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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Mittwoch. ?4. Mm 1902

Mvstes BlirLt.

44. Jahrgang.

111.

^chelnt tägtich Sonntags anSgenouiinen. Preis uiit Fawilievl'lätteru inonotlich 5V Pfg. in's HanL gebracht, bei d>r Expedition und den Zweigstellcn abgeholt 40 Psg. Durch die Post be-

' zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr. . - ^

^8 e n pr ei s: 10 Pfg. sür die Ispaltige Petitzeile odcr deren Ranir,. Reklainezeile 40 Psg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermätzigt. — Für die Ausnahme von Anzeigen an bestimmt
» ueichriebencn Tagen wird keine Perantwortlichkeit übernommcn. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zcitung und den städt. Anschlagstcllen. Fernsprech-Anschlutz Nr. 82.

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Die Nummern vor j)fingsten

Freitag den 1K. und Samstag den 17. Mai erschemen in extra

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großer Auflage. M

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Kuin Fefte finden daher die weiteste Perbreiinng. Wir erbitten die Aufgabe von Jnseraten recht frühzeitig. W

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Heidelberger Zeitung,

Untere Neckarstraße 21.

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städtischer Wrotest gegen dcn Zolkttrrif.

Kaiserhof in Berlin fandcn am Montag Vor-
Verhandlungen von etwa 800 Vertretern städ-
wp-' Behörden ans ganz Deutschland statt. Oberbürger-
H hter Dr. Klrschner-Berlin lvurde einsümmig zum Vor
Estden gewählt. Die Versammlung schlug folqende
iolution zur Annahme vor:
lchi> "^ie heute in Berlin.versammelten Mitglieder der dcut-
ihr?. ^iäbte- imd.Gemcindebehörden sprechen sich unbeschadet
P-xif grundsätzlichen Stcllungnahme zur Zollfrage gegcn jede
dos Zolles auf unentbehrliche Nahrungsmittcl aus
ditz^narten gleichzeitig, datz dic gesetzgebenden Faktoren auf
gex A^isetznng dcs Ausbaues der bewährten Politik langjähri-
Haudelsverträge bedacht fein werden."

^ ->aw turzor Dobatte wurde diese Resolution einstim-
s^ anMnonnnen und sodann die Versammlung ge-
sD i o 1 s e n. Im iganzen waren Mitglieder kommuna-
ÄZnperschasten von ',77 Städten erschiensn.

Deutsches Reich.

Bade».

Das Gesctzes- und „Verordnnngsblatt" bringt
Kende Bekauntmachung:

der Stadtgemeindc Offenburg tritt nach Maß-
besn dritten Artikels des Gesetzes vom 24. Juni 1874,
dx^ere Bestimmungen über Vcrfassung und Verwaltung
i>i? .?iadtgemeinden betreffend vom 1. Januar 1903 an
^tädteordnung in Kraft.

^arlsruhe. den 24. April 1902.

Großherzogliches Ministerium des Jnnern.

Schenkel.

n r I s r n h e, 11. Mai. Bei der Beratung des
tzn"8ets des F i n a n z m i n i st e r i u m s hat
ü^.anzuiinister Dr. Buchenberger die> Ergebnisse des
logi mitgeteilt. Danach schließt dieses Jahr
affo Fehlbetrag von 2,3 Millionen ab, weist
jos, ^ne erhebliche Verschlechterung gegeniiber den Vor-
ii^^n E sg tzedMklicher erscheint, als die Bier-

tswu ^Misteuer Mindererträge ausweisen. Bishev
Rückgang im Ertrage der Biersteuer durch Mehr-
h,y.?9e an Weinsteuer ausgeglichen, ja geradezu bedingt
bijn av, weil in gnten Weinjahren weite .Kreise der Be-
h>^?aung an Stelle des Bieres Wein genossen haben.

Tas letzte Jahr brachte einen guten Herbst und gltzichwohl
hat der Ertrag der Weinsteuer abgenommen. Ein Aus-
gleich isr im laufenden Icchre nicht zu erwarten, selbst
wenn der Ertrag der indirekten stenern wieder steigen
jollle, denn dic Wirkungen der wirtschastlichen Deprei-
sion werden sich bei den direkten Steuern — mit Aus-
name der Kapitalrentensteuer —erst im laufenden Zahr
geltend machen, weil die Steuererklärungen eines Jahres
die Grundlage der Besteuerung erst für das folgends
Fahr bilden. Das Defizit des Jahres 1901 kann noch
aus den umlaufenden Betriebsfonds gedeckt werden,
was bezüglich des im laufenden Jahre zu erwartenden
Defizits kaum möglich sein wird. Hier muß also, wie
die „straßburger Post" hervorhebt, mit der Möglichkeit
-einer s .ch n ldenau f n a hme gerechnet werden.

Wadischer Larrdtag.

L 0. Karlsruhe, 13. Mai. (82. Sitzung der
Zweiten Kammer.) Vizepräsident Lauck eröffnet die
Sitzung um V^IO Uhr.

Eingegangen: Eine Petition von Bürgern der Ge-
meinde Buch a. Ahorn um Versetzung des Pfarrers
Marguardt, (Heiterkeit).

Zur Beratung steht zunächst die Anforderung für den
Ilcubau eines Landesgefängnisses in Mannheim, deren Gcneh-
migung Abg Heimburger (Dem.) namens der Budgct-
kommission beantragt.

Abg. Geiß (Soz.) dankt im Namcn dcr Stadt Mannhcün
für das Entgegeukommeu, welches üie Rcgierung gezeigt hat
und giebt der Hoffnuug Ausdruck, datz üuch die übrigcn
Wünsche Mannhcims gebührende Berücksichtigung finden wer-
den.

INinisterialrat R e i ch ardt hoffr, datz das gute Einver-
nchmen zwischen der Strafanstaltsdirekton und der Gcmeinde-
verwaltung Mannheim auch in Zukunft bestehen bleibt.

Abg. Eder (Dem.) ist der Ansicht, datz man der Stadt
Mannheim das Gefüngnis nicht hätte aufdringen sollen. Er
hätte Lust, eineu Antrag zu stellen, das Gefängnis in Laden-
burg zu errichten, aber er verzichte daraus, weil der Antrag
aussichtslos sei. (Heiterkeit.)

Die Anforderung wird mit allen gegen sechs Stimmen ge-
nehmigt.

Das Haus sa,eeitet weiter zur Beratung des Budgets der
Heii- nnd Pflegeanstaltcn.

Vizepräsidcnt Lauck bemerkt, datz nach einer Vereinba-
rung der Parteien die Erörterimg über den Stand der Jrren-

Kleine Zeitung.

fess,-Hvchsch, 1 l 11 acksrickst. Halle, 13. Mai. Der Pra>-
gesj. ^er Theologie, Obcrkonsistorialrat Köstlin, ist
Köstlin war am 17. Mai 1826 in Stuttgart

Äu dcm Thcma: Wic sich das Bolk dcn Diktatur-
Üb^^"Phc» vorstelltc" liefert der „Volksbote" einen
tgc, ^ustigen Veitrag. Er erzählt: Als am Sams-
Nachricht sich verbreitete, daß der Diktaturprara-
ü .^usgehoben werde, kaufte ein altes Mütterchen
^reffende Extrablatt. Sie hatte wohl den Jnhalt
^^D^stttes gelesen, konnte si-ch aber keinen Begriff von
^-lltaturparagraphen machen. Ein Vorübergehen-
dast welchen sie sich wandte, gab ihr die Erklärung,
infolge dieser Aufhebung in Zukunft mehr
stiex haben iverden. „Jo, jo," meinte sie, „ich glauü,
Ui d?Äs.Frejheit gneue, wenu mer bis ein Uhr morjes
deit ^irtshieser sitze kann: wenn mer noch meh Frej-
^tstrnme, wäre mini Büewe gar nim beim geh'n!"
kstcnua, 13. Mai. Cin furchtbarer Hagel-
^ zerstörte die Felder und Weinberge in der
^ ^ung Genuas. Der Schaden ist unberechenbar.
^chtcri- den Wcrt der Schönheit liegt mnimchr eine
hättx !'^e Entscheidung vor. Das Wicncr Oberlnndesgericht
^über zu entscheiden, iuwiewcit die Schöuheit eines
^iiin^esichts eincn matcriellen Wert repräsentiere.
dix Anna R. war an einem stürmischen Tagc durch
Ätaix, ^^^hilfstraße gegangen, und da passierte ihr das
daß ein Auslagefenster, welches der Sturni aus
riß, ihr ins <8esicht fiel. Sie erlitt Verletzungen
Art, daß ihre Obcrlippc durch eine Narbe danernd

entstellt bleibt. Von der Firma verlangte nun Fränlein
Anna R. Schadenersatz, und nun wnrde er ihr auch in
der Höhe von 400 Kronen gerichtSordnungsmäßig zuge-
sprochen. Jm Urteil wird die beklagte Firma verpflichtet,
für die „erschwerte Versorgung" des Mädchens den Betrag
zu erlegen. 400 Kronen sind nicht viel. Aber interessant
ist es immerhin, daß der Gerichtshof einem Abstraktum,
wie es Schönheit oder Anmut eines Antlitzes ist, cinen
realen Besitzwert zuerkennt. Aesthetiker werden zwar be-
haupten, daß ein ziffernmäßiger Ersatz für verlorene
Schönheit überhaupt nicht gcboten werden kann, Praktiker
des Lebens aber müssen zngeben, daß der Besitz von
400 Kronen die „Versorgimg" der Besitzerin oft mehr er-
leichtert, als der Besitz einer noch so unentstellten Ober-
lippe.

— Pittsbnrg (Pennsylvanien), 12. Mai. Anf der
Station sheraden der vor hier über Fort Wayne nach
Chicago führenden Eisenbahnlinie ereignete sich beim
Rangieren die Schlagentz ü n d u n g eines Petro-
leumwagcns, dur-ch 'die zwanzig Menschen gctötet, etwa
150 tötlich, 60 leichter verletzt wnrden. Durch Auffahren
der letzten Wagen aus die voransfahrenden entzündete
sich der Wagen, das brcnnende Oel schlug etwa zwanzig
Fufz hoch, nnd dadnrch gerieten auch die übrigen Wagen
in Brand. Bald war der ganze Güterbahnhof ein Flam-
menmeer. Die Schlagentzündung erfolgte, als si-ch be-
reits eine Menschenmenge von etwa 200 Köpfen ange-
sammelt hatte, nieniand von diesen blieb nnverletzt. Die
Fluten des brennenden Oeles stcömten anderthalb Bkei-
len bis Esplenborough, dort erfotgte noch eine Schlag-

fürsorge und über die Errichtung zweier Irrenanstalten unter-
blciben soll.

Berichterstatter Wacker (Zentr.) beantragt namcns der
Budgetkommission, sämtliche Anfordernngen unverkürzt zu ge-
nehmigen.

Abg. Psefferle (Natlib.) giebt seincr Bcfriedigung
über die Neubauten in der Emmendiuger Anstalt Ausdruck und
hofft, datz auch noch eine Kirche für die Pfleglinge erstellt wird.
Redner wünscht, datz die Verwaltung den Bcdarf an Butter
vom Emmcndinger Markt bezieht.

Mmisterialpräsident Schcnkel zollt dcm Wackerschen
Bericht, aus dem ein warmes Herz für die unglücklichen Jn-
sassen der Heil- und Pflegeanstalten spreche, Anerkennung imd
dankt der Kommission für ihre wohlwollende Stellungnahme
zum vorliegenden Budget. Die Zahl der etatmäßigen Wär-
ter müsse vermehrt werüen, darüber bestehe kein Zweifel. Anch
dem gewitz berechtigtcn Wunsch betrcffend Erstellung einer
Kirche in der Emmendinger Anstalt werde in nicht allzu ferner
Zeit entsprochen. Nach einem Schlutzwort des BerichterstatterL
wird das Budget einstimmig genehmigt.

Abg. Wacker (Zcntr.) berichtet weiter über das Budget
dcr Bcsserungs- und Erziehimgsanstalten und beantragt na-
mens dcr Budgctkommission, auch dieses Bndget unverändert
anzunchmcn.

Abg. Gciß (Soz.) rät zur Vorsicht und Milde bei Ein-
weisung jngendlicher Personen in die Zwangserziehüngsan-
stalten. Bei jnngen Lenten von 17 bis 18 Jahren nütze die
Zwangserziehung nichts mehr, den Schülcrn aber, die wegen
kleiner Dicbstählc u. dgl. cingcwiesen werden, hafte der Makel
der Zwangserziehung zeitlebens an.

Abg. Wacker (Zcntr.) ist im Gegensatz zum Vorredner
der Ansicht, datz man mit Strenge, nicht mit Milde verfahren
mu^, namentlich auch bci Schülern, weil die Gefahr der
Aipreckung hintanzuhalten ist. Redner giebt der Regicrimg
giir Erwägung anheim, ob nicht die Gründung verschiedencr
Anstalten empfehlenswert wäre. Jn manchen Fällen wärs
anstatt des Zwangcs gegen die Kinder ein Zwana aeaen die
Eltern am Platze.

Ministerialpräsident Schenkel glaubt nicht, datz die
Bestimmungen des Zwangserziehungsgesetzes bei uns zn streng
angcwendet werden. Bci der Durchfuhrung der Zwangser-
ziehung werde auf die indibiduellen Verhältnisse gebührend
Rücksicht gcnommcn. Jm grotzen Ganzen habe das Gesetz
bis jetzt gut gewirkt und- werde noch weiter gute Früchte
bringen.

Abg. Dreesbach (Soz.) vertritt die Ansicht, datz auf
5em Gcbiete dcs Zwangserziehungswesens noch viele Verbes-
serungen vorgenommen wcrden können.

Abg. Geis (Soz.) berichtigt eine mihverständliche Auf-
sassung des M'inisters.

Abg. Armbruster (Zcnr.) weist nach, datz das Ge-
sctz die Zwangserziehung mit allen möglichen Kantclen um-
gebcn hat.

Wg. Zehnter (Zentr.) hat als Richter keine Wahr-
nchmimg gemacht, daß in Mannheim das Zwangscrziehungs-
gesetz exekutiv angewenbet wird. Redner verbreitet sich in
Ivei'ischwcifiger Weise über das Zwaiigserziehungsgesetz.

Die einzelnen Positioncn werden genehmigt. Schlutz
der Sitzung: 12 Uhr. Nächste Sihung: Donnerstag 9 Uhr.
Tagcsordnimg: Landwirtschaftsbudget.

Elsaß-Lothringen.

— Die Nachricht, der Diktaturparagraph sei aufge-
hoben, hat in deu Grenzortschaften des Breuschthales,
hüben wie drüben, wahrhafte Verblüsfung erregt. Jün-
gcre elsässische Bnrschen waren der Ansicht, man dürfe
jetzt ungestrast „Vive la France!" rufen, die „Marseil-
laise" singen nnd französische Farben tragen.

Braunschweig.

B r a n n s chweig , 13. Mai. Der brannschweigi-

entzündung, dnrch die drei Hänser, darnnter ein großes
Hotel, vernichtet wnrden.

Fort dc France (Martinigue), 13. Mai. Die Be-
sichtignng der II n g l ü ck s st e l l e ergab, datz die Opfer
dnrch Einatmen von giftigen Gasen plötzlich erstickt wor-
den sind. Die Jnsel ist noch immer von dichtem Nebel
nmgeben. Auf dem Meere schwimmen Schifsstrümmer.
Man sieht, wic Leichen von den Möwen aufgesressen
nnd von. Haifischen verschlungen werden. Heiße Wind-
stöße wechseln mit kalten ab. Die Stadttrümmer bren-
nen noch immer. Die Landung ist noch schwer; die
Straßen sind kaum begehbar. Es liegen ganze Haufen
von Leichen da, die meisten das Gesicht der Erde zuge-
kehrt.

— Wie viele Menschen kamen in Pompeji i. I. 79
n. Chr. um? Dte Einwohnerschaft von Pompeji wird
vermutungsweise auf 30 000 berechnet, die bcim Ausbruch
des Vesuvs zum weitaus größten Teil aus der Stadt
entkamen. A. Mau, der beste Kenner der Ruinenstadt,
sagthierüber Folgendes: „Ausgrund der bis jetzt gefundcnen
Skelctte kann man berechnen, daß in ihr nur etwa 2000
Menschen ihren Tod fanden. Wie weit freilich die Ent-
flohenen gekom'men sind, wissen wir nicht. Ein Teil der-
selben wurde in geringer Entfernung südlich der Stadt,
vermutlich an dem damaligeu Ufer des Sarno, verschüttet:
ihre Skelette mit vielen wertvollen, jetzt tm Muscum zu
Neapel befindlichen Goldsachen, wurden in den Jahren
1880 und 81 gefunden." Jedenfalls geht daraus soviel
mit aller Bestimmthcit hervor, daß die Menge der Opfer
des Mont Pels die Zahl dcr in Pompeji seinerzeit Ver-
unglückten weitaus übersteigt.
 
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