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Deutsches Archäologisches Institut / Römisch-Germanische Kommission [Hrsg.]
Korrespondenzblatt der Römisch-Germanischen Kommission des Archaeologischen Instituts — 1.1917

DOI Heft:
Heft 6 (November/Dezember 1917)
DOI Artikel:
Wissowa, Georg: Juno auf den Viergöttersteinen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24883#0194

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nur die ganze Erscheinung der Göttin, sondern namentlich der auf vielen
dieser Denkmäler in ihrer Begleitung erscheinende Pfau sichern die Deutung
auf Juno, und das meines Wissens einzige Denkmal dieser Art, das die
einzelnen Gottheiten durch übergesetzte Inschriften bei Namen nennt, der
KreuznacherStein CIL XIII 7530 = Hang No. 136 (abgeb. Bonn. Jahrb. XLVII,
1869 Taf. XIV 2) bestätigt sie1). Offen bleibt nur die Frage, in welchem Sinne
die Göttin hier zu verstehen ist. Über den Streit, ob die die Säule krönende
Gruppe des Gigantenreiters aus griechisch-römischer oder keltisch-germa-
nischer Anschauung heraus zu erklären sei, sind die Akten noch nicht ge-
schlossen ; aber auch eine evidente Lösung der Kontroverse im letzteren
Sinne würde nicht dazu berechtigen, auch die Deutung der Sockeldarstel-
lungen in der gleichen Richtung zu suchen. Die Denkmäler, um die es sich
hier handelt, entstammen ja zweifellos überwiegend privater Weihung, wie
die in den Inschriften oft hervorgehobene Tatsache, daß der Weihende sie
auf eigenem Grund und Boden (in suo) aufgestellt habe, beweist; aber die
weitgehende Übereinstimmung der zahlreichen Monumente dieser sich räumlich
und zeitlich weithin erstreckenden Gruppe im ganzen und im einzelnen,
der gegenüber die Abweichungen immerhin geringfügig erscheinen, zwingt
zu der Annahme, daß sie in letzter Linie auf ein gemeinsames Vorbild zurück-
gehen. Für die Viergötterdarstellungen der Sockelreliefs aber (und ebenso
für die Wochengötterbilder der Zwischensockel, auf die hier nicht einge-
gangen werden soll) kann dieses Vorbild nicht im Gedankenkreise der ein-
heimischen Bevölkerung der Belgica und Obergermaniens entstanden sein.
Denn wenn man von den vier Göttern der von Hertlein so genannten Normal-
reihe : Juno, Mercurius, Hercules, Minerva, die drei letzten im Sinne einer
interpretatio Romana keltisch-germanischer Gottheiten auffassen könnte, so
entzieht sich Juno einer solchen Deutung aufs entschiedenste, und da sie
zweifellos dem ursprünglichen Grundschema angehört, so kann sie noch
weniger als ein zufälliger römischer Eindringling in einen sonst keltisch-
germanischen Kreis angesehen werden als die vereinzelt mehr oder minder
häufig an die Stelle einzelner Mitglieder der Normalreihe tretenden Gottheiten
rein römischer Färbung, wie Fortuna, Victoria, Genius u. a. Minerva und
Mercurius lassen keine andere Auffassung zu als die, die nach Caesar
(b. G. VI 18,2) von ihnen allgemein herrschte, es sind die göttlichen Ver-
treter einerseits des Handwerks, andererseits des Handels; Hercules ist fin-
den Römer aus dem Heros, der die ganze Welt durchwandert, um sie von
Ungeheuern zu befreien, zum Schützer des Verkehrs geworden, der für die
Gangbarkeit und Sicherheit der Straßen sorgt, Das vollständige Fehlen
einer göttlichen Vertretung der Landwirtschaft und der kriegerischen In-
teressen2) in der Normalreihe beweist, daß der Ursprung der letzteren weder
bei der Landbevölkerung noch beim römischen Heere gesucht werden kann,
sondern nur bei der römischen Bevölkerung der städtischen Niederlassungen
und Lagerdörfer, also in denselben Anschauungskreis gehört, der uns in
sehr viel reicherer und festlicherer Ausdrucksform in den Bildwerken der
von den Mainzer canabarii errichteten großen Mainzer Juppitersäule entgegen-

*) Ob wirklich auf dem Steine früher vor luno ein et gestanden hat, erscheint sehr
fraglich; die im CIL wiedergegebene Vermutung, ein auf einem oberen Baugliede an-
zunehmendes I- 0 ■ »»könne sich in [et Iu]no fortgesetzt haben, wird durch die Stellung
der Inschriften auf dem oberen Rande der Nischen über den Göttern und durch die
Nominativformen widerlegt.

2) Die beiden von Soldaten geweihten Steine unserer Gattung (CIL XIII 7268,
7609 = Haug Nr. 53, Kastei, Nr. 56 Schierstein) weisen die (verkürzte) Normalreihe auf.
Auch unter den Abwandlungen der Normalreihe spielen Mars und Victoria nur eine
bescheidene Rolle.
 
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