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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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trag eiii, es möge statt der angeforderten 40 000 Mark die
Snmmc tion 18 000 Mark zum Ankauf eines Bauptatzes für
die Errichtung eincr Taubftummenanstalt in Neckargemüud
bewilligt werden. Durch diesen Antrag, den Mampel be-
gründer, wird der erste Antrag Mampel hinfällig.

Abg. Dieterle (Zentr.), Freiherr vou Stock-
horner CKons.), Hug (Zentr.), Zehnter (Zentr.),
treten für dcn Autrag Mampel, Heimburger (Dem.) und Ob-
lircher (Natlib.) für den Kominissionsantrag ein.

Oberschulratsdirektord Arn sperger betont, daß die
Regieruug unbedingt auf dem Kommissionsantrag bestehen
bleibe.

Oberschulrat Waag erklärt, dasz es sich durchaus nicht um
Aenderung der bcwährten deutschen Unterrichtsmcthode handle,
wenn man die neueAnstalt in eine Stadt verlege.Man wolle nur
'eine Trennung des Arbeilsfeldes herbeiführeu und eineu Ver-
such mit Kurseu der teilweise hörenden Taubstummen machen,
wie solche in Müuchen mit gutem Erfolge angestellt wurden.'
Auch in deu ländlichcn Anstaltcn wurden bereits zu diesem
Zwecke Parallelkurse errichtet.

Der Antrag Mampel wird mit allen gegcn 18 Stimmen
abgelchnt uud der K o m m i s s i o n s a u t r a g mit groszcr
Mehrheir angenommen.

Bei der Nachtragsforderuug für die Jubiläumskunstaus-
stclluug teilt Miuisterialrat B ö h m auf eine Anfrage des Be-
richterstatters mit, dasz in erheblichem Umfaug Preisermüszi-
gungeu für deu Besuch der Ausstellung gewährt wurden.

Abg. Freiherr vou Stockhorner (Kous.) bcdauert,
daß die Jurh so cinseitig borgegangeu sei. Die badischen Künst-
ler seien ungebührlich zurückgesetzt wordeu. Unter den Zu-
rückgewiesenen bcfiuden sich bedeutende Küustler von hervor-
ragcndem Ruf. Wenu er auch gcrnc anerkcnne, dasz die Aus-
stelluug sehr gut beschickt ist, so müsse er doch lebhaft bedau-
ern, das; einige Künstler in solcher Weise zurückgesetzt wurden.
Mau sei ihneu eine ösfentliche Satisfaktiou schuldig.

Abg. Hofmaun (Dem.) bemängelt die hohen Eintritts-
preise, wodurch die niederen Volksschichten vom Besuch ausge-
schlossen werden. Zu bestimmtcu Zeiten sollte der Eintritts-
preis auf 50 Pfeuuig herabgesetzt werden.

Abg. Eichhorn (Soz.) schließt sich den Beschwerdeu
des Abgcordneten von Stockhorner an. Die ganze Ausstel-
lung scheine nicht richtig organisiert worden zn sein. Sonst
werde die Jury von dcn Künstlern erwählt, hier sei es trotz
des Protestes der Künstlerschaft crnannt worden. Es befinde
sich darunter auch cin Dilettant, ein ehemaliger Offizier. So
wcit sei man doch noch nicht in Baden, daß man cinen „Lauff"
braucht. FLr die badischen Künstler habe man uur den füuf-
ten Teil des Ausstellungsraumes reserbiert nnd davon haben
wieder Künstler den größten Teil für sich in Ansprnch genom-
men, die gar keiue Reklame notwendig haben. Andererseits
seien namhafte Künstler zurückgewiesen worden. Aufklürung
über diese parteiische Verteilung sei dringend notivendig, um
so mehr, als nachträglich noch ein Teil der Zurückgewiesencn
in Gnaden aufgcnommen wurde. Seine Partei ftimme zwar
für die Position, hoffe aber, daß die Regierung dafür sorge,
datz solche Dinge in Zukunft nicht mchr vorkommcn.

Abg. Gietzler (Zentr.) hätte ebenfalls eine gröhere
Berücksichtigung der badischen Künstler gewünscht. Man müsse
wirklich staunen, warum Künstler wie Hasemann ausgeschlossen
wurdcn. Der Frciburger Münstcrbauverein beabsichtigt, den
Zurückgewiesenen dadurch eine Genugthuung zu verschaffen,
dah er sie später bei Ankäufcn berücksichtigen will. (Bravo!)
Redner ist für billige Eintrittspreise an Sonntagen.

Abg. Binz (Natlib.) findet die Beschwcrden gegen die
Iurh nicht ganz nnbegründet. Jnsbesondere sei dic Zurück-
sehung der badischen Künstler zu bedauern; doch müsse er die
Miiglieder der Jurh gegen deu Vorwurf in Schutz nehmen,
datz sie nicht nach gewissenhafter Ucberzeugung gehandelt habe.
Wci der Zusammensetzung der Jurh mutztc der Gesichtspuukt
gewahrt werden, dasz alle Kunstrichtungcu gleichmätzig zur
Geltung kamen. Es sei nicht angebracht, jetzt Borwürfe
gegen die Jury zu erheben. Dic Klagen über einseitige Be-
vorzugung wiederholten sich bei jeder Ausstellung. Berufene
Sachverständige haben sich dahin ausgesprochen, datz unsere
Ausstellung Grotzartiges bictet. Redner hofft, datz später die
.Eintritrspreise ermätzigt wcrdcn.

Ministerialrat Böhm betout, dah wer Grotzes schaffen
will, nach dem Ziele sehen muh, nicht nach rcchts und links.
Von diesem Gesichtspunkt aus wurde das Nnternehmen ins
Werk gesetzr und es sei sehr erfreulich, daß die gcsamte Kritik
das Nnternehmcn als in jeder Beziehung hervorragend bezeich-
net hat. Nach den Ausstellungen in München, Düsseldorf und
Darmstadt mutzte man dem Unternehmen einen vornehmen
Charakter geben, war es uotwendig, eine Elitcausstellung zu
scbaffen. Für die Regierung lag es daher nahe, die Jury-
Bilduug selbst in die Hand zu nehmen, um so mehr, als gerade
an der? Jurh-Bildung bisher immer die Veranstaltung einer
Ausstellnng in Karlsruhe gescheitcrt ist. Hierbei sei die Re-
gierung durchaus objektiv vorgcgangen und es sei auch von
keiner Seite dagegen Einspruch erhoben worden. Die Zury
habe schr objektiv ihres Amtes gcwaltet nach dem Grundsatz,
eine Eliteausstcllung zu schaffen. Zur Beurteilung, ob ein
Mld zurückzuweisen sei oder nicht, genügte nicht der Name
eincs Künstlers, sondern einzig das eingesandte Bild und
darüber können wir nicht urtcilen, sondern nur die Jury. Dic
Zurückgewieseuen haben eben dcn Fehler in der Auswahl ihrer

zugleich doch eiufach grandiose Phantastik gelten, so wird '

Zum wenigsten den Zusamcnhang dcr durch ihn beeinflu
und wahrhafng nicht mchr unbedeutendcn Strömung
Kun,t mit eine'r Richtung modcrnen deutschen Geisteslcl
wie auch den Zujammenhang mit einem eigeutlich deutj
Charafterzug anerkeuneu müssen, wenn man auch dereu kün
rischen Wert vielleicht doch unberechtigter Wcise —
anerkemEN mag Es ist ein verwaudter phantastischer Sinn,
fich im Gegenzatz zu dem materialistifch und volkswirtschai
ge,onuenen Geift der Zeit m einer philosophischen Wcl
schauung wie der Nietzsches oder einer idealistisch-mhstil
Poesie wie der cines Teiles der modernen Lyrik uud
modcrnen Dramas spiegelt, eines Sinncs, der sich viell
auch hin und wicder im staatlichen Leben dcr Gegenwart
^rkbar macht. ^ Tas aber, was bei dieser Kunstrichtung,
Kolbe ,n ausge,prochenem Matzc augehört uickit nnr
°nd»n auch deutsck genannt werdeik darf, i t der w d^r
^astisw?^^/°^derkehrende uud fast rührc, de dcutsche p
ra,ti,che Jdealismus, der, wo er einmol «O,. « "

ZLW-ÄZM

^ Kliuger liegt Kolbe weniqer die le!
schaftlich dramatgche Wiedergabe des Ausdrucks und Ve>-
nach d-e er Se.'te führen wie in einigen
Al Goethes Faust zu ctwas unglaubhaften Erscheinunqen
fur aber gel.ngt ihm sehr glücklich - und demgemäsi bc
den' entsprechende weiche Steiudrucktechnik g.

den — der Ausdruck emes erdenfernen, tränmerischen Er

äu'ckt'l,annonische FarbeLm.
raucht ,md nnd den Mittelpunkr einer meist von ar

Da Käm getragenen Komposition ausma

-a tragt ern Atlas, anf hoher Alpenkette thronend, den '

eingesandteu Bilder gemacht. Der Hauptzweck der Ausstellung,
einen Schritt vorwärts zu machen, sei erreicht worden. Karls-
ruhe ist in die Reihc der Ausstellungsstädtc getreten und dic
Ausstellungen werden sich voraussichtlich wiederholeu. Ueber-
einstimmeiid habe die Kritik festgestellt, daß es noch uiemals
so sehr gelungen sei, Mittelmäßiges oder gar Schlechtes ans-
zuschließen. Die badische Abteilung könne in vollen Ehren
neben den übrigen deutschen bestehen. Darin liege der Haupt-
vorzug der Ansstellung. Aus kleinlichen Gründen solltc man
die Bedeutung der Ausstellung nicht schmälern. Den Ein-
trirtspreis habe man für den Anfang auf 1 Mark festgesetzt,
aus fiuanziellen Gründcn und weil man einen Andrang fürch-
tete. Alleu Wüuschen auf Herabsetzung dcs Eintritttspreises
werde die Regierung gerne cutgegenkommeu. (Bravol)

Rach weiteren Ausführnngen der Abgcordneten v. S t o ck-
horner und Eichhorn und des Bcrichterstatters wird
die Position genehmigt.

Die Nachträge zum Voranschlag dcr Amortisations- und
Bcaintenwitwenkasse (Berichterstatter Abg. Höring ), der
Salinen- und Münzverwaltung (Berichterstatter Abgeordncter
Geiß), dcr Steuer- uud Zollvcrwaltuug (Berichterstatter
Abg. G ießler ) und der Oberrechnungskammer (Berichter-
statter Abg. Dreher ) werden ohne Debattc angcnommen.
Der Beschlusz über dic Anforderung für das Hauptzollamt in
Pforzheim wird ausgesetzt.

Abg. Wilckens berichtet über den Nachtrag zum Eiseu-
bahnbctriebsbudget nnd fragt an, welche Beleuchtungsart für
die Bahnhöfe Hausach-Jmmendingen u. a. in Aussicht ge-
nommen sei.

Betricüsdirektor Engler erwidert: Acetylenbcleuchtung.

Abg. Heimburger (Dem.) richtet an die Rcgicrung
die Anfrage, ob die Aufordcrung für dcn Umban des Bahnhofs
Lörrach nur eiu Provisorium darstcllc, odcr ob damit der
Umbau abgeschlossen sei.

Staatsminister v o n Brauer crklärt, daß dcn Mitz-
ständcn am Lörracher Bahnhof nur durch eine Verlegung des
Bahnhofes abgeholfen werden könne,. der sich indessen grotze
Schwierigkeiten entgegenishellen. Die bisherigen Projekte
haben alle den Fehler, datz das billigste nicht weniger als acht
Millionen erfordert (Hörtl), während die ganze Wiesenthal-
bahn sich nur auf vier Millionen stellte. Es sei also bcgreiflich,
wenn die Regierung bis jetzt noch nicht zu einem definitiven
Entschlutz gekommen ist. Um die allergrötzten Mitzstände für
die Reisenden zu beseitigen, habe man vorerst 38 000 M. an-
gcfordert. Die Eisenbahnverwaltung werde bestrebt sein, die
Bahnhoffrage einer baldigen Lösung cntgegenzuführen.

Die übrigen Anfordcrungen werden ohne nennenswerte
Debatte angeuommen. Schluß der Sitzung: 142 Uhr. Morgen:
Nachtragsetat und Gesetzentwurf betreffend die Erziehung nicht
vollsiuniger Kiuder. _

Elsaß-Lothringcn.

Metz, 20. Juni. Der kommandierende General des
16 Armeekorps General-Oberst Graf von Häseler ist
heute Morgen auf dem Exerzierplatze von Frescaty mit
dem Pferde gestürzt und erlitt einen etnfachen llnter-
schenkelbruch.

Württemberg.

Stuttgart, 21. Juni. Die Kammer hat den
Kommissionsantrag: Die k. Staatsregierung zu ersuchen,
sobald die Finanzlage den vorübergehenden Ausfall während
der Uebergangszeit gestattet, für die 3. Wagenklasse die
Grund taxe von 2 ^ für 1 lrm ins Auge zu fassen, mit
41 gegen 38 Stimmen angenommen.

Aus der Karlsruher Zeitung.

Hofansage. Wegen des mn 10. Juni dieses Jahres er-
folgten Ablebens Sr. Majestät des Königs Albert von Sachsen
legt der Grotzherzogliche Hof von heute au die Trauer auf vier
Wochen bis eiuschließlich 17. Juli an, uud zwar vom 20. Juni
bis 3. Juli nach der 3., vom 4. Juli bis 17. Juli uach der
4. Stufe dcr Trauerorduung. Karlsruhe, den 20. Juui 1902.
Großherzogliches Oberstkammerherru-Am't. Graf von Berck-
heim, Vize-Oberzercmonieumeister.

— Deine Kouigliche Hoheit der Großherzog habeu
dem Hofrat Professor Dr. Emmiughaus iu Freiburg das
Ritterkreuz erster Klasse mit Eichenlaub dcs Ordens vom
Zähriuger Löwen verliehen und denselben wegen leidcuder
Gesundheit unter Anerkenmmg seiner treu geleisteten Dienste in
den Ruhcstand versetzt.

-— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
dem Geheimen Legationsrat Dr. Adolf Kühn im Ministerium
des Groszherzoglichen Hauses und der auswärtigen Angclegen-
heiten die Erlaubms znr Annahme und zum Tragen des ihm
von dem Kaiser bon Rußland verliehenen St. Stanislaus-Or-
dens zweiter Klasse erteilt nnd dem Vorstand der Hafenbau-
inspektion in Kehl, Oberingenieur Richard Tegeler die
etatmäßige Amtsstelle des Bahnbauinspektors in Mannheim

übertragen.

— Mit Entschließung der Großherzoglichen Generaldirek-
tion der Staatseisenbahnen vom 14. Jftm d. I. wurde Sta-
tionsverwalter Johann Haas in Krauchenwies nach Mim-
menhausen-Neufrach vcrsetzt. _

mel in Gestalt schwerer Gewitterwolken, oder ringt verlassen
Iakob mit Vem Engel, der in kühnem Flug breit seme Flugel
rauschend auseinanderspreizt, da ziehen durchsichtrg atmo>pha-
rische Wolkenmasfen au dolomitartigen Felszacken vorbei uno m
dem Traumreich steht eine Künstlergestalt und sieht allein dem
Woaen der Elemente zu. — Und so ist auch bezeichnend, iatz
den Künstler am Faust besonders der Prolog ini Himmel
zur Darstellung reizte, und die Bilder zur ersten Szeiie, uber
die hinaus' die Jllustration vielleicht mn^ der Realitat der
Dichtmig willen nicht gedieh, mehr wie eingestreute phantastische
selbständige Träume als wie eigentliche Textillustratwnen, mit
denen freilich immer cin unkünstlerisches Element verbunden
ist, wirken. Neben schwächeren Blättern stehen solche von
echter naiver Anmut, wie das Titclblatt, das Bild, in dem
der unschnldsvolle Mensch, seinem dnnklen Drange folgend,
durch dcn Wald des Lebens wandelt, die Randverzierung, in
der ein menschliches Wesen sehnsüchtig und freudig der weiten
Natur seine Arme entgcgenbreitet. Jn einzelnen Blättern aber
erhebt sich Kolbe zu wirklicher Grötze und Selbständigkeit des
Schaffens, so namentlich in der Darstellung der Erzengel, in
deren Antlitz etwas vom Geist der Ewigkcir und von der Er-
habenheit der Freude an den unbegreiflich hohcn Werken
des Schöpfers rein und glanzvoll aufleuchtet, uird in dem inner-
lich durchans wahr empfnndenen Bild, in dcm Faust das
Haupt im Schotz der Mutter Natur birgt, die ihm sanft trö-
stend die Hand auflegt.

Geradc in den Kämpfen um grotze Fdeale liegt der Reiz
allcr dieser, bald noch ungeklärter, bald schon freicr nnd kühner
Schöpfungen des jungen Künstlers, dem man ernsthaftes Mühen
und innere 'Begeisternng gewitz nicht streitig machen wird.
Auch hicr der Geist der modernen deutschen Kunst: ihre Ju-
gendschwächen wird gewiß kein Vernünftiger verkennen, aber
wer für sie nichts übrig hat, als spöttelnde Kritik, der sollte
sich doch sagen, datz nichts trauriger ist, als wenn man kein
offenes Ange mehr für die geistigen und künstlerischen Strömun-
gen der eigenen Zeit und des eigenen Volkes hat. IV. V.

— Baupraktikanten. Nach ordnungsmätzig besimrdenen
Staatsprüfung sind die Baukandidaten Richard Drach von
Karlsruhe, Karl Droll von Neckarau und Gcorg Mall von
Donaueschingen unter die Zahl der Baupraktikanten aufgenommen
worden

Aus Ltadt und Land.

Heidelberg, 2l. Jmii.

* Zur Bahnhofsverlegung. Jn der gestrigen Sitzung der
Budgetkommisston der Zweiten Kammer, der Regieruugsvertreter
beiwohnten, wurde (wie wir dnrch Aushang hier noch gestern be-
kannt gemacht haben) einstimmig beschlossen, die I. Rate für
den Neubau eines Bahnhofs in Heidelberg mit
1500000 Mk. und damit diesen Neuban selbst beim Plennm zur
Genehmigung zu beantragen.

-i- Concordin-Konzert. „Nur uicht verschiebenl" ist eine
alte Regel bei Veraiisialtungen, die vom Werter abhängig sind,
deuu es ckommt selteu eiu besserer Tag nach. Dieses Lekt-
motiv hütte dic Concordia auch beachren sollen, denn beide
Abende, die zuerst für das Schlotzkouzerr angesetzt wa-
reu, wären güustigcr gewesen, wie der gcstrige. Aber den-
uoch waren Garteu uud Hallen der Schlotzrestauratiou vou
Mäimlein uud Wcibleiu iu überaus starkem Maße besetzt.
Stellten natürlich die Mitglieder das Hauptkontiugeut der an-
dächtig Lauschendcu, so waren doch auch Nichtmitglieder trotz
trübcn Himmcls in angemessener Zahl herbeigecilt, das Ge-
boteue zu gciiietzen. Und es war aber auch eiu Geuuß, den
prächtigen Chüren der wohlgeschulten Concordta uuter dcr
Leituug ihres' Dirigenten Musikdirektor Manu zuzuhören. Stets
warcu dic a capella-Chöre, deren gestcru -er Vercin sechs miter
lcbhaftem Beksall saug, die Hauptstücke dieses rührigen Män-
uergesangvereins und sie sind auch nach ihrer gestrigen Wie-
dergabe eine anerkennenswerte Leistung gewescn. Als Or-
cheslcr wrrkte — ein grohes Opfer für den festgebenden Ver-
ein — die gesamte Kapelle des 1. bad. Leibgren.-Reg. Nr. 109
aus Lkarlsruhe mitcr Böttges Leitung mit, die mit ihreu schöii-
ncu Jnstrumenten und dcn bekamiteu Fiuesseu Börhgescher
Spielweise ihre Wirkuug selbstversrüiidlich uicht verfehlte. Um
Mitternacht zog man iu beftcr Stimmuug mit Lampions hinter
der Musik, die eiueu hübschen Marseh spielte, uach dem Bremeu-
eck, mn dori Schluh zu machen.

X Koschat-Konzert. DaZ für heute Abeud im Stadtgarten
angesagte Koschat-Konzert findet der migünstigen Witterung
halbcr'im städtischen Saalbau statt, worauf wir hierdurch
aufmerksam machen möchten.

-r- Damcnknrsus. Der Damenverein für Nationalfteuo-
graphie eröffnet zum dritteumale in diesem Jahre eiuen Nach-
mittagskursus' für solche Damen und Mädchen, die sich an spät
abends stattfindcnden Kurseu nicht beteiligcn mögen. (Siehe
Anzeigen.)

Rudersport. Am Montag, den 23. Juni, uachmittags
6,30 Uhr wird zwischen Neuenheim College und dem Heidel-
bcrger Ruderllub, wie alljährlich, ein frei vereinbartes Ren-
nen im Vterer zum Austrag gebrachi. Das Rcnnen geht über
1000 Meter stromaufwärts, Start unterhalb der neuen Brücke,
Ziel beim Kilometerstcin, nahe der Dreikönigstraße.

j- Postalisches. Die Frist für den Umtausch der im
Reichs-Postgebiet »ud in Württemberg bis Ende März dieses
Jahres güüig gewesenen P o st w e r t z e i ch e n gegen neue
Poftwertzeichen mit der Jnschrift „Deutsches Reich" ist bis
Ende Dezember 1902 verlängert worden. Soweit noch Sen-
dungen mit alten Postwertzeichen vorkommen, werden sie von
den Postanstalten Lis zum Ablaufe der Umtauschfrist nicht in
der Beförderung aufgehalten mid auch nicht mit Nachtaxe
belegt werden. .

-i- Polizcibericht. Ein Hansierer und ein Sckileifer wur-
den wegen Diebstahls verhaftet. Wegen Unfugs kamen sechs
Personen zur Anzeige. ^ ^

Udl. Eppingen, 20. Juni. (Die Diebin vom
Zigeunerstamm.) Auf die bekannte Weise verubten iM
bcnachbarten Elsenz zwei Zigeunerinnen bei der Witwe Maier
einen grötzeren Diebstahl. Während die eine Tiebm sich mik
der nichts ahnenden Frau unterhwlt, stahl die andere 84
ans dcr Kommode. Nach der bald erfolgten Entdeckung woll-
ten Fabrikarbeiter die beiden Weiber sestnehmen, aber kriegs-
fertig traten ihnen dieselbcn mit Nevolvern und Dolch ent-
gcgen und zwangcn sie zur Umkehr. Erft am Abend gela S
es der Gendarmerie, die ganze Sippe, Manncr und Weibcr
in Oestringen festzunehmen. Von dem Mammon fand man
jedoch fast nichis mehr vor.

Mannheim, 20. Juni. (D i e Neckarauer Ueber-
fallsaffaire vor dem S ch ö f f e n g e r ich t.) Da-
hiesige Schöffengericht hatte sich gestern in öMündiger Vcr-
handlung mit dem angeblichen am 22. Januar m Neckarau
bei Herrn Ratschreiber Wahl verübten Raub- und Mordan-
fall. durch den die Bewohner in grotzen Schrecken versetzt wor-
den waren. zu beschäftigen. Das Vorkommms durfte na»)
seinen damaligen Schilderungen noch genugend betannt sen -
Darnach befand sich die Tochter Wahls. Johanna, zetzt ocm
heiratet mit Kaufmann Kaspar Munz, s. Zt. allem zu Hause-
Sie ivar noch so mutig und kouragiert, den als Frau vei>
kleideten Eindringling, der cin geschwärztes Gesicht hatte um
mit einem Tuch vermummt war, mit eincm Rcvolver entgegen-
zutreten, auf ihn zu schietzen, sodatz er die Flucht zum Fenster
hinaus über den Hof und den Garten ergriff. Ferner wurden
Zettel gefundcn in der Behausung Wahls, in denen von Dro-
hungen und allerhand Nachstellungen die Rede war. Trotz der
Thätigkeit der Polizei, die tage- und nächtelang auf das Wah>^
sche Haus ihr wachsames Auge hatte, konute niemaud ausfindP
gemacht werden, der m Betracht tömmeu kounte, den Raiw-
anfall verübt zu haben. Sogar die früheren Bewerber der
Wahl wurden auf die Polizei geladen und ausgeforscht, d"
man einen Racheakt vermutete. Es war aber alles umsonw
trotzdem fortgesetzt Zettelchen mit Drohungen und Schmam
worten in der Behausung Wahls niedergelegt wurden, sra>n
man vor einem unlösbaren Rätsel. Jrgend welche >2pure
von Personen, welche diese Drohzcttel hätten niederlegen rom
nen, fand man nicht. Die Bevolkerung wiirde dadurch iww
mehr in Unruhe versetzt, sodatz stch fast Niemand mehr gc"
traute. die Thüren unverschlossen und unverriegelt zu lasse-^
Dte in der Wahlschen Behausuug niedergelegteu Zettel ware'
von derselben Haud wie die früheren geschrieben, ihr Versasse
mutzte somit mit der Persou, welche seinerzeit den Raubaiisa
ausgeführt hatte, identisch sein. Der Verdacht der PolA
bewegte sich nun in anderer Richtung. Es wurden von
Johanna Wahl gcschriebene Briefe und Postkarten durch oe
Schriftsachverstündigen, Herrn Dr. Meuser, geprufü ^wi
Prüfungen führten zu dem Resultat, dah Johanna Walu
Thäterin in Betracht kam. Sie gestand denn auch aus o
Polizei schlietzlich ein. die Zettel geschrieben und den Rauva-
fall erdacht zu haben. Nach diesem Ergebnis erhob die Gro^
Staatsanwaltschaft Anklage wegen Uebertretung des groo
Unfngsparagraphen .sowie wegen unerlaubten Schwöe"S-
den nächsten Tagen widerrief Fräulein Wahl ihr Geftand'
und blieb bei ihren früheren Angaben, zetzt behauptete sre
gar, die Polizeikommissäre hätten sie zu einem Gestandms
zwungen. Die gestrige Berhandlung vor^ dem Schofsenger ,
war um 8 Uhr angesetzt. Fräulein Wahl ließ sich entschuldige
mit der Angabe, sie sei am Abend vorher die Kellerrre^^
hinuntergefallen und könne nicht erscheinen. Das Gerictft r-
nete trotzdem an, sie mit einer Droschke holen zu lassen. rs u
 
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