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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#1123

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2. Es soll auch das letzte Fünftel des Versicherungsanschlags in
die staatliche Zwangsversicherung einbezogen werden. 2. Das
sogew Ortsklassenshstem, wie solches in dem Paragraph 62
des bisherigen Gesetzes aufgeftellt isi', soll aufgegeben nnd der
Grundsatz der unbcdingt gleichmäszige>, Beitragspflicht der
persicherten Gebäude lediglich nach Matzgabe des Versicherungs-
anschlages durchgeführt werden, Demgemätz sieht der Gesetz-
entwurf nicht nur von der Aufstellung bestimmter Gefahren-
Aassen uach der Bauart o-der Verwendungsart der versicherten
Gebäude ab; er beseitigt auch die mit dem Ortsklassensystem
derbundene, durch die Zahl und den Umfang der jährlichen
Brandfälle in einer Gemeinde bedingte Ungleichheit der Bei-
träge der einzelnen Gemeinden. 3, Den Versicherungsanschlag
soll nach der Regierungsvorlage nicht mehr der Durchschnitt
des Bauwertes und des Kaufwertes bilden — wobei keinen-
falls der erstere überschritten werden darf — sondern ledig-
lich der Bauwert des Gebäudes. Die.Sonderkommission der
Zweiten Kammer stimmt in diesen drei wesentlichen Punkten
den Vorschlägen Ler Grogherzoglichen Regierung einmütig
bei. Sie hat sich auch die Frage vorgelegt, ob eine wenn
auch nur teilweise Neuregelung unseres badischen Gebäude-
versicherungsrechts im Hinblick auf die Thatsache empfeh-
lenswert sei, datz bekanntlich die Reichsgesetzgebung die Rege-
lung des Versicherungswesens in Angriff genommen hat. Die
Kommission gelangte indes in Uebereinstimmung mit der Grotz-
herzoglichen Regierung zu der Anschauung, datz das neuerliche
Vorgehen der Reichsgesetzgebung der sachlich gebotenen Revi-
sion der Landesgesetzgebung auf dem Gebiete des Gebäude-
versicherungswesens nicht entgegenstehe, einmal weil das
Reichsgesetz über das Privatversicherungswesen vom 12. Mai
1901 nur die öffentlich-rechtliche Seite des Versicherungs-
wesens zum Gegenstand gesetzlicher Regelung gemacht hat, und
sodann aus dem tveiteren Grunde, weil die Jmmobilarversiche-
rung in ihren privatrechtlichen Beziehungen zweifellos auf
absehbare Zeit vom Reiche der patrikularen Regelung vorbe-
halten bleiben wird.

Die kurze Ge n e r a l d i s k u s s i o n ergiebt, datz das
Haus der Sache wohlwollend gegenübersteht.

Jn der Sp e z i a lb e ra t u ng bemüngelt Zehnter die
Bestimmung in 2, Paragraph 5, wonach die Versicherungs-
summe berweigert werden kann, wenn grobe Fahrlässigkeit vor-
liegt. Die Entscheidung, ob dies der Fall ist, liege bei der
Versicherungsanstalt und dem Versicherer stehe nur die Be-
rufung zum Verwaltungsgerichtshof zu, der in erster und
letzter Jnstanz entscheide. Man sollte die Worte „oder aus
Fahrlässigkeit" streichen oder zum mindesten dem Verwal-
tungsgerichtshof die Ermächtigung erteilen, nach freiem Er-
messen zn entscheiden. Redner bringt einen entsprechenden
Antrag ein.

Abg. Obkircher (Natlib.) tritt den Musführungen
Zehnters entgegen. Mit der Kommissionsfassung sei er aller-
dings auch nicht ganz einverstanden; er schlage deshalb den
Zusatz bor: „Der Verwaltungsrat kann jedoch aus Billigkeits-
gründen die Schadensumme ganz oder teilweise ausbezahlen."

Abg. Zehnter (Zentr.) zieht seinen Antrag zu Guu-
sten des Obkircherschen zurück.

Der Antrag Obkircher wird einstimmig angenommen.

Jm weiteren Verlauf der Sitzuug bringen die Juristen des
Hauses eine Reihe von Abänderungsanträgen zu Ziffer 3,
Paragraph 6 ein.

Abg. Wacker (Zentr.) beantragt dic Zurückweisung des
Entwurfs an die Kommission, findet indessen zunächst keine
Beachtung. Die Juristen begründen eifrig und weitschweifig
ihre Anträge, zu denen sich auch die Regierungsvertreter äu-
tzern. Wacker stellt hierauf den Antrag, alle Paragraphen,
die beanstandet werden, in die Kommission zurückzuverweisen.

Der Antrag wird angenommen und sodann die Sitzung
um halb 9 Uhr abgebrochen.

Nächste Sitzuug: Mittwoch. Tagesordnung: Petitionen.

— Jn der erstenKammer ist in der Samstagssttzung,
jvie schon kurz gemeldet, das Unterrichtsbudget beraten
worden. Dabei tst die Volksschulfrage, die Frage der
Ueberbürdung und mehreres Andere zur Erörterung ge-
kommen. Der auSführliche Bericht der „Karlsr. Ztg."
über die Sttzung liegt noch nicht vor. Sowie dieses der
Fall sein wird, werden wir das Wesentliche daraus
rnitteilen.

Aus der Karlsruher Zeitimg.

— Expeditionsasfistmt Karl Hasenfuß in Dinglingen wurde
nach Konstanz versetzt.

Karlsruhe, 16. Juni. Aus Anlaß des Geburts-
tages des Kronprinzen von Schweden und Norwegen brachte
die Kapelle des 1. Badischen Leib-Grenadier-Regiments
Nr. 109 demselben heute Vormittäg ein Ständchen vor
dem Großherzoglichen Schlosse dar. Mittags nahm Seine
Königliche Hoheit die Beglückwünschung des Schwedischen
und Badischen Hofstaates entgegen. Um 1 Uhr fand Fa-
milienfrühstück statt und abends eine Hoftafel. Jn dem
Befinden der Kronprinzessin von Schweden und Norwegen
tst erfreulicherweise eine Besserung eingetreten.

- Aus Stadt und Land.

l^' ZVHeidelb'erg, 17. Juni.«tz

T Mitteilnngen znr Geschichte des Heidelberger Schloffes,
herausgegeben vom Heidelberger Schloßverein. Das soeben er-
schienene Heft 2 des IV. Bandcs der Mitteilungen bringt zunächst
einen Aufsatz von Frhrn. v. Waldberg über Goethe's Zeichnung
des gesprengten Turmes. Goethe's Zeichnung ist die erste bildliche
Darstellung speziell dieses Schloßteils; sie ist datiert vom 23. Sept-
1779. Dieses Datum im Zusammenhang mit den sonstigen von
dem Verfasser vorgetragenen Umständen beweist, daß Goethe anch
im genannten Jahre hier geweilt, also Heidelberg nicht nur fünf,
sondern sechs Mal besucht hat. Der zweite Anfsatz betrifft das
churpfälzische Schloß in Rhenen nnd ist verfaßt von Dr. Joh.
Kretzschmar. Die drei anderen Aufsätze beziehen sich auf den Otto-
Heinrichsbau. Dr. H. Hofmann stellt die Hypothese auf, daß
unter den im Colin'schen Vertrag erwähnten Gestellen der obere
Abschluß der Fassade zu verstehen sei und zteht hieraus Schlüsse
auf dle ursprüngliche Bedachung des Baus. Walter Thomae
kommt zu der Anstcht, daß die größere Wahrscheinlichkeit für
gleichschenkliche Form der Hofgiebel spreche. Carl Nenmann
Aiucht darauf aufmerksam, daß dte churfürstliche Gemäldesamm-
lung ein Bild von Kasvar Fischer mit dcm Datum 1556 enthalte,
woraus er schließt, daß Fischer eine viel größere Rolle beim Otto
Heinrichsbau gespielt habe, alS ihm neuerdings Haupt zu-
gedacht hat.

schließen ohne die nötigen Garantieu. Herr Tietzsch, der
ebenfalls einen alten Herrn spielte und besonders Herr Kö-
ckert (Scapin) verhalfen dem Schwank zu einem lustigen
schuellen Leben. Bei Herrn Köckert war alles von verblüffen-
der Ungezwuugenheit, Frische und Ausgelassenheit. Uud so
konute diese romantisch-übermütige Boccaccioanekdote, da noch
die Damen Burger und Breisch und die Herren Lösch,
Möller und Weger mit ihrem Temperament nicht zu-
rückhielten, nach allen Richtungen ihre etwas kräftigen Humore
entfalten. K. W. H

Bon der Univerfitüt. Man schreibt dem „Schwäb. Merk.":
Als Rachfolger für den mit Ende dieses Semesters in den
Ruhestand tretenden Professor der Gynäkologie an der hiesi-
gen Uuiversität, Geh. Hofrat Kehrer, ist an erster Stelle
Professor Alfons von R o st h o r u au der Uuiversität Graz
iu Aussicht geuommeu.

Die 110er. Das zweite badische Grenadierregiment
Kaiser Wilhelm der Erste Nr. 110 begehr am 22. und 23.
Okküber die Feier des 50jährigen Bestehens des Regiments.

X Besitzwechsel. Zum Verkaufe der Villa Bartholomae
sei uoch nachgetragen, daß die Villa nebst Gartenhaus an
Herrn Direktor Julius Gantz aus Mannheim zum Preise von
250 000 Mark übergiug. — Frau Hermine Benkendorff ver-
kaufte ihr Anwesen, Bergstratze 11, an Herrn Stratzenbau-
assistentcn Hermaun Schmitt zum Preise von 90 000 ^Mark.
Der Abschlutz erfolgte durch die Liegeuschafrsageniur jvon
Herrn M. Groszberger, hier.

** I» der Oberprima des hiesigen Gymnasiums wurde
gestern mit den schriftlichen Arbeiten zum Abiturientenexamen
begonnen.

O. Strafkammersitznng vöm 13. ds. Vorsitzender: Land-
gerichtsdirektor Dr. W e st. Bertreter der Staatsanwaltschaft:
Referendär H o l z e n t h a l e r. 1. Bäcker Heinrich Seuf-
fert von Kirchheim und Taglöhner Martin Kratzach von
hier stählen in einer Berghütte in der Nähe des Schlosses
mittelst Einbruchs ein Flobertgewehr. Spengler Gg. C a st r i-
tius bon Arheiligen kauste ihnen das Gewehr ab, obwohl
er wissen mutzte, dasz es gestohlen war. Seuffert erhält we-
geu schweren Diebstahls vier Monate Gefängnis abzüglich
5 Wochen Untersuchungshaft, Kratzach eine Zusatzstrafe von
8 Mouaten zu einer am 6. Dezember übcr ihn wegen Dieb-
stahls ausgesprochenen Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 8
Monaten und Castritius wird wegen Hehlerei mit 1 Woche
Gefängnis bestraft. — 2. Der 22 Jahre alte Kausmann Lud-
wig Andreas Wagner lieferte verschiedene von ihm als
Reisender einkassierte Kundengelder nicht ab und behielt auch
3 Mark, die er für seine Firma jemanden überbringeu sollte,
für sich. Vom Schöffengericht wurde er wegen Unterschlagung
zu 2 Wochen Gefängnis verurteilt. Auf seine Berüfung wird
die ansgesprochene Strafe in 80 Mark Geldstrafe umgewandelt.
— 3. Wegen Körperverletzung und Werfens mit Steinen gele-
gentlich einer nächtlichen Ranferei auf der Stratze in Neckar-
gemünd wurde der 22jährige Tüncher Hejnrich Rückel von
Heichelsheim, z. Zt. in Neckargemünd, schöffengerichtlich zu
7 Tagen Gefängnis und 3 Mark Gekdstrafe verurteilt. Seine
Berufung- gegen dieses Urteil wird als unbegründet zurückge-
wiesen. — 1. Dem Schneidcr Friedrich Pfeisfer hier
wurde, nachdem die Abtrittanlage in seinem Hause in der
Hirschstratze von der Wohnungsrevision beanstandet worden
ivar, bezirksamtlich die Auflage gemacht, eine Klosetteinrich-
tung mit Wasserspülung anzubringen. Dieser Auflage, welche
er nicht für gerechtfertigt hält und nach seiner Angabe auch
vom stüdtischen Ticfbauamt nicht für nötig erachtet wird, kam
er nicht nach und erhielt deshalb eine bezirksamtliche Strafvcr-
fügnng, die schöffengerichtlich auf 5 Mark Geldstrafe eventuell
2 Tage Haft festgesetzt'wurde. Zur Abbütznng dieser Haft-
strafe ivurde er vorgeführt, mutzte aber, da scine alte, gebrech-
liche Mutter krank nnd hilflos allein zu Hause lag, nach einem
Tag wieder entlassen werden. Kurz darnach erhielt er ivegen
der gleichen Angelegenheit wieder eine bezirksamtliche Strafver-
fügung über 30 Mark Geldstrafe eventuell 10 Tage Haft, die
aber vom Schöfsengericht aufgehoben wurde. Gegen dieses frei-
sprechende Urteil legte die Grotzherzogliche Staatsanwaltschaft
Berufung ein, ivelche das Gericht ohne aus die Frage, ob die
Auflage gerechtferttzqt sei oder nicht, einzugehen als unbe-
gründet zurnckweist, weil dem Angeklagten vor der letztcn
Strafverfügung keine Frist zur geforderten baulichen Ausfüh-
rung gesetzt worden war. 5. Ein alter, unverbesserlicher Bett-
ler und Landstreicher ist der 19mal vorbestrafte Gypser Ferd.
Weßbecher von Au am Rhein. Das Schöffengericht Sins-
heim erkannte gegen ihn auf S Wochen Gefängnis wegen Bet-
telns und Landstreicherei und Ueberweisung an die Landes-
polizeibehörde. Seine gegen dies Urteil eingelegte Berufung
wird als. unbegründct zurückgewiesen.

Schöffengerichtssttzung vom 14. Juni. 1) Peter Gram-
lich, Fabrikarbeiter in Schönan b. H., erhielt wegen Sachbeschä-
digmig 3 Mk. Geldstrafe; 2) Karl Beißwenger, Fuhrknecht von
Ketsch, wurde von der Anklage wegen Tierqnälerei nnd 3) San
Michel Wolkenstein, Architekt hier, von derjenigen wegen Ueber-
tretung des 8 122 des Polizei-Straf-Gesetzbuches freigesprochen;
4) Kätchen Ditton von hier wnrde von der Anklage wegen Un-
zncht freigesprochen- 5) Die Anklage gegen Manrer Georg Auth
Ehefrau von hier wegen Beleidignng des Schmieds Theobald
Koch von hter wnrde durch Vergleick erledigt, die Angeklagte über-
nimmt die Kosten; 6) Joh. Meckemnll, Taglöhner von Robern,
erhielt wegen Bettelns und Landstreicherei 4 Wochen Haft nnd
wurde der Landespolizeibehörde überwiesen.

m Schöffengerichtssitzung vom 16. Juni. Vorsitzender Herr
Amtsgerichtsdirektor Ribstein. Luccato Givachino, in Haft hier,
erhielt wegen Diebstahls 3 Wochen Gefängnis; 2) wegen Körper-
verletzung erhielt Jakob Junkert von Wieblingen 15 Mk. Geld-
strafe oder 3 Tage Gefängnis nnd Martin Jmikert von da 10
Mark Geldstrafe oder 2 Tage Gefängnis; 3) Konrad Wacker, in
Haft hier, erhielt wegen Diebstahls 2 Wochen Gefängnis; 4)
Michael Huber von Handschuhsheim wegen Beleidignng 3 Tage
Haft; 5) Philipp Benz und Philipp Kilian, beide in Haft hier,
erhielten wegen Hausfriedensbruchs je 4 Wochen Gefängnis;
6) Adolf Wols in Kirchheim erhielt wegen Betrngs 1 Woche Ge-
fängnis; 7) Gnstav Adolf Steinhansen von Wieblingen wegen
Körperverletznng 6 Wochen Gefängnis; 8) Christian Munz, in
Haft hier, wegen Betrugs 4 Wochen Gefängnis-

-i- Polizeibericht. Fünf Ghpser wurden wegen fortgesetzter
Ruhestörung und fünf andere Arbeiter wegen Bettelns ver-
haftet. Wegen Unfugs kamen sieben Personen zur Anzeige.

Vo. Handschuhsheim, 16. Juni. (K i r ch w e i h f e st.)
Wie in jedem Jahre, so hat das Kirchweihfest auch diesmal
eine Unmasse Besucher angelockt. Vor allen Dingen waren
es wieder die Heidelberger, insbesondere das schöne Ge-
schlecht, welche sich bei Tanz einige vergnügte Stunden berei-
ten wollten. Sämtliche Tanzlokale, neun an der Zahl, waren
bis auf den letzten Platz besetzt, so datz man sich beim Tanzen
nur mit unsäglicher Mühe bewegen konnte und Püffe und
Stöße in Menge anshalten mutzte. Guten Appetit und Durst
hatten die Besucher auch mitgebracht, so dah die Wirte ein
gutes Geschäft machten. Am meisten verdient hat jedoch das
Karussell, welches den ganzen Tag über nicht leer wurde.

SL. Blannheim, 16. Juni. (B e r s ch i e d e n e s.)
Der Stadtrat hat um die Konzession zur Erbauung einer
B a h n l i n i e Mannheim-Wallstadt-Heddesheim und Mann-
heim-Schriesheim nachgesucht. Die Entschlietznng des Mini-
steriums ist noch nicht erfolgt, weil zunächst die im vorgeschrie-
benen Offenlegungsverfahren erhobenen Einsprachen erledigt
werden müssen. — Nach Fertigstellung der Festhalle im
Herbst soll dort ein Wohlthätigkeitsbazar im grotzen Stile statt-
finden. Der Reinertrag dieses Festes wird in erster Linie
dem Wöckmerinnenashl, in zweiter Linie dem Frauenverein
und der Kindergrippe zuflietzen. — Der 15 Jahre alte
Schisfsjmige Wilhelm Krieger von Neckarsteinach fiel im
Verbindungskanal vom Verdeck dcs Schiffes scines Vaters ins
Wasier imd ertrank.

Mannheim, 16. Juni- (Zum Ludwigshafener Bau-
unfall) giebt die Firma Baumann L Böhler folgende Darstel-
lung der Vorgänge: Der am Freitag eingetretene Unfall er-
eignete fich dadurch, daß dic Arbeiter mit dem bereits in die
dhe gczogenen nnd auf das Gerüst gelegten eisernen Träger,

welchen sie anf die Mauer anflegen wollten, allem Anschein nach
beim Aufheben unvorsichtigerweise einen solchen Schub auf das
Gerüst ausübten, daß sich die in der Mauer gut aufliegenden
Hölzcr ans ihren Auflagern herausschoben nnd dadurch die ande-
ren Stützen mitzogen, wodnrch die Senknng des inneren Gerüstes
erfolgte. D s Gcrüst war nicht zu schwach und dnrchaus nicht
überlastet, was auch von den Sachverständigen der Gerichts-
kommission anerkannt wurdc. Der am Samstag vorgekommene
Unglücksfall ereignetc sich nicht beim Beseitigen vorgenannten be-
schädigten Gerüstes, sondern erfolgte sofort nach Betreten eines
anderen, schon seit etwa 10 Tagen teils mit schweren Lasten be-
nutzten Gerttstes. Der Einsturz dieses am selbigen Morgen voll-
ständig unbelasteten Gerüstes ist nnr erklärlich, daß böswilliger
Weise eine Stütze hiervon entfernt wurde, znmal das Gerüst cnn
Freitag Mittag noch betreten wnrde und vollstandig intakt war.

Mingolsheim, 15. Juni. (S ä n g e r f e st.) Der Ge-
sangswettstreit, den der jubilierende Verein „Sängerbund"
aus Anlatz seines vierzigjährigen Bestehens veranstaltete und
bei welchem als Preisrichter die Herren Musikdirektor HerM-
Biehling-Maimheim, und Königl. Musikdirektor I. Diebold-
Freiburg i. B. fungierten, hatte folgendes Ergebnis: Land-
vereine unter 33 Sänger: 1. Gesangverein Odenheim 1a
und Ehrenpreis. 2. Liederkrayz Weingarten 1 b und Ehren-
preis. 8. Armin Kronau 1 c. 4. Männergesangverein Leimen
1 d. 5. Eintracht Hambrücken 2 a. 6. Liederkranz Ziegelhausen
2a. 7. Frohsiim Malsch 2b. 8. Germania Wallstadt 2c. 9. Kon-
kordia Zeuthern 2d. 10. Cintracht Langenbrücken2e. 11. Liedev-
kranz Mühlhausen 2 e. 12. Eintracht Handschuhsheim 2 s-
13. Liedertafel Leimen 3 (Diplom, zurückgewiesen). Land-'
vereine über 83 Sänger: 1. Konkordia Mingolsheim 1 a und
Ehrenpreis. 2. Frohsinn Kirrlach 1 b. 3. Liedertafel Ziegel-
hausen 1 c. 4. Liederkranz Kronau (Liederkomposition von
Johann Strnbel) 1 d. 5. Sängerbund Seckenheim 2. 6.
Männergesangverein Altlutzheim 3. Stadtvereine: 1. Cäcilia
Bruchsal 1 a. und Ehrenpreis. 2. Männergesangverein Kirch-
heim 1 b. 3) Gescmgverein der Mannheimer Zuckerrasfinerio
1 c. 4. Liedertafel Wiesloch 1 d. 5. Eintracht Weinheim 1 e-
6. Sängerbund Hockenheim 2.

LO. Karlsruhe, 16. Juni. (Todesfall.) Nach kurzer
Krankheit ist gestern Hofrat Prof. Dr. Ernst Schröder aus
dem Leben geschieden. Der Berstorbene war 1841 geboren z,u
Maimheim, 1864 wurde er Lehramtspraktikant, 1870 Proses-
sor am Pro- und Realgymnasium in Baden-Baden. 1874
schied er aus dem bad. Staatsdienst aus und wurde ordent-
licher Professor der Mathematik an der Polytechnischen Schule
in Darmstadt. Seit 1876 wirkte er als ordentlicher Pro-
fessor der Mathematik an der Technischen Hochschnle in Karls-
ruhe.

SC. Rastatt, 16. Juni. (Unfall.) Die Radfahrerab-
teilung des 111. Jnfanterieregiments war mit Revolver-
schietzen beschäftigt gewesen und befand sich auf dem HeirN-
marsche. Dabei soll ein Soldat mit einer noch geladeneb
Waffe gespielt haben; diese entlud sich und der Schuß Pinü
aus unmitelbarer Nähe dem Soldaten H. Kniehl aus Adels-
heim in öen Rücken. Nach ärztlichem Ausspruch sind drei Ge-
därme verletzt urrd eine Rettung des jungen Mannes ist leide»
kaum zn hoffen. Nach einer anderen Mitteilung soll das Un-
glück beim Revolverreinigen sich zugetragen haben.

UL. Freiburg, 16. Juni. (V o n der U n i v e r s i t ä t)
Samstag wurden die neuen akadeinischen -Jnstitute für Gev-
logie, Mineralogie, Mathematik, Geographie und physikaliW
Chemie in Anwesenheit des akademischen Lehrkörpers und Ler
Spitzen der Behörden feierlich eingeweiht.

Zell i. W., 16. Juni. (Zum schrecklichen Brans^
u ü g l ü ck) in Blauen ist noch nachzutragen: Das Feu^
brach auf dem Gehöft Blauen aus. Jn dem eingeäschertev
Hause wohnten die Familien Wetzel, Philipp und Fritz. D^
aus sieben Personen, nämlich Mann und Frau, 1 Tochter vofi
25 Jahren, 1 Tochter von 18, 1 von 16, 1 von 15 und eirreU;
schulpflichtigen Knaben bestehende Familie Wetzel kam dabel
um. Heute Vormittag wurden alle sieben Leichen verkohlt au»
den rauchenden Trümmern gezogen. Auch die Fahrnisse, meh
rere Sluck Rindvieh, fünf Schweine usw. sind verbrannt. Dsb
beiden anderen Familien haben nur das nackte Leben gerett^;
Die Ursache des Brandes konnte immer noch nicht festgesteU
werden. Die Verunglückten hatten versucht, durch die Krr^
nach hinien hinaus zu gelangen, dort wurden sie durch bar'
einstürzende Dach begraben. „

8L. Donaueschingcn, 16. Juni. (C i n herrlicht
Neubau.) Die hiesige Bezirksbauinspektion hat entschiede>'
dah der für den Steuerkommissär nnd Bezirksgeometer >
Bonndors erstellte Neubau, der im Herbst vorigen Jahres ter>^
weise einstürzte, gänzlich abgetragen werden muß. Das BaU
material hat sich als unzulänglich erwiesen.

Aus Baden. Die sGattin eines Rechtsanwalts in Kofi^
stanz hat sich aus einer Schweizer Nervenheilanstalt, mo h
ssch zur Pflege befand, heimlich entfernt und ist in den
gesprungen, wo sie den gesuchten Tod fand. — Zwischen Trib»m
und Hornberg ist wie im vorigen Jahre ein Radfahrt
zu T o d e g e st ü r z t. Er starnmt ans Villingen.

Kleine Zeitung.

17. Juni. Die Grundsteinlegung zur
(d. h. eines altarartigen Aufbaues, der a..

Göttingen,

zwei Seiten von Säulen eingefxjedigt wird) nach dem C'lj,

wurfe des Stadtbaumeisters Jenner wird Samstag, ^
21. Juni, auf dem Hainberge stattfinden. ,

— Berliu, 16. Junt. Jm Prozrß der Spielhag^
banken erklärte heute der Staatsanwalt, der Angeklag^
Direktor Eduard Sanden habe in 5 Jahren für sei»^
persönlichen und hauswirtschaftlichen Bedarf 868 000
aus der Bank entnommen und in dieser Zeit für kirchliH
Zwecke 24 000, für Wohlthätigkeitszwecke 20000
ausgegeben.

— Bresla», 16. Juni. Eiu Erbschaf^'',,
Prozeß gegen den Kardinal Kopp ist vom hieE,
Landgericht zn Ungunsten des Beklggten entschieden
den. Die im Jahre 1899 verstorbene, drei Jahre
her wegen Altersblödigkeit entmündigte Tischlermeis^,,
witwe Preuß hatte testamentarisch ihr Vermögen
42 000 Mark dem Konvent barmherziger Briider und-^
Falle der Nichtannahme dem Kardinal Kopp verinu^,,
Auf Klage der im Testament auf den Pflichtteil gesep,,,
Tochter, erklärte das Gericht das Testament für u
giltig., <st

—- Wien, 16. Juni. Der zwanzigjährige Tolsi?.
Hoßmann aus Wien ist gestern auf der Reix vom
thalersteig über die Martinswand abgestürzt ll
blieb sofort t o t.

-

— Recht schmerchelhaft. Sagen Sie mir aufrichtig, lfi-x
Doktor — was sagt die Welt zu nnserer unglücklichen
„Merkwürdig, gnädige Frau, viel Shmpathie genießt o
Gatte nicht l" '

„Ah — das ist nettl . . . Sagen Sie mir doch auch-
man von ihm sprichtl" ^

„Nun — die Lente gönnen es ihm, datz er keine ,
Frau bekommenl"
 
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