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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 8.1860

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8. Heft
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Glocken,[1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18472#0023

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1860.

irrliLnsclimurk.

Mocken.

i.

Das Gebiet, auf welches wir hiemit unsere
Leser zu führen gedenken, kann zwar nicht
dasselbe Jnteresse in Anspruch nehmen, wie
die drei großen Schwesterkünste: Baukunst,
Malerei, Sculptur; denn es macht nur einen
Theil eines Zweiges der Letztern aus, indem
die Sculptur die Gießkunst und damit auch
die Glockengießkunst in stch schließt. Somit
wäre freilich ein Studium der Letztgenannten
an stch schon gerechtfertigt, da es zur Ergän-
zung der Geschichte der Plastik des Mittel-
alters diente, wobei wir noch in Rechnung
nehmen dürfen, daß die Glocken häufig pla-
stische Darstellungen tragen, welche sür die
Kunstgeschichte insofern von Werth stnd, als
die Glocken zum Theil in eine Zeit zurück-
reichen, aus der uns von plastifchen (beson-
ders durch Guß hergestellten) Werken nur we-
nig erhalten ist. Allein überhaupt, auch ohne
daß wir den Zusammenhang mit der Plastik
besonders betonen, muß die Erforschung die-
ses Zweigs mittelalterlichen Kunststeißes un-
sere Aufmerksamkeit auf sich ziehen, da er sei-
ner weiten Ausdehnung und reichen Blüthe
wegen nicht unwtchtig sür die Kulturgeschichte,
von noch größerer Bedeutung aber sür die
Kirche (bez. kirchliche Kunst) ist. Jn ersterer
(geschichtlicher) Beztehungwürdendte äußere
Form, das Profil, die Jnschriften und Ver-
zierungen Gegenstand der Untersuchung sein,
und es ist gewiß nicht blos Alterthumskrä-
meret, die Namen der alten Meister, die un-
verdtenter Weise so lange tm Dunkel der
Vergessenheit lagen, hervorholen zu wollen,
so weit dieß durch Erforschung der Jnschrtften
geschehen kann. Noch größeren Werth erhält
sreilich ein solches Studium anderersetts,
wenn wir die Glocken als im Dienst der Kirche

stehend betrachten, an die alten Glockenin-
schriften denkend: „vox moa., vox vltno",
oder „vivos vooo, äotovotos ^lnvAo, tulnera,
trnoZ-o" u. s. f. Hiebei sind es ganz besonders
dieinnerenEigenschaftenderGlocken, welche
in Betracht zu ziehen stnd, und wir haben
damit ein Gebiet zu untersuchen, auf welchem
die Gießkunst mit der Tonkunst zusammen-
hängt. Es ist in der That wohl der Mühe
werth, durch genaue Aufnahme und streng
wissenschaftliche (mathematische und musika-
lische) Untersuchung der Glocken, d.h. natür-
lich möglichst vieler, der Lösung der Ausgabe
näher zu kommen, ob sich nicht über die uns
noch vollständig dunkle Theorie (oder Praris,
in welcher jene wohl immer involvirt war)
der alten Gießer vielleicht bestimmte Grund-
sätze aufstellen lassen. Denn, wie wir über-
haupt auf dem Gebier der Kunst von den
Alten so vielfach lernen können und müssen,
so werden wir besonders auch hier bei ihnen
in die Schule zu gehen, und für etwa neuher-
zustellendes, schönes und würdiges Geläute
sür unsere Kirchen ihre Erfahrungen zu be-
nützen haben.

Nun sind aber nicht blos bisher eine Menge
von alten Glocken zu Grunde gegangen: auch
jetzt noch werden solche eingeschmolzen und
ibre Zahl wird sich mit der Zeit mehr und
mehr verringern. Daher ist es Zweck dieser
Zeilen, auf die noch vorhandenen aufmerksam
zu machen, und, zunächst wenigstens, zur Un-
tersuchung derselben anzuregen. Wir glauben
zugleich denjenigen unserer Leser, welche vtel-
leicht im Stillen schon gewünscht haben (und
wir hoffen, es sind derer recht viele), sich bet
der Bebauung des großen Feldes, „christliche
Kunst" genannt, nicht blos receptiv, sondern
aktiv zu verhalten, etnen kleinen Dienst zu
erweisen, wenn wir ihre Thätigkeit auf Er-
forschung dieses Zweigs mittelalterltcher Kunst

Kirchenschmuck, 186V, Heft 8 oder Band Vlll.

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