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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 8.1860

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8. Heft
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Holzgewölbe und Vertäfelungen
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Gallerie antiquarischer Curiositäten,[3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.18472#0033

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decken, sondern sogar Gewölbe lassen sich auf
diese Weise mit Holz darstellen; versteht sich,
keine Scheingewolbe von Latten und Gyps,
mit Steinanstrich, sondttn gewölbte Decken-
formationen, wie sie dem Holze entsprechen.

Um es nicht bei bloßen Andeutungen be-
wenden zu lassen, haben wir im gegenwärti-
gen Heste die perspektivische Ansicht eines
Holzgewölbes mitgetheilt, welche treu nach
einem alten Original aufgenommen, unsere
Gedanken deutlicher zu erklären vermag, als
eine lange Beschreibung. Wie leicht diese
Holzbedeckung sich jeder Bauweise, seder Stil-
art und.jedem individuellen Bedürfniß an-
schmiegt, tst leicht einzusehen, und sind damit
auch für eine würdige Eindeckung armer Kir-
chen oder kleinerer Hauskapellen, Oratorten
und dergl. Winke gegeben, die für den streb-
samen Vauhandwerker nicht verloren gehen
mögen.

Wir werden diesem Gegenstande wieder-
holteAufmerksamkeit zuwenden, wie wir auch
auf denselben schon im fünften Vande, S. 58
u. 59, sowie in den Beilagen zum sünften
und sechsten Heft des siebenten Bandes vor-
bereitet haben.

Gallme antiquarischer LurioMen.

(Fortsetzung von Heft I und II des siebenten Bandes.)

Die Gräfin von Walfingham.

Letpzig ist nicht seit gestern der erste Platz
für die 'popularisirte Wissenschaft, von wo
das Publikum in Zeitschristen, Wochenbän-
den, Conversationsleriken alles menschliche
Wissen nach der Charte zu verspeisen bekommt.
Schon vor mehr als hundert Jahren dampste
diese Garküche von den pikanteften Gerichten.
Die deutschen Gelehrten beurkundeten schon
damals ihre wissenschaftliche Höhe und Breite
durch eine Fluth von Werken katholischen,
archäologischen, liturgischen Jnhalts, worin
sie nebst Anderem den Bewets lteferten, daß
man über Dinge schreiben kann, die man nicht
versteht.

Wir lesen gern alte Geschichten, und so
trafen wir in dem „Leben des fürtrefflichen
Erasmi von Rotterdam", von dem Englän-
der Samuel Knight, deutsch übersetzt von
TheodorArnold, Leipzig 1736 auf eine merk-
würdige Person aus der Bekanntschaft des
berühmten Gelehrten, von der noch kein Lebens-
beschreiber etwas mitgetheilthatte. Erasmus
schretbt einem Freund, daß er einen Besuch
Lei dem Fräulein von Walsingham ab-
gestattet habe. Wer ist dieses Fräulein von
Wasingham? Sie ist eine Gräfin, wie wir
einige Seiten später erfahren, wo es heißt:
,/Als Erasmus seine Wallfahrt zu der Gräfin
von Walsingham anstellte, so nahm er seinen
Freund Aldrige von Cambridge mit, welcher
ihm statt eines Dolmetschers diente." Eras-
mus verstand, scheints, nicht englisch, und dte
Gräfin nicht deutsch und latein, sonst hätte er
keinen Dolmetscher gebraucht. Und doch muß
die Gräfin eine gelehrte Dame gewesen sein,
denn Erasmus hat ihr „ein griechisches Ge-
dicht gewidmetund unter ihreHeiligthümerver-
ehrt" (sw). DieGräfin besaß demnach einMu-
seum von merkwürdtgen Heiltgthümern, viel-
leicht aus säkularisirten Klöstern und Wal-
fahrtskirchen, wenn man nicht als wahrschein-
licher annehmen will, daß es eine Sammlung
von Autographen und andern Andenken be-
rühmter Männer war, worin Erasmus sein
Gedicht niederlegte. Nach heutigem Sprach-
gebrauch würde man es vtelleicht als Album
übersetzen.

Diese geheimnißvolle Person, eine Gräfin,
die in keinem genealogischen Kalender steht,
eine Gelehrte, die von Gelehrten Huldigungs-
gedichte empfängt und doch nicht im Gelehr-
tenlerikon kommt; diese Aufmerksamkeit gegen
ein Fräulein von Seite des ernsten Erasmus,
der über gewisseGalanterien seinen bekannten
Spott ausgegossen, wäre uns unerklärlich,
wenn wir ntcht wüßten, daß Walsingham ein
berühmter Wallfahrtsort in England war,
und die Gräfin von Walsingham, oder das
Fräulein, Niemand anders als dte dort hoch
verehrte heilige Jungfrau Marta, welche die
 
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