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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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Preuße».

— Das „Berliner Tageblatt" nieldet: Die Eisen-
bahnverwaltung zog in Erwägung, ob es nicht besser
wäre, an verkehrsreichen Tagen die Bahnsteige für
N i ch t r e i s e n d e zu sperren, weil in der Reisezeit sich
sehr oft eine Neberfüllnng der Bahnhöfe dnrch die An-
gehörigen der Abreisenden bemerkbar mache.

Ausland.

Frankreich.

— Zur Angelegenheit des Generals BonnaI wird
noch folgendes Nähere mitgeteilt: Bonnal hatte eim-n
Vetter namens Delard, Grundbesitzer im Departement
Lot-et-Garonne, welcher ein Vermögen von nahezu einer
halben Million besaß. Delard war verheiratet, harmo-
nierte aber sehr schlecht mit seiner Frau. Dagegen hatte
er eine große Zuneigung zn seinem Vetter, dem damali-
gen Hauptmann Bonnal und er äußerte oft die Absicht,
Bonnal zu seinem Haupterben einzusetzen. Er begann
anch Ende der 70er Jahre bereits rnit der Veräußerung
seiner Güter in der Absicht, Bonnal das Geld zu über-
geben. In dieser Zeit gebar Frau Delard einen Sohn.
Delard unternahm mit Bonnal eine längere Reise, von
welcher er krank zurückkehrte. Wenige Tage daraus b«,
ging er Selbstmord. Dies ereignete sich 1879. Die
Witwe Delards strengte im Namen ihres Sohnes sofort
einen Prozeß gegen Bonnal an und zwar auf Heraus-
gabe von 240 000 Fr. Bonnal behauptete, Delard habe
wohl die Absicht geäußert, ihm einen Teil seines Ver-
mögens anzuvertrauen, er häbe ihm aber thatsächlich
nie etwas gegeben. Nach einer zehnjährigen Dauer des
Prozesses verurteilte das Appellgericht von Agen
Bonnal zur Zahlung von 240000 Frs. und ver-
sügte, daß jedesmal ein Fünftel des Gehaltes Bonnals
eingezogen werde, zur Deckung der Schuld. Jn Wirk-
lichkeit genügte der Abzug jedoch nicht einmal zur Deck-
ung der Zinsen. Nachdem der junge Delard vor zwei
Jahren volljährig geworden ist, macht er selbst Versuchs,
zu dem Gelö zu kommen. Er bedrohte Bonnal und
wandte sich schließlich an den Kriegsminister. Mit der
Maßregelung Bonnals hat Delard matcriell wenig ge-
wonnen. General Bonnal wird durch die Stellung zur
Disposition auf ein Drittel seines Gehalts zurückgesetzt
und der Abzug zu Gunsten Delards verringert sich dem-
nach entsprechend.

Spanien.

Madrid, 19. Juni. Tie amtlich festgestellten
Zahlen für die K o n g r e g a t i o n e n sind: Bestehende
Kongregationen: 3116 mit 60 933 Mitgliedern: ein-
geschriebene 2611, nicht eingeschriebene 364, nebst 180
angeblich im Konkordat begriffene. Eine Kongrega-
tion weigerte sich entschieden, sich einzuschreiben. Obige
Ziffern stammen vom statistischen Jnstitnt, sie sind sehr
unvollständig, aber trotzdem lehrreich.

Afrika.

— Die ursprüngliche Stärke der B u-
ren zu Ansang des Krieges schätzt ein englisches Blatt
auf 80 000 Mann und zwar giebt es die folgende Auf-
stellung: Zuflnchts- und Gefangenenlager 42 000,
tot, verwundet und krank 11 000, gefangen während
Lord Kitcheners Dienstperiode 9000, kapituliert 18 000,
insgesamt 80 000.

— tleber die V e r s ch w ö r u n g in Pretoria
bringt niin auch die Londoner „Pall Mall Gazette"
„neues" Material. Die Verschwörung, heißt es da, war
weit schwerwiegender Art, als man nach den Berichten,
die der Zensor zuerst durchgelassen hatte, annehmen
konnte. Nur aus Privatbriefen, die dem wachsamen
Auge des Beamten entschlüpften, könnte man sich ein un-
gefähres Bild von dem Vorgange zusammenstellen. Der
Plan ging darauf hinaus, Lord Milner und Lord Mt-
chener in der Residenz des letzteren zu si'niorden und
Zwar war in Aussicht genommen, das betreffende Haus
durch Dynamit in die Luft zu sprengen. Deu Behörden
sind 46 Personen bekannt, doch ist es höchst wahrscheinlich,
daß die Zahl weit größer, ja, daß fast alle bekannten, zur
damaligen Zeit in oder um Pretoria ansässigen Burg.
hers in die Verschwörung verwickelt waren. Als der
Plan entdeckt wurde, stellte es sich heraus, daß man zu
dem Quartier Lord Kitcheners einen Tunnel gegraben
hatte, in den Dynamit geschmuggelt worden war. Man

„Ohne Zweifel," nickte Gruber. „Am Ende ift der Bursche
doch noch hier im Hause verborgeis und hat sein Versteck nur
ganz besonders schlau ausgewählt. Wir haben lange nicht
gründlich genug überall nachgesehen. Besonders drunten im
Keller —"

„Jm Keller? Der ist gauz leer, dic Wände sind kahl und
fast ohne Winkel. Wo sollte er sich da haben verstecken können."

„Nun, ich weiß doch nicht. Es liegt dort allerlei Gerümpel,
halbverfaulte Balken, Ziegelsteinbrocken und Strohwische um-
her. Vielleicht hat er ein Loch in die Erde gegraben und das
Gerümpel ist, um das ausgegrabene Loch zu verdecken, ab-
fichtlich Lort aufgehäuft worden."

„Nun, wir können ja noch einmal drunten nachsehen,"
sagte der Kommandant. „Ganz unmöglich wäre so was ja
nicht, kann aber doch nicht recht d'ran glauben."

Die beiden begaben sich nun abermals in Lsn Keller, und der
Kommandant stbcherte mit Lem aufgsstrckten Bajonett zwischen
dem Gerümpel umher, während Gruber die ziemlich dicht anf-
einanderliegenden Balkenreste auseinanderzerrte und abseits
fchob. Plötzlich bückte er sich nieder und fatzte einen Gegen-
stand, den er aus dem Stroh hatte hervorschimmern sehen.
Es war ein ziemlich grötzes Iagdmssser mit Hirschhornariff
und breiter Klinge, oie über und über mit Blut bedeckt war.

„O, da sehen Sie einmal," rief Gruber, dem Komman-
danten den Fund vor die Augen haltend.

„Teufel noch einmal," rief der Kommandant bestürzt.
Wie kommt das blutige Messer da in den Keller? Es wird
doch nicht — heiliger Himmel, da ist ein Mord begangen und
das Opfer hier unter dem Schutt eingescharrt worden."

Und so war es in der That. Als die Männer sich wieder
ieinigermatzen von der ersten Bestürzung erholt und weiter
unter dem Geriimpel nachsuchten, fanden sie auch noch eine
Schaufel, die halb mit lockerer Erde zugedeckt war. Hier war,
wie man nun deutlich sah, die Erde erst vor Knrzem frisch
aufgegraben und dann wieder fest zugestampft worden. Hastig
gingen nun die Männer an die Arbeit, und ein paar Minuten
später konnten sie auch' schon den Leichnam des Ermordeten
aus dem engen Grabe, in das ihn sein Mörder gepretzt,
herausheben. Schaudernd wandten sich die beiden, nachdeni
sie einen Blick aus das verzerrte und mit Blut befleckte Ant-
litz geworfen, ab.

war bereits bis auf zehn Meter zu dem Haus vorge-
drungeii und iu der That war es die höchste Zeit, daß
der Anschlag aufgedeckt wurde. Die Verhastungen ge-
schahen mit der größten Umsicht und Vorsicht, äber deu-
noch glückte es vielen, sich dem Arme der Gerechtigkeit
zu entziehen. Audere wurden später verhaftet, doch
der größte Teil der Leute hatte Wind bekommen uud
sich zur rechten Zeit aus dem Staube gemacht.

Aus Stadt und Land.

-r- Mannheim, 19. Juni. (D i e k u n st- u n d kultur-
geschichtliche Ausstellung aus der Zeit des
Kurfürsten Karl Theodor), welche der Mannheimer
Altertumsverein in der früheren Schulkirche, 1 1, in Manu-
heim veranstaltet hat, findet Sonntag, dcn 22. Juni ihr Ende.
Sie ist an diesem Tage von vormittags 10 Uhr bis abends
7 Uhr geöffnet, worauf wir alle Jnteressenten, welche diese,
nach dem Ürteile aller Besucher sehr reichhaltige, sehenswerte
Ausstellung noch nicht besucht haben, aufmerksam machen. Der
Eintrittspreis beträgt 60 Pfg. Die Großh. und Erbgrotzh.
Herrschaften von Baden, welche der Eröffnung am 6. Juni bei-
wohnten, Prinz Ludwig von Bayern, Prinz Max von Baden,
welche die Ausstellung anlätzlich der Mamcheimcr Festtage
ebeufalls mit ihrem Besuche beehrten, haben sich über das in
der Ausstellung Gebotene sehr anerkennend ausgesprochcn. Die
Ausstellnug giebt mit ihren Gemälden, Skulpturen, Möbeln,
Kostümcn, kirchlichen Gegenständen, Hausgeräten, Porzellanen,
Schmucksachen n. s. w. ein lebendiges und anschauliches Kul-
turbild aus der zweiten Hälfte des 18. Jährhunderts und von
der Blüte Maimhcims und dcr Pfalz nuter der Regieruug
Karl Theodors. Sie umfatzt nach dem Ausstellungsführer 19
Abteilungen, darunter 10 Kabinette und 2 Nebenräume.

? Neckarbischofslieim, 19. Juni. (D e r Schaden), den
der kürzlich gemeldete Wolkenbruch hicr und iu der Umgegend
verursacht hat, läßt sich erst jetzt richtig übersehen und mutz
leider konstatiert wcrden, datz derselbe kein geringer ist. Die
Wiesenthäler sind durch die starken Wassermassen so mit
Schlamm und Geröll üüerzogen worden, datz der erste Schnitt
bedeutend minderwertig sein wird. Von vielen Aeckern ist die
Bauerde, also der beste und wichtigste Teil des Ackers, mit
fortgerissen worden, sodatz auf viele Jahre hinaus das Erträg-
nis ein viel geringeres sein wird. Wenn man auch gegen alle
Zufälligkeiten sich uicht schützen kami und man nameutlich den
Müllern nicht leicht einen Vorwurf machen kann, weil sie ihre
Stauwehren nicht gezogen hatten, — die Wassermassen kamen
zu rasch und autzerdem war es mitten in der Nacht — so
sollte mit allem Ernste daran gegangcn werden, die
thatsächlich vorhandenen Mängel an unseren Bachbetten und
Mühlen zu beseitigen, um solchen Vorkommnissen, die hier
schon öfter da waren, abzuhelfen. Jetzt ist die geeignete Zeit
dazu.

8dl Pforzheim, 20. Juni. (L e i ch e n f n n d.) Heute
Morgen Uhr wurde am Rechen des Mühlkanals in der
Zerrenerstratze die Leiche des 66jährigen verheirateten Federn-
putzers Ludwig Kistner geländet. Ob Selbstmord oder Un-
glücksfall vorliegt, konnte noch nicht konstatiert werden, doch
glaubt man das erstere.

8O Karlsruhe, 19. Juni. (E r n t e a u s s i ch t e n.)
Die natzkalte Witterung während des Monats Mai hat seiner-
zeit zu den schlimmsten Befürchtungen Veranlassung gegeben.
Glücklicherweise haben sich die Benachteiligungen als nicht so
schlimm herausgestellt, wie angesichts des denkbar ungünstig-
sten Wetters wohl befürchtet werden mutzte. Am meisten war
man tvegen der Entivicklung der Rebcn und der Fruchtansätze
der Obstbäume in Sorge. Wer heute durch die schönen Reb-
aulagen und Obstpflanzungen des Oberlandes wandert, kann
leicht erkennen, daß die Maifröste in manchen Lagen an Reben
und Obstbäumcn Schaden verursacht haben, datz derselbe
glücklicherweise aber lange nicht den gehegten Befiirchtungen
entspricht. Die Reben sind, mit wenigen Ausnahmen, mit
vielen und kräftig entwickelten Scheinen behangen, auch sind
diese bis jetzt nicht von Rebkrankheiten bedroht. Sie brauchen
jetzt nur länger andaucrnde Wärme, damit die Blütezeit gut
vcrläuft, und da die erfrorenen Ruthen neu kräftig getrieben
haben und mit zählreichen Samen behangen sind, so lätzt sich
unter normalem Entwicklungsverlauf noch immer ein befrie-
digendes Ergebnis erwarten. Was die verschiedenen Obstsor-
ten anbelangt, so ist die diesjährige ausnahmsweise sehr reiche
Apfelblüte dnrch die Külte am wenigsten geschädigt worden,
so daß ein ganz reicher Ertrag an Aepfeln zu erwarten steht.
Dagegen sind die Fruchtansätze an Birnbäumen, namentlich
an Spalierpflanzungen vielfach abgefallen, so datz in manchen
Gegenden der Ertrag an Birnen dieses Jahr gering ausfallen
wird. Das Steinobst ist in manchen Lagcn des Oberlcmdes
nicht wesentlich geschädtgt worden, besonders gibt ss Kirschen
und da und dort auch Zwetschgen in sehr befriedigender Menge,

Kleine Zeitung.

— Landan, 18. Juni. Die Erbauung von

„Das muß er sein," stietz der Kommandant aufgeregt
yervor. „Jch will hinauf und dem Hornegger sagen, datz sie
herunterkommen und auch gleich den Berger Sepp mit herun-
terbringen sollen."

Er eilte dabon, kehrte aber gleich daranf wieder, gefolgt
von den übrigen, die den sich sträubenden Gefangenen gewalt-
sam schleppten, in den Keller zurück.

„Das is der Unglücksmensch, der Hauser," rief Franzl
erschüttert, als er einen Blick auf den blutüberströmten Leich-
nam des Ermordeten geworfcn. „Wer — wer hat das auf'm
G'wissen?"

„Wer das auf dem Gewissen hat?" rief der Kommandant
mit starker Siimme. „Wer anders, als der elende Kcrl da,
der Berger Sepp!"

„Er hat's net anders verdient," schrie der Gefangene,
dessen Glieder wie von Fieberschauern gcschüttclt hin und her
flogcn. „Jch hab' mich nur um mein Leb'n g'wehrt, hab's in
der Notwehr gethan, weil er mich hinterrucks hat erschietzcn
woll'n."

„Der Hauser dich?" rief ungläubig der Kommandant.
„Und aus welchem Grunde denn? Hast du seine Bekanntschaft
nicht in der Strafanstalt gemachr? Hätte er dich vielleicht
aufgesucht, wenn du nicht mit ihm befreundet gewesen wärest?"

„Mit der Freundschaft is's so weit net herg'wesen," stam-
melte der Gesangene. „Wahr is's ja, seine Bekanntschaft hab'
ich in der Strafanstalt g'macht, und am selbigen Tag, wie ich
herauskommen bin, is auch er entlassen word'n. Wix hab'n
uns nachher eine Zeitlang in der Münchnerstadt herum'trieben,
bis unser crspart's Geld zu End' 'gangen is. D'rauf bin ich
fort in »leine Heimat, und weil der Hauser net g'wutzt hat,
Ivo aus und wo an, so is er mit mir. Unterwegs schon hat er
allerhand Red'n 'than, die mir gar net recht 'patzt hab'n.
„Viellcicht krieg' ich doch wo eine Anstellung," hat er g'sagt,
„aber hart wird's freilich geh'n. Geht's aber net im guten,
nachher geht's im bösenl Geld mutz wieder in meine Tasch'n
und wenn ich ein' niederbrennen und ausraub'n müht'."
Gut, wie wir gestern nach Kochel 'kommen sind, hab'n wir uns
getrennt. Der Hauser is in Kochel 'blieben, ich aber bin auf
der Stell' heim, hab' mich eine 'Zeitlang daheim aufg'halten
nnd bin nachher hinüber ins Postwirtshaus. No, da hab'
ich alte Bekannte 'troffen und d'rum is der Tag schon fchier da-

K l e i ii w o h n ii n g e n s e i t e n s der Stadt solt
nun verwirklicht werden. Der Vorschlag des Bürger-
meisters geht dahin, mit einem Kapital von 130 000
Mark Wohnhäuser mit Zwei- und Dreizimmer-Wohnun-
gen zn errichten. Zn jedem Hause sollen etwa 250
Quadratmeter einschließlich Vorgarten nnd Hos in Aus-
sicht genommen werden. Die Anwärter können Eigen-
tümer werden durch Entrichtung eines Jahresbeitrags
von 6 Prozent (4 Prozent Zins, 2 Prozent Amorti-
sation). Zunächst wird der Bau von 14 kleinen Wohn-
häusern geplant. Diese sind zweistöckig und sämtlich
unterkellert. Der Prsis für die Häuser mit Zweizimmer-
wohnungen schwankt zwischen 9700 nnd 10 500 Mark.
Die Häuser nnt Dreiziinmer-Wohnungen kommen aus
12 600 Mark, die Eckbauten auf 13 600 Mark. Bei die-
sen Summen sind sämttiche Unkosten (Trottoir, Gas- und
Wasserleitnng und dergleichen) mit Ausnahme der Akten-
kosten mit eingeschlossen. Bis jetzt ist der Bau von sechs
Häusern gesichert.

— Ailgsbnrg, 16. Jnni. (A n f dem Grabe
des Raubmörders Kneißl) steht jetzt dessen
Name auf einem Kreuz mit den Worten: „Betet sürsihn."

—- Bcrlin, 18. Juni. (Hickel nnd M arte n),
die Freigesprochenen im Gumbinner Mordprozeß, waren
im Wachsbild seit längerer Zeit im Passage-P a n o P -
tikum ileben dem erschossenen Rittmeister von Krosigk
zu sehen. Nnn haben sie durch ihre Verteidiger dis
Leitung des Panoptikums um Entfernung ihrer Bild-
nisse ersncht. Dieser berechtigte Wunsch ist sogleich er-
füllt worden nnd man sieht jetzt nur noch das Wachsbild
'des Hsrrn von Krosigk im Panoptiknm.

— Brnunschweig, 14. Jnni. (Schwindel-
hafte S ch a u st e l l u n g e n.) Auf dem Schützen-
platze sind durch dis Polizei zwei Schaubuden geschlossen
worden, da die darin gezeigten Schanstellungen ofsen-
sichtlich aus Schwindel beruhten. Jn der einen Bnde
war das „Mädchen mit zwei Köpsen" zn sehen nnd wenn
sich jeder Gebildete ohne Weiteres sagte, daß das nur
auf einer groben Täuschung bcruhen könne, so fiel doch
mancher von der die Bude umstehenden weniger kritisch
veranlagten Menge aus das „Naturwunder" hinein.
Die Schanstellung bestand darin, daß zwei Mädchen hin-
tereinander standen und durch gewisse Manipulationeir
die Jllusion erweckt wurde, als habe man nur einen
Rumpf mit zwei Köpfen vor sich. Bei der zweiten
„Sehenswürdigkeit", die in der bekannten Jllnsion des
Mädchens ohne Unterkörper bestand, handelte es sich
außerdem uin eine grausame Kinderquälerei. Der Be-
sitzer, der Schausteller Haupt aus Halberstadt, stsckt
nämlich zur Erzielung dieser „Jllusion" sein vierjährt«
ges Töchterchen in einen eigens dazu konstruiertchr
Kasten, nnd in diesem mußte das unglückliche Wesesi
vom Morgen bis zum Abend ausrecht stehen nnd das
Mädchen ohne Unterkörper markieren. Wenn es einmal
dringend der Rnhe bedars, so kann es sich nur in denr
Kasten selbst für kurze Zeit ausstrecken. Es bedars
wohl kaum der Erwähnung. daß das arme Kind bei die-
ser Lebensweise nicht nur körperlich leidet, sondern anH
geistig vollständig verkümmern niuß, und thatsächliÄ
ist es auch so verschüchtert, daß es gestern, als es aus
seinem Gefängnisse befreit worden war, sofort ängstliÄ
davonlief.

-— Excellenz und König. Vor kurzem ging dnrÄ
die Zeitungen die Notiz, der Kaiser habe auf dst
Anrede „Excellenz" erwidert: „Excellenz war ich nie, iÄ
bin vom Generalmajor sosort König geworden." Das er-
innert an ein ähnliches Vorkommnis, das vor JahreN
bei der Hoftafel in Friedrichshafen vor sich ging. EiU
höherer Beamter, der sich kurz vorher mit Excellenz voU
Mittnacht unterhalten hatte, redete, von König K a r t
angesprochen, diesen mehrfach mit Excellenz cmi daraUl
sagte der König: „Sie erweisen mir eine ganz besondeiH
Ehre, daß Sie mich immer als Excellenz ansprechen!
das Prädikat Excellenz (leichte Verbeugnng an deU
nebenstehenden Ministerpräsidenten von Mittnacht) wiro
nur durch eigenes besonderes Verdienst erworben."

— London, 18. Juni. Ein etwas vereinzelt da-
stehender Vorfall ereignete sich am Mittwoch Morgen iu
den Sunderland Docks. Ein mit 20 Wagen bespannter'
Eisenbahnzng hatte kaum die Schwebebrücke befahreU,
als diese plötzlich sich zu drehen begann, um dem Darw
pfer „Alma" die Durchfahrt zu verstatten. Der Zug^

herkommen, wie ich daheim tvieder bei meiner Hausthür' 'nclU

bin. Und wen hab' ich La sitzen seh'n, in meiner Stnh'n? De"
Hauser, No, ich hab' kein' klein' Schreck kriegt d'rüber, de>u.
der Mensch hat ausg'schaut wie a Leich' und is auf und a»'
voller Bkut g'wesen. „Teufel," sag ich, „was hast 'triebe'l
wie siehst du aus?" „Mit mir is's g'fehlt," hat er d'raw
geantwort'. „Mei' rechte Hand is hin, ich kann's nimnU
brauch'n meiner Lebtag'. Jch hab' dem TeufelsforstmepU,
von Walchensee seine GolLfüchseln abnehmen woll'n und ha^
ihm auf'patzt net weit von Urfeld. Zweimal hab' ich auf
g'schoss'n, uno es wär' auch alles gut abg'laufen, wenn nei
HLllteusel im letzten Augenblick so ein' Jagerhund daherg'fM .j
hätt'. Der Kerl mutz Aug'n g'habt hab'n wie a Luchs, so>R
wär's net möglich g'wesen, datz er mich g'seh'n hätt' driijo
in die finstern Bosch'n (Büsche). G'rad' in dem UugLnbl>7l
wie ich 'raus und über'n Forstmeister her hab' woll'n, hat
g'schnallt. Die crste Kugel is mir beim G'sicht vorbeipfinA'
die ander' aber hat mich g'rad' bei der rechten Hand erwischj
Aus is's g'wesen und vorbeil Da bin ich jetzt, und du mUb
mich verstecken und füttern, Brüderl, bis meine Hand wich,
heil is, oder der Teufel mich mit Extrapost abholt. Schn^
nur kein so G'sicht, denn es hilft dir nixl Denn wenn d' M>
im Stich laßt, stell' ich mich selber bei der Schcmdarmec„
nachher wirst schon hör'n, was ich bei G'richt alles verzad I
Daß du mich ang'stift' hast zu dem Racheakt, weil du selber (
die Schneid' g'habt hast, dem Forstmsister zu Leib' z'gcb ,
Wie ich das g'hört hab', is's mir ganz siedigheitz aufg'stmS^
im Hirn. „Was," hab' ich geschrieen, „mich willst auch "t K
hineinreiten? Ein' ganz unschuldigen Menschen willst
Unglück bringen!" „Unschuldig'n Menschen?" hat er g'sagt > -
hat g'lacht dazu wie der Teusel. Eme Zeitlang hab'n wir
noch so 'rumg'stritten, z'letzt hab'n wir auch noch auseinau
g'schlag'n, und da seh' ich aus amal, wie der Hauser mst
linken Hand g'rad' sein Büchs' auf mein' Buckel zu dirigj^'
Da hab' ich mich nimmer auskennt vor Wutl „Lump,
ich geschrieen, „an's Leb'n willst mir auch noch? Da --- Ä" s
dös und dösl" Und zug'stochen hab' ich in meiner
fünf a sechsmal, bis der Hauser sich nimmer g'rührt hat
in einer Blutlach'n g'legen is — maustot."

(Schlutz folgt.)
 
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