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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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Sumstag, 7. Juni 1902.

Zweites BLatt.

44. Jahrgang. — Xk. 130.

- - scheint tüglich, Sonntags ausgenommen. — Prris mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^uzejgcnpreis: 20 Psg. für die Ispaltige Petitzeile oder deren Raum. Reklamezeilc 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts. und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzcigen an bcstimmt
^rgeschriebcnen Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprech-Anschluß Nr. 82

Aas vorläufige Iiauprogramm der öad.
Kisenöahnverwattung.

LO. zrarlsrubc, 5. Iuiü. Zur Bcirrrciluug dcr Frage

Ausgcstalruug uuscrer Sraatsciscubayueu samr bcreu
'üilagx,i uud dereu fiuauzicllen Eiuwirkung auf dic Reuraüi-
üräi uuscrcs Sraarsbahuuctzcs crachrct die Budgcikvmmission

Zweircu Üamnu'r cs für wüuschcnswcrr, vou der Rcgic-
^»»g ciu Baupogramm über die nach Ausichr dcr Eiscubahu-
»'Z'ivalrimg zur richrigcu Durchführuug der ihr vom Verkehr
üestellreu Äufgabcu iu deu uächstcu Budgetperiodcu erfor-
ucrlist)cu Bahuüauarbcircu zn crhalrcu, iu wclchcm zuglcich
isc fiuauzicllcu Auforderuugcn an Lcu Eiscubahnüauctat cr-
sschrlich sjud. Auf ciu bczüglichcs Ausuchcu au die Negicruug
stt die uachfolgcude Ausküuft cingelaufcu:

, ,'Eiu cigcukliches Bauprogramm über die iu dcu folgen-
dci, Budgcrperiodeu iu Aussichr zu uehmeudcn Bauarbciten
t'cslehr uicht uud tarm nicht gut aufgcstellt wcrdcu, ivcil der
is^ubegiuu auhcr vou dcr mehr oder wcuigcr groszcn Dring-
stchkcir dcr eiuzclncu Arbcireu auch uoch vou audereu llm-
üändcu, wie dcr Schwierigkcir dcr Projekriousbcarüciruug,
c'cs Fortganges dcr Verhandluugcu mit audcrcu Staatsbe-
hvrden uud Gcmciudcu, sowic der Geläudecrwerbuug usw.
tchhaugt, dercu Zeirdaucr vou voruehcrcin schwer zu bcur-
tcileu ist, so daß Vorausbesrimmuugcu übcr dic Rcihcufolgc

Arbcircu und dereu Ausführuugsdauer sich uicht gut rrcs

lasscu. Es isr uur möglich, diejenigen Bauarüeiteu im
'tllgemeiueu fcstzuscheu, Ivclchc iu den nächstcu Budgctperio-
ü>i zur Ausführuug iu Aussicht zu uehmcu siud, ivcil dazu
ci>, Bedürsnis schou jctzt vorhauden ist uud wcil ei» läugcrcr
'infschub in i>cr Ausführuug ciue Bceiuträchtiguug des gc-
tvgclteu uud sichcrcu Vcrkchres oder ohne Gefährduug der
Ausführbarkcit für später uicht wohl augängig crschciur. Die
lrnauzielleu Auforderuugen au den Eisenbahnbauetat iu dcu
nächsteu Jahreu ücsrimmcu sich jedoch nicht allein uach die-
W» crst iu AuSsicht zu uchineudcn Arbcitcu, sondcru cbeuso
Nach veu schou gciichmigtcu Arbeiten, für die crst Raten
ncwilligi odcr iu vorliegcudcm Budget in Anfordcruug gc-
nrachr 'siud.

Für Volleuduug schou geuchmigtcr Bautcu siud erfordcr-
üch: Weisciibach-Üaudcsgrcuzc, Mimmciihauscn-Frickiugcu

Nnd .stappel-Bouudorf: 8 230 000 Mark, für zweitc Glcisc:
'chckargemüud-Ncckarclz und Gengeubach-Hausach 6 270 000
-l'mrk, für llmbau uud Ncubauteu vou Bahuhöfcu: Rangier-
Nahnhof Mauuheini, Bahuhofumbautcn iu Durlach uud
Morzheim, Ncubau dcs Pcrsonenbahnhofs Karlsruhe und
>cr Betriebswcrkstättc dasclbst, Bahuhofumbau Offeuburg
N»d Neubau dcr Betricbswcrkstättc dasclbst, ucucr Bahuhof
^ascl 55 000 000 Mark.

Für dic in deu uächsten Budgctperiodcu zur Ausführuug
n°ch iir AiiZsicht zu nehmcudcii Bauten: Bahu Wcrtheim-
üiiltenberg, bezichuugsweisc Landesgvenze (Mitte Maiu),
chahn von Uutcruhldiugen nach Meersburg, Bahu vou Frick-
jNgcn ,mch Stockach (evcntuell Verbindung zwischen Bodcn-
^cgürtelbahu uud Schwarzwaldbahn), Umbau uud Erwci-
crnng dcs Pcrsoncubahuhofes Mannhcim mit Vcrlcgung der
(r>nmüuduugsliuie vou Schwctzingeu, Umbau bcziehuugsweisc
Dcrleguug dcs Hauptbahnhofcs Heidelberg uud Unrbau dcr
^ralion Karlsthor, Umbau dcs Bahnhofes Grabcii, cvcn-
n»ll mit Ucberführuug dcr Geruicrsheimer Bahn über die
^auptbahiil, Umbau dcr Bahuhöfe Dinglingeu üud (Lahr,
lmbau des Bahnhofcs Emmcndiiigcn eventuell unter Hoch-
'sstung und teilweiscr Verlcgung der Bahn, Umbau der Bahn-
?Ae Ettlingcu, Deiizliugcu, Villiugcu, Jmiucndiugen u. Ra-
"iszcll, Umbau dcs Bahnhofes Lörrach unter evcnt. Hochlcguug
o»r Bescitiguug der zahlreichen Nivcauübergänge, Verleguug der
'dolleuthalbahu hci Frciburg, Bau dcs 2. Gcleises Villingcn-
^unmendiugen, Umbau des Bahnhofes Konstanz, eventuell uu- !
che Verlegung der Bahu von Petershauscn bis zum Bahuhof, i
i« Ea.u der Bahnhöfc Hausach und Siugen, Bau des zweitcu j
^cleises Bascl-Singcn, sowic cvcutuell eiucs zwciteu Ge- >


Auf abschüssiger Bayn.

Roman von B. Corony.
(Fortsetzung.)

„Es ist kcin Opfcrl Es macht mich stolz uud glückiich."
.„Würde mich abcr unbeschrciblich cruicdrigcu, wenn ich
^ch zu eincr Auuahme cutschlietzen könnte. Neiu, dicses
»>>'- chrwürdige Familicukleinod bleibt in Deincm Besitz.
hsci> bcrührc es uichtl Eher zu allcm andcrn grcifcu, als
"zul" '

^ "Du weiscst mcin gutgcmeintcs Anerbietcu zurück, weil
"U Mich nicht liebst."

-Fch bittc Dich —"

^ "Du liebst mich nichtl" braustc sie mit sich stcigcruder
o Ucgung auf. „Meiust Du dcnu, ich hätte Deiue Kältc mir
ni^cuiibxr uicht schou läugst gcfühlt? Glauüst Du, ich hütte
UF seit lauger Zeit bemcrkt, datz Margot Dir —"
h "Ach, latz das allesl" uuterbrach fie Herbcrt rauh. „W!c
" >ch uuicr dicscii llmstäuden Lberhaupt darau dcukcn,
st' ,'Nädchcn au mich zu fcsseln? Sobald Papa mcine Vcr-
Hj^uhcit erfährt — und wcu» mir keiu glücklichcr Zufall zu
1'elb'e ^»»»»i, wird uud mutz cr cs crfahreu — würde er ja
Uimr'. ^ü'Ibouch gcgcn jede Verlobung erhebcu. Jch bin ciii
i,, ? ''cklichcr Mcusch, der schwcr für seiueu Lcichtsiuu büßt
gar -0 Zukuuft grau in grau vor sich sicht. Jch köuutc cs
M^,.">cht vcrautwortcn, dich au mich zu biuden. Wcr wcitz,
mciu Lebcuswcg mich führtl Laß uns ausciuandcr
^^»- Es ist das bestc für dich!"

'>"- ich crtrüge cs uicht! Jch würdc wahiifiuuig
üiid^v^ Bis ä'»» letztcn Atcmzug betrachte ich mich an dich
8cb,, »» gebundcul Jcki will wcdcr frci seiu, noch

»v„ Dir Dciue Frcihcit zurückl Du darfst mich nicht
a >r stotzcu. Jch lcbc ja uur iu Dir, Herbcrtl Die
ist, -»»»9 üou Dir würdc mciu Töd sciul Herbcrt, so wie
»»» dich uie cin Wcib liebenl"

leises Oos-Badcn. FLr den grötzcrcu Tcil diescr Bauten sind
zwar Vorcrhebungcu gcmacht uud Projettskizzen bearbeiret,
wclche aber zu einer ciuigermatzcu vcrlätzlichcn Bcstimmuiig
der Kosteu nicht ausreicheu, uud für den Rest fchlcn auch
uoch diese Gruiidlageu. Ai'an mutz sich dahcr mit ciner ganz
oberflächlicheu Einfchätzuug der Kosten begnügen, die «ru-
gestellt wurde und wonach sich dcr Gcsamrauswaud für alle
die zunächft uoch in Aussicht stcheiideii Bauten auf ruud
90 200 000 Mark bczifferu. Dic für ncue Bahnen, zwcite
Geleise und Umbautcu vou Bahnhöfcii iu dcn uächsteii zchn
Zahren aufzuwendeudeu Koftcn bclaufcn sich dauach zu-
>ammcn auf ruud 159 700 000 Mark. Hicrzu kommen uoch
die Kostcn für die vollstäudige Durchführung dcr ekektrischcii
Stratzenblockierung auf sämtlicheu zwcispurigen Bahnen cin-
schlietzlich der Ergänzung dcr Stcllwerke dabei iü den uäch-
sten zchn Jahren 12 000 000 Mark sowie für Fortsetzuug der
Herstejllung von Ueber- oder Unterführungcii zur Bcsciti-
gung von Niveauübergäugeu au dcu Hauptbahuen 3 000 000
Mark. Ferner die Kosten für die Erbauung neuer Betriebs-
werkstäiren in Hcidelberg, Basel und Konstauz, die iufolge
des Umbaues der Bahnhöfe dort nötig wird, 5 200 000 Mark
und diejenigen für dic Bcschaffung weiterer Betricbsmittel
nach dem Ergebnis der lctzten zchn Jahre 27 400 000 Mark.
Zwci Bodeusee-Dampfschiffe 700 000 Mark.

Die gesamten Anforderimgcu an den Eiscnbahnbaueiat
in deu uächfteii (füuf) Budgetpcriodeu stcllcn sich somit rund
auf 208 000 000 Mark. Bci dcr grotzcu Tragweitc der hier
augeschnitteucn Eiscubahubaufrage fiir dic finauzielle (iikstal-
iuug unseres Eiscnbahiiwescus hat die Budgeitömmissioii uach
Kcmitnisiiahmc der vorstehendcu Tarstellungeii der Grotzh.
Rcgierung noch eine mündlichc Aussprache übcr diesen Ge-
genstaiid mit der letztercn veraulatzt, aus welcher das Nach-
stehciide hervorgehoben werdcn foll:

Die der Kommission vorgclegte Mitteilung sci kein eigent-
liches Bauprogramm, sondcrn uur eine Zusammenstellimg der
iu absehbarer Zeit voraussichtlich nötig fallcnden Bahnbau-
uuternehmungeii ganz im allgemeinen, die Reihenfolge der
namhaft gemachten Bauarbeiten sei noch offen, da solche von
dcm raschen oder wcnigcr raschen Hervortreten des Be-
dürfnisscs und dem Fertigwcrden der manchmal auf schwie-
rige Verhältnisse stotzenden Vorarbeitcu mchr odcr wcniger
abhäugig sei. Die gegebenen Zahlen seieu ganz uiwcrbind-
liche uud nur summarische, da über vicle der Projektc noch
gar keiue Entwürfe beständen, so datz teilweise nur ap-
prorimative Schätzungen vorlägen, und cs scieu in deu gc-
gcbcuen Zahlen die bereits genehmigten Baumittcl nicht ent-
Ha7tcn. Da aber letztere ca. 65 000 000 Mark betragen, fo
crhöhe sich unter Zuzug dieser Summe der in der schriftlichen
Darlcgung angcgebene Kostenaufivaud im Eiscnbahnbau iuuer-
halb der nächsten fünf Budgctperioden vou 208 000 000 Mark
auf die Gesamrfumme von 278 000 000 Mark.

Bezüglicki der finanzicllcn Wirkuug dicscs provisorischeu
Bauprogramms wurdc regierungsseitig darauf hingewiescn,
datz dcsseii Ausführung sich nach dem Erirag uuscrer Staats-
bahueii richten solle, so datz solchcs, je nachdem dic Ilebcr-
schüsse der Staatsbahn höher oder nicderer wcrdeu, ciue
schncllerc ader laugsamere Vcrwirklichung crfahren wcrdc.

. Einc anhaltendc Dcpresiioii des Verkchrs wcrde daher dcn
beabsichtigten Eiscnbabnbaii verlaiigsamcn. In Anbekracht
des llmstandes, datz das mit dicscn Bauaiisführungen ver^
biiudcnc Anwachscn der Eisenbahnschuld nicht zu vermcidcn
ist und letzteres wiedcrum auf dic Ertragsfähigkeit uusercr
Bahiien ungüustig einwirkt, sci bezüglich dcr Durchführung
dieses Baiiprogranims immcrbiu Vorsicht gcbotcu uud Iverdc
svlche von der Eiseiibahiiverwaltuug auch im Bcwutztscin ihrer
bvhen Verantwortlichkeit allczcit geübt, insbcsoiiderc bezüg-
l!ch der in Aussicht geuommeiicn grotzcn Babubofsumbautcn.
Auf alle Falle würde mit ciucm alleiifallsigcu Sinkcu der
Eiscubahurcutc auch mit dem Eiseubahubau Uieuiger.rascb vor-
gcgaugeu Ivcrden müssen.

Jhre Arme ilinschkaugeu ihn trampfhaft. Schluchzeud,
hcitzc, leidenschafrliche Worte stammclud, lag sie an seiuer
Brust.

Da veruahmcu beidc plötzlich die Wortc:„Was soll das?
Wagt Fhr es, mich iu »iciiicm eigeucu Hause zu hiurer-
gchcn?"

Fiuster uiid grolleud stand der Obersvrster auf dcr
Schivelle des Pavillous.

„Onkel, tritt nicht treuucud zwischcn uusl" flchte Kon-
stauze, au seiuer hoheu Gestalt nicdersiiikeiid. „Du wcitzt
nuii allesl Du iveitzt, daß ich zu Gruude geheu mutz, wenn
mir Herbcrt geuommeu wird. Nicht Ivie ciueu Vater, ucin,
wie eiueu Gott will ich dich vcrehre» uud dir daukeu, wenu
du uuscrc Häude ineiuaudcr lcgst. Sci uicht uuerbittlich,
thue —"

„Jch ihuc, was mir Ehre uud Geivisseu befehleiil" er-
ividerte er schroff. „Stehc aufl Solchc thcatralischen Szcueu
sind mir zuwidcr. Verstäudigcn wir uus kurz und klar und
ohue jedc tleberschwäuglichkeitl Hast Du um das Mädchen,
dessen Pflegevater uud Vvrmuud ich biu, geworben, Her-
bcrt?"

„Jch — ja — das heitzt —"

„Folge mir iu meiu Zimmer. Du gchst zu deiner Mut-
ter, Koiiftauzel Jch werde dich späker rufcn lasseu. Komm."

Der junge Mauu folgte der gcbietcrischen Aufforderung.
Nun wareu die Würfcl gcfalleu — nuu hattc das über
seiuem Haupte schwcbcnde Damoklesschwert den düniicu Fa-
dcu durchschuitteii.

Laugsam wankte Fräulein vou Fclsing ins Haus.

„IIm Gotteswillcn, was ist Dir, Koustauzc?? Wie siehst
Du aus?" fragte Melitta. dic übcr dcu Aublick des totcn-
blasscu Gesichtes heftig rcschrack.

„Jch liebc Herbert — ich kanu uicht vou ihm lasscu und
dcr Onkcl hat alles eutdcckt," staimnelte das Mädcheu. ,:Dicse
Stunde cntscheidet über mcin Schicksa'I. Eine Treuuuug
würde mcin Tod seiu — dcr leiblichc odcr gcistige!"

Deutsches Reich.

— Graf Pückler, der bekannte antisemitische Hetz-
redner, ist, wie die Staatsbürger Zeitung meldet, wieder
wohlbehalten in Berlin angelangt. Es wird hier sogar
ein Vortrag von ihm angekündigt. Jm April hut, wie
bekannt, das Glogauer Landgericht, nachdem Graf Pückler
zu einem Termin nicht erschimcn war, seine Verhaftung
und die Anberaumung eines neuen Termins erst nach Ein-
lieferung dcs Grafen in das Glogauer Gefängnis beschlossen.
Der drohenden Verhaftung hat sich Graf Pückler durch die
Flucht nach der Schwciz entzogen. Die Staatsbürger-
Zeitung behauptet nnn, daß Graf Pückler verhindert ge-
wesen sei, um zum ersten Termin rechtzeitig zu erscheinen,
weil er sich zum Besuch bei Verwandten in Pommern auf-
gehalten hat. Von der Anberaumung dcs zweiten Termines
habe er keine Kenntnis gehabt, eine gcrichtliche Zustellung
an ihn sei überhaupt nicht erfolgt. Der Verhaftung habe
cr sich dann begreiflicherweise dadurch entzogen, daß er sich
bis zur Anberauw.nng eines neuen Termines in der Schweiz
aufhielt. Darauf sei er krank geworden, es beruhe aber
auf Ersindung, daß er sich in einer Kaltwasserheilanstalt
anfgehalten habe. Jetzt habe er eine Kaution hinterlegt
und darauf sei vou der Glogauer Strafkammer der Stcck-
brief aufgehoben worden.

Bayern.

— Jm Finanzausschuß des bayerischen Abgeordiictcn-
hanscs wnrde von katholischer Seite die Mommscnsche
Kundgebung zugimsten der Voranssetzungslosigkeit der
Wissenschaft zur Sprache gebracht. Dcr Referent Dr.
Schädler (Zentr.) erklärte, ihn interessiere die Beteiligung
der baycrischen Professoren an der Adresse für Mommsen.
Er verwahre sich dagegen, daß gläubiger Katholizismns mit
cincm Lehranftrag an einer Universität nnverträglich sei.
Er protestiere dagegen, daß das Heiligste, was der Student mit
zur Universität bringt, durch Hochschullehrer gefährdet werde.
Er crivartc von der Unterrichtsverwaltung, daß sie die An-
gelegenheit im Auge behalten werde. Correferent Dr.
Casselmann (lib.): Die wissenschaftliche Forschung dürse
durch kcin Dogma eingeengt werden. Mommsen habe dnrch
sein Wort befrciend gewirkt und sich den lebhaftcn Dank
der wcitesten Kreise erworben. Tausende stehen mit ihm
anf dem Boden der Wahrhaftigkeit, der Wissenschaft. Vor-
sitzender Dr. v. Daller (Zentr.): Das Volk habe das
Vorgehen als gegcn das Christeiitnm gerichtet anfgefaßt.
Abg. v. Vollinar (Soz.) verteidigt die Freiheit der Wissen-
schaft und wünscht, daß auch katholischen Gelehrten Frci-
heit in der Forschnng gewährt werde. Abg. Wagner
(lib.) wendet sich gegen die Behauptung Dr. v. Dallers,
daß der Brief Mommsens von dem „Volke" als eine Leug-
nung des Christentums aufgesaßt worden sei, es komme
daranf an, was man deni Volke vorsagc. Er protestiere
dagegen, wenn etwa den Professoren von der Staats-
regiernng in ihrer wissenschaftlichen Thätigkeit nnd Forschung
Vorschriften gemacht werdcn sollen. Abg. Dr. Heim-
(Zentr.) meint, daß der Bries Mommsens ein Schnß gcgen
das prenßische nnd andere Kultusministcrien gewesen sei,
hervorgerufen dnrch nnbequeme Beimsungen an Hochschnlen.

„Kiud — Kiudl Bist Du vou Sirmen?" murmelte Frau
vou Felsiug.

„Jch werde es, wenn er von mir geht."

„Tas wagst Du mir, Deiuer Mutter, eiuzugcsteheu?"

„Ter gauzeu Wplt schreie ich'es cutgegeul"

„Du bist krank."

„Wohl möglich."

„Du sprichst im Fieber."

„Viellcicht; abcr dieses Fiebers werde ich uiemals ledig,
iveun Herbert mich verläßt."

Mclittas Häude lageu plötzlich schwer auf dcs Mädchcus
Schultcrn.

„Kuie uiebcr uud bete, daß Gott Dir hilft."

Koustauze lietz sich erst halb niederdrückeu, daun schuellts
sie jedoch uuter dem eiserucu Griff wieder cmpor. „Mir
mütztc er iu audcrcm Siuue helfeu, als Dn meinst. Datz
er mir die Liebe zn Herbert aus dem Herzcn reißt, darum
bitte !ch nicht. Jn dicser Leidenschaft wurzelt mciue ganze
Lebeusstärkc uud mcin Wille zum Leben. Jn ihr ist jede
anderc Empfinduug untergegangeu, und wenn sie jcmals
erlöschcu sollte, so wäre alles finster — tot um mich. Dmm
bräche die ewigc Nacht au. Mit dcm Gedaukcu an den Ge-
licbtcn schließe ich die Augeu, mit ihm erwache ich. Wcnn
Hcrbert kommt, gcht mir die Soime auf, wenn er scheidet,
wird es ödc imd lcer nm mich."

Frau von Fclsing ösfnete den Mund zn ciner strengen
Eutgegmmg: als sie aber jenes spltsame Glühen, jenen
starrcu, unheimlichcn Ausdruck iu deu Augcn ihrcr Tochtev
bcmerkte, der so traurige, ahnnngsvolle Erinnernngcn in ihr
heranfbcschwor, schwicg sic still.

Fünfzehntes Kapitel.

tlutcrdesseu faud auch zwischen dem Oberförster uud sci-
ucm Sohnc eiue errcgte Unterrcdung statt.

„Du liebst das Mädcheu also uicht?" sragte der crstere
jetzt, sich schwer a»f den eicheneu Tisch stützeud.
 
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