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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 51.1900-1901

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Leipheimer, Hans Dietrich: Die Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie 1901, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7003#0276

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Die Ausstellung der Darmstädter Aüustlerkolouie ;90\.

4\8. Ausstellung der Aünstlerkolonie in Darmstadt; lsaupteingang. Architektur: I. M. Glbrich, Friese: Paul Bürck.

Er ist der Liebling des Großherzogs und seiner

ganzen Vaterstadt, schwer zu sagen ist, ob er als
Bildhauer oder als Klein-Plastiker bedeutender ist.
Seine Kolossalfiguren am Portal des Ernst-Ludwig-
pauses imponieren uns ebenso, wie uns sein trinkender
Knabe an der Villa Olbrich entzückt; uitd wenn

wir in seinem Pause die Sammlung von Klein

broncen betrachten, so hält uns der fließende Rhyt-

mus seiner „Badenden" ebenso gefangen, wie der
köstliche pumor seiner pundefiguren. Was ihm aber
besonders hoch angerechnet werden muß, das ist der
Bruch mit der herkömmlichen Verwendung von Por-
trät- und Kostümsiguren, wenn es gilt, ein Denkmal
zu schaffen.

Wer Deutschland bereist, findet in jeder Stadt
säst eilt Kaiser Wilhelm-Denkmal. Städte mit
50000 Einwohnern begnügen sich mit einem Stand-
bild ; da sieht man deit alten Kaiser in Uniform mit
Pelm und pohenzollernmantel, in der traditionellen
„über Lebensgröße." Uiit je weiteren f0000 Ein-
wohnern kommt ein Genius, ein Löwe oder der-
gleichen dazu. Städte mit f00 000 Einwohnern
können sich schon ein einfaches Reiterdenkmal er-
lauben, und von da an steigt es wieder durch die
ganze Skala der Löwen, Adler, Genien, Germanen,
Trabanten, Paladine rc., bis wir schließlich in Berlin
aitkonrmen, bei jenen ungeheuerlichen Machwerken,

die zwar einen ganzen Baedecker zu ihrer Erklärung
gebrauchen, zu keinem Menschen aber sprechen, weil
jeder funken inneren Lebens fehlt. Es hat einmal
einer die Tiere an einem solchen Denkmal gezählt,
es kamen neben Löwen, Pferden und Adlern rc.,
f00 oder noch mehr Eichhörnchen, Frösche, Fleder-
mäuse, Eidechsen, Schlangen rc. heraus.

pabich geitügt zu einent Krieger-Denkmal in
Gießen eine nackte Figur, zu seinem Alice-Denknral
in Darmstadt ein Obelisk, und jetzt hat er eilt
Goethe-Denkmal inr Darmstädter Gemeinderat durch-
gesetzt, das auch aus weiter nichts besteht als einem
schönen nackten Knaben iit einer säulengetragencn
Laube. Wer aber vor dem Kriegerdenkmal steht,
den weist die Wucht, mit welcher der ganze Aufbau
hinaufstrebt, unmittelbar über die Figur hinaus, auf
die emporgehaltene Krone, als das Sinnbild des ge-
einten Reiches, und er wird von selbst angeregt zum
Nachdenken über die Größe des nationalen Gedankens.
Oder wer den Obelisk der Großherzogin Alice sieht,
der kann gar nichts anderes empfinden, als das ist
ein Denkmal für eine feinsinnige, mildthätige Frau,
denn schließlich ist es doch das Edle, pohe, dessen
Menschen fähig sind an sich, was wir ehren wollen;
ist es an bestimmte, durch Geburt oder Geist inr
Vordergrund stehende Personen geknüpft, so genügt
deren Namen anzubringen, oder allenfalls ein por-
 
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