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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 8.1860

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8. Heft
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Glocken,[1]
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Holzgewölbe und Vertäfelungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.18472#0030

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Jn einer folgenden Nummer gedenken wir
die Aufmerksamkeit unserer Leser in Kürze
auf einen zweiten Abschnitt der Glockenkunde
zu lenken, nämlich auf dieUntersuchung dessen,
was wir oben die inneren (musikalischen)
Eigenschaften der Glocken genannt haben, wo-
bei, wie wir sehen werden, die Untersuchung
der Glockenrippe eine Hauptrolle spielen
wird. —s. s—.

Hchgeuiölbe und Vertäftlungen.

Wenn wtr von Holzgewölben sprechen, so
meinen wir damit nicht die falschen oder
Scheingewölbe, welche man dadurch herstellt,
daß man durch Lattenwerk die Formen etnes
Steingewölbes nachahmt, diese dünne Schale
mit Mörtel und Gyps überzieht und einen
Stetnanstrich darauf setzt. Diese stnd in alle-
weg zu verwerfen. Denn ste stnd eine archi-
tektonische Lüge, auf die Täuschung des Au-
ges berechnet. Sie bletben um nichts weniger
verwerflich, wenn der Bau so konstruirt ist,
wie es ein Steingewölb erfordern würde.

Eine sogenannte gothischeKirche mitStre-
Lepfeilern und so einem gebrechlichen Ge-
wölbesurrogat spricht nicht nur aller Wahr-
haftigkeit, sondern auch den konstrukttven Ge-
setzen Hohn, und tst zugleich eine nutzlose
Verschleuderung der zu Gebote stehendenGeld-
mittel. Sie kostet so viel, wo nicht mehr, als
eine solide Holzkonstruktion gekostet hätte,
während sie in Bezug aufDauerhastigkeit mit
dteser sich keineswegs messen darf.

Vollends artet diese Surrogatenwuth in
eine gothische Tragantbäckeret aus, wenn auch
noch die tnnern durch Gewölbekonstruktion
Ledingten Glieder, als Tragsäulen, Arkaden,
Lissenen, Dienste u. dgl. von Holz und Gyps
ausgearbeitet werden.

Daß trotz den entgegenstehenden Gründen
Beispiele derartiger Verirrungen so häufig
stnd, muß um so mehr Verwunderung er-
regen, als das Mittelalter in diesem wte in
jedem andern Stücke es an Mustern nicht

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sehlen ließ, um durch zweckmäßige Behand-
lung jedes Baumaterials das Schöne mit dem
Zweckmäßtgen zu vereinigen. Welche Man-
nigfaltigkeit der Konstruktion und Ornamen-
tik liegt tn den altenHolzdecken, dte aus alter
Zeit uns noch übrig geblieben stnd, und wohl
noch all den vergänglichen Gypsflitter über-
leben können, mit dem man heutzutage aus
Schäbigkeit oder Unbeholfenheit die Stein-
wölbung karrtkirt.

Wenn dieselben auch vorzugsweise in Pro-
fangebäuden angewendet worden stnd, so sehlt
es doch nicht an Kirchen, die schöne Muster
darbieten. Die kleine Psarrkirche von Mühl-
hausen am Neckar hat einen gewölbten Chor,
das Schiff ist mit etnem stachen Plasond
gedeckt.

Die Bretterbelegung ist oberhalb der Bal-
ken angebracht, so daß die Durchzüge nach
dem Jnnern der Kirche stei hervortreten.
Diese sind mit einem Desstn verziert, das ab-
wechselnd aus Blumen und maßwerkartigen
Lineamenten besteht. Diese Verzierungen stnd
in verschiedenen Farben patronirt.

Die Vertäfelungen zwischen den Durch-
zugsbalken stnd mit einfachen, derLänge nach
gelegten Stäben verziert.

DieseAusstattung des Plasonds geht kaum
über das nothdürftige Maaß von der Holz-
decke eines gewöhnlichen Hauses hinaus. Die
Balken etwas abgerichtet mit scharfen Kan-
ten und glatten Seiten, die Bödseiten besser
gefügt und sauberer abgehobelt, dieß tst Alles.
Dazu etn geschmackvolles Dessin, das in an-
gemessenen Farben mit leichtester Mühe durch-
patronirt werden kann, und die schmuckeDecke
ist sertig, und gewiß in jeder Hinsicht mehr
werth als ein begypster Plafond.

Etne andere Behandlungsart zeigt dte St.
Johanneskirche in Tomerdingen auf der schwä-
bischen Alb. Auch hter treten die Balken her-
aus. Aus ihrer nach Unten gekehrten Sette
ist ein laufendes Laubornament angebracht,
welches erhaben bleibt, während der Grund
dazwischen ungefähr einen halben Zoll tief
ausgegraben und mtt einer Farbe belegt ist.
 
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