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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 2.1908

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Heft III (März 1908)
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Kolb, Gustav: Die Reorganisation unseres gewerblichen Fortbildungsschulwesens: ihre Bedeutung für das kunstgewerbliche Fachgebiet und dessen Lehrer, [3]: (Vortrag auf der Generalversammlung der Württ. Zeichenlehrervereine in Stuttgart am 30. Dezember 1907)
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https://doi.org/10.11588/diglit.31819#0029

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Berufs- uucl Geschäftskunde gekürzt werden müssen. Eine Herabminderung des
technischen Könnens der Schüler, die doch die wichtigste ist und für den weitaus
grössten Prozentsatz allein in Betracht kommt, wird die notwendige Folge davon
sein. Ich gebe diese Erwägungen aber mit allem Vorbehalt, da wir noch nichts
bestimmtes über den Lehr- und Stundenplan wissen. Jedenfalls liesse sich ein
kleinerer Ausfall an Stunden durch die straffe Organisation der Schule, insbesondere
durch die Konzentration des gesamten Unterrichts wieder ausgleichen.
Vielleicht ist es von Wert, in diesem Zusammenhang auf die neueste preus-
sische ,,Verfügung über den Zeichenunterricht an der gewerblichen
Fortbildungsschule“ hinzuweisen. Diese enthält u. a. folgende Bestimmungen :
..Für den Zeichenunterricht der mehr technischen Berufe sind im Jahres-
durchschnitt mindestens 2, für die mehr künstlerischen (schmückenden)
Berufe wenn irgend möglich 4 oder mehr wöchentliche Unterrichtsstunden
im Freihandzeichnen zu widmen.“*)
Für einfache Scliulverhältnisse.





In dieser Verfügung ist ferner angeordnet, dass bei den künstlerischen
Berufen neben dem fachlichen Zeichnen auch das freie künstlerische Zeichnen
in seiner allgemeinen Form nach Gegenständen, Naturformen oder muster-
gültigen kunstgewerblichen Vorlagen (jedoch nicht zu kopieren) zu pflegen ist.
Diese „Verfügung“' regte in mir noch einen weiteren Gedanken an, nämlich
den, ob der künstlerischen Ausbildung der Schüler des maschinell- und
insbesondere des bautechnischen Gebiets nicht grössere Beachtung geschenkt
werden sollte, als dies in Baden bisher der Fall zu sein scheint. Die preussische
Verfügung enthält darüber folgendes: „Das F ächz ei ebn en d er lii chtschmücken-
den Gewerbe beginnt mit der Anfertigung von freihändigen Massskizzen. Nach
diesen wird sodann der aufgemessene Gegenstand mit Zirkel und Lineal aufgetragen.“
Weiterhin: „Diejenigen Gewerbe, die zwar vorzugsweise technisch sind, sich aber
doch mit dem Kunstgewerbe berühren (Tischler, Drechsler, Steinmetzen, Schlosser etc.),
können, nachdem das gebundene Zeichnen genügend geübt worden ist, auch im
*) Nebenbei gesagt, die Bezeichnung „schmückende“ Berufe für das Kunstgewerbe
finde ich veraltet, da wir heute doch den Standpunkt vertreten, dass nicht das Ornament,
das auf irgend eine Zweckform aufgeklebt wird, das Charakteristikum des Kunstgewerbes
ist, sondern die organische, zweck- und materialgerechte Ausgestaltung der Gegenstände
des täglichen Gebrauchs. Dass hiebei der konstruktive Gesichtspunkt und nicht der „scbmlik-
kende“ ausschlaggebend ist, wird jedem Fachmann klar sein.
 
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