelsen. Die von ihnen errichteten oder in
ihrer Gewalt befindiichen Arbeitsnachweise vermitteln
nur siir solche Arbeitgeber, stvelche die Fordernngen
rückhaltlos anerkennen.

Nicht anders verfahren die in der Hand der ll n t e r-
nehmer stehenden Arbeitsnachweise. Fn der Regel
haben diese es mit einem Stanim bewährter nnd meist
außerhalb der aktuellon gewerkschastlichen -Bewegung
stehender Ärbeiter zu thun. Den Agitatoren wird hier
keine Arbeit nachgewicsen. Besondere Arbeitszettel und
sorgfältige Listenfiihrung ermöglichen eine fortgesetzte
Beobachtung dcs geeignet erscheinenden Personals.

Aber diese lediglich voni Gesichtspunt'te einseitiger
Jnteressen diktierte Handhabung der Arbeitsvermitteinng
widerspricht, wie schon obcn bemerkt, denZwecken,welcheii
der Arbeitsnachweis seincr ganzen Natur nach dienen
soll. llm den hierans entspringenden Mitzständen nun
abznhelfen, sind die sogenannten n e utrale n A r -
b e i t s n a ä, w e i s e ins Leben gerufen worden. Der-
artige Arbeitsnachweisstellen sind im letzten Teile des
vergangenenIahrzehnts in großerAnzahl von den K o m-
munen errichtet wordeu, in Preußen, nachdem diese
durch Ministerialcrlaß vom 81. Iuli 1894 auf die große
Bedeutung der Arbcitsvermittelung hingewieseu worden
waren, in den süddentschen Staaten Bayern, Württem-
berg und Baden, nachdem die Staatsregierungen dort
die einheitliche Organisation selbst in die Hand genom- f
rnen hatten.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß, je größer und viel-
seitiger dcr Bezirk ist, über ivelchen dcr Arbeitsnachweis
seine Wirksamkeit ausdehnt, desto leichter und erfolg-

^ Auf abschüsstger Bahn.

Roman von B. C o r o n y.

(Fortsetzung.)

„Jch wüßlc trincn Grncid dafür. Wenn du willst, vringe
ich dich zn ihm."

„Das wäre mir licb."

„Schön. Willst du jetzr glcich milkommen?"

„Mir bleibt kcinc andere Wahl. Wie ich meinen Varer
kenne, wärc cs vergebens, an ihn zu schreibcn."

„Er befand sich wohl immer in der beneidenswerten
Lagc, cine wohlgespickte Börse zur Berfügung zu haben?"

„O nein, daS nichr. Wic ich von ihm selbst weiß, gab es
auch bci ihm Zciten, wo ihm dcr Hunger den Magen zu-
sammenfchnürtc, aber Schuldcn hat er trotzdem nie gemachi;
lieber begnügte er sich mit trockenem Brote und einer nngc-
heizten Stube. So bcdürfni^os bin ich aber nun einmal
nicht crzogen."

„Das ist ja auch llnsinnl Solche Entbehrungen rächcn
sich später doch einmalll"

„Bei meinem Vätcr merkt man nichts dallon. Er steht
noch heutc in voller Kraft wie eine knorrige Eiche und nimmt
es mit dcm Jüngstcn auf."

„Da bildct er cben dic bekanntc Ansnahme von der
Rcgel. Wir juugen Leutc heutzutagc besitzen nicht mehr die
Widcrstaudskraft unsercr Vätcr. Stählten die fich im Kampfe
mit der Not, so gehcn wir daran zu Grnndc. Oder glaubst
du cinen solchen Äampf wagen zu dürfen?"

„Nein. M muß zu mciner Schande gestehen, daß ich
ein vcrweichlichter Mcnsch bin."

„Du bist wie wir allc mehr oder wenigcr sind. Die
Jugend ist kurz, man muß sic genicßen. Den Philister zu
fpiclen, dazu ist später noch Zcit genug. Also vorwärts, alter
Junge, keine Grillen gefangen. Du bist nicht der erste nnd

reicher er auch die Arbeilsveriiiitteluiig betreiben tanu.
Deuu es wird nicht ausbleiben, daß an der einen Stelle
Ueberschutz, an der anderen Mangel an Arbeitskräften
herrscht, daß aber die Ungewitzheit über die Arbeits- und
Lohnverhällnisse dcs unbekannten Ortes von einem Do-
mizilwechsel abhält. Da sollen nun die in einem großen
Netze iiber iveite Gebiete ausgebreiteten, sämllich mit
einander in Verbindung stehenden Arbeitsnachweisaustal-
ten diese Mängel ergänzen und ausklärcnd wirken. Jm
Verband deutscher Arbeitsnachweise besitzen wir bereits
eine solche im Wege privater Abmachungen eingerichtete
Organisatiom Wic wenig durchgreifend aber diese zu
wirken vermag, zeigt der, wie schon erwähnt, von der
neu errichteten arbeitsstatistischen Abteilung in Angrisf
genoiinnene Versuch, einen Arbeitsnachweis iiber das
ganze Reich zu organisieren. Dieses auf frei-
williger Uebereinkunft der beteiligten Verbände fnßende
Unternehmen erscheint, soweit man vorläufig seheu kann,
aussichtsvoller, als der vom Antrag Rösicke-Pachnicke
eingeschlagene Weg der obligatorischen kommunalen
Arbeitsnachweise, der bereits seit länger denn Iahresfrisl
im Schoße der Reichslagskommission schlummert.

Sin neuer Morstoß der nmerikanischen
Ketdmacht.

Ainerikanische Kapitalisten, unter Führung des mäch-
tigen, unter dem Namen Virginia und Caroliua Chemi-
ral Company inkorporierten Fertilizer-Trusts, treffen
zur Zejt schon weit gediehene Vorb>-keitungen ^u
einem neuen Eingrifs in die deutsche Industrie. «ie
sind darauf aus, die deutsche n K' a l i w c r k e un-
ter ihren Daumen zu bringcn, und verfahren dabei ganz
uach der bewährteu SNethode, die I. Pierpont Morgan
bei der Griindung des Stahltrusts, der Verschmelzung
einiger der größten amerikanischen Eiseiibahnnetze und
jetzt der trausatlantischeu Dampferlinieu so crfoigreich
angewandt hat.

Tie llnterhandlungen sind seit Ansaug Ianuar im
Gange und werden amerikanischerseits von Herrn M o r
g a u, dem Präsidenten der amerikanischenTrusts, nicht zu
verwechselu niit Pierpont Morgan, dessen Anwalt und
Sachverständigen geführt. Zuerst setzten sie sich in den
Besitz der genauesten Berichte über die deutsche Kali-
Industrie, von Karten und Plänen der hauptsächlichsten
Kaiibergwerke und von den Verkaufsbedingungen und
sonstigen Abmachungen des Syndikats deutscher Kali-
bergwerke. Ilnter der Hand gingen sie dann daran,
Aktien und Kure der zum L-Yndikat gehörenden Werke
zu kaufen. istach dein Muster aller amerikanischen Trusts
warfen sie zu gleicher Zeil ihr Auge auf die außerhalb
des Syndikats stehcnden Wcrke unü hier warcn sie er-
folgreicher und kamen rascher zum Ziele als bei dcn
Syndikatswerken. In deb letztchi Woche des März
hat Bl'organ sich von Kommerzienrat Julius Ribbert
in Hannover das Verkaufsrecht auf dessen Anteil an
der Gewerkschaft „Einigkeit" und anderen Werken durch
Zahlung eines Reuegeides von oOO 000 M. gesichert.
Selbst ein amerikanischer Trust zahlt eine solche S-uinmc
nichl, wenn er nicht die ernstesten Absichten hat. Mit
anderen außerhalb des Lyndikats stehenden Werken
schiveben die llnterhandlungen noch.

Die Anierikancr machen keinen Hehl daraus, das;
sie die Absieht haben, daS deutsche iMonopol in der Kaii-

wirst nicht -er letzte scin, dcr zu 'dem alten Breuer seine Zu-
flucht uimmt. Daß er dich anständig bchaiidelt, dafür stehc
ich cin; das thut er schon aus Rücksicht auf mich, der ihm
mauck^cu Kundcu zuführtc, und zwar uicht nur solchc, die
bci ihm borgen, sondern auch Käufcr für sciuc Autiquitätcn.
So hat ueuiich erst Graf vou der Görtz eine Statuettc für
fabelhastes Geld erstauüeu. Deshalb braucht auch keiuer mil
dcm peiulichen Gedanken: „wenn mich nur uicmaud sichrl" hiu
zu gehcu. Trifft mau zufällig Bctäunte dort, so fragt mau
ciufach nach eiuem antiken Gegenstaud, besichtigt dics und
jcncs uud giebt dcm Altcn unbcmerkt cin Zeichcu, diescr
erimiert srch sofort, datz er das Gewünschtc iu eiuem audercn
Zimmcr hat, crsucht dcu Betrcffcndeu gefälligst mitzukommcn,
uud die Sache wird ohuc jedes Aufscheu iu Orduuug gebracht.
Brauchst du dcuu viel?"

„Nciu, .füufhundcrt Mark würdcu mir vorläufig ge-
nügeu."

„Du lieber Himmcll llnd da thust d», als säße dir schon
das Mcsser an der .Kchle?" lachte Dr. Orb. „Da habe ich
gauz auders drin gesteckt uud mich doch wiedcr herausgcar-
beitet."

„Heißt das etwa sich wicder herausarbeiteu, wcim ciucm
plötzlich so uud so vicle tauseud iu dcu Schoß fallcn?"

„Du hörtest doch, daß diesc tauseud gcradc knapp aus-
reichtcu. Jch mußtc alles decken, wcil ich mich mitErnaSpaugen-
berg Perloben wollte, dcreu Batcr mir aber das Mädchcn
versagt hätte, weim ich nicht schuldenfrei gewesen wäre. Sie
lst ciu liebcs, kleiucs Diug und bckommt cinc großc Mügift.
Spätcr stehc ich dir gcru zu Diensten."

„Spütcr —"

„Ja. Jetzt ist cs uumöglich. Mciuc Prapis briugt uoch
zu wenig ciu, und wenn dcr ehrenfeste, abcr in inauchcn
Dingcn spießbürgcrliche Fabrikant Spangcnberg crsahrcn
würdc, daß ich irgendwo sei's auch in edelmütigster Abi^
gcpumpt habc, so wäre er imstandc, noch in der zwölften
Stuude „uein" zu sagen. Das wäre ciu hartcr Schlag für

Industrie zu breckieu. Tie Vereiuigten Ttaaleu besitzen
keine Kalilager, weshalb Teutschlaud deu dortigen
Markt beherrscht und die Preise vorschreiben kann.
Amerika ist aber eiu vorzügliches Absatzgebiet für die
Erzeugnisse dieser Judustrie, uud fo möchten die Ameri-
kaner einen größeren Auteil als bisher an dem Gewinn
habeu, nicht uur die Zwischeuhäudler, soudern die Pro-
duzenten seiu. Nach dem Grundsatze „rule or ruiu"
werden fie, in Besitz der Ribbert'schen Werke, den Ver-
such macheu, dem deutschen Kartell deu amerikanischen
Markt zu ruiuieren und dauu durch rücksichtslose Kon-
kurrenz die Macht des KärtellS zu brecheu und dieses zur
Iluterwersuug briugen. Fnzwischen werden sie mit Aü-
käufcn von 5lureu fortfahren, um beim Abiauf des Kar-
tells ini Jahre 1905 wenu möglich die Mehrheit der
Stiunneu zu besitzeu. Tie Virg. Earoliua Chem. Comp.
hat die Macht und die Mittel, um diefes Ziel zu er-
reicheu. Ihr Aktienkapital Lcläuft sich auf 25 Millionen
Tollars, es stehen ihr aber nnbeschränkte Geldmittel zur
Verfügung, wenn eiu gutes Geschäft gemacht werdeu soll.

Jn .Kreiseu, die dem ^yudikate uahe stehen, blickt
mau mit Besorguis auf diese amerikauischeu Machen-
schaften. Mau erwartet eineu erbitterten Konkurrenz-
kamps, wenu es uicht gar den Amerikanern gelingt, das
Kartell zu sprengcn. Am Eude wird nian denn wohl
zu eiuer Verständigung kommen uud sich auf deu jetzt
iu Nmerikä proklamierten Gruudsatz der Gemeinsamkeit
der Jnteresseu einigeu, wie dies ja jetzt auch zwischen
dcn deutschen und den vou deu Ameritäneru augekauften
englischen Dampferliuieu gefchehen ist.

Deutscher Weichstag.

— Aus dem ausführlichen Reichstagsbericht d-r
„Köln. Ztg." über die Sitzung am 1. Mai — Toleranz-
antrag des Zentrums — geben wir hier noch folgende
Stelle wieder:

Dr. Vogel (Autis.) berlicst aus ciucm dicklcibigcn Mauu-
slript, wic bercits bci der erstcn Beratuug, cine Rede über
das Verhältuis vou Staat uud Kirche, öffentliche und private
Religiousübung, und crklärt es für tolcraut, jemand durch
ciue gottcsdicnstliche Handluug auf offcucr Verkehrsstraße zur
Teiluahmc zu zwiugeu. (Lärm im Zentrum.) Der Ort für
derartige Uebuugcn ist dic Kirchc, uicht die Straßc. (Lärm
im Zcntrum.) Gelüstet es Sic uach dcm Tcmpcl der Ratur,
dauu gehen Sie iu Fcld uud Wald, abcr nicht auf dic offcne
Straßc. (Lärm uud Zurufc im Zeutrum.)

Präsidcut Graf Ball e st r c m : Es ist im Hausc allge-
mcin die Absicht vcrtrctcu, datz der Hcrr Rcdner sciuc Rede
abliest. (Hcitcrkeit.) Es ist zwar vou meincm Platzc hier,
lvcun dcr Herr uicht kurzsichtig ist, schwer, das zu beurteilen
(Hciterkeit), aber ich mache den Reducr darauf aufmcrksam,
daß sich im Hause schou ciuc gcwissc Uuruhe kundgiebt. Wenn
er dic Rede nicht ganz frci halteu kanu, danu bitte ich ihu,
sie wcuigstens doch nicht ganz abzulesen. (Heitcrkeit.)

Abg. Dr. Vogel (Äutis.) bricht sciuc Rcdc ab uud
vcrläht unter schallendcm Gclächtcr mit dem dicken Mauuskript
die Tribüne.

Abg. Dr. Hieber (natlib.i: Herr Bachcm hat uus auch
hcute aufgefordcrt, uicht iu die Fcruc zu schwcifen, er weicht
abcr dcm Hiuwcis darauf aus, datz iu andcreu Staatcn der
Gruudsatz derTolerauz nicht zur Gcltuug kommt, dcn er für das
deutschc Reich fordert. Das Gesetz verbietct heutc iu Spauien
cbangelischc Kirchcu, dic von der Straße aus sichtbar siud. Jn
Mauorka ist cine evangelische Kirchc auf Befchl des Gouver-
ucurs gcschlosscu Ivordcu. (Schr richtig! im Zcutrum.) Jch

mich. Deuu du magst mir's glaubcn odcr uicht, ich uehme

die Erua nicht etwa bloß ihrcs Gcldcs wegcn, sondcru wcil
sie mir wirklich gcfällt uud west' !ch ciu allcrliebstcs, an-
spruchsloses Fraucheu au ihr habcu ivcrdc. Sic ist zu lieb
uud drollig, uuerfahrcn iu jcder Hinsicht. tlud das liebe ich
geradc, schou des Koutrastes wcgeu. Salondamcu, gelehrte
Fraucu, raffiuicrte Koketteu habc ich gcradc gcuug keunen
gclcrut und au ihrcm Triumphwagen mitzichcu geholfen.
Jctzt cntzückt mich dieses naive, friscye Wescu, mein kleines
Hausmütterchcn mit dcn unschuldigeii, Blickcu uud der kind-
lichcn Hciterkcit. Eiu zu herzigcs Gcschöpf, dic Erna, und
so häuslich erzogeu. Dic ist Ivahrlich noch ciuc von dcr immer
mchr uud mchr ausstcrbcudcn Sortc, dic dcm Gatten wirklich
cin gcmütliches Hcim bcreitct uud dafür sorgt, daß er stcts
sein Licblingsgericht auf dcm Tischc und sciuc Pcmtoffeln
bercit stchcu finbct, wcuu cr uach Hausc kommt."

„So sprichst du, dcr immcr für dämouische Fraucu
schwärmtc?"

„Jch schwärmc auch uoch für sicl Abcr Gott bcwahrc mich
davor, einc solchc zu hciratcnl Siehst du, die Ehe uud solche
Liebhabcreicn, das sind vollständig gctrcnntc Diugc, die gar
incksts initcinander zu thuu habcn. Wer fühlt nicht öfters
iinbezwinglichc Sehnsucht nach Austcru, Kaviar und Sekt?
Wcr würdc abcr solcheu Delitätcsscu zu Licbc immcr uud ewig
auf gcsuudc, kiräftigc, ciufachc Hausmaunskost vcrzichtcn
wollcn?"

„Bci dir schcint dcr Magcu dcm Hcrzcu Gcsctze vorzu-
schrcibcn?"

„Ach, gehc dochl Dcm Hcrzcn! Das hat ja gar uicht das
gcriugstc mit pikauten Licbcsabcnteucru zu thim. Aprich lieber
vou dcu Gclüsten cincs Gourmauds, desscn verwöhutcr Gaumen
stcts ciucs ncucn prickeludcu Rcizes bedars uud den dann doch
crst die zu Hausc gekochtc Mchlsuppc von dcm cntsctzlichen
Kätzcnjammcr bcfrcit. So mußi du dir mciuc Zukunft vor-
stcllcu. Fch wcrdc nicht tagtäglich Mchlsuppe essen, o nein,
aber mit aufrichtigstem Behagcu zu ihr zurückkehreu, sobald
 
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