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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Der projektirte "Münchner Salon"
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0066

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2^. Iahrgang.

(88889.

Aunstchronik

Nr. 8.

29. November.

LOochenschrifl für Aunst und Runstgewerbe.

Ankündigungsblatt des verbandes der deutschen Uunstgewerbevereine.

l^erausgeber:

Larl v. Lützow und Arthur j?abst

N)ien Aöln

Cheresianumgasse 25. Aaiser-N)ilhelmsring 22a

Lxpedition:

Lcipzig: L. A. Secmann, Gartenstr. zs. Bcrlin: w. Rühl, Iägcrstr. 75.

"''t dem Runstgewerbeblatt balbjährlich 6 lNark, ohne dasselbe ganzjährlich 8 Mark. — gnserate, ä 50 j)f. für die dreispaltige Letitzeile
"khmen außer der verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein 6c vogler in teipzig, wien, Berlin, München u. s. w. an.

^"halt: Der projektirte „Münchener ^alon". — Runstlitteratur und Kunsthandel: Neue 2<upferstiche: watteau, von Lmil Hannover: l)andbuch
der altchristlichen Architektur von i n^g er Kunstgeschi^ste von Lmil^2< n a ckfu ß:^Rat^log der Aas^ Gemäldegalerie von

Der projektirte „^Nünchener 5alon".

P. Es konnte schon seit geraumer Zeit einem
»ufmerksamen Beobachter kaum entgehen, daß sich in
^tünchen wieder einmal eine jener Wandlungen vor-
üereite, die von Zeit zu Zeit im Leben, in der Ent-
üückelnng der Kultnr ebenso notwendig sind, wie die
^ntladungen der elektrisch gespannten Atmosphäre, wo-
uüt übrigens nicht gesagt scin soll, daß dergleichen
^andlnngen bei Jndividuen, Korporationen nnd der-
bleichen gerade in Begleitung von Donner und Blitz
»uftreten müssen. Es ist ein allgemeines menschliches
Naturgesetz, daß derjenige, der Herr der Situation

dieselbe nach Maßgabe seines Verstandes und
ieines Verlangens nach ideeller wie materieller An-
krkennung auszunützen trachtet. Tritt dann in einem
jolchen Augenblicke, getrieben von unverfälschter Be-
geisterung, eine neue Jdee mit neuer Kraft auf, so
>st der Sieg ihr eigen. Kurz: 6bsr noris oowms
sturtout.

Wer die jüngst geschlossene Münchener interna-
tionale Kunstausstellung mit vorurteilsfreien, vor allem
uicht durch fremde Einflüsse getrübten Blicken ange-
lchant hat, dem mußte der Unterschied gegen frühere
Veranstaltungen dieser Art sofort in die Augen sprin-
gen. Die Pseudorenaissancemaler und alle jene Unter-
obteilungen der bildenden Künstler, deren Vorwürfe sich
vach den Reqnisiten im Kleiderkasten richten, waren
ostenbar stark ins Hintertreffen geraten. Jene Dnrch-
lchnittsleistungen, die man jahraus jahrein in Dntzen-
^on von Exemplaren allsonntäglich in frischer Auf-
ioge auf dem Kunstverein bewundern kann und die
^in ziemlich gut illustrirtes Verzeichnis der gewöhn-

licheren Münchener Modellwelt darstellen, sie traten
diesmal weder als Avantgarde noch als Haupttresfen
der Münchener Künstler a uf. Der Zuzug von außer-
ordentlich vielen fremden Künsttern, die Entwickelung
einzelner, zum Teil ihrer Nationalität nach zusammen-
gehörender Gruppen, längerer oder kürzerer Aufeut-
halt einzelner im Auslande und endlich die Einwirkung
fremder Arbeiten, welche iu München bei Ausstellungen
nicht verfehlten, ihre bestimmten Folgen geltend zu
machen: das alles wirkte zusammen, um ein sehr viel-
seitiges, von den verschiedensten Gesichtspunkten aus-
gehendes Schaffen im Laufe des letzten Jahrzehnts
heranzubilden. Von einer „Münchener Kunst" mochte
man wohl reden, als die malende Gemeinde noch klein
war, wie die Stadt und manche ihrer Jnstitutionen
(die zum Teil noch heute zu Recht bestehen); seit
geraumer Zeit aber hat eine solche zusammenfassende
Bezeichnung alles dessen, was da geschaffen wird,
keinen Sinn mehr, und wenn nun angesichts des star-
ken Absatzes, den während der 1888 er Ausstellung
gerade fremde Bilder fanden, der Ruf laut wurde,
„Die Münchener Kunst ist in Gefahr", so kam das
doch zum großen Teil von Leuten her, welche einen
Eintrag am Verkauf der eigenen Ware dadurch be-
fürchteten, daß Fremdes gleich gut oder manchmal viel
besser gemalt, im Preise konkurriren konnte. Doch
das trifft, wie gesagt, nur bei einem Bruchteile alles
dessen zu, was zusammengenommen die Künstlerschaft
ausmacht. Daß fremdländische Dinge und Personen
in ungewöhnlicher Weise da und dort in Deutschland,
vielleicht auch in München, vor manch anderem be-
vorzugt werden, nun dafür existiren ja doch die be-
kannten Erbsehler der Deutschen.
 
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