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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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servative Presse zum uicht geriugeu Teite das Aufkom-
men des letzteu Krieges zuschreibt. Obne Zweifel nurd
sich der General, soweit sein Cbarakter bekannt ist und
ihm gewordene Befehle in Betracht kommem in seinen
soldatischen Obliegenheiten nicht von seiner Politischen
Ueberzeugung beeinflussen lassen: aber eine günstige Ein-
wirkung auf die Politischen Verhältnisse in Südafrika
wird früher oder später nach der Ikebernahnie des Ober-
kommandos von seiten des verdienten Militärs unver-
kennbar sein. Wenn nicht alle Slnzeichen trügen, ist der
Schritt der englischen Regierung in Bezug auf die Er-
nennung Lyttletons hauptsächlich damit zu erklären,
daß ihr alles daran liegt, die angebahnte Politik der
Versöhnung und Ausgleichung der Gegensätze in der
denkbar besten Weise zn fördern. Freunde Lyttletons
und besondcrs die liberalen Parteiblätter versprechen
sich von dem Wirken des nenen Oberbefehlshabers die
besten Früchte.

Rußland.

Warschau, 14. Juni. (Prozeß gegen den
OberstleutnantGrimm.) Nachdem gestern das Zeugen-
verhör von vormittags 10 bis nachmittags 5 Uhr gedauert
und um 7 Uhr Abends die Plaidoyers begonnen hatten,
wurde um 11 Uhr abends das Urteil gesällt. Grimm
wurde unter Verlust aller Rechte zu zwölfjähriger
Zwangsarbeit verurteilt.

Zm Keidelöerger Schloßfrage.

Jm Dezember v. I. hatte Dr. F. Wolter-Hamburg
einen Aufruf an die früheren Schüler der Universität
Heidelberg veröffentlicht zur Unterzeichnung einer an Seine
Königliche Hoheit den Großherzog zu richtenden Adresse,
betreffend dte Erhaltung der Heidelberqer Schloßruine in
ihrem gegenwärtigen Zustande. Die Adresse fand in den
weitesten Kreisen der alten Schüler der Universität Heidelberg
lebhafte Zustimmung und aus allen Teilen Deutschlands
zahlreiche Unterschriften. Als Antwort auf die Adresse
ist Herrn Dr. Wolter folgendes Schreiben aus dem Großh.

Geheimen Kabinet zugegangen:

Karlsruhe, 80. Mai 1S02.

Seiner Kochwohlgeboren Hcrr» Dr. Friedrrch Wolter,
prakt. Arzt in Hamburg, beehrt sich das Großherzogliche Ge-
heime Kabinet im Höchsten Auftrag Sciuer Königlichen Ho-
heit des Großhcrzogs mitzuteilen, datz Höchstdiesclben mit dcm
Schreiben vom 1. d. M. die Adresse dcr früheren Schüler der
Universität Heidelberg, betreffend dic Heidelberger Schlotz-

ruine, erhalten haben.

Seiucr Königlichen Hoheit war cs cine Freude, aus der
Adresie zu ersehen, wclch warme und schöne Anhänglichkeit
die zahlreichen Unterzeichner ihrer akademischen Studicnzeit
in Heidelberg bewahren und welch idcale Bedcutung dieselben
der Erhaltung der Ruine des Heidelberger Schlosses zumessen.

Jm Hinblick auf diese sehr schätzenswerte Gesinnung der
Herren Unterzelchner ist cs für Seine Königliche Hoheit den
Grotzherzog ein besonderes Anliegen, die Versicherung zu ge-
ben, datz zu einer Beunruhigung über das Schicksal des Heidel-
berger Schlosses, wie solche mannigfach obwaltet und auch den
Anstotz zur Vorlage der Adresse gegeben haben mag, kein
Grund vorhanden ist. Seine KönigUche Hoheit sind, ebenso
wie Höchstihre verantwortlichen Berater der Ueberzeugung,
datz es die Aufgabe der badischen Negierung ist, die Heidel-

Lerger Schlotzruine, soweit es irgend thunlich ist, in dem
Zustand der äutzeren Erscheinung, wie ihn die letzten Jahr-
hundertc überliefert haben, der Nachwelt zu hinterlassen. Der
Streit der Meinungen betrifft hauptsächlich den Otto Hein-
richsbau, dessen Umfassungsmauern infolge der Witterungs-
einflüsse sich leider in einem schon weit vorgeschrittenen Zu-
stand der Zerstörung befinden. Die Frage ist hier die, ob
und in welchcr Weise bei diesem herrlichen Bauwerk die Er-
haltungspflicht erfüllt werden kann. Die matzgebenden Fakto-
ren stehen auf dem StanLpunkt, datz in erster Linie und
mit allen annehmbaren Mitteln der Technik die Erhaltung
des Baues in seiner heutigen äutzeren Gestalt erstrebt werden
mutz; erst dann, wenn es sich als unmöglich erweisen würde,
diesen Zweck zu erreichen, mützte an die Frage der Ueberdach-
ung des Gebäudes und der Befestigung desselben von inneii
heraus heraugetreten werden, weil dieser Ausweg, so uner-
wünscht er an sich wäre, dem sonst zu erwartenden Einsturz
der Umfassuugsmauern vorgezogen werden mützte.

Auf diesen Grundlagen bewegen sich die von der Grotzh.
Regierung angeordneten und zur Zeit im Gange befindlichen
technischen Untersuchungen und Beratungen. Seine Königliche
Hoheit der Grotzherzog selbst verfolgen diese Arbeiten mit
voller Teilnahme und mit dem' Vorbehalt eigener Entscheidung
aller wichtigeren Fragen.

Die Hcrren Unterzeichner der Adresse haben in dersclben
Seiner Königlichen Hoheit dem Grotzherzog einen Ausdruck
von Vertraueu bekundet, den Seine Königliche Hoheit als
eine hohe Ehrung betrachten. Es würde auf Seiten der Herren
eine Bekundung dieses Vertrauens sein, wenn sie versichert
sein wollten, datz Seine Königliche Hoheit der Grotzherzog
im Sinne des Dargelegten auch in Zukunft jeder Zeit ein ge-

tram, dessen Hauptbilder er schilderte. Gesang schlotz die
Feier. Hierauf folgte ein von der Freiherrlich von Tucher-
schen Brauerei gegebenes Früh st ü ck auf dem reich ge-
schmückten Hofe des Muscums, wobei dic Bräuknechte in
Wüttnertrachl das Nürnberger Bier kredenzten und schmucke
Dirneu Radis auboten. Die Kapelle des 11. Regiments spielte.

Mrnberg, ig. Juni. Jm weiteren Verlaufe der Jubel-
seier des Germanischen Museums veranstaltete am
Nachmiltag die königliche Vokalkapelle aus München in der
Lorenzkirche cin grohes Konzert unter Mitwirkung nam-
hafter Solokräfte und Kammermusiker der königlichen Oper.
Das Programm bot eine Reihe von Kompositionen aus der
Kirchcnmusik der letzten vier Jahrhundcrte. Die weiten
Räume dcr Kirche waren bis auf dcn letzten Platz gefüllt. An-
wesend waren die am Vormittag bei dcm Festakt versammelten
Herrschaften, ferner der bayerische Miuisterpräsident Graf von
Crailsheim, der bayerische Gesandte in Bcrlin Graf von und
zu Lerchenfeld und die preutzischen Oberpräsidenten von Gotzler
und von Bötticher.

treuer Hüter der idealcu Schönheit des Heidelberger Schlosses
sein werden. (gez.) v. B a b o.

An dem Schreiben aus dem Großherzoglichen Geheimen
Kabinet^berührt der warme Ton außerordentlich sympa-
thifch. Sachlich deckt es sich mit den bisherigen von der
Regierung ausgehenden Veröffentlichungen. Auch bisher
wurde immer betont: Man gehe nicht gerne an etne Re-
staurierung, aber wenn sich der Olto Heinrichs-Bau anders
nicht erhalten lasse, müffe man sich wohl oder übel dazu
verstehen. Darüber, ob Aussicht vorhanden set, den Bau so
wie er jetzt ist zu erhalten, spricht sich das Schreiben aus
dem Geheimen Kabinet nicht aus. Es schimmert aber
zwischen den Zeilen ein starker Zweifel hieran durch.

Arrs Stadt urrd Land.

H eidelb erg, 14. Juni.

** Seine Königliche Hoheit der Groscherzog traf gesteru
Abeud 9,17 Uhr aus Karlsruhe hier ein und sctzte 9,80 Uhr
sciue Reise nach Nürnberg fort.

-e- Dcutscher Flottenvcrei», Ortsausschuß Heidelberg. Jn
eincr am Mittwoch den 11. ds. abgehaltenen Vorstandssitz-
uug wurde die Abrechnung für das Jahr 1901 vorgelegt, nach-
demchieselbe von den Herren Fritz Landfried und Otto Petters
geprüft und richtig bcfundcn worden war. Die Anzahl der
Mitglieder betrug 596, von wclchen M. 1054,20 Jahresbei-
Rest vom Jahre 1900, giebt zusammen M. 1676,37. Die
träge eingingen, hierzu M. 24,00 Bankzins und M. 498,12
Unkosten für Versendung der Zeitschrift „Flotte", für Porti,
Drucksachen, Reisen, Jnserate, Einzug der Beiträge usw. be-
liefcn sich auf M. 377,54, an deu Landesausschutz in Karls-
ruhe wurde der statutengemätze Beitrag von M. 600.— abge-
liefert, so datz für das Jahr 1902 ein Restguthaben Vvn Mark
598,83 verbliebe. Da im Jahre 1901 mehrere grotze Aus-
gaben verrechnet werdcn mutztcn, die eigentlich dem Jahre 1900
zur Last fieleu, so ist für das laufende Jahr eine nicht un-
erhcbliche Herabminderung der Unkosten zu erwarten.

— Deutschcr Landwirtschaftsrat. Am 11. und 12. war
hier der deutsche Landwirtschaftsrat zu einer Beratung zu-
sammengeireten. Jm Namen der Stadt begrützte Bürger-
meister Dr. Walz die Herren, die alsdann im grotzen Saale
des Rathauses verhandclteu.

X Niudcrsport. An der am 29. und 30. Juni in Frank-
furt a. M. stattfindenden Ruder-Regatta siud auch zwei Heidel-
berger Vereine und zwar der Heidelberger Ruderllub mit
drei, die Rudergesellschaft Heidelberg mit einer Nennung be-
teiligt. Der Heidelberger Ruderklub bestreitct den Doppel-
zwcier ohne Steuermann, zu dcm im Ganzen sicben Mauu-
schaften gemeldet sind, autzerdem den Zweier ohne Steuer-
manu, bei dcm auch dic Rudergesellschaft Heidelberg und vier
weitere Klubs mitrudern werdLN. Zu dem Hochschulvierer,
Hcrausforderungspreis, der dreimal gewonnen werden muh,
ist nur der Heidelberger Ruderklub gemeldet, der, da er
diesen Prcis im Jahre 1899 gcgen Giehen gewann und im
Fahre 1900 nach Protest gegen Zürich zugesprochen erhielt, ihn
in diesem Jahre ohne Gegner definitiv erhalteu wird. -— An
dcm Rennen am 6. Jyli um den Hochschulpreis in Mannhcim,
gestif'tet vom Erbgrotzherzog von Baden, wird sich zum ersten-
male auch bie Rudergesellschaft Heidelberg mit einer Stu-
dentenmannschaft betciligcn.

X Turnwarts-Sitzung. Bei der gestern Vormittag abge-
haltcuen Sitzung der Turnwarte des Rhein-Neckargaucs wur-
den folgende Herren als Kampfrichter zum Kreisturnfeste ge-
wählt: Rohrmann, Turnerbund Heidelberg, Heilmstämter,
Turuverein Neuenheim, Busch, Mannheim, und als deren
Stellvertreter die HerrenKermes, Mannheim, Heckmann, Hand-
schuhsheim und Brandes, Speyer.

Besitzwechsel. Wie verlautet, ist die Villa Bartholomae
um den Preis von 250 000 Mark an einen Herrn aus Maun-
heim vcrkauft worden.

-r- Polizeibericht. Ein Taglöhner wurde wegen Dieb-
stahls und ein auswärtiger Händler wegen Erpresiung ver-
haftet. Wegen Unfugs kamen elf Personeü zur Anzeige.

X Handschuhsheim, 16. Juni. (Preisgekrönte
Sänger.) Bei dcm gcstern in Mingolsheim abgehaltenen
Gesangswettstreit errang sich dcr Gesangverein „E intrach t"
einen zwetien Preis.

** Kirchheim, 16. Juni. (Schwere Körperver-
letzung.) Gestern Abend hantierte in einem Garten der
17 Jahre alte Johann Friedrich Scharer mit einem geladenen
Gewehre. Auf einmal ging der Schutz los und die ganze
Schrotladung ging dem 14 Jahre alten Schwesterchen des un-
vorsichtigen Schützen in die Brust. Das schwerverletzte Mäd-
chen wurde ins akademische Krankenhaus nach Heidelberg ver-
bracht.

** Neckargemünd, 16. Juni. (Noch rechtzeitig
hervorgezogen) wurde gestern Abend ein Herr, der auf
den um 9,03 Uhr hier abgehenden schon im Gange befindlichen
Lokalzug nach Heidelberg aufspringen wollte, dcwei aber aus-
glitt und mit beiden Fützen auf den Schienen lag. Dem be-
cherzten Eingreifen eines Bahnbedicnsteten hat der Unvorsichtige
es zu verdanken, datz cr nicht als Krüppel nach Heidelberg
transportiert werden mutzte.

Ldl Karlsruhc, 15. Juni. (A u f dem heutigen
1. Verbandstag des Verbandes der An-
w a l t s g e h i l f e n) im Grotzherzogtum Baden wurdcn die
von der Kommission ausgearbeiteten Statuten beraten und mit
einigen Abänderungen angenommen. Der Vcrbandssitz befin-
det sich in Karlsrrche. Als 1. Vorsitzender des Verbandes wurde
Herr Lienhard-Karlsruhe und als 2. Vorsitzender Herr
Schuler-Mannheim gewählt.

8dl. Elzach, 15. Juni. (Zwei schwere Braud-
fälle) sind von vorgestern aus dem oberen Elzthale zu
melden. Jn Katzenmoos brannte uachmittags der grotze Hof
dcs Andreas Schätzle vollständig nieder. Zwei Pferde, das
sämtliche Riudvieh, soweit es nicht auf der Weide war, die
Schweine und alles Geflügel sind mitverbrannt. Die Ent-
stehungsursache ist unbekannt. Vormittags wurde in Unter-
prechthal der Doppelhof dcr Landwirte Nikolaus Uhl und
Franz Josef Schätzle ebenfalls ein Raub der Flammen. Uhl
hat das Gebäudefünftel versichert. Die Fahrnisse konnten
zum grötzten Teile gerettet werden.

Freiliurg, 14. Juni. (Stadtverordnetenwah-
len.) Bei den gestern Nachmittag von 12 Uhr mittags bis
8 Uhr abends abgchaltcuen Wahlen der dritten Wählerklasse
(Niederbestcucrteu) wurden sämtliche in der Kompromitzlifte
der vereinigten Parteien vorgeschlagenen Stadtverordneten
geivählt.

Aus Baden. Jn Karlsruhe hat sich der praktische Arzt Dr.
Friedrich Schuberg mit Morphium vergiftet. Er lebte infolge
vcrunglücktcr Spekulationen »n schlechten finanziellen und
ehelichen Verhältnissen.

— Dicnstnachrichten. Versetzungen aus dem Bereiche des
Gendarmeriekorps. Theodor Böhler von Krautheim nach
Mlasch, A. Wiesloch. Andreas Belz von Schwetzingen nach
Aglasterhausen.

Eingesandt.

Heidelberg, 16. Juni. Schon vor mehreren Jahren tva-
ren Bcstrebungen im Gange, in hiesiger Stadt ein Schwimm-

bad für den Wiuter zu errichten, führten avcr leider zu kek-^
nem Resultat. Mitllerweile konnte durch die hochherzige
Stiftung des Herrn Dr. Bjum und unter namhafter Beteili-
guug der Stadtgemeinde ein Freibad für den Sommer erstellt
werden, das ungemein stark benützt wird — aber eine einiger-
matzen ausreichende, billige Badegelegenheit sür den Wimer
besttzen wir noch immcr nicht. — Wie verlautet, beabsichrigt
nun die hiesige Ortskrankenkassc, ein grötzeres Anwesen zu
erwerben, um iu dicscm eine Badeanstalt grötzeren Stils zu
errichten. Da nun auf die Errichtuirg eines Winterschwimm-
bades von andcrcr Seite in abfehbarer Zeit nicht zu rechnen
ist, so wärc der Stadt hier Gelegenheit gcboten, tn Gemein-
schaft mit dcr Ortskrankcnkasse eine Badeanstalt mit grotzcM
Schwimmbassin ins Leben zu rufen.

Die Besrrebungen auf dem Gebiete der Volksbäder haben
allerorts eincn solchen Umfang angenommen, datz man sicki
in hiesiger Stadi ihren berechtigten Forderungen auf die Dauec
nicht entziehen kann, und es ist Einsendcr" der festen Hoff-
nuug, datz unsere Stadtverwalrung, deren Frritiative mamher-
lei zu verdankcn ist, diescr hochwichtigen Sache ihr Augenmerk
zuwenden wird. Sollte fich ein Wtnterschwimmüad verwirk-
lichen lassen, so würde sich dic Stadtverwaltung um die Volks-
gesundheir ein grotzes Verdienst erwerben.

Kleine Zeitung.

— Hochschuluachrichten. Leipzig, 13. Juni. Der
Kirchenhistortker Professor Hauck echielt einen Ruf an dis
Universität Berlin. — Universität Erlangen. Der
außerordentliche Profeffor an der Universität Heidelberg
Dr. Paul Hensel wurde zum ordentlichen Professor dec
systematischen Philosophie in der philosophischen Fakultäc
der kgl. Universität Erlangen ernannt.

— Hildcsheim, 12. Juni. Der wegen Hochstapeleien
seit einigen Tagen verhastete Chemiker Dr. Phil. E-
von Wedelstädt, bisher Assistent an der hiesigen
landwirtschaftlichen Versuchsanstalt, ist als Falschmün-
zer entlarvt worden. Sein Tiener hatte der Polizei an-
gegeben, sein Herr schließe sich oft stundenlaug in die
Badestube ein und treibe dort geheimnisvolle Dinge-
Auch hatte der Diener in einer Schublade eine Zigar-
renkists voll eigenartiger Bleiplättchen, von der Größe
eines Zehnmarkstückes gesunden. Dazu kam, daß vorc
Wedelstädt hier kürzlich ein falsches Goldstück ausge-
geben hatte. Daraufhin nahm die Polizei, die vott
Wedelstädt kurz zuvor wegen allerlei Hochstapeleien ver-
haftet hatte, eingehende Haussuchungen bei ihnr vor,
die das Vorhandensein einer bestens eingerichteten Falsch-
münzerwerkstatt ergaben, in welcher ofsenbar sogar nüt
elektrischer Energie gearbeitet worden war. Eine Akku-
mulatorenbatterie, Metall in Formen, Abdrücke vott
Goldstücken mit dem Münzzeichen H, benutztes Chloc-
gold, Stempel und dergleichen wurden vvrgesundem
außerdem viele Säurcn u. s. w. Die weitgehenden Geld-
verbindlichkeiten des Falschmnnzers hatte sein Vater, öer
dieser Tage hier weilte, sast sämtiich beglichen. Tie
Gattin des Verhafteten, eine llberans üppig lebende Fra»,
soll den Mann zu seinem verschwenderischen Leben und
dem Verbrechen verleitet haben.

— Braunschlvcig, 10. Juni. (Streitüberdi^
Höhe ürztlichen H o n o r a r s. Von der hiesigett
Zivilkammer wnrde heute ein Prozeß entschieden, dett
eine Bernfsgenossenschaft gegen den Spezialarzt der
Augenheilkunde Professor Deutschmann in Hamburg att-
gestrengt hatte. Auf Grund eines Gutachtens wurde
diesem ein Versicherter überwiesen, an dem Professor D:
eine Operation vornahm. Als der Berufsgenossenschav
nun die ärztliche Rechnung über 330 M. vorgelegt wurde-
verweigerte sie die Zahlung, weil die Behandlung niast
den erhofften Erfolg gehabt und der Betrag ihr viel
hoch erschien. Prosessor D. strengte darauf eine Klasie
gegen die Berufsgenossenschaft an. Die Hamburg^
Medizinalbehörde war von der Beklagteii um ein Gcu.
achten angegangen worden, in dem gesagt wurde, dab
der Betrag für einen anerkannten Spezialisten, wie ^
Professor Deutschmann sei, natürlich höher gesetzt
den müsse als von jedem beliebigen Kassenarzte; E
wegen der Besnche wnrde eine Ermäßignng von 30
zugestanden. Auf Grund dieses Gutachtens vernrtecll
heute das Zivitgericht die Berufsgenossenschast zur Zsi. j
lung von 320 M. Honorar und zur Tragung der nwl
unerheblichen Kosten.

— Bozcn, 14. Juni. Heute gab es tm Ho
weit herab starken Schneefall. Auf dem Brenner
gegen Steinach herab herrscht ganz winterliches Schr^
gestöber. ,<

— Paris, 14. Juni. Der in der Affaire Humbe^
Erawford verhaftete Advokat Langlois wird A
1000 Francs Kaution in bar und gegen Bürgschaft sei^
Schwiegervaters für weitere 10 000 Francs vorläufig
Freiheit gesetzt. §

— Ein weiblicher Professor ist in der Person
Fräulein Washburn an der Universität Cinctnnati attf
Lehrstuhl der Psychologie berufen worden, der bisher "
Professor Judd besetzt war._

Theater- und Kunstnachrichen. ^

Koschat-Ouintett. Das beliebte Koschat-Quiuteti ^.,i>
Wien wird hier am 21. dieses Mouats im Vereiu niit
städtischen Orchester ein Konzert geben. Das Quiuteu
überall, wo es sich hören läßt, aufs herzlichste uud frcuiidtt^,i>
aufgenommeu. Auch die sonst spröde Reichshauptstadt
diese Oesterreicher ins Herz geschlossen. So schreibt ;
„Kleine Journal" über ein Konzert in Berlin: Koschat^.p
Komponist und der wackere Sänger erschlotz uns eine !
vcrn sützen Melodien, die ihren Wiederklang fanden
Herzrn der andächtigen Zuhörer. Wie Alpenrosen und
weitz, wie harziger Tannenozon duftete der Mcl.odienttm^
den uns der Dichter Koschat aus dem Füllhorn seiner
vorgezaubert und desseu sonnige Farbeupracht längst
eincm Edelsteine in der Schatzkammer der deutschen M. gqf
teratur erglänzt. „Geknickte Bleamerln" und L s'

tele", „Das Herzlad" und „Darf i's Diandle liabn" m E

teratur erglänzt. „Geknickte Bleamerln" und Me' L l'
tele", „Das Herzlad" und „Darf i's Diandle liabn" m E
heute als echte Volkslieder Gemeiugut des deutschen (-mie
geworden und entzücken, auch wenn sie nicht so vortr^i
zu Gehör gebracht werden, wie uns sie Koschat und st"'
tett gestern hören lietzen. Jm letzteren trat besouderS^i
Rudolf Traxler mit scincm dominierenden Tenor herbvr!
Klangfülle speziell in den höheren Lagen eine volle
erzielt. Der mächtige Bariton des Herrn Clemens rP t«
verrät die gute Schule 'der Wieuer Hofoper, trMrr's'M!'
Herren Walter Fournes und Georg Haan sich gnr '
 
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