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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Nr. 2H.

2H. ^ahrgang.
^888/89.

Aunstchronik

*

2i. Ncärz.

Mochenschrift für Aunst und Aunstgewerbe.

Aiikündigungsblatt des verbandes der deutschen btunstgewerbevereine.

b)erausgeber:

(Lurl v. Lützow und Arthur j)abst

wien Aöln

Cheresitmumgasse 25. Aaiser.wilhelmsring 22a

Lxpedition:

Lcixzig: L. A. Lecmann, Gartenstr. ss. Berlin: w. ks. Kiihl, Iägerstr. 73.

Die Runstchronik erscheint von Gktober bis «Lnde guni wöchentlich, im guli, August und September nur aller ^ Tage und kostet in verbindung
'uit dem Runstgewerbeblatt halbjälsrlich - 6 Mark, ohne dasselbe ganzjährlich 8 Mark. — gnserate, ä IO ssf. für die dreispaltige ssetitzeile
"khmen außer der verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein 6c vogler in Leipzig, wien, verlin, München u. s. w. an.

Aorrcspoiidcnz.

St. Petersburg, Ende Februar 188!».

Unsere Kunst- oder richtiger Ausstellungssaison
erreicht bald ihren Höhepunkt. Die große Frühjahrs-
"usstelluug in der dlkademie der Künstc uud die dcr
Vereine der „Wauderaussteller" und der „Aquarelli-
llen" werden in zwei bis drei Wochen eröffnet werden
köunen nnd inzwischen hat der Petersbnrger Kunst-
Ireund Gelegenheit, sich auf Sonderausstellnngen um-
Zuschauen, die zum Teil bereits schon vor Weihnachten
begonnen haben.

Den Reigen eröffnete der Maler Brjanskoi,
uus Kiew stammcnd, niit einem Gemälde, das eine
bei uns gar selten anzutressende Species vertritt,
Ȋmlich die der russischen Madonnenmalerei, die sich
lu in der Regel über durch kirchliche Traditionen ge-
Zogene enge Schranken byzantinischer Heiligenbild-
lualerei nicht zu erheben vermag oder wenigstens das
uicht zu thun pstegt. Daß der orthodoxe Madonnen-
Ellltus ein anderer ist als der katholische, muß natür-
Hch auch aus ihn im Gebiete der Malerei von Ein-
lstiß sein. Jndessen hat sich der Künstler von den
^eminiscenzen an das, was er in in- und ausländi-
ichen Galerien an Madonnenbildern gesehen, nicht
Üei machen können, und wenn man will, nimmt sich
daher seine Arbeit weit mehr katholisch aus als or-
chodox. Er hat sich aber auch von anderen Reminis-
senzen nicht frei machen können: von denen an ein von
'hm seit mehr als 25 Jahren nnzählige Male schon
lllmaltes Modell. Somit nimnit sich auch seine Aia-
^oiina, wie ja fast alle aus dem letzten Viertel unseres
^ahrhunderts, nngemein menschlich aus, wiewohl sie
lo ziemlich allc ihre Kolleginnen an Nüchternheit und

Langweiligkeit übertrifft. Jm übrigen erinnert sie
in der Komposition an Raffaels „Madonna della
Sedia", in Bezug auf schwächliche Empfindung, sehr
helle Farbengebnng und peinlich sanbere Ausführung
aber an die Arbeiten des fruchtbaren Salvi (Sasso-
ferrato) und seiner Schule. Trotz alledem sanden sich
hicr sondcrbare nationale Kunstschwärmer, die Brjans-
kois Werk übcr des NleisterS von Urbino Mutter
Gottes in dcr Dresdener Galerie stellten! I)s Zn-
»tidus non est äispntanänin. Vielleicht aber darum,
weil es somit sich menschlichem Verständnis ganz ent-
zichen muß, war der Besuch dieser Ausstellung ein
gar kläglicher.

Mchr Anklang sand die Ausstellung, die Prv-
sessor K. Makowski veranstaltete. Derselbe, zur Zeit
fast ständig in Paris lebend, dort und auch sonst im
Auslande gut bekannt — sinden seine Bilder doch
sogar bis nach Amerika Absatz — gilt im allgemeinen
für einen Historienmaler. Jndessen, wenn man nach
ihm die Historienmalerei Rußlands beurteilen wollte,
thäte man unrecht, — wem unsere nationale Kunst
lieb ist, der müßte energisch dagegen Protest erheben.
Es genügt doch noch nicht, moderne Menschen in
Kostüme mittelalterlicher moskauischer Zarenherrlichkeit
zn stecken, sie mehr oder minder geschickt und gefällig
zu gruppiren und einen dafür passenden Titel zu er-
sinnen, etwa: „Bojarenhochzeitsmahl", oder „Brautwahl
des Zarewitsch Alexei", oder „Tod des Zaren Jwan des
Schrecklichen" — um auf die Bedeutung eines Historien-
malers Anspruch erheben zu können! Aber wie er-
klären sich dann die „Berühmtheit" Makowski's, die
hohenPreise, die er demzufolge erzielt? Nun — er ver-
j sügt über eine mitunter brillante Technik, viel Eleganz
 
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