Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Karo, Georg
Die Schachtgräber von Mykenai (Band 1): Text — München, 1930/​1933

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14445#0205

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3. Waffen

197

unten zu besprechenden Schwertes von Malia. Dagegen kehrt der Typus in Hagia
Triada nicht wieder. Dieser Fund umfaßt drei auch untereinander verschiedene
Dolche (Abb. 89 nach Evans I 195 Abb. 142):

a, d) Oben breit gerundete, mit vier Stiftlöchern versehene, flache Klinge, die
sich sehr rasch verjüngt und in leicht konkavem Umriß schmal und spitz aus-
läuft. — b) Breite, blattförmige, glatte Klinge mit ganz schwach konkavem Um-
riß und dreifach ausgebogenem oberem Abschluß, welcher den drei Heftnägeln
mit breit geschmiedeten Köpfen folgt. — c) b ähnlich, jedoch zeigt das obere Ende
jederseits aufgebogene Ränder zur Befestigung des Heftes, sowie eine jetzt unvoll-
ständige Griffzunge, in der noch ein halbes Nagelloch sichtbar ist. Dieser Typus
(auch bei Evans, Shaft Graves 32 Abb. 19) ist offenbar der jüngste. Evans setzt ihn
schon in den Beginn von MM. II, ebenso einen Dolch gleicher Form, vielleicht aus
der Höhle von Psychrö (I 718 Abb. 541; Bossert Abb. 188 9). Altertümlicher ist
zweifellos Typus a, von dem uns der Palast von Malia ein besonders schönes Bei-
spiel mit vier goldplattierten Nägeln und einem Rest der goldenen Heftverklei-
dung erhalten hat1). Die Klinge trägt flache Mittelrippen wie der Dolch von Cha-
maizi, ihre Form erinnert ebenso an Frühminoisches wie die einfache Verzierung
des Goldbleches am Heft, zu der Armbänder von Mochlos (Seager, a. a. O. 26
Abb. 8, 48 Abb. 20), die nächsten Analogien bieten.

So zeigt der Beginn des II. Jahrtausends auf Kreta schon eine überraschende
Mannigfaltigkeit der Dolchformen. Sie ist um so bemerkenswerter, da Waffen in
minoischen Gräbern überhaupt spärlich vertreten sind. Besonders für die Blüte-
zeit von MM. III bis SM. I fehlt es fast ganz an Vergleichsmaterial: die Nekropole
von Sphungaräs versagt (E. Hall, Sphoungaras 67f.), die von Mavro Spilio bei
Knossos enthält nur in einem offenbar jüngeren Grabe Waffen (E. J. Forsdyke,
BSA. XXVIII 282; vgl. Evans, PrehistoricTombs 105 Abb. 109). Eine sehr schmale,
lange Klinge aus der Höhle von Psychrö, mit gerundeten Mittelrippen, zwei klei-
nen Heftnägeln (ziemlich ~weit vom oberen Ende entfernt), aber ohne Griffzunge,
schreibt Evans (Shaft Graves 35 Abb. 25) dem MM. III zu (vgl. unten S. 205).

Kehren wir zu den Schachtgräbern zurück, so bieten sich uns auch hier meh-
rere klar geschiedene Typen von Dolchen. Ihre Klingen bestehen durchweg aus
zwei dünnen, fest zusammengeschmiedeten Bronzeplatten2).

a) Nr. 217, Taf. LXXII. 927, Taf. XCV. Die blattförmige, oben sehr breite und
voll gerundete, flache Klinge ist in ihrer Gesamtform altertümlicher als Abb. 89b,
sie erinnert an frühminoische Beispiele, wie Evans I 99 Abb. 70 (= Seager, Moch-
los 35 Abb. 12, II 44), vor allem aber an die Tonfiguren von Petsofä (oben S. 196).
Die starken Heftnägel3) tragen jederseits pilzförmige Goldköpfe: ein gleichfalls

Monuments Piot XXVIII 1925, 1 f. Taf. 1; Mallia I 59 Taf. 31; Evans II 272 Abb. 161.
s) Die vereinzelt beim argivischen Heraion und in Zygouries (bei Kleonai) gefundenen älteren Dolchklingen
weisen eine von der unseren abweichende, kykladisch-frühminoische Form auf. Vgl. Biegen, Zygouries 182 Taf. 20;
Evans, Shaft Graves 37.

3) Diese Nägel sind an allen Dolchen und Schwertern massive, rund oder kantig geschmiedete Bronzestäbe,

26 Karo, Schflcbtgriiber
 
Annotationen