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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

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Heft 6 (November/Dezember 1917)
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Norden, Eduard: Der neueste Versuch zur Deutung des Germanennames
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Schuhmacher, K.: Zur Topographie der römischen Stadt Mainz
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https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0186

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i68

und Giganten des alten Brennus glaubte man in den Deutschen, wo immer sie auftraten,

zu erkennen. Daher ihr Name.Der Victor hatte den metus; er mußte erst seine

Angst besiegen und dann den Feind“ (S. ioi). Solchen Phantasien gegenüber sei ganz
schlicht auf eine interpretatorische Selbstverständlichkeit verwiesen, die schon von anderen
oft betont worden ist. Der taciteische Satz zerfällt in zwei durch ita verknüpfte Teile.
Das Subjekt des ersten Teils sind die Germani gui primi Bhenum transgressi Gallos ex-
pulerint. Also müssen unter dem victor des zweiten Teils eben diese gegen die Gallier
siegreichen Germanen, die das gallische Gebiet besetzten, verstanden werden. Dieser in allen
mir bekannten neueren Kommentaren vertretenen Auffassung hatte einst Müllenhoff noch
ein besonderes Gewicht durch die feine Beobachtung verliehen, daß victor in den Schriften
der Feldmesser der technische Ausdruck für denjenigen gewesen ist, der fremden Grund
und Boden okkupiert. So verstanden wird dieser Satz aus einem vermeintlichen Zeug-
nisse für die Hypothese Birts zu einem tatsächlichen gegen ihn: der Ursprung des
Namens ist nicht römisch, sondern bodenständig, d. h. in diesem Falle keltisch.

Birt ist ein Opfer seiner verhängnisvollen Neigung geworden, zufällige Anklänge
ganz verschiedener Worte für etymologische Zusammenhänge spielerisch zu verwerten.
Tuisto erinnert ihn an Tiu und flugs schreibt er (S. 77), Tuisto müsse eine ältere Namens-
variante zu Tiu gewesen sein. Im Arvalliede heißt es von Mars: Urnen sali, d. h. „auf
die Schwelle springe“, aber Birt (Arch. f. lat. Lex. XI 1900) hört in Urnen zunächst einen
Anklang an X1(j.vy], dann lieber an liquere und deutet in allem Ernste: „Sprudel, springe“.

Germani ist ein echter Stammesname epichorischer Herkunft'), der sich dann zum
Volksnamen erweiterte, als solcher aber nie volkstümlich wurde — über dies letztere
Moment stehen in dem letzten Kapitel „Germanen in der späteren Literatur“ einige,
die bekannte Tatsache bestätigende neue Belegstellen. Von dieser dankenswerten Er-
gänzung abgesehen vermag ich in dem Buche Birts eine Förderung der Wissenschaft nicht
zu erblicken. Die Parole muß lauten: Zurück zu Müllenhoff und zu denen, die in vor-
sichtiger Weiterarbeit den Spuren dieses großen Forschers gefolgt sind.

Berlin. Eduard Norden.

Zur Topographie der römischen Stadt Mainz.

Die Rekonstruktion römischer Stadtpläne diesseits der Alpen gehört
zu den schwierigsten Aufgaben unserer Wissenschaft, da sie nur ganz all-
mählich durch immer neue Beiträge wie ein Mosaikbild gewonnen werden
können. Seit meiner kurzen Zusammenfassung unseres Wissens über Gestalt
und Inneneinteilung der römischen Stadt Mainz* 2) ist zwar über das Legions-
kastell und die Umgebung, namentlich die Straßenzüge und das Theater,
mancher neue wichtige Aufschluß durch Bodenfunde erzielt worden3), kein
namhafter dagegen über das Stadtinnere, abgesehen von der Festlegung
einiger Privatgebäulichkeiten. Indessen glaube ich nach anderen, bisher
weniger herangezogenen Quellen das dort gezeichnete Bild etwas erweitern
zu können.

Eine große Anzahl der Mainzer Inschriften ist zwar durch Wiederver-
wendung in Grabstätten, Festungs-, Haus- und Kanalbauten usw. von ihrer
ursprünglichen Stelle verschleppt, zum Teil schon in römischer Zeit, und
deshalb für die Topographie nicht verwendbar, andere aber sind ohne Zweifel
aus inneren und äußeren Gründen „in situ“ gefunden. Zu den letzteren

*) „Daß der Name den Römern von den Galliern her zugekommen ist und schon,
ehe dies geschah, bei diesen die Bezeichnung für ihre Ostnachbaren war, unterliegt nicht
dem geringsten Zweifel“ sagt R. Much in seinem demnächst erscheinenden Artikel „Ger-
mani“ (Realencycl. Suppl. III 546), der mir durch die Güte des Herausgebers W. Kroll
schon jetzt zugänglich gemacht worden ist.

2) Mainzer Ztschr. I (1906) S. 2Sf., VI (1911) S. 11 fl, Materialien zur Besiedelungs-
geschichte Deutschlands 1913 S. 119 f. u. 142 f.

3) Vgl. die Berichte von E. Neeb und G. Behrens in den letzten Heften der Mainzer
Ztschr. und oben S. 54 f.
 
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