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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Rosenhagen, Hans: Die grosse Berliner Kunstausstellung 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0484

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-^sö> DIE GROSSE BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG 1906 <ö=^-

die das verwaiste Kindlein mütterlich an ihre Brust bene Schießscheibenbild »Taube und Falke« und
drückt, bei aller guten Malerei doch das Psycholo- das auf dem Plakat der Ausstellung wiedergegebene
gische im Vordergrund stehen — in seinem großen lebensgroße Bildnis Daniel Chodowieckis vertreten,
Bilde »Julia Capulet«, die, vom Schlaftrünke über- das wie ein Porträt der Zeit anmutet und unerhört
wältigt, von Blumen umgeben, auf ihrem Lager ruht, lebendig wirkt. Uhde wird durch den »Weg nach
offenbart sich ein glänzender Kolorist. Diese Sym- Bethlehem«, die Studie eines kleinen Mädchens »Im
phonie von einem blauen Grün und einem gelben Vorzimmer« und das große Bild »Lasset die Kind-
Rot ist über alle Begriffe schön und des größten lein zu mir kommen« ganz ausgezeichnet repräsen-
Meisters würdig. Welch ein wundervolles Talent tiert, während Liebermann's kleine »Schweinefütte-
ward hier durch den Kunsthandel zerstört! Auch rung« von dem Umfang der Begabung des Berliner
Hans Makart kommt hier sehr gut zur Geltung. Meisters nur eine sehr dürftige Vorstellung gibt.
Sein Bild der »Wolter als Messalina« hat zwar Stil Dagegen ist Knaus wieder ergiebiger vertreten als
und Größe; als Malerei aber und als schöne Farbe man in seinem Interesse wünschen möchte. Den
dürften das Bild einer Wiener Schönheit in purpur- besten Begriff von seinem Talent geben einige Por-
farbenem Renaissancekostüm und die auf Eidechsen- träts. BöCklin's große Kunst offenbart sich in
grün gestimmte »Falkenjägerin« höher zu stellen seiner prachtvollen »Römischen Landschaft« ent-
sein. Von Wilh. Leibl — um die Piloty-Schüler schieden besser als in dem nicht ganz einwands-
zusammen zu nennen — sieht man, außer vielen un- freien »Cimbernkampf«. Von Dreber sieht man ein
bedeutenderen Leistungen, das Manethafte Bildnis paar sehr schöne Schöpfungen, und auch der tagebuch-
einer jungen Dame aus dem Besitze seines Schülers führende Rud. Schick fehlt nicht. Von Feuerbach
Dr. Schider und das vor kurzem hier erwähnte findet man ein farbenprächtiges »Kinderständchen«,
Holbeinartige Bildnis des Malers Ed. Fischer. Von ein Bild der »Nanna«, das mehr eine Nackenstudie
den vorhandenen Schöpfungen Lenbach's verdienen ist, und ein ziemlich flaues großes Bild, daseineUnheil
das großzügige Bildnis von Helmholtz und die lieber- brütende Medea darzustellen scheint. Thomas »Bild-
tragung des Rembrandtschen Saskia-Porträts auf ein nis von Martin Greif« würde in der National-Galerie
in Renaissancetracht gemaltes Frl. v. Wertheimstein einen interessanten Vergleich mit dem gleichen Porträt
hervorgehoben zu werden. Adolf Menzel ist u. a. von Trübners Hand ermöglicht haben. Karl Buch-
durch das köstliche, hier vor einiger Zeit beschrie- holz hat wieder zahlreiche Bilder hier. Sein 1875

gemaltes »Aufkommendes Ge-
witter« Übertrifftalles, was man
bisher von ihm gesehen. Diese
wundervolle Luft, dieses selt-
sam fahle Licht auf der Land-
straße! Man merkt hier auch an
den trefflichen tiefgestimmten
frühen Landschaften von Paul
Baum und A. Böhm, welchen
Ansehens er sich bei den Künst-
lern in Weimar erfreut haben
muß. Vielleicht darf man bei
dieserGelegenheitdem falschen
Gerücht entgegentreten, daß
dieser begabte Maler aus Man-
gel an Brot und Anerkennung
in den Tod gegangen ist. Es
hat ihm weder diese noch jenes
gefehlt. Er verließ das Leben
eines unheilbaren Leidens we-
gen. Man sieht auch erfreu-
licherweise von vielen Berlinern
gute Werke, so von Bracht das
großempfundene »Hannibals
Grab«, von Hoguetein schönes
Stilleben, von Max Michael
seine prächtige, von Modellen
belebte »Römische Kirchen-
treppe«, von Skarbina die
warm und tiefgestimmte »Fisch-
auktion«, von Paul Souchay
das glänzende Porträt seines
Vaters, des Weinhändlers, und
von Hugo Vogel, der gegen-
über seinen überaus schwachen
Leistungen in dem modernen
Teil der Ausstellung eine Re-
habilitation ungemein nötig hat,
ein frühes ausgezeichnetes Bild-
nis seiner Mutter. Mit teilweise
anerkennenswerten Bildnissen
sind auch Ed. Magnus, Ferd.
Schauss, Gustav Richter
Bernhard pankok familienbild und Passini vertreten. Der

Ausstellung der Berliner Sezession diesem gewidmete besondere

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