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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 22.1924

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Heft 10
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Strübing, E.: John Flaxman
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https://doi.org/10.11588/diglit.4654#0314

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tion der Werkstatt auf künstlerisches Niveau gehoben
zu haben. Fünf Jahre lang hat er in Wedgwoods
Werken in Etruria Modell auf Modell geschaffen
und unzählige Vorzeichnungen für Reliefs geliefert.

Gewiß am bekanntesten in Deutschland ist Flax-
man der Zeichner. Wir schätzen und bewundern
seine Illustrationen für Homer und Aeschylus und
für Dante, die uns aus vielen Nachstichen und
Reproduktionen bekannt sind. Und doch können
diese Vervielfältigungen nicht im entfernten das
wiedergeben, was ihre Vorzeichnungen sagten.
Wenn auch die Stiche aus der Hand eines Blake
zu dem Edelsten und Feinsten gehören, was die
nachfühlende Hand eines Freundes je geschaffen
hat, so fehlt den klaren, kalten Linien doch jenes
zitternde Leben, jene rührende Bescheidenheit, die
jeder Strich der Originale ausdrückt.

Originalzeichnungen von Flaxman waren in
Deutschland bisher äußerst selten. Wohl kaum
eine öffentliche Sammlung kann sich rühmen,
solche Schätze zu besitzen. In den englischen
Sammlungen sind sie geblieben bis auf den heu-
tigen Tag. Jetzt erst ist es der Mannheimer Kunst-
halle gelungen, ihren schönen Bestand an Hand-
zeichnungen aus der Zeit um und nach 1800 ganz
wesentlich zu vermehren durch die Erwerbung

JOHN FLAXMAN, STUDIE FÜR DIE ILLUSTRATION DES
„LECTURES ON SCULPTURE". ZEICHNUNG

JOHN FLAXMAN, DIE WITWE. ZEICHNUNG

einer Reihe der schönsten und edelsten Proben
der Zeichenkunst des Meisters: Blätter aus allen
Gebieten seines Schaffens, Entwürfe für plastische
Arbeiten, für Grabdenkmale wie für Wedgwood-
reliefs, Studien für seine Vorlesungen über die
Bildhauerkunst, die er seit 1810 an der Londoner
Akademie zu halten hatte, Skizzen für Illustrationen
zu Dante und zu Bunyans „Pilgrims Porgreß" ebenso
wie für die Folgen des Vaterunsers und der „Werke
der Barmherzigkeit". —

Im Jahre 1755, im selben Jahre, in dem Winkel-
manns erste aufsehenerregende Schrift „Über die
Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei
und Bildhauerkunst" erschien, wurde Flaxman ge-
boren. „Der einzige Weg für uns, groß, ja, wenn
es möglich ist, unnachahmlich zu werden, ist die
Nachahmung der Alten", sagt Winkelmann, und
es ist, als ob dieser Satz über der Jugend Flax-
mans wie ein Leitstern geleuchtet hätte. Der
Knabe sieht in des Vaters Werkstatt die Gipse
nach der Antike. Der Jüngling studiert den Homer,
den Hesiod und den Aeschylus. Die Liebe zum
Altertum hat den Mann nicht verlassen. Von un-
schätzbarer Bedeutung für den Künstler sind die

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