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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

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Heft 1 (Januar/Februar 1917)
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Aus Museen und Vereinen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0047

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29

Originalen, namentlich durch Geschenke
deutscher Museen, war recht günstig. Herr
Oberstleutnant Mathes in Bitsch, der in-
zwischen leider seiner Verwundung erlegen
ist, hat auch den Rest seiner Sammlung,
namentlich Münzen und ethnographische
Gegenstände, der Anstalt vermacht, die für
eine zweckentsprechende und würdige Ver-
öffentlichung Sorge tragen wird. Die In-
anspruchnahme des Zentralmuseums durch
die deutschen Provinzial- und Lokalmuseen
stand kaum hinter derjenigen der letzten
Jahre zurück, da der Krieg allenthalben ein
tieferes Interesse für die Vergangenheit und
die Kultur unserer germanischen Vorfahren
und für die Heimat überhaupt erweckt hat.
Für das städtische Museum in Mainz wurde
ein Massenfund von etwa 800 Eisenwerk-
zeugen römischer, karolingischer und späterer
Zeit gereinigt, welche vor Jahren bei der
römischen Rheinbrücke zumVorschein kamen
und in ihrer Reichhaltigkeit und historischen
Entwicklungsreihe geradezu einzigartig in
Deutschland dastehen.

//. Vermehrung der Sammlung durch
Kopien und Originale.

Die Gesamtzahl der jetzt im Museum ver-
einigten Nachbildungen antiker Fundgegen-
stände beträgt 27 562 Stück, die der Originale
8 839, von ersteren kamen 563 Stück, von
letzteren 513 im Verlaufe des Jahres hinzu.
Da ein ganz gleichmäßiger wissenschaft-
licher Ausbau aller Sammlungsabteilungen
aus räumlichen und anderen Gründen selten
möglich ist, wurden im verflossenen Ge-
schäftsjahr einige Abteilungen bevorzugt,
die in den letzten Jahren etwas zu kurz
gekommen waren.

A. Nachbildungen. In der paläo-
lithischen Periode wurde eine empfind-
liche Lücke durch die Liebenswürdigkeit
des Geheimen Medizinalrats Dr. L. Pfeiffer
in Weimar ausgefüllt, der uns eine größere
Anzahl von Nachbildungen und Originalen
von dem bekannten Fundort Ehringsdorf
bei Weimar schenkte (s. u.). Erwrähnt sei
auch ein neuer Abguß des Neanderthal-
Schädels vom Provinzialmuseum in Bonn.
Von dem interessanten Grabfund der Magda-
lenien-Periode von Oberkassel bei Bonn
konnten bis jetzt nur Zeichnungen ausgestellt
werden (Korr. Bl. f. Anthr. 1915 S. 66).

In der neolithischen Abteilung
wurde diesmal besonders Norddeutschland
berücksichtigt. Zwei Vorratsgefäße von
Ellerbeck (Museum Kiel) führen die frühste
Keramik der Kjökkenmöddinger-Stufe vor
Augen, die vielfach an die der Pfahlbauten
und des Michelsberger Typus erinnert, wenn
auch der Zusammenhang noch etwas zweifel-
haft ist. Mehrere reich ornamentierte „Back-
teller“ aus dem Packwerkbau Flintholm
(Museum Kiel) gleichen einem Exemplar
aus dem Denghoogh auf Sylt, begegnen
aber ähnlich auch im Michelsberger Typus.

Eine mit schönem Flechtmuster verzierte
Kugelamphora aus Breitenburg deutet auf die
noch umstrittene EntstehungsweisedieserGe-
fäßform hin, augenscheinlich aus der Flecht-
technik, während eine halbkugelige Schüssel
auf vier Füßchen von Aasbüttel eher von
Holzgefäßen abzuleiten ist (beide im Museum
Kiel), wie solche aus Gräbern der Schnur-
keramik noch erhalten sind (Museum Halle).
Weiterbildungen dieser nordwestdeutschen
Megalith-(Tiefstich-) Keramik aus dem Elb-
gebiet vom Molkenberger Stil (zehn Gefäße
von Molkenberg selbst), ebenso wie einiger
anderen verwandten Stilarten sind dem Pro-
vinzialmuseum zu Halle zu verdanken. Die
Kultur der Kugelamphoren wird vergegen-
wärtigt durch einen umfänglichen Grabfund
von Börtewitz (Museum Leipzig) und eine
große Urne aus Barby (Museum Halle); die
Vorstufe der Schnurkeramik (Mansfelder
oder Haller Typus), namentlich durch Ge-
fäße von Dederstedt, Polleben und Lochau,
die Schnurkeramik durch mehrere Funde
von Cämmeritz, Mötzlich, Nautschütz, Oberes-
perstedt usw. (Museum Halle), welche zum
Teil unter Hinkelstein- und Rößener Einfluß
stehen, und aus der Gegend von Bautzen
(Bautzen selbst, Burk, Oberuhna, Strehla
usw., Museum Bautzen), die wieder etwas
anderen Charakter haben. Die Hinkelstein-
kultur ist durch eine bisher wenig beachtete
Gruppe von Schöningsberg in Pommern
vertreten (dabei auch Spondylusmuschel), die
mit der Stichkeramik des „böhmischen“ Hin-
kelsteintypus zusammenhängt. Die Plaidter
Gattung illustrieren zahlreiche Nachbil-
dungen von Plaidt selbst (Museum Bonn),
aus der Umgebung von Halberstadt (Museum
Halberstadt) und Halle (Museum Halle), die
eine auch in Böhmen und Mähren begeg-
nende Mischung der „böhmischen“ Stich-
und Spiralkamerik darstellen und meines
Erachtens älter als der Flomborner Stil
sind. Für die Steinbeile des Plaidter Typus,
der auch durch neue Wohnstättenfunde
der Wormser Gattung von Wachenheim in
Rheinhessen und der Wetterauer Art durch
sehr schön verzierte Gefäße von Bad Nauheim
ergänzt wurde, ist charakteristisch die häufige
Schräge der unteren Schneidfläche. Mittel-
und süddeutsche Abarten des Rößener,
Niersteiner Stils usw. kamen von Mühlheim
(Museum Koblenz), Steeden a. d. Lahn, dem
Rochusberg bei Bingen (Museum Wiesbaden)
und Bretzenheim a. d. Nahe (Museum Kreuz-
nach) zur Abformung, ferner ein interessanter,
schon älterer Hinkelsteingrabfund von Wies-
baden (Museum Wiesbaden) und zahlreiche
Gefäße des Michelsbergertypus von Urmitz
und Mayen (Museum Bonn, Koblenz und
Mayen), welche aber unter Megalith-Rößener
Einfluß gegenüber dem eigentlichen Michels-
berger Typus manche Abweichungen ver-
raten. Auch aus Bayern liegen bedeutsame
neolithische Neufunde vor; Gefäße von Ober-
pöring und Wallersdorf zeigen interessante
 
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