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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Pariser Eindrücke
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0109

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IW Kunstlitteratur und Kuusthandel 200

miet uud Carpeaux von ungemein malerischer und
lebensfrischer Komposition.

Der Park Monceaux unfern des Boulevard
Malesherbes', einst das Rendezvous der feinen Welt,
ist heute wohl arg zusammengeschnitten und auch etwas
vernachlässigt, bleibt aber immer noch ein unendlich ^
poesievolles Stück Natur inmitten des Häusergewirres >
der Stadt. Wie reizvoll sind hier wieder moderne
Bildwerke von Vingtrie, Lenoir, Gantherin, !
Caudez u. a. im Grün der Bäume placirt! Wie
anders fesselt doch das plastische Werk hier in der
ideal-schönen Umgebung, in den farbenduftigen Grün-
den, als in den geschlossenen Räumen der Ausstellungen,
in denen in der Regel die Plastik im Lärm der Ma-
lerei kein Gehör findet. Hier im Viertel des Park
Monceaux finden sich auch die hübschesten Privat-
bauten von Paris. DieArchitekten nehmen bei den
kleineren Hotels wenigstens den Anlauf, auch den
Fassaden ein künstlerisches Gepräge zu geben, was
man bei den großen Boulevardspalästen durchweg
vermißt. Ab nnd zn stößt man daselbst auf Absur-
ditäten, die aber weniger aus künstlerischem Bedürf-
nis, als vielmehr aus Gründen der Reklame entstan-
den sind; so z. B. daß das Edentheater in der nächsten
Nähe der Oper im indischen Stil gebaut wurde! Einer
der schönsten Paläste von Paris, der Palast d'Orsay
an der Seine, ist leider seit 1871 noch Ruine; da-
gegen ist das Hotel de Ville in seiner alten Pracht
wieder aus dem Schutte erstanden.

Die herrlichste Gartenschöpfung der Neuzeit, die
Paris aufzuweisen hat, müssen wir im ehemaligen
ArbeiterviertelBelleville aussuchen: es sind die Bu ttes-
Chaumont, die letzte große Anlage Hanßmanns. Auf
dem verödeten, verrufenen Platz, der ehedem Richt-
stätte war und bis in die jüngste Zeit als Ablage-
rnngsplatz sür Schutt und Unrat diente, wurde auf
Geheiß Napoleons III. ein herrlicher Park geschaffen.
Man wollte auch der armen Bevölkerung dieses Stadt-
teiles in dem Anblick schöner Natnrbilder Erheiteruug
undjGenuß bieten. Und dieses ist durch die geschickte
Verwertung der natürlichen Terrainunebenheiten treff-
lich gelungen. Sanft gewellte Rasenflächen mit male-
rischer Vegetation, Teiche, Felsgrotten, Kaskaden rc.
reihen sich zu wechselvollen, ja mitunter ganz groß-
artigen Bildern, die man wohl in irgend einer Berg-
gegend, am wenigsten aber in einem Garten von Paris I
zu schauen erwartet. Auf dem höchsten Felskops der
Teichinsel hat man zugleich eine ganz überraschende
Rundsicht über die Stadt, den Pöre-Lachaise, in die
Landschaft gegen St. Denis hin rc. Selbstverständ-
lich ist auch in dieser Anlage plastischer Schmuck in
tresilicher Auswahl vertreten.

So sehr der Fremde über die kleineren Gärteic

von Paris entzückt sein wird, so kühl wird er die
großen Forets durchwandern, — vielleicht mit Aus-
nahme des Parkes vonSaintCloud, der mit seiner
Terrainverschiedenheit und seinen hübschen Fernblicken
gegen Paris hin eine Ausnahme davon macht. Das
hübsch gelegene Schloß, die Sommerresidenz Napo-
leons III., ist von 1870 her noch Ruine und erinnert
in seinem rötlichen Ton und dem rankenden Grün an
Heidelberg. — Der Bois de Boulogne, Vincennes und
auch der Foröt von St. Germain-en-Laye haben alle
mehr oder minder denselben Charakter; es ist Klein-
holz, mehr Aue als Wald, durchzogen von schönen
Fahr- und Gehwegen, an Sonntagen belebt von Pa-
risern, die in der schönen Jahreszeit mit Kind und
Kegel für den ganzen Tag der Stadt entfliehen, am
frischen Grün fich ergötzen. Große malerische Baum-
motive, wie sie beispielsweise der Wiener Prater bietet,
haben die Pariser Foröts nicht. Dagegen besitzen
Versailles und Fontainebleau im Einzelnen wahre
Prachtstücke von Bäumen, die mit ihren pittoreskenSil-
houetten wahre Zierden der Gärten sind.

Versailles mit all seinen geschichtlichen Erinne-
rungen, von Ludwig XIV. an bis zu den Tagen der
deutschen Kaiserproklamation in der Grande Galerie,
hinterläßt dem Fremden heute ganz eigentümliche
Eindrücke. So lebendig und rege es auch in dem
weitläufigen Park mit seinen Terrassen, Grotten, schat-
tigen Alleen und Springbrunnen an Sonntagen ein-
hergeht, wenn die „granäes enux" springen — die
ganze Örtlichkeit macht doch den Eindruck des Verein-
samten. Es ist so ruhig, so stille geworden, wo es
einst so geräuschvoll zugegangen! Die reizvvlle An-
lage von Petit-Trianon beim Hameau, wo noch die
niedlichen Landhäuschen um Rande des kleinen Sees
stehen, in denen sich die unglückliche Marie Antoinettc
mit ihren Gespielinnen in harmloser Ländlichkeit nnter-
hielt, dieser stille Waldwinkel ist so recht geeignet zum
Nachdenken über die Begebenheiten, die hier sich ab-
gespielt. Man bewundert heute wie ehedem die Grande
Galerie, dieGloire-Malereien eines Horace Bernet,
Delaroche, Pvon w.j aber das Jahr 1870
schleicht wie ein Schattengespenst über alle diese ge-
malten Siege und gemahnt den Beschauer an die
Wandelbarkeit des Glücks.

Aunstlitteratur und Aunsthandel.

L. Württembergs kirchliche Kunstaltcrtümer, vvn Or. Paul
Keppler, Professor der Theologie in Tübingen. — Unter
diesem Titel ist kürzlich ein Buch erschienen, das von allen
Kunstsreunden mit Freuden aufgenommen werden wird. Es
ist ein neues Glied in der Kette jener tresflichen Handbücher,
welche seit 25 Jahren die Heimatkunde unseres Vaterlandes
auf einem Gebiete sördern, welches früher qanz vernachlässigt
war. Es enthält eine Auszählung alles dessen, was an Denk-
mälern kirchlicher Kunst innerhalb des Königreichs Württem-
berg vorhanden ist. Württemberg war wohl einer der ersten
 
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