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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Sinsheim, Eppingen und Wiesloch (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.1226#0168
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144 KREIS HEIDELBERG

Schildmauer Länge von 29,70 in und einer Dicke von 3,30 m aufragende mächtige alte Schildmauer
(s. Lichtdruck Tafel X), aus lagerhaftem Bruchsteinmauerwerk hergestellt, aber an den
Ecken von Buckelquadern wirkungsvoll umsäumt. Die darin befindliche Schießscharte
erscheint jüngeren Ursprunges, d. h. später aus irgend einem Anlaß eingebrochen worden
zu sein.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese starke Schildmauer, ebenso wie die
schwächere von Stolzeneck (s. Bd. IV Abt. IV S. 189), oben einen Wehrgang trug,
der durch eine innere Treppe zugänglich war. Die auf der Rückseite sichtbare, hoch
gelegene Türöffnung scheint vom anstoßenden Palas aus in das Innere der Mauer gefuhrt
zu haben (jetzt nicht mehr zugänglich und daher nicht festzustellen). Eines Berchfrits
konnte die kleine Feste infolgedessen ebensogut entbehren, wie Stolzeneck und viele
ähnliche Burgen dieser Art. In der Tat sind auch nirgends Reste eines solchen Turmes
innerhalb der Trümmerstätte nachweisbar.

Die beiderseitig anstoßenden Mauerzüge, die ebenso wie die Zingel an der
vierten Seite bis auf die Fundamente abgebrochen und zu den Neubauten im Dorfe
nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen und Orleansschen Krieges verwendet worden
sind (s. Glock S. 9), zogen sich von hier oben zum Dorfe hinab und scheinen im weiteren
Verlauf den Teil des Ortes umschlossen zu haben, der in den Urkunden die »Stadt«
oder oppidum genannt (heute noch das »Städtl« geheißen) und vom Dorfe (villa) stets
unterschieden wird.

Der Bering der ehemaligen Burg läßt sich nach Süden zu nicht mehr genau fest-
stellen, ebensowenig wie der ehemalige Zugang, das Burgtor und das Aussehen der
Wohnbauten. Auch von diesen sind nur noch einige nackte Mauerreste und die gewölbten
Keller vorhanden. Glock, der noch mehr aufrecht stehen sab, verzeichnet und be-
schreibt drei Wohngebäude: 1. einen kleinen, sich im spitzen Winkel an die Schild-
mauer lehnenden, zweigeschossigen Palas; wahrscheinlich der älteste Wohnbau der
Burg (der schöne große Keiler und ein Teil der Nordfront noch erhalten); 2. einen an-
stoßenden zweiten größeren, etwas nach Norden vorspringenden dreigeschossigen Bau
(Kemenate), der bis in die dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts so gut erhalten
war, daß die Zuzenhauser Dorfjugend dort ihre Tanzstunden abhalten konnte (s. Glock
a.a.O. S. 10); auch hier in der Hauptsache nur die Keller erhalten; 3. gesondert
hiervon, weiter südlich, parallel gestellt und ebenfalls, wie der Palas, an die Schildmauer
mit der Schmalseite anstoßend, ein dritter Bau, der Wirtschaftszwecken gedient haben
wird; völlig zerfallen. Von Architekttirteilen, die zur Altersbestimmung der einzelnen
Bauten dienen könnten, ist nichts mehr vorhanden.

Einzig ein Wappenstein, zu dem die Habgier der Plünderer nicht hinaufreichen
konnte, gibt noch einen Anhalt zur Datierung wenigstens der Schildmauer. Dieser befindet
sich hoch oben an der Nordostecke der letzteren und soll (nach Glock) das
Sickingensche Wappen zeigen. Damit wäre das Vorhandensein dieses Teiles um
das Jahr 1397, in dem Heinrich von Sickingen mit der Burg belehnt erscheint, festgestellt,
leider läßt sich aber infolge zu starker Verwitterung das Schildzeichen heute nicht mehr
mit Sicherheit feststellen. Mir scheint die ganze Anlage mindestens 100 Jahre älter zu
sein. Die jüngeren Wohnbauten Nr. 2 und 3 mögen erst von Hans von Venningen
(gestorben 1492) errichtet worden sein, der infolge seiner Baulust mit den Dorfbewohnern
wegen Frondienstes in einen vierzigjährigen Prozeß verwickelt worden ist.
 
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