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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

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Heft 6 (November/Dezember 1917)
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Ritterling, Emil: Ein Offizier des Rheinheeres aus der Zeit des Caligula
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Dessau, Hermann: Die Consulate des Kaisers Victorinus
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https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0191

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höherem Alter zum Kommandant einer coh. II Thracum am Rhein aufgerückt
war, hatte von der Pike auf gedient (Revue archeol. 1901 S. 436 = Dessau
9090). Zu diesen tritt als erster Afrikaner L. Julius Crassus aus der Zeit des
Caligula. Immerhin zeigt schon diese, gewiß nur infolge unseres lücken-
haften Materials so geringe Anzahl von Offizieren provinzialer Herkunft im
Rheinheere, daß der Grundsatz eines rein italischen Offizierkorps schon in
frühester Kaiserzeit bei den Stabsoffizieren nicht starr durchgeführt worden
ist und, aus verschiedenen Gründen, wohl nicht durchgeführt werden konnte.

Frankfurt a M. E. Ritterling.

Die Consulate des Kaisers Victorinus.

Vor einigen Jahren ist aus Liesenich im Kreise Zell a. d. M. in das
Bonner Museum eine auf drei aneinander gestückte Blöcke verteilte Bauinschrift
gelangt, die zwar mehrmals, auch mit Erläuterungen1), herausgegeben worden ist,
aber auf deren in gewissem Sinne historische Bedeutung hier nochmals hinge-
wiesen sein mag. Die Bedeutung liegt in der am Schluß sich findenden Zeitan-
gabe: VICTORINO AVGVSTO ET • SACTO (so) COS X KAL IVNIAS. Wir
lernen hier einen sonst unbekannten Genossen oder Anhänger des gallischen
Kaisers Victorinus kennen, den dieser zum Consul erhoben und in dieser Würde
sich selbst an die Seite gesetzt hat. Der Mann hieß offenbar Sanctus;
unorthographische Schreibungen wie sactus (Auslassung des nasalen n vor ct)
finden sich in der Verfallzeit, wie anderwärts, so auch in den Rheinlanden
oft, so hat z. B. die Inschrift C. I. L. XIII 6384 aus Köngen sacte Visucie;
Inschrift aus Neumagen bei Trier C. I. L. XIII 4166 defucto für defundo.
Sanctus dürfte, wie Victorinus selbst (M. Piavonius Victorinus), ein Gallier
gewesen sein; der sonst äußerst seltene Name2) ist in Gallien verhältnismäßig
häufig3), er scheint in manchen vornehmen gallischen Familien geradezu
erblich gewesen zu sein4). Wie Sanctus von Victorinus, so war Victorinus
selbst, damals wohl noch Tribunus praetorianorum5), von dem Begründer des
gallischen Reichs, von Postumus, in dessen viertem Consulat zu seinem Kol-
legen in dieser Würde gemacht worden, nach dem Zeugnis einer Inschrift aus
Nordspanien6), das bekanntlich zum Reiche des Postumus gehörte. Eigentlich *)

*) Riese, Das rhein. Germanien in Inschriften Nr. 286. Lehner, Führer (1915) S. 165.
E. Krüger, Trierer Jahresbericht 1911 S. 4. Jetzt auch in dem neuen Hefte des C. I. L. XIII
No. 11 976. — Die erheblich ältere Weihinschrift an Mars Smertrius und andere gallische
Götter, die auf der Rückseite (ursprünglichen Vorderseite) des Mittelblocks steht, s. bei
Lehner und Krüger an den angeführten Stellen, C. I. L. 11975 und in meinen inscr. sei.
No. 9303.

h Es finden sich z. B. auf den ca. 40 000 bis jetzt publizierten Inschriften der Stadt
Rom und Latiums nur fünf bis sechs Träger des Namens, davon einer als eques singularis
Augusti auch wohl ein Rheinländer war (C. I. L. VI 31140^, 6; sonst 631, 3, 12. 15250.
26620, 36301 ? XIV 255, 2, 10), gar keine in dem gesamten übrigen Italien (C. I. L. V 5929
bezieht sich auf einen Gallier), Spanien und Afrika.

3) Er erscheint auf 15 von den ca. 10000 bis jetzt bekannten Inschriften der „drei
Gallien“ und des römischen Germaniens (C. I. L. XIII 395, 939, 1096. 1704. 2081. 2168.
2961. 4329, 4547. 5103. 5236. 5409. 6158. 8719. 10010. 1717)- — Ich verdanke diese Nach-
weteungen Herrn Szlatolawek, dem Bearbeiter der Indices zu C. I. L. XIII, die der
vorigen Anmerkung, soweit sie C. I. L. VI und XI betreffen, den Herren Dr. Bang und
Prof. A. Gaheis. Zu diesen inschriftlich bezeugten Personen des Namens kommt noch
der durch Eusebius’ Kirchengeschichte V, 1 beglaubigte lugdunensische Märtyrer Sanctus. —
Auch die wenigen anderen uns bekannten Träger des Namens aus den ersten drei Jahr-
hunderten der Kaiserzeit (Prosopogr. imp. Rom. III p. 172 ; C. I. L. III p. 2410; Oxyrhynch.
Papyri III p. 286 u, 635) können ganz wohl gallischer Herkunft gewesen sein.

4) C. I. L. XIII 395- 1704.

6) C I. L XIII 3679 = Dessau, Inscr. sei. 563.

6) C. I. L. II (suppl.) 5736.
 
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