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Dengler, Georg [Hrsg.]
Kirchenschmuck: Sammlung von Vorlagen für kirchliche Stickereien, Holz- & Metallarbeiten & Glasmalereien — 8.1860

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12. Heft
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Geschichtliches über die typographische Ausstattung der liturgischen Bücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.18472#0105

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das Velin. Es ist vielleicht unnwglich, aus
dem 15. und ans der ersten Hälfte des 16.
Jahrhunderts eine Ausgabe des römischen
Missale oder Breviers zu nennen, von welcher
nicht eine mehr oder minder große Zahl von
Eremhlaren in Velin abgezogen wurde. Jm
16. Jahrhnndert sieht man allmählig dieses
Material verschwinden; dennoch haben zahl-
reiche Missalien dieses Zeitraumes das Velin
w'enigstens fnr den Canon beibehalten, nin
diesen erhabensten und heiligsten Theil der
Messe wenigstens in etwas auszuzeichnen nnd
ihm eine längere Daner zn stchern. Was
dann die anderen Theile des heil. Buches be-
trifft, so wahlte man wenigstens dafür ein
Papier von anerkannter, Jahrhunderte über-
dauernder Solidität.

Die Charaktere anlangend, so behaupteten
stch, wie schon früher in diesen Blättern des
Nähern ausgeführtworden,* in diesemZweige
der Typographie lange Zeit die gothischen
Lettern. Bald erschien der römische Charak-
ter in den Büchern, welche Jtalien druckte,
er verdrängte allmählig das Gothische und
gegen Ende des 16. Jahrhunderts war der
Sieg der römischen Charaktere entschieden.
Die Pressen von Rom, Paris und Antwerpen
lieferten in diesem Typus zahlreiche Missalien
und Breviere, welche, wie alle Bibliophilen
wissen, zu den schönsten Erzeugnissen der
Buchdruckerkunft gehören. Namentlich in letz-
terer Stadt war es die weltberühmte Plan-
tin'sche Officin, welche sich in den Annalen
der kirchlichen Typographie durch ihre gegen
Ende des 16. und im 17. Jahrhunderte er-
schienenen schönen Missalien, Breviarien und
Pontificalien ein unvergängliches Andenken
stcherte.

Für das Meßbuch, das Pontificale und die
Chorbücher hatte, wie kaum zu bemerken
nothwendig, schon diese erste Periode mit
stcherem Takte das Folio-Format gewählt.
Eine wenn auch nur partielle Abirrung von
der traditionellen Gestalt gerade in dieser

* Siehe Band 6, S. 22 ff.

Zeit hätte stcherlich für die solgende der kirch-
lichen Kunft so wenig günstige Periode den
Sieg des kleineren, profanen Formates an-
gebahnt. Vom Breviere selber erschienen
zahlreiche Editionen in O-uarto, zuweilen er-
hob es stch sogar zum Folio. Bekannt ist das
prächtige Folio-Vrevier Heinrichs III. (Lro-
viurmm komumim) von Paris 1588, das-
jenige des Paul Manutius von Rom 1568
und dasjenige des Christoph Plantin von
Antwerpen 1575.

Nichts trägt, wie Gueranger mit Recht
bemerkt, so sehr dazu bei, den liturgischen
Büchern eine eigenthümliche Physiognomie
aufzuprägen, sie von der Zahl der übrigen
typographischen Erzeugnisse zu isoltren, als
der Gebrauch der rothen Farbe sür den
Tert der Rubriken (die ja eben daher ihren
Namen haben), diese Untermischung von
Roth und Schwarz in dem nämlichen Buche,
welche auf den ersten Anblick befremdet und
den Eindruck hervorbringt, daß ein solches
Werk eine eigenthümliche und mysterwse Be-
stimmung habe. Man weiß, daß dieser Ge-
brauch der rothen Tinte bis tn das höchste
Alterthum hinaufreicht. Schon Ovid spricht
vom Gebrauche des Minium auf den Bücher-
titeln; der Dirgil und Terenz der VaUounu
und der Virgil der Uaurontiunu zeigen die
rothe Tinte in ihren ersten Linien. So auch
mehrere sehr alte Manuscripte von Werken
des heil. Eyprian, Augustins u. A. Allmä-
lig jedoch verschwand dieser Gebrauch und
blieb allein dcn liturgischen Büchern reservirt.
Die neue Buchdruckerkunst respektirte anf's
Gewiffenhafteste diesen Besitzstand.

Es ist merkwürdig, zu erfahren, wte ein
Vruch mit den liturgischen Prinzipten der
katholischen Kirche selbst in solchen Ertremi-
täten noch stch restektirte.

Das Ende des 17. Jahrhunderts und das
18. selbst bezeichnet in Frankreich eine Periode
liturgischer Neuerung.

Die alten vom Mittelalter her vererbten
Meßbücher und Breviere wurden abgeschafft
und dafür, mit Verletzung der liturgischen
 
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