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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Pariser Eindrücke
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0117

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215

Kunstlitteratur und Kunsthandel.

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waltig aus dem Häusermeer empor, daß das Auge
von allen Punkten daran stößt, Wie wird es erst
sein, wenn die 300 Meter erreicht sein werden! Daß I
außer dem Marsfeld auch der Trocadero-Park sowie
dic Esplanade des Jnvalides fnr die Baulichkeiten
herangezogen werden, beweist, mit welch riesigen Mit-
teln auf das kommende Fest hingearbeitet wird und
welche Hosfnungen man an das große Ereignis knüpft.
Möge der Erfolg das Friedenswerk krönen! Mit die-
sem Wnnsche nehmen wir Abschied vom Marsfeld — I
und zngleich von Paris. —

Wir dampfen wieder bei der Gare de l'Est, tvo
wir angekommen, hinaus und wenden uns in öst-
licher Richtung gegen Metz. Die Fahrt durchschneidet
die ganze Schlachtenlinie vom Jahre 1870; Chalons,
Verdun, Gravelotte, St. Privat ziehen an uns vor- '
über und in der Dämmerstunde erreichen wir endlich!
Metz selbst mit seinen Wällen und Wassergräben.
Die Stadt ist so schweigsam und stille, wie ihre Um- j
gebung, wo sich 113 größere Grabmäler erheben, die I
Slätten bezeichnend, wo deutsches Blut fiir Deutsch-
lands Ehre geflossen. Es ist ergreifend, durch die
Schlucht Vvn Ars auf das Plateau hinaufzusteigen,
wo am 18. August die denkwürdige Schlacht geschlagen
wurde, und die Monumente mit ihren lakonischen Jn-
schriften an den Augen vorüberziehen zu lassen. Da
treten die großen Thaten deutschen Heldenmutes wieder
lebendig vor unsere Seele und in die Wehmnt, mit
der wir der Gefallenen gedenken, mischt sich das Ge- !
sühl hoher Bewunderung. Und an den Rhein zurück-
gekehrt, wird jeder Deutsche mit erhebendem und stol- ,
zem Gesühle den Pfad zum Ni ederwald hinansteigen
zum Bilde der Germania, der Wächterin am Rhein,
die majestätisch die Krone des müchtigen Reiches zum
Himmel emporhebt: ein hehres Siegesdenkmal und zu-
gleich ein Denkmal des Friedens! ck. U.

Aunstlitteratur und Aunsthandel.

U—ä. „Zweiundzwanzig Handzeichmmgen von Goethe"
erschienen sveben zu Weimar im Verlage der Goethe-Gesell-
schast, im Austrage des Vorstandes von Karl Ruland, dem
Direktor des dvrtigen Großhsrzogl. Museums, iu Lichtdruck-
reproduktionen von Rommel L Comp. in Stuttgart heraus-
gegeben und mit einem Vorwort begleitet. Dieselben um-
sasten landschaftliche und architektonische Ansichten aus Jena
und dessen Umgebung, sowie von mehreren aus der Karlsbader
Reise des Jahres 1810 berührten Oertlichkeiten und wurden
Vvm Tichtcr selbst elf Jahre später zu einem Bandc ver-
einigt, „um sie sür ein Ganzes zu erklären, woraus Fähig-
keit sowohl als llnfähigkeit beurteilt werden könnte", und
mit kurzgesaßten Erläuterungen von ihm versehen, die in
der vorliegenden Publikation mit zum Abdruck gelangt sind.
Denselben zufolge bot ihm die Anregung zur Wiederauf-
nahme des Zeichnens nach der Natur das im Friihling 1810
erwachte Verlangen, nach langjähriger Beschäftigung mit ab-
strakten Farbenprvblemen nöch einmal zu versuchen, was
von „Zeichnungsfähigkeit der Landschaft" in ihm läge. Be-
sonderes Jnteresse verleiht den herausgegebenen Blättern der
Umstand, daß an denselben nach Goethe's eigenem Zeugnis
keinerlei fremde Hilse mitwirkte, während sonst bekannllich

viele seiner Skizzen von befreundeten Kiinstlern überarbeitet
wurden. So erhält man denn hier ein durchaus zuver-
lässiges Material zur Beurteilung dcssen, was Goethe aus
dem Gebiete der bildenden Kunst selbständig zu leisten iiu
stande war. Daß die Zeichnungen nur einen relativen Wert,
eben als von Goethe herrührend, besitzen, wird auch von den
glühendsten Verehrern des Dichters, sofern sie in kiinstlerischen
Dingen stimmberechtigt sind, nicht geleugnet werden können.
Jn der Aufsassung der Natur und dcr Fvrmenbildung zeigen
sich die Blätter, wie der Herausgeber mit Recht bemerkt,
durchaus von den iünstlerischen Zeitgenossen, den Tischbein,
Hackert, Kvbell u. s. w. abhängig; hier wie dort eine pein-
lich genaue Durchführung der Einzelformen, welche die Ge-
samtwirkung vielfach beeinträchtigt; die minutiöse Behand-
jung des Baumschlages, die Detaillirung hell beleuchteter
Flächen kehrt auf den meisten dieser Blätter wieder, und nur
vereinzelt sind slott hingeworsene Skizzsn, wie die „Erinne-
rung an Drackendorf", die in großen Zügen das Wcsent-
liche des geschauten Landschaftsbildes wiedergiebt. Hinsicht-
- lich der Stimmung steht obenan ein Garteneingang in der
Nähe Lichtenhains bei Sonnenuntergang, an gegenständ-
lichcm Jnteresse die Zeichnung von Schillers an der Leutra
gelegenem Gartengrundstiick. Die meisten Blätter sind übri-
gens nach Goethe's cigensr Erklärung nur aus dem Ge-
dächtnis angefertigt, zwei sogar reine Erzeugnisse der Phan-
tasie, das eine davon, eine älte Burg auf selsiger Höhe, von
besvnders liebevoller Durchführung und auch in der Per-
spektive korrekter als manche der üörigen Zeichnungen. Jn
jedem Falle bestätigt die vorliegende Mappe, daß Goettze
mit einem bei Dilettanten seltenen Ernst dem Studium des
Zeichnens oblag, dessen allgemein bildenden Wert in einer
so wenig kunstsreundlichen Zeit wie der seinigen bereits klar
erkannt'zu haben, ganz abgesehen von der Beschaffenheit seiner
eigenen Versuche, der Universalität seines Genius zu dauern-
dem Ruhme gereichen wird.

x.— Anton Springcrs Grimdzügc dcr Kuiistgcschichtc,

welchen Titel das Textbuch zu den „Kunsthistorischen Bilder-
bogen" in seiner dritten Auflage angenommen hat, sind kurz
vor Weihnachten mit dem vierten Bändchen vollständig er-
schienen. Den Jnhalt dieses letzten Bändchens bildet die
Geschichte der Renaissancs diesseits der Alpen und die Kunst-
geschichte des 17. und 18. Jahrhunderts. Jm Formate
wesentlich vergrößert, umfaßt die neue Bearbeitung des „Text-
buches" 652 Seiten (gegen 407 der zweiten Aufiagej. „Jch
niuß wünschen", sagt der Verfasser in dem Vorworte, „daß
man in dieser Erweiterung nicht eine äußerliche Aufbauschung
des ursprünglichen Kernes, welcher übrigens im wesentlichen
unversehrt geblieben ist, sondern cin natürliches inneres
Wachstum des Buches erkenne." Und in der That, dieses
innere Wachstum ist fast aus jeder Seite zu erkennen. Breiter
ist der Vortrag geworden, aber nicht um sich zu vcrflachen,
sondern um sich zu vertiefen, eingehender gestaltet sich dieSchil-
derung der verschiedenen Zeitverhältnisss, welche auf Forin
und Jnhalt der künstlerischen Gedanken Einfluß übten, und
der den Entwickelungsgang der Kiinste bestimmenden Meister,
ohne daß kleinliche und peinliche Rücksicht aus Vollständigkeit
die Uebersicht verwirrte. Springers Meisterschaft als Histo-
riker bewährt sich bei dieser neuen, übrigens auch in
! der Gruppirung des Stoffes nicht unwesentlich verbesserten
Fassung aufs glänzendste. Deshalb wird das überaus wohl-
seile Buch auch ohne die zugehörigen Abbildungen benutzt
! werden können und dankbare Leser finden. Das Anschauungs-
material ist ebenfalls ganz neu geordnet und sührt zuni
Unterschiede gegen das ursprüngliche Werk (zwei Bände und
drei Supplemsnte) den Titel „Handausgabe" der „Kunst-
> hislorischen Bilderbogen". Um die Anschaffung zu erleichtern
und dem Anfänger nicht allzuviel Augenweide zuzumuten,
j sind die Abbildungen in zwei parallele Cyklen geteilt, von
denen der zweite die „Ergänzungstaseln" zum ersten ent-
hält. Text und Bilder schließen um die Mitte des 18. Jahr-
hunderts ab, an dem Punkte, wo Springers „Kunst des
10. Jahrhunderts" >) einsetzt, um den abgerissenen Faden
I wieder anszunehmen.

1) Die Kunst des 19. JahrhundertS von Anton Springer.
2. vermehrte Auflage. Mit 432 Abbildungen auf 82 Tafeln. Leipzig.
Seemann 1884.
 
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