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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Angeli's Porträt Kaiser Wilhelms II.
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0018

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Zahrgang. ^ ^ ^ Nr. 2

^ Aunstchronlk ii

Mochenschrift für Aunst und Aunstgewerbe.

Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Aunstgewerbevereine.

^erausgeber:

<Harl v. Kützow und Arthur j)abst

wien Köln

Ctzeresianunlgaffe 25. wilhelmsring 22 a.

Lxpedition:

Leipzig: L. A. Seemaiin, Gartcnstr. ^5. Berlin: w. Aühl, Iägerstr. 73.

mit dem Runstgemerbeblatt halbjährlich L Mark, ohne dasselbe ganzjährlich 8 Mark. — gnserate, ü 50 pf. für die dreispaltige petitzeile,
nehmen außer der verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haas enstein 6c vogler in Leipzig, wien, verlin, München u. s. w. an.

Inhalt: Angeli's porträt Raiser wilhelms II. — Das ^chilling-Museum in Dresden. — Neuer Zuwachs zur Breragalerie und zum Museo poldi

— Auffindung des Grabes Alexanders des Großen. — Aonkurrenzen: Neue evangelische 2<irche in Stuttgart: ^tändehaus in Nostock;
Umbau der Fassade des Doms zu Mailand. — Aunftgewerbemuseum in Berlin. — Aüsthardts Modell des Anochenhauer-Amtshauses
in hildesheim. (Mit Abbildung.); Marschnerdenkmal in Zittau; Zur Dombaufrage in Berlin. —vom Aunstmarkt: Berliner, Aölner und
Stuttgarter Aunstauktionen. — Neuigkeiten des Buch- und Aunsthandels. — Zeitschriften. — gnserate.

Angeli's Porträl Aaiser Wilhelms II.

Wien, 3. Oktober 1888.

Der geschichtlich denkwürdige Tag, cm welchem
der jnnge deutsche Kaiser an der Seite seines hohen
Verbündeten in die österreichische Residenz einzog,
um ein neues lebendiges Zeugnis abzulegen von der
Jnnigkeit der Beziehungen zwischen beiden Reichen,
scheint mir der passendste Moment zu sein, nm eines
vor kurzem entstandenen nnd noch seiner Bollendung
harrenden Bildnisses an dieser Stelle zu gedenken,
in welchem unser berühmter Meister Angeli die Er-
scheinung des jugendlichen Herrschers zum erstenmal
nach seiner Thronbesteigung künstlerisch wiedergegeben
hat. Die hohe und wohlverdiente Gunst, deren sich
der Wiener Porträtmaler bekanntlich seit Jahren am
Hofe des Kronprinzen Friedrich Wilhelm, nachmaligen
Kaisers Friedrich III., und seiner kunstsinnigen Ge-
niahlin zu erfreuen hatte, ist ihm seitens des erlauch-
ten Sohnes und Nachfolgers, des jetzigcn Kaisers
Wilhelm II., treu bewahrt geblieben. Schon im Som-
nier verlautete, der Künstler habe einen Ruf nach
Potsdam erhalten und als Frucht seiner mehrtägigen
Anwesenheit im dortigen Marmorpalais brachte Angeli
vor kurzem den nach der Natur gemalten Studien-
kopf zu einem lebensgroßen Bildnis des Kaisers
mit nach Wien. Als heute Mittag Wilhelm II.
wenige Stunden nach seiner Ankunft in der k. k. Hof-
durg, das Atelier des Meisters in der Akademie am
Schillerplatz besuchte, fand er das Bild bereits weit
vorgeschritten; in wenigen Wochen dürfte es voll-
endet sein.

Kaiser Wilhelm II. erscheint darauf in ganzer
Figur stehend neben einem mit sammetenem Teppich
bedeckten Tisch, auf welchem die Jnsignien seiner
Herrscherwürde, Krone, Szepter und Reichsapfel rnhen.
Der Krönungsmantel ist über den zur Seite stehen-
den Thron drapirt. Prächtige Architektur wird den
Hintergrund bilden. Die Gestalt des Herrschers ist
mit der gestickteu militärischeu Gala-Uniform bekleidet,
mit dem breiten Bande des schwarzen Adlerordens
übcr der Brust. Während die Linke mit geschickter
Verkürzung auf dem Säbel ruht, ist die Rechte auf
den Tisch gestützt. Die Haltung der edlen gedrun-
genen Gestalt hat etwas natürlich Hoheitvolles, ge-
winnend Männliches. Das offene, ernst und ent-
schieden geradeaus blickende Antlitz zeugt von blühend
frischer Jugendkraft. Von den charakteristischen Zügen,
deren vorwiegend englisch-koburgischen Charakter mau
nicht verkennen kann — besonders zwischen dem Her-
zog von Connaught und dem Kaiser besteht eine ge-
wisse Ähnlichkeit — hat Angeli namentlich dem schön
geformten Mund und den treu unter der hellen Stirn
hervorleuchtenden Augen seine ganze scharf beobachtende
Meisterschaft zugewendet. Die schlichte Natürlichkeit
der Auffassung und Wiedergabe, welche die besteu
Werke Angeli's auszeichnet, verleiht auch diesem Bild-
nisse seinen hohen Wert.

Ohne Zweifel wird noch manchem deutschen Mei-
ster die Auszeichnung zu teil werden, die Persönlich-
keit des dritten Kaisers des neuen deutschen Reiches
durch Meißel nnd Pinsel zu verewigen. Hier haben
wir ein Bild aus der ersten hoffnungsvollen Zeit
seines Regierungsautrittes, das alle Eigenschaften be-
 
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