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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 8.1860

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11. Heft
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Wandmalerei: und die neueste Publikation des christlichen Kunstvereins in der Diözese Rottenburg,[2]
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Clemens Brentano über die kirchlichen Bildwerke der mittelalterlichen Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.18472#0084

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72

ren. Was die Art zu malen, die Technik der
Malerei im engern Sinne, anbelangt, so trifft
auf beiden vorliegenden Virunenser Malereien
im Allgemeinen dasjenige zu, was Overbeck
in dieser Richtung an den Wandgemälden in
Pompeji wahrgenommen hat.

Bei aller Flüchtigkeit und, man möchte sa-
gen Nachlässigkeit in der Behandlung, welche
in vielen Theilen, besonders in einigen archi-
tektonischen Dekorationen der Wandmalereien
aus Virunum ausgeprägt ist, tragen diese
aber dennoch allenthalben unläugbar den
Stempel der Sicherheit und der den geübten
Maler bekundenden Kühnheit in der Pinsel-
führung, welcher man in vielen Stücken selbst
einen nicht geringen Grad von Meisterschaft
zuerkennen muß.

Die Grundfarbc ist, mit Ausnahme der
schwarzen, die sich nicht mehr fleckensrei dar-
stellt, durchweg, auch auf größeren Flächen,
rein und gleichmäßig aufgetragen; die Orna-
mentsarben sind an manchen Stellen sehr dünn
aufgelegt, an vielen andern aber ist die Ma-
lerei vollkommen das, was man mit einem
neueren technischenAusdrucke „pastos" nennt,
wodurch auch das vorerwahnte Abspringen der
Farben begünstigt sein dürfte.

Unzweifelbar ist bei unseren Virunenser
Wandgemälden, wie bei denen von Pompeji,
die Schablone weder ganz noch theilweise an-
gewendet, sondern Alles mit freier Hand aus-
gesührt worden; denn bei allen sich wieder-
holenden, selbst bei den am häufigsten wieder-
kehrenden ornamentalen Formen findet man
stets kleine, mehr oder minder augenfällige
Verschiedenheiten, obwohl im Allgcmeincn die
gleichartigen Ornamente mit solcher Aehnlich-
keit wiedergegeben stnd, daß man hierin einen
neuen Beleg für die künstlerische Geübtheit
und Sicherheit des Mcrlers erkennen muß.

Höchst wahrscheinlich ist das, von Overbeck
bei den pompejanischen Malereien mit allem
Grunde vorausgesetzte Vorzeichnen einzelner,
wenigstens der complicirten Ornamente mit
Kohle oder Kreide auch bei den Virunenser

Gemälden geschehen; Spuren davon sind je-
doch jetzt nicht mehr bemerkbar.

Dagegen sind unter den Malerei-Fragmen-
ten, die der kärnthnerische Geschichtsverein be-
sitzt, einige, auf denen das Vorreißen der Zeich-
nung mit einer Spitze vollkommen deutlich zu
ersehen ist."

Cleinens Drentano über die kirchlichen
Dildwerke der mittelalterlichen Schule.

Die Vorliebe für die Produkte der mittel-
alterlichen bildenden Kunft ist Vielen unbe-
greislich und oft sogar lächerlich. Daran ist
die naturalistische Richtung unserer Zeit schuld.
Wenn sie aber überwunden sein wird, so
möchte wohl eine der stärksten Anklagen gegen
die Lehrer der Kunft und die Bildner des
Geschmacks unseres Jahrhunderts die sein,
daß sie dem Publikum die einseitige natura-
listische Richtung aufgedrängt und es in der
Unfähigkeit erhalten haben, religiöse Bilder
zu beurtheilen, Werth oder Unwerth derselben
zu erkennen. Wenn einmal die Alleinherr-
schaft des angebeten Kunstgötzen: Natur und
Anatomie — gestürzt ist, so wird das über-
natürliche Element, das wie ein himmlischer
Reiz über jene Bilder ausgegossen ist, als
eine unerläßliche Eigenschaft jedes guten reli-
giösen Bildes erkannt werden.

Die moderne Kunst wird zu dieser Aner-
kenntniß Nichts beitragen, weil ihre Büreau-
kratie sich nicht selbst bekämpft. Die Stimme
der Religion und religiös-durchgebildeter
Männer muß sich daher um so lauter erheben,
um die künstlerische Reformation anzubahnen.
Hören wir Clemens Vrentano in dieser Rich-
tung:

„Jn Köln sah ich von der Meulen zu Lieb
die Liebersbergffche Bildersammlung an, scheu
und schnell, wie Einer, der dem Gerichte zu
entgehen sich die Augen verhüllt. Die guten
geheimnißvollen Bilder aus der geistlichen
Kunst vor der Reformation her sind für den
Verftehenden mahnende Erscheinungen aus
 
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