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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 125-149 (2. Juni 1902 - 30. Juni 1902)
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neuen Bahiihofs defiiiitiv von Karlsruhe abreiseu zu könneu.
;(Heiterkeit.) Man köunte ganz gut uoch bewährte, uupartei-
ische Sachverstäiidige hören, ehe mau die folgcnschivere Ent-
scheidung trifft. Daß Schädiguugen eintreten, sei gauz zweifel-
los. Die hohe Zweite Kammer habe zwar der „bestimmteu
Erwartung" Ausdruck gegeben, datz dies uicht der Fall sein
tverde; doch werden sich die Schädigungen wenig um die „be-
stimmte Erwartung" der Zweiten Kammer kümmern. soudern
naturiiotweudig eiutreteu. Die Karlsruher Stadtverwaltung
hätte euergischer auftreten uud uicht nach dem Grundsatze han-
deln sollen: Haust du mein Verlegungsprojekt, hau' ich dein
Hochlegungsprojekt.

Generaldirekior Eisenlohr erklärt, datz die Geueral-
direktion niemals für die Höherlegung eingetreteu sei.

Oberbaudirektor Wasmer betont, datz die Staats-
techniker die Verleguug für das zweckmätzigste Projekt halten.
Der Umbau wäre ohne Provisorium nicht möglich.

Freiherr v. G ö l e r, Freiherr v. Bodman, Graf Hel m-
statt, Freiherr v. Röder uud Geh. Komm.-Rat Scipio
sprecheu sich für die Verlegung aus. Das Budget wird eiu-
stimmig angenommeu.

LO. Karlsruhe, 27. Juni. (19. Sitzung der
Ersten Kammer.) Mzeprästdent Graf v. Bodman eröffnet
die Sitzung um 4 Uhr.

Den Bericht der Budgetkommission über den Gesetzentwurf
betreffend die Ergänzuug der G e h a l t s o r d n u n g erstattet
Freiherr v. G ö l e r. Die fünf kleinen, nötig gewordeuen Zu-
sätze mit den Aenderungen der Zweiten Kammer werden oyne
Erörterung einstimmig angenommen.

Der Nachtrag zum Budget des Ministeriums des Jnueru
kann nicht ganz fertig gestellt werden, weil die Beratung über
die Errichtung zweier Jrrenanstalten in der Zweiten Kammer
heute Vormittag nicht zu Ende kam. Die übrigen Titcl wer-
den zur Genehmigung empfohlen.

Kommerzienrat Krafft bespricht die Notwendigkeit des
Neubaues eines Amthauses in St. Blasien uud wendet sich gegen
einige Sätze iu der Regierungsbegründung, nach denen es
scheinen könnte, als ob eine dem Redner nahestehende Firma
die Schuld an der eingetretenen Verzögerung der Sache trage.
Redner giebt Aufkläruugen über die Angelegenheit.

Der Kommissionsantrag wird einstimmig angenommen.

Die Zuschüsse für die Kurie sollen ohne Anerkenuung eiuer
Nechtspflicht des Staates geleistet werden.

Wegen des raschen Tempos der Crledigung wareu die Re-
gierungsvertreter zu g. nicht rechtzeitig zur Stelle und es
tvurde deshalb zwischenhinein der nächste Punkt der Tages-
ordnuug beraten: 3. Prüfung der Rechnungen der Grotzh.
Oberrechnungskammer fiir 1899 und 1900. Hierüber üerichtet
Graf v. H e l m st a t t. Die Nichtbeanstandung wird ciu-
stimmig gutgeheitzen.

Schlutz S Ühr. Morgen finden 2 Sitzuugen, morgens und
nachmittags statt, um das Finanzgesetz zu erledigeu.

L.O. Karlsruhe, 27. Juni. (114. Sitzung der
Zweiten Kammer.) Prästdent Gönuer eröffnct die
Sitzung um ^10 Uhr.

Zur Beratung stcht der Nachtrag zum Budget der
Heil- und Pflegeanstalten (Anforderung von
400 000 Mark (1. Rate) zur Errichtung zweier Jrren-

anstalten.E

Berichterstatter W a ck e r (Zentr.) beantragt Geiiehmiguiig
der Anforderung. Jn einem 2i4stündigeu Bortrag verbreitet
sich der Berichrerstarter über die Jrrenpflege, über die für
die ueuen Jrrenanstaltcn in Betracht kömmenden Plätze und
über das Verhältnis der staatlichen Heil- und Pflegeaustalten
zu den Jrreukliniken.

Zunächst wird der ordentliche Etat debattenlos angenom-
men.

Zum außerordentlichen Etat ist folgender Antrag, unter-
zeichnet von den Abgg. Klein, Franz, Schmid (Natlib.),
eingelaufen: Als 1. Rate für die neuen Jrrenanstalten 500 000
Mark einzustellen mit dem Anfügen, datz die Unterländer An-
stalt nicht auf dem Gelände bei Wiesloch, sondern in Adels-
heim zu errichten ist.

Abg. Wittum (Natlib.) leitet seine Ausführungen mit
Liner Variante zu „Preisend mit viel schönen Reden" ein,
die mit den Worten schließen: Graf von Greiff (Abg. von
Wieslochl), Jhr seid der klügste, das Jrrenhaus wird Euer
seinl (Heiterkeit.) Er wisse wohl, datz der Beschlutz der Re-
gierung, die Pforzheimer Anstalt zu verlegen, ein unabäuder-
licher sei; auch wenn er die Beredtsamkeit eines Cicero, Demo-
thenes, Mirabeau oder gar des Kollegen Eichhorn besitzen
würde (grotze Heiterkeit), vermöchte er kaum eine Aenderung
des Beschlusses herbeizuführen. Er wolle sich daher darauf be-
schränken, die Regierung zu ersuchen, datz sie die Stadt Pforz-
heim auf irgend eine Weise entschädigt, etwa durch Ücber-
lassung des Geländes der alten Anstalt um einen billigen
Preis und dadurch, datz sie bei den zuständigen Behörden da-
rauf hinwirkt, datz Pforzheim eine Garnison erhält (Zuruf:
Crefeldl). Nun, er glaube, datz die Tausende von Poliseusen
und Emaileusen cine nicht minder grotze Freude au einer
Garnison haben würden, als die Jungfraueu von Crefeld
j(Heiterkeit).

ALg. Greiff (Natlib.) dankt der Budgetkommission für
die Bevorzugung Wieslochs (Wacker: Davon ist keine Redel)
und rühmt den Platz bei Wiesloch als „geradezu ideal gele-
gen". Er bitte, dem Antrag Klein nicht beizutreteu.

Abg. Klcin (Natlib.) begründet seinen Antrag. Es
liege nicht nur im Jnteresse dcr J-rren, wenn die Unterländer
Anstält nach Adelsheim verlegt wird, man schaffe auch die lln-
zufriedenheit aus der Welt, die sich der Landbevölkerung des
Hinterlandes bemächtigt habe, weil die Gcmeinden trotz grötz-
ten Entgegeukömmcns nichts erreichen.

Abg. Hug (Zentr.) führt aus, datz die Wahl des Platzes
bei Reichenau in vielen Kreisen Kopfschütteln crregt häbe.
Der Platz bei Ueberlingen (St. Leonhard) wäre viel zweck-
mätziger. Reichenau sei mindestens ebenso exzentrisch gelegeu
wie Ueberlingen. Als windig könne die Lage nicht bezeichnet
werden. Dem Bildungsbedürfnis der Kinder der Anstälts-
beamten könne Ueberlingen mit seinen guten Schulen eben-
falls gerecht werden. Redner verweist auf einen Artikel des
„Seeboote", in dem der Platz bei Reichenau als durchaus
ungeeignet bezeichnet wird. Er bitte, die Eutscheidung über
Lie Platzfrage auszusetzen.

Abg. Kriechle (Natlib.) wundert sich üüer den „Gal-
genhumor" Wittums und die Scherze Greiffs; ihm sei es nicht
zum Scherzen, sondern eu halte in vollem Ernste den von der
-Gemeinde Thiengen angebotenen Platz für den besten. ' Der
Minister habe Thieugen selbst auf den Tedanken gebracht, in-
dem er früher einmal Thiengen als ganz geeignet bezeichnete.
Wei der Vesichtigung des Platzes habe man kein Wort gesagt,
datz den Konftanzern bereits eine Zusage gemacht wurde, sonst
hätte er Thiengen keine Hoffnung gemacht. Man habe ab-
ffichtlich stets nur davon gesprochen, datz die Anstalt im „See-
kreis" errichtet werden sollte. Er bedaure, datz man an dem
grotzen Gesichispunkt, eine Anstalt inmitten des Seekreises,
ffn Thiengen zu errichten, nicht festgehalten habe.

Um 1 Uhr wird die Bcratung abgebrochen. Fortsetzung:
uachmittags 5 Uhr.

L.O. Karlsruhe, 27. Juni. (115. Sitzung der

Zweiten Karnmer, NachmittagSsitzung.) Präsident
Gönner eröffnet die Sitzung um V^5 Uhr.

Die Beratung über das Budget der H e i l- uud P f l e g e-
anstalten wird fortgesetzt.

Abg. Gietzler (Zentr.) rühmt die Vorzüge des Platzes
Reichenau, der leichter zu erreichen sei als Ueberlingen uud
Thiengen.

Abg. Hauser (Natlib.) giebt seiuer Befriedigung über
-die Errichtuug einer Jrrenanstalt im Seekreis Ausdruck.

Abg. Wilckens (Ratlib.) spricht dem Berichterstatter
Anerkennung für seinen vortrefflichen Bericht aus und wünscht,
datz die Regierung bei Erstellung der neueu Anstalten ein be-
schleunigtes Tempo anschlägt. Redner ist mit der Wahl der
beideu Plätze einverstanden.

Abg. Eder (Dem.) hat vor dem Bericht Wackers „alle
Hochachtung"; er vermisse nur, daß die Schöuheit des
Schwetziuger Platzes nicht genug gewürdigt wurde. Schwctzin-
gen gehe immer nebenaus, es habe bis jetzt nur 125 Soldaten
und Pferde erhalten (Heiterkeit). Auch Ladenburg sei übel
drau. Es habe sein Amtsgericht und Bezirksamt verloreu.
Die Stadt bleibe ruhig sitzen, wie sie ist (Grotze Heiterkeit).
Die Regierung sollte diese Städte im Auge behalten.

Minister Dr. S ch e n k e l legt die Grundsätze dar, nach
welchen künftig die Jrrenfürsorge gepflegt wird. Die Regie-
ruug beabsichtige, dieselbe mehr und mehr den staatlichen An-
stalten zu überweisen, weun man auch die Kreisanstalteu nicht
ganz abschaffen wolle. Weiter sei in Aussicht genommeu, iu
sämtlichen Anstalten das sogenauute Pavillon-System einzu-
führen und für eine thuulichst rasche Evakuierung der Heilan-
stalten Sorge zu tragen. Endlich sei die Errichtung einer Ner-
ven- und Trinker-Heilanstalt geplant. Die ueuen Heilan-
stalten sollen thunlichst rasch erstellt werden. So dringlich sei
übrigens das Bediirfnis nicht, daß man von einem großeu
Platzmangel sprechen kauu. Jnsbesottdere bestehen auch keine
Wartclisteu. Er bittet das Haus, den Kommissioiisantrag an-
zunehmen und die Anträge Klein und Hug abzulehnen.

Nach einem Schlutzwort des Antragstellers Klern und
des Berichterstatters Wacker und einer persönlichen Bemer-
kuiig des Abg. Hug wird der Antrag Klein mit allen gegen
3 Stimmen (Klein, Schmid, Zehnter) abgelehnt und der Kom-
missionsautrag einstimmig angenommeu.

Die übrigen Positioueu des Budgets werden uicht beau-
standet.

Schlutz der Sitzung 8 Uhr. Morgen: Gesetzeutwurf betref-
feud Feststelluug des Staatshaushaltes.

L. 0. Karlsruhe, 27. Juni. Die Petitionskom-
mission der II. Kammer beantragt, die Petition des
Deutschnationalen Handlungsgehilsenver-
bandes um gesetzgeberische Maßregeln gegen das lleber-
handnehmen der sogenannten Warenhäuser, Ramschbazare
und Konsumvereine und die Gegenpetition der Angestellten
der Warenhausbranche der Regierung zur Kenntnisnahme
zu überweisen und damit die Eingabe des Verbands
selbständigcr Kausleute^nnd Gewerbetreibenden Badens für
erledigt zu erklären.

L. 0. Karlsruhe, 27. Juni. Die Kvmmission
der II. Kammer für Eisenbahnen und Straßen beantragt
deni Gesetzentwurf betr. die Erbauung einer normalspurigen
Nebenbahn von Oberschefflenz nach Billigheim
zuzustimmen. _

Sachsen-Weimar.

Weimar, 27. Juni. Die Komiiiission, welche die
Posener Domänen des Großherzogs verwaltet, erklärt
die Nachrichten über Berkaufsverhandlungen mit
polnischen Güteragenten für unz ut resf end.

Aus der Karlsruher Zeitung.

—- Selne Königliche Hoheit der Grotzherzog haben
den Vorsitzenden des Vorstandes der badisch-landwirtschaftlichen
Berufsgenossenschaft Geh. Oberregierungsrat Edwin Spren-
ger auf sein Ansuchen unter Anerkennung seiner lang-
jährigen und treugeleisteten Dienste in den Ruhestand ver-
setzt, und den Amtsvorstand in Konstanz, Geheimen Regie-
rungsrat Albert Jung zum Vorsitzenden des Vorstandes
der badisch-landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft ernannt.

Karlsruhe, 27. Junt. Die Großherzoglichrn Herr-
schaften begleiteten gestern Abend die Kronprinzessin
vonSchweden undNorwegen bis Oos, von wo bie-
selbe die Reise mit dem Prinzen Max, welcher von Salem
eintraf, bis Karlsruhe forisetzte. Heute erhielten Jhre
Königlichen Hoheiten die Nachricht von der glücklichen An-
kunft der Krouprinzessin in Berlin. Morgen reist Jhre
Königliche Hoheit nach Stettin, wo dieselbe sich znr Fahrt
nach Schweden einschiffen wird. Der Großherzog empfing
heute Mittag den Kaiserlichen Landeshauptmann für das
Schutzgebtet der Marschallinseln, Eugen Brandeis, und
danach den General der Jnfanterie z. D. von Schlichting.
Zur Frühstückstafel war der Minister a. D. Eisenlohr
und Gemahlin, sowie mehrere Staatsbeamte und die
Bürgermeister der Stadt Baden eingeladen.

Aus Stadt und Land.

Heidelb erg, 28. Juni.

X Das Projekt einer direkten Bahn Hcidelberg-Weinheim.

Unserem gestrigen Telegramm aus Karlsruhe über diese An-
gelegenheit sügen wir noch folgenden ausführlichen Vcricht bei:

Jn der Eisenbahnkommission der Zweiten Kammer erstat-
tete Abg. Weygoldt Bericht über die Petitionen betreffend
die Erbauung einer direkten Hauptbahn von Weinheim nach
Heidelberg. Die Petitionen rühren her von der Handelskam-
mer Heidelberg-Eberbach, von den Gemeinderäten der Orte
Weinheim, Lützelsachsen, Großsachsen etc. und Heidelberg, von
156 Jnteressenten, vom Ausschuß des Gemeinnützigen Vereins
Heidelberg, von den Vereinen Alt-Heidelberg und West-Heidel-
berg, welche die Erbauung einer direkten Hauptbahn Weinheim-
Heidelberg verlangen, und von der Handelskammer Mann-
heim, welche sich gegen die angestrebte Linie ausspricht. Am
18. Oktober 1889 wurde einem Konsortium die Konzession
zum Bau und Betrieb einer schmalspurigen Bahn Weinheim-
Heidelberg erteilt. Neuerdings hat dasselbe um die Erlaubnis
nachgesucht, bon Schriesheim nach Heidelberg eine lediglich dem
Güterverkehr dienende Zweiglinie anlegen zu dürfen. Wie
die ersten fünf Petitionen u. a. ausführen, könne die im Jahre
1889 konzessionierte Lokalbahn in keiner Weise als Ersatz an-
gesehen werden. Durch die Zugsrichtung der Main-Neckarbahn
sei einem grotzen Teile der badischen Bergstratze vorenthalten,
was andern weniger bedeutenden Gegenden des Landes zuteil
geworden sei. Die Mannheimer Petition weist darauf hin,
daß nicht Heidelberg, sondern Mannheim geschädigt sei und
bittet eventuell um eine Vollbahn von Bickenbach nach Mann-
heim. Die Regierung kann sich drn Argumenten der Petitio-

nen nicht anschließen und isl deshalb nicht für die Linie Wein-
Heim-Heidelberg. Jn der Kommission wurde einerseits ge-
wünscht, man solle die Petitionen der Regiernng empfehlend
überweisen, in dem Sinne, daß von Heidelüerg nach Weinheim
eine staatliche Vollbahn gebaut werde, die zunächst nur dem
l 0 kalen Verkehr zu dienen hätte, aber geeignet wäre, später
nötigenfalls auch dem Durchgangsverkehr geüffnet zu werden.
Die übrigen Stimmen gingen weiter nnd verlangten ohne Ein-
schränkung, daß die Konzessionierung der Zweiglinie Heidel-
berg-Schriesheim zu unterbleiben habe, zu Gunsten einer 00m
Staat auf dieser Strccke zu erstellenden V 0 llbah 11. Diese
letztere Anschauung erhielt bei der Abstimmung die Mehrheit.
Die Köinmission üeantragt daher empfehlende Ueberweisung in
diesem vorgenannten Sinne nnd die übrigen Petitionen der Re-
gierung zur Kenntnisnahme zu überweisen, sowie damit die
Petition der Handelskammer Maimheim für erledigr zu er-
klären.

-h Kunstvereiii. Ilnter den ausgestellten Uquarellen sind
in erster Linie öie Werke von Fr. Theodor Renkewitz in
Montreux zu nennen. Die Kollektion umfaßt ca. 150 Blatt,
darunter 10 sehr große; sie gehören nicht der neuern Richtung
an, da Herr Renkewitz bereits ein bejahrter Meister genannt
werden darf. Scine Arbeiten, die sich zunächst auf die Schwei-
zer Alpen, auf den Genfer See mit Schloß Chillon, die Glet-
scherwelt des Montblanc und derartige Motive beziehen, sind
vor allcm fein gezeichnet, flott behandelt und bezeugen in Auf-
fassung und Durchführung erstens seine freudige Hingabe an
die Kunst und seine glühende Liebe zur herrlichen Alpenwelt,
zweitens aber auch eminenteii Fleiß und gewandte Technik.
Jm Gegensatze zu dcn Arbeiten von Renkewitz stehen die 15
Aquarelle von Fr. H 0 lde r-Heidelberg. Dieselben vertreten
'die neuere Richtung der Aquarellinalerei in flotter Auffassung
und breiter Ausführung. Die Motive sind zumeist Ansichten
von Handschuhsheim; farbenfrisch und naturwahr, hauptsächlich
in Frühlingsstimmung. Eine Kollektion von 20 Oelgemälden
urid 15 Studien von Walther Wittin g-Dresden, darunter
große Damcnporträts, sind hervorragende Leistungen von
künstlerisch feiner Auffassung und in lebenswahrer Wiedergabe.
Das große Gemälde „Violinspieler", ganze Figur, bezeugr
eine gewandte Technik und sichere Ausführung. Eine Anzahl
Zeichnungen und Skizzen giebt einen Blick in seine vielseitige
Thätigkeit. R 0 t t m a n n-Würzburg stellt eine Anzahl sehr
flott und geschickt ausgeführter Pastell-Porträts aus, welche
nicht berfehlen werden, besonderes Jnteresse zu erregen. Vorn
letzten Sonntag her ist noch die Serie von Steindrucken des
hochbegabten Leipziger K 0 lbe zu sehen und an diesem dürfen
wir sogar Meister Hans Thoma begrühen, von dem eine
kleine, aber tief ergreifende, wundervoll farbige „Kreuzigung"
ansgestellt ist, welche ohne allen Kommentar einen grohen
Eindruck machen wird. Sodann hat dcr Heidelberger Maler
Ernst Idler eine Reihe von Bildnissen gesandt, von denen
an erster Stelle zwei des Herrn Geh. Hofrat Th 0 de zu nen-
nen sind. Beides sind Halbfiguren in Lebensgröße, das eine
streng im Profil, der Blick emporgerichtet und das Ganze in
leuchtend rotem Schimmer strahlend, eine höchst fesselnde Be-
leuchtungsstudie. Das andere ist nahezu im Profil gegeben,
das Kinn auf die eine Hand gestützt, mit dem Ausdruck dec
tiefen Konzentration ernsten Nachdenkens. Das tiefe Ein-
dringen in das Wesen des Dargestellten und die technische Treff-
lichkeit, die sich von äußerlicher Bravour fernhält, gereichen dein
Künstler zur grotzen Ehre. Sonst seien noch hervorgehoben das
Bildnis einer Mutter mit ihrem Töchterchen und das eines
Knaben, beide höchft ansprechend, das letztere besonders sorg-
sam durchgebildet. Jdler ist auf dem Weg, den uus seine
Ausstellung im Winter keimen lernen ließ, in erfrenlichstec
Weise fortgeschritten und wir dürfen uns dessen umso mehc
freuen, als der Künstler unserer Stadt angehört.

Rudcrsport. Ein zwischen Neuenheim College und dec
Akadem. Mannschast der Ruüergesellschaft Heidelberg verein-
bartes Rennen hatte gestern Abend eine zahlreiche Zuschauec-
menge an die Ufer des Neckar gelockt. Da Neuenheim Collegc
durch seinen überlegenen Sieg am letzten Montag bewiesel)
hatte, daß es über die Kilometer-Strecke aufwärts Tüchtige---
zu leisten vermag, sprach man den Deutschen, die nnr strow-
abivärts trainiert hatten, wenig Chancen zu. Und in dee
That fnhr Neuenheim College vom Start ab dem Gegner voc-
um bei den Badeanstalten mit Iffh Längen seinen grötzte)'
Vorsprung zu erreichen. 100 Meter später aber setzten die
Deutschen in gewaltigem Zuge zur letzten KraftanstrengunS
ein und könnten unter grotzem Beifall der Zuschauer noch Mst
Iffff Längen als erste das Ziel passieren. Die Zeit der Siegec
war 4:29^ bei Geqenwind also cr 10 Sekunden schnellet
als am letzten Montag. Leider war die Fahrbahn diesesnlas
falsch abgesteckt worden, so daß die Deutschen in den letzten lO^
Meter einen falschen Kurs fnhren; obwohl sie hiermit foi'R^^
verloren hätten, erklärte das Schiedsgericht in Anbetracht dess^'
daß dieser Umstand dem Steuermann nicht bekannt ff'O
k 0 nnte, das Rennen für unentschieden, worauf sich die
dergesellschaft sofort bereit erklärte, in der nächsten Wvä>
noch einmal zn fahren, so datz jedenfalls ain nächstcn DiensM^
wieder ein sehr interessantes Rennen stattfinden wird.

O Heidelberg, 27. Juni. (S t r a f k a m m e r.)
sitzender: Landgerichtsdirektor Dr. W e st, Vertreter der Grom'
Staatsbehörde: Staatsanwalt Dr. Sebold. Nachdem,)V
Ausläufer Karl Friedr. Mechler von Wiesloch sich unstff^
licher Handlungcn mit einem 14jährigen Mädchen schuldig
macht hatte, wollte er, um sich der Strafe zu entziehen, in V,
Schweiz fliehen und nahm das Kind bis nach Straßburg "1
wo er es bei einer ihm bekannten Dirne unterbrachte, anch'V
lich, um ihm Kleider dort zu besorgen und dann einen Dst'
ihm zu beschaffen. Er steht unter der Anklage der EntfühiOst^
Das Gericht gelangt jedoch zu seiner Freisprechung, da.)^
Kind sich ihm aus Angst freiwillig angeschlossen und er a
List angewandt habe, auch sei ihm nicht nachzuweisen, dag
das Kind der Unzucht hat zuführen wollen. — Die Zigar^ ,,
macher Joh. Glock von Waibstadt und Georg Merkel^
Neidenstein sind beschukdigt, aus der Zigarrenfabrik von
hold im Laufe mehrerer Monate einige Hundert Zigarren 'Vz
genommen, Merkek außerdem auch, einigen Tabak widerreast ^
zurückbehalten zu haben. Glock wird wcgen Diebstahls m
wiederholten Rückfall zu 3 Monaten Gefüngnis und
wegen Diebstahls und Unterschlagung zu 3 Wochen Gefästö,^
verurteilt. Die Anzeige erfolgt durch die Frau des Glock ^
Rache für schlechte Behandlung seitens ihres Mannes.

25 Jahre alte, wegen Betrugs wiederholt schon vorbestcn^
Koch Wilhelm Robert Blum von Euerdorf (Bayern) ^ .,l
stimmte einen Bäckergehilfen hier durch falsche Vorspiegelu' Vs
zweimal zur Hergabe von je 10 Mk. Er erhält wegen
im wiederholten Rücksall 4 Monate Gefängnis, abzüglichV
nat Untersuchungshaft. — Der Gypser Michael SchU' F
und Georg Ewald von Wilhelmsfeld und Josef Röh
Plankstadt gerieten am 4. November in einer hiesigen 1^1,
schaft mit einem Arbeitskollegen aus Mannheim in
die sie auf dem Neubau, wo sie gemeinschastlich besalst.^,,,
waren, fortsctzten, und die dort zu einer Rauferei ausaN
im Verlaufe deren der Mannheimer eine sehr schwere Veric«^,«
am Auge davontrug. Das Schöffengericht verurteilte k ^i-
der Raufbolde zu 10 Tagen Gefängnis, die BerufunS
Obengenannten wird als unbegründet zurückgewiesen. ^iS

X Jn der freireligiösen Gemeinde wird morgen SoM
Vormittag 10 Uhr im Prüstingssaale des Schulhauses
Plöck Herc Prediger Schneider über das Thema sp^
 
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