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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 101-124 (1. Mai 1902 - 31. Mai 1902)
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Samstag, 17. Mai 1902.

Orstes BlerLt.

44. Jahrgang. — 114.





^tcheint täglich Sonnlags ausgenowvicn. Preis rnit Fauiilienblättern rnonatlich 50 Pfg. in's Haus gebrackt, bei dcr Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg.^.Durch dle Post be-
N ' zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^"Seigenpreis: L0 Pfg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Rauui. Rellamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- uud Privatanzeigen ermätzigt. — Für die Aufnahme -von Anzeigen an bestimmt
^Seschriebenen Tagen wird keine Aerantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 83

^ Des Pfingftfestes wegen erscheint die nächste
l»mmer am Dienstag.

Katser und die Mereiniglen Sraaten
von WordameriLa.

^ Wiesbaden, 16. Mai. Der K aise r richtete
^ st hier aus an den P r ä s i d e n t e n der V e r e i n i g-
Staaten von Amerika ein Telegramm,
s. ^eichem er aus Anlaß der Reise des Prinzen Heinrich
st 4 Amerika den VMinigten Staaten eine Bronze-
Aue Friedrichs des Grotzen als Geschenk ankündigt.
rasident Roosevelt antwortete hieraus mit einem Dank-
^Egrarnm — Das Telegramm, welches der Kaiser an
Präsidenten Roosevelt richtete, lautet in deutscher
dbersetzung folgenüerinaßen:

^ Wiesbaden, den 14. Mai 1902. An den Präsidenten
st c Bereinigten Staaten von Amcrika, Washington. Jch
noch unter dem tiefen Eindruck, welchen der glän-
KNde und herzliche Emhfang meines Bruders, des Prin-
o n Heinrich, durch die Biirger der Vereinigten Staaten
Amerika auf mich gemacht hat. Jn den Reden, mit
b^cn er begrüßt wurde, ward wiederholt der Thatsache
^ahnung gethan, daß mein Ahn, Friedrich der Große,
s.geniiber der jungen, amerikanischen Resmblik zur
seit jhxxx Entstehung immer eine frenndliche Haltung
. wahrt habe, indem er dadurch den Grundstein der
eundtzjchen Be-ziehungisn legte, welchg stets zwischen
a>eren beiden tländern bestanden haben. Dem mir
,eu dem großen Könige gegebenen Beispiel will ich
^.men. Fch möchte die Erinnerung an den Besuch des
^nzen Heinrich wach erhalten durch eine Gabe an das
faerikanische Volk, die ich Sie bitte, in seinem Namen
^aehnien zu wollen. Ich bcabsichtige, den Vereinigten
n-Paten eine Bronzestatue Friedrich des Großen zum
dschenk zu machen, die in Washington auf einem Platze
h^..^richten wäre, dcn Sie freundlichst auswählen wollen.
J^hge diese Gabe angcsehen werden als ein dauerndes
Mlhen der innigen Beziehungen, welche zwischen unscren
. wen großen Nationen mit Erfolg gepflegt und ent-
°'ckelt sind. Wilhelm I. R.

Die Antwort dcs Präsidenten Roosevelt lautet:

»An Kaiser Wilhelm, Wiesbaden. Jch bin tief em-
^Uglich fstr Jhr freundliches Anerbieten. Jch danke
iin^" herzlich dafür im Namen der Vereinigten Staaten
werde es sogleich dem Kongreß vorlegen. Gewiß
-v'cd es unserm Volke das größte Vergnügen bereiten, aus
Händen eine Statue des berühmten Herrschers und
^°ldaten, eines der größten Männer aller Zeiten, Fried-
chls dxz Großen, zu crhalten, und eine besondere An-
liegt darin, daß eine Statue hier in der
Washington, der Hauptstadt dcr Republik, auf deren
I'oii ^ mitso freundlichcm Jntercsse schaute, errichtet werden
fh ^ Für diesen neuen Beweis Jhrer freundlichen Gestnnung
H Uvscx Land danke ich Jhnen in dessen Namen. Die
i,^ wird hier sichkrlich angesehen werden als ein er-
Leichen der Freundschaft zwischen den beiden Na-
schas^' Wir hoffen und glaubcn fest, daß diese Freund-
tyjin kommenden Jahren voch fester und stärkcr werden
Es ist ein Zeichen für die Wohlfahrt des
!z^?öen Menschengcschlcckts, daß am Anfang dieses
^PHunderts das amerikanische und deutsche Volk

im Sinne freundlicher Freundschaft zusammen
arbeiten. Theodor Roosevelt."

Deutfches Reich.

— Der Einzug des Kaisers in d!e Stadt
Aachen gelegentlich seines Besuches am 19. Juni soll
sich, wie die „Post" schreibt, zu ciner imposanten Kundgebung
gestalten. Der Kaiser will, hoch zu Roß, und zwar in
das alte Aachen, einziehen, wie einst die deutschen Könige
im Mittelalter. Die via triuwpüalis, die nach Plänen
der Profcssoren Henrici und Frentzen sowie dcS Rcgierungs-
baumeisters Sieben ausgeschmückt wird, geht dementsprechend
auch nur durch die älteren Stadttetle. Zunächst reitet der
Kaiscr durch das südliche Marschierthor an dem Denkmal
Kaiser Wilhelms I. vorbei zum Münster, wo die Krönung
von 37 Königen während der Dauer mehrerer Jahrhun-
derte stattfand. Von da aus begiebt er stch zum Rathaus,
der ehemaligen Pfalz Karls des Großen, und zwar, wie
die deutschen Könige noch der Krönung zum Kaisersaal.
Auf der Freitreppe des Rathauses will er den Ehrentrunk
cntgegennehmen und hürbei wehl einc Rede halten. Vom
Rathause reitet der Kaiser zum Ludwigsplatz, um die sür
die Errichtung eines Katser Friedrich-Denkmals in Aussicht
genommene Stelle zu besichttgen. Durch das Nordthor,
das sogenannte Ponlthor, verläßt der Kaiser Aachen, um
an einer Rampe dcn Sonderzug zur Fahrt nach Villa
Hügel bei Essen zn besteigen.

— Auf den deutschcn Eisenbahnen, ausschließlich der
bayerischen, sind im März d. I. 20 Entgleisungen
auf freier Bahn (davon 9 bei Personenzügen), 13 Ent-
gleisungen in Stationen (davon 1 bei Personenzügen) und
7 Zusammenstöße in Stationen (davon 3 bei Personen-
zügcn vorgekommeu. Debei wurden 1 Bahnbediensteter
getötet, 1 Reisender und 5 Bahnbedienstete verletzt.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Es wurden die Expeditioiisassistenten August Hertlein
in Lauda nach Mannhetm und Karl Fischer in Mannheim
nach Lauda, die Hauptamtsasststenten Franz Lurz in Erzingen
nach Schaffhausen, Heinrich I u n g in Waghäusel nach Bascl
und August Herzog in Basel zum Hauptzollamt Mannheim
versetzt.

Karlsruhe, 16. Mai. Die Großherzogin traf
gestern Morgcn mit dem Schnellzug nach 11 Uhx in Ken-
zingen ein und wurde um Bahnhof von dem Landeskom-
miffär, Geheimen Oberregierungsrat Föhrenbach in Freiburg,
von dem Amtsvorstand, Geheimen Regierungsrat Salzer
in Emmendingen und dem Bürgermeister Beck empfangen.
Dieselbe begab sich durch die festlich geschmückten Straßen
zu Wagen zunächst nach dcr Kreishaushaltungsschule, woselbst
der Vorsitzende des Kreisausschusies, Kammerherr Freiherr
Ernst von Böcklin aus Freiburg zugegen war und die
Führung übernahm. Jhre Königliche Hoheit besichtigte
die Räume der Anstalt, ließ sich die einzelnen Schülerinnen,
welche zum Teil von auswärts erschienen waren, vorstellen
und nahm sodann das von der Schule angebotene Früh-
stück. Hierauf besuchte diesclbe die Ausstellung der Hand-
arbeiten, welche in dem großen Saal dcs städtischen Schul- ^

hauses eingerichtet undsckon 17 Schulen beschickt war. Bei
dieser Gelegenheit nahm Jhre Königliche Hoheit die Vor-
stellung der Staats- und Gemeindebeamten, der Vertreterinnen
der Frauenvereine und Prüfungskommission, sowie der
Luisenschülerinnen und dekorierten Dienstboten und Arbei-
terinnen entgegen. Sodann besuchte dieselbe das städtische
Hospital und die mit ihm verbundene katholische Kapelle
und evangelische Kirche. Zum Schluß nahm Jhce König-
liche Hoheit den Thee im Hause der Präsidentin des Frauen-
vereins, Frau Medizinalrat Schwörer. Die Rückkehr von
Kenzingen erfolgte um 6 Uhr 45 Minuten, die Ankunft
in Karlsruhe um halb 9 Uhr abends. Der Großher-
zog empfing heute Vormittag den Generalleutnant und
Generaladjuta nten von Müller zur Vortragserstattung und
einen längeren Vortrag des Präsidenten vr. Nicolai ent-
gegen. Danach empfing Seine Königliche Hoheit den
Vize-Oberceremonienmeister Grafen von Berckheim. Nach-
mirtags und abends folgten Vorträge. Hierauf besuchten
die höchsten Herischaften das Großherzogliche Hofthcater.

— Werkmeistcrprüfung. Nachgenannte Kandidaten
haben die in diesem Jahre abgehaltene Werkmeisterprüfung für
den hochbautechnischen Dienst ordnungsmäßig bestanden nnd
hierdurch gemäß 8 8 der landeshcrrlichen Verordnung vom
8. Dezember 1833 das Piädikat „Werkmeister" erlangt: 1. Otto
Banspach, 2. Hermann Butscher. 3. Adam Eberhardt, 4. Frtedr.
Wilhelm Ehrmann, 5. Kornel Greß. 6. Josef Herrmann, 7. Her-
mann Otto Heß, 8. Karl Julius Hollerbach, 9. Karl Friedrich
Juhl, 10. Gustav Köpfler, 11. Heinrich Lang. 12. Philipp
Lndwig Laubert, 13. Max Luger, 14. Karl Mall, 15. Otto
Reinauer, 16. Friedrich Alvert Scherb, 17. Jakob August Sche-
rer, 18. Friedrich Stolz, 19. Friedrich Wilhelm Weber, 20. Hch.
Wild, 21. Andreas Zuckschwerdt.

Ausland.

Amerika.

Montreal, 16. Mai. Der Präsident der Kanada-
Pacistc-Eisenbahn gab die Möglichkeit zu, daß seine Gesell-
schaft im Verein mit der kanadischen Regierung eine
neue transatlantische Dampfschtffahrtslinie
crrichten werde als Gegengewicht gegen den Morgan'schen
Dampfschiffahrtstrust.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg. 17. Mai.

O Kunstverein. Die Ansstellung bietet für morgcn eine
Fülle vo» höchst interessanten Reproduktionen, „Die Florentinische
Plastik des XV. Jahrhunderts", über 250 Blatt nach Wcrken
der Hauptmeister Ghiberli, Donatello und der Robbia. Der
Kunstverein verdankt diese Darbietung der Jnitiative seineS 1.
Vorstandes, Hrn. Geh. Hofrat Thode, welcher beabsichtigt, in
einer fortlaufenden Reihenfolge die besten Wcrke der italicntschcn
Kunst, aus den reichen Schätzcn drs Archäologischen Jnstituts,
den Mitgltedern des Kunstvereins und einem weiteren kunstsin-
nigen Publiknm zur Anschauung zu brtngen. Wenn auch in
der gebildetcn Welt heute ein großcr Tetl der italienischen
Kunst gewiffermaß-n Gemeingut ist, so ist doch die Ausstellung
von Reproduktionen sehr geeignet, einen Gesamteinblick in die
Thätigkeii der einzelnen Meister zu geben. Wtr wollen gleich
bemerlen, daß diese erste Abteilung nur drei Sonntage ausge-
stellt bletbt. Die Ausstellung für Oelgemälde ist etwas im
Raum beschränkt, etn großer Teil der ausgestellten Werke geht
nach Pfingsten sofort an ondere Kunstvereiiic. Bet dem un-
freundlichen, zu Ausflugen ntcht geeigneten Wctter düifte auf
einen sehc regen Besuch der Ausstellung zu rechnen sein. Geöffnct
am Psingstsonntag und Pfingstmonlag nUr von 10—1 Uhr.

Kin Arühttngsidylk.

Eine Heidelberger Szene.

Schauplatz: Der Weg zur Molkenkur.

(^^ (Es ist ein lachender, sonniger Frühlingstag.)

einem üppig blühenden Fliederstrauch.werden Frau Beisel
F Und Frau Lehnert stchtbar, sehr erhitzt und erregt.)

Beisel: Nee, wisse Se, Fraa Lehnert, isch hädd doch
mei anner Kleed anziehsche solle! Daß so warm werd',
8 k„ bädd ich net gedenkt l

"LehnertrJo, s'tsch aa wohr l So e Hitz l Jsch hätt's
nit gedenkt!

"Beisel: Kumme Se, mer setzc unS e bische uff die

Bank do, zum Verschnaufe!-

(Sctzen sich.)-

sich Päi nahen Baum singt eine Amsel. Beide schauen still vor
Dann bricht Frau Lehnert das Schweigen.)
"Lehnert: Ste, Fraa Betsel, hawwe Sie aa schun g'heert,
vla» daß Bauer's ihr Dienschtmädel g'schdohle hot?!

^ "UBeisel: G'schdohleS! Ach liewer Gottl Jajo l Die
vsia,, „ Welt isch so arich schlecht, secht als mei Alter!

" Lehnert: Jo, S'isch aa wohr! So e schlechti Krott, so
(tza„r e schlechtiit lU

use. Die Amsel stngt. — Durch das Lenzgrün der
^Ahornbäume zittern die Sonnenstrahlen. —)

" Beisel: Kumme Se, Fraa Lehnert, gelme mer weiters!
6ta„ „ Do isch's jo langweilig, do stcht mer jo nixl

" ^iehnert: Jo, S'isch aa wohr! Mache mer, daß mer
, uffs Schloß kumme, wo ma aa Leit sicht U

A-bt« , (Gehen wetter.)

uud links prachtvolle Kastanienbäume. Durch das
vigiys °°ch und die weißen Blütendolden lacht der klarblaue
Ni„ W l>em hte nnd da schneeweiße Haufenwolken hängen.
s-^ufter Wind streicht durch die Gräser am Wege.)
^ersel: Liewer Gott, wenns nar keen Rege gisbt —
s wär schad for metn neie Hut U

Frau Lehnert: Der isch awer aa arich scheenl Wo hawwe
Se denn den gekaast?

Frau Beisel: Beim Lewedhal. Hot mich aa mei scheens Geld
gekoscht! Mei Alter hot g'schennt. Des wär Luxus,
secht er als.

Frau Lehnert: Gehne Se mit de Männer! Die genne uns
nie ebbes l

(Pause. — Der Weg geht durch blühende Flieder- und Schnee-

ballensträucher, überall wogt würziger Duft, man hört von der
Ferne einen Kuckuck.)

Frau Beisel: (in der Richtung des Kuckucks zeigend.) Sie,
Fraa Lehnert, do drtwwe isch e Bretzelbu, wolle
mer net e Faschtebretzel kaafe l Einkehre thune mer
doch nit. Des koscht zu viel. Mer muß uff de Pen-
ning gucke, secht als mei Alter.

Frau Lehnert: Jo, s'isch aa wohrl Kumme Se, kaafe mer
a Faschtebretzel.

Frau Beisel: Awer zu dem gehne mcr doch net. Weiier
owwe isch noch emer; bet demm koschte se bloß drei.
Der do verlangt fünf — und größer sin se aa netl
Uf de Penning muß mer guckel

Frau Lehnert: Jo S' isch a wohr! Wo isch der annere?
Aha, do sinn mer jo schnnn. He, Sie, Bretzelbu!

Bretzelbub (kommt über dte Straße herüver): Wünsche Se
Bretzle, Madam? Frische Faschtebrctzle?

Frau Beisel: Jo, gewwe Se her, zwee Stick!

Bretzetbub: Mit Vergnieche! 6 Penning!

Frau Beisel: Sage Sie mol, hawwe Sie eichentlich kee
Langweil, wenn Se so de ganze Dach misse do her stehe?

Bretzelbub: Ha-no l Jch dhät schunn lieber in ere Wertschaft
sttze, awer was kann mer machel

FrauLehnert: Ha-jol Do hawwc Se ihr 6 Penning,

Bretz elbub: Adscheel

(Sie sind jetzt in den Gartm der Molkmkur hinausgetretm.

Vor ihnen liegt das Neckarthal und dis herrliche Rheinebene im

Frühltngsschmuck, überall Blütenbäume, Maiengrün, Duft und
Sonne.)

FrauBeisel: (Dm Bltck in die Ferne gerichtct, wie in
tiefer Ertnnerung): Wisse Se, Fraa Lehnert, vorige
Sunntag hawwe mcr aa Faschtebretzle gekaaft — awer
die waie net so gut.

Frau Lehnert: Jo s' isch aa wohrl Dte sin heit viel
besserl Arich gut sin dte heitl So ware die voriae
Sunntag nitl

Frau Beisel: Kumme See mer wolle uns e' bissel uff die
Bank do hinsctze. Mer sin jetzt doch e' scheen Stick
geloffeI

(Beide setzen sich. Die Sonne steht als rotglühender Feuer»
ball fern über dm Spitzen des Haardtgebirges. Ozondüfte
strömm vom Wald herüber. Eine Nachtigaü beginnt in der
Nähe ihr schluchzmdes Lted.)

FrauBeisel (auch fast schluchzmd): Ach Gott, wmn ich
narre noch so e' artch gutii Faschteöretzel hädd'U
Frau Lehnert: Jo s'isch a wohrl
(Die Sonne tst gesunken. Dte Landschaft ist in Rosa-Gluten
getaucht. AlleS duftet noch stärker. Dte Nachtigall schweigt.
Einzelne Sterne flammen auf. Beide Frauen schweigen. Frau
Beisel ist in tiefes Nachdenken versunkm. Plötzlich fährt sie auf.)
FranBeisel: Ach ltewer Gott, Fraa Lehnert, wenn tch norr
wißt, was ich mei'm Alte heit zum Owendesse
koche solll!

FrauLehnert: Jch hab' noch e' paar Spätzle von Middach,
die werre gebrodcl

Frau Betsel (ftehl auf): Jesses, kumme Se, Fraa Lehnert»
S' isch hegschte Zeit, daß mer heemgetznc; mei' Alter
schennt als so schunn, un sächt, ich dhät zu viel Nadur
schwärme.

Frau Lehnert: Jo S' isch aa wohr! Gehne mer, Fraa
Beisel!

(Beide verschwinden in dcn Büschen.)

Heidelberg, 17. Mat 1902. k'.

Die heutiae Nummer umfccht drei Vlätter zusammen
 
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