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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 21.1905-1906

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Rosenhagen, Hans: Die grosse Berliner Kunstausstellung 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.12156#0485

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-ir^3> DIE GROSSE BERLINER KUNSTAUSSTELLUNG 1906 <3^-

maximilian luce die steinsetzer

Ausstellung der Berliner Sezession

Raum enthält jedoch auch viel Minderwertiges. Von interessanten Vergleich in dem Porträt einer Dame,
zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Künstlern das er in Marmor ausgeführt und auch gemalt hat.
fallen Hugo Oehmichen mit einem > Begräbnis in Wie viel Talent damals und was ist daraus geworden !
Westfalen«, Julius Geerts mit dem erzählenden Beim Durchmustern der modernen Seite im
Bilde >Nach der Verurteilung«, Norbert Schrödl Moabiter Glaspalast hat man in der Hauptsache eine
mit einem >Frauenporträt«, der Frankfurter Kolorist Empfindung, nämlich: Wieviel Kräfte, wieviel Zeit
Hausmann mit der figurenreichen Historie >Galilei und Mittel verliert die menschliche Gesellschaft
vor dem Konzile auf. Von den Wienern treten dadurch, daß so Viele ohne Talent und Beruf sich
außer Makart noch Canon, Rob. Russ, August der Kunst widmen! Wieviel Nützliches könnte von
Schaeffer und Tina Blau recht stattlich hervor. all diesen an der falschen Stelle wirkenden Menschen
Schöne Tierstücke sieht man von Brendel, geschaffen werden, und wieviel Unnützes, ja Aerger-
Schreyer, Teutwart Schmitson und Zügel. liches bringen sie hervor! Die Natur verschwendet
Ist die Vertretung der Plastik in dieser retro- Kräfte zu einem höheren Zweck; aber hier, auf dem
spektiven Ausstellung auch nicht umfänglicher als Gebiet der Kunst, steht der von Menschen getriebene
in ihrem Gegenstück in der National-Galerie, so ist Aufwand von Kräften doch schließlich in keinem
sie doch kaum weniger interessant. Wo gibt es Verhältnis mehr zu dem Ziel, das erreicht oder
heute Bildhauer, die Porträtbüsten von einer so un- vielmehr von Tausenden nicht eneicht wird. Aber
glaublich klaren und sicheren Formengebung, von es ist überflüssig, die alten Klagen über die Viel-
einem bei allem Realismus so reinen und großen zuvielen in dieser Ausstellungnochmals anzustimmen.
Stil schaffen können, wie man sie hier in Ernst Sie machen ja nicht nur deren Schwäche aus, sondern
Rietschel's unvergleichlich schöner Büste Chri- geben ihr auch den Charakter. Im allgemeinen ist
stian Rauchs, in seinem Mendelssohn vor sich hat? die übliche Anordnung der Säle nach Kunststädten
Ist Rauch's ^Büste Friedrich Wilhelm IV.« nicht beibehalten worden. Der Ehrensaal, der niemals ein
hoch über allem, womit man sich heute begnügen solcher gewesen, hat jetzt den Namen > Hohenzollern-
muß? Es ist kein Vorteil für Adolf Hildebrand, saal« erhalten, eine Bezeichnung, die alles rechtfertigt,
daß sein Helmholtz in der Nähe solcher, von keiner was er auch enthalten möge. Den Schwerpunkt seiner
Reflexion über die Antike angekränkelten Schöp- diesmaligen Füllung bilden zwei bekannte ältere
fungen steht. Große Bewunderung erweckt auch Bilder Anton v. Werner's: >Eröffnung des ersten
Victor Tilgner mit seinen Porträts von Makart, Reichstages unter Wilhelm II.« und >Moltkes 90. Ge-
der Wolter und eines älteren Mannes. Eine Rieh- burtstag«. So wenig künstlerische Reize diese Ar-
tung aufs Malerische — ja! aber doch auch das beiten haben — man wird immer die Tüchtigkeit
vollkommenste Verständnis für die Form. Nicht Werners anerkennen müssen, die keineswegs all-
immer ein abgeklärter Geschmack; aber dafür Geist täglich ist. Und als Dokumente besitzen diese Bilder
und Temperament. Eigenschaften, die in der Plastik ohne Zweifel ihren Wert. Ja, wenn man Werner
äußerst selten sind. Reinhold Begas bietet einen mit dem neuesten malenden preußischen Historio-

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