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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — 2.1908

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Heft IX (September 1908)
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Hahn, Robert: Dritter Internationaler Kongress zur Förderung des Zeichenunterrichts
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https://doi.org/10.11588/diglit.31819#0097

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ging’s zur fran ko-britisch en Ausstellung. Neue Enttäuschung! Was für
eine Ausstellungsarchitektur! Ein Wechselbalg von überladener Renaissance, von
Rokoko und orientalischer üeppigkeit! Eben recht für grosse und kleine Kinder,
aber nicht für den, der da sucht! Doch so will’s der Londoner haben. Denselben
kindlichen Tand finden wir wenigstens auch sonst, in den Innenräumen der feinen
Restaurants, in den Toiletten der Damen wie in den Programmen der Varietes. Im
übrigen ist natürlich viel Interessantes zu sehen; denn die Ausstellung hat sich durch
den Umfang des britischen Reiches zu einer förmlichen Weltausstellung ausgewachsen.

Der Sonntag ist in England, besonders aber in London, stinklangweilig, da
alles geschlossen ist,
selbst die Wirtschaf- Figur 2.

ten, einige Stunden
über den Mittag und
abends ausgenom-
men. So führte uns
Mr. St. nach W i n d-
sor. Es ist das
eine riesige Anlage,
im Charakter halb
Schloss halb alte
Festung. Die älteren
Teile aus spätgoti-
scher Zeit um 1500
zeigen in den Ein-
zelheiten noch feine
Empfindung, die
neueren, dem Stil
zwar angepasst, sind
ohne Geist und Ge-
fühl. Doch die Lage
ist wunderbar. Auf
drei Seiten schweift
der Blick von dem
sanften Hügel in
weite blaue Fernen,
keck überschnitten
von den saftigen
Tönen prächtiger
Bäume im Vorder-
grund. Gardisten in
rotem Waffenrock
und riesiger schwar-
zer Pelzmütze — es
hat immerhin 25° C.
im Schatten — mit


kleinen Spazierstöckchen stehen überall Wache. Auf der Südseite des Schlosses
lehnt sich ein prächtiger, dem Publikum jederzeit geöffneter Park an, der von
Hirschen und Fasanen wimmelt.
Am Montag begann unsere eigentliche Arbeit, der dritte internationale
Kongress zur Förderung des Zeichenunterrichts. Ihm ging zunächst
eine Sitzung des Komitees der internationalen Vereinigung für Zeichenunterricht
voraus. Dann wurde der Kongress in der grossen Halle der Universität von London in
South Kensington um ’/212 Uhr vormittags eröffnet. Wie das die Engländer nun einmal
nicht anders machen, so brachten sie auch hier für den Vorsitz zwei hohe Herren,
Lord Carlisle und Sir John Gorst, einen ehemaligen Unterrichtsminister, in
Vorschlag. Leider waren beide des Deutschen nicht mächtig. Dabei nahmen sie
 
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