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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Rosenberg, Adolf: Die Fresken der Casa Bartholdy in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0123

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227

Die Fresken der Casa Bartholdy in Berlin.

228

vorhanden ist, hat Prof. vr. von Donop in einer
kleinen gehaltvollen Schrift (die Wandgemälde der
Casa Bartholdy in der Nationalgalerie) zusammen-
gestellt, welcher wir im folgenden noch einige für die
Entstehnngsgeschichte der Fresken und ihre weiteren
Schicksale wichtige Mitteilungen entnehmen.

Daß der preußische Generalkonsul Bartholdy ein
Zimmer seiner Wohnung jüngeren Künstlern znr Be-
thätigung ihrer Kraft zur Verfügung stellte, war wirk-
lich eine mit großen Opfern verbundene That, deren
Bedeutung erst jetzt richtig geschätzt werden kann,
nachdem Prof. v. Donop im kgl. prenßischen Staats-
archiv einen Brief Bartholdy's an den Staatskanzler
Fürsten von Hardenberg anfgefunden hat, welcher,
vom 9. März 1817 datirt, folgendermaßen lantet:

„Jch war letzthin schon so dreist, Ew. Durchlaucht da-
rauf vorzubereiten, daß ich mir die Freiheit nehmen würde,
Höchstdiefelben gehorsamst zu ersuchen, Sr. Majestät dem
Könige einige Skizzen unserer preußischen Künstler zu über-
reichen, welche dieselben nach ihren eigenen Fresco-Gemälden
verfertigt haben. — So viele Aufopferung es mich gekostet,
mehr als die Hälfte meines Gehaltes darauf zu verwenden,
— diesen braven jungen Männern Gelegenheit zu ver-
schaffen, sich einen Namen zu machen, so sehr sehe ich mich
dadurch belohnt, daß ihr Werk gelungen und selbst der Na-
tion zur Ehre gereicht. Jch übersende Ew. Durchlaucht,
nebst dem Kistchen sür Se. Majestät unsern allergnädigsten
König, zugleich Kopien des Schreibens und der Erklärung
der Skizzen, welche ich beigelegt. — Ew. Durchlaucht werden
daraus ziemlich vollständig den Zusammenhang des Ganzen
ersehen. Die Jnkorrektheit und üble Form dieser Kopien
müssen Ew. Durchlaucht mir nachsichtsvoll vergeben, da die
schnelle Abreise des Couriers, der sie mit sich nimmt, mir
uicht erlaubt, eine andere zu verfertigen. — Nicht blos un-
sere Maler zu Rom verdienen Aufmunierung durch Bestel-
lungen sdie beste Art der Unterstützung), sondern wir haben
das Glück, auch in anderen Zweigen der Künste hier tüch-
tige und hoffnungsvolle junge Leute zu besitzen.

„Es bestätigt sich dadurch abermals die Erfahrung, —
daß eine sich hebende Nation, wie die unsere, nicht blos in
einem Fache aufstrebt, wie z. B. im Kriege, — sondern in
allem zugleich, — und glücklich, Ivenn Männer mit einem
Herzen, wie das Ew. Durchlaucht, an der Spitze stehen, —
das entstehende Gute zu entwickeln und zu befördern. Was
mich betrifft, ich werde es mir stets zur höchsten Ehre und
Freude schätzen, die erleuchteten Absichten Ew. Durchlaucht
für den geringen Antheil, der mir zufallen dürste, mit Eiser
auszuführen, und mein geringes Scherflein zum Ruhme des
Vaterlandes beizutragen."

Die hohe Wertschätzung, welche Bartholdy den
von ihm veranlaßten Schöpfungen deutscher Kunst
beilegte, wurde von seinen Verwandten und Erben
nicht geteilt. Nach dem am 27. Juli 1825 zu Rom
erfolgten Tode Bartholdy's war bereits die Rede da-
von, die Fresken von den Wänden abzulösen und mit
seinen übrigen Kunstgegenständen an seine Erben nach
Berlin schasfen zn lassen. Doch schrieb Bartholdy's
Schwester, Lea Mendelssohn, aus Berlin am 6. März

1826 an den mit der Ordnung der Kunstsammlungen
betrauten Maler Wilhelm Hensel: „Der Bericht über
das Ablösen der Fresken ist sehr interessant. Aus
vielen Gründen aber werden wir keinen Gebrauch
davon machen. Die Kosten wären für uns nicht allein
bei weitem zu bedeutend für eine Liebhaberei, aber
die Schwierigkeit, derart große Bilder zu placiren
muß auch berücksichtigt werden und, unter uns gesagt
so interesfant die Fresken als Versuche und Erstlings-
blüthen sein mögen, bleibt doch die Frage, ob sie den
Aufwand von Geld und Mühe verdienten. Kurz,
lassen Sie uns nichts mehr davon erwähnen." Bei-
länfig sei hier bemerkt, daß bei der Wahl des Gegen-
standes der Fresken durch die Maler nicht etwa die
Rücksicht anf das religiösc Bekenntnis des Bestellers
maßgebend gewesen ist, wie sich mehrfach auf Grund
älterer Überlieferung in der Litteratur angegeben
findet. Denn Bartholdy war schon 1805 in Dresden
zum Protestantismus übergetreten, und überdies ist
durch mehrere Zeugnisse erwiesen, daß er die Wahl
des Gegenstandes den Künstlern überlassen hat.

Der Gedanke der Ablösung der Fresken wurde
später von König Friedrich Wilhelm IV. aufgenom-
men und ein Versuch mit dem kleinsten der Wand-
bilder „Joseph und die Frau des Potiphar" gemacht.
Aber das angewendete Verfahren war so unzu-
^ länglich, daß das abgenommene Bild erhebliche Be-
schädigungen erlitt, die noch heute wahrzunehmen sind,
und daß man infolgedessen von der weiteren Aus-
führung des Planes Abstand nahm. Jm Jahre 1874
wurde jedoch der Angelegenheit wieder größere Auf-
merksamkeit zugewendet, weil die Besitzer der Casa
Zuccari mit der Absicht umgingen, die Fresken zu
verkaufen. Die verschiedenen Stadien der alsdann
angeknüpften Verhandlungen werden in der Schrift
Prof. v. Donops eingehend geschildert. Wir heben
daraus hervor, daß, nachdem die Bemühungen, das
ganze Haus für die Zwecke eines deutschen Künstler-
heims anzukaufen, gescheitert waren, es schließlich der
preußischen Staatsregierung gelang, die Fresken allein
zu erwerben, mit deren Ablösung der Florentiner
Kunsthändler Stefano Bardini betraut wurde, der für
seine vortreffliche Arbeit mit 13000 Lire honorirt
wurde. Das von ihm selbst erfundene Verfahren bei
der Ablösung der Fresken ist so interessant, daß wir
nach der Schrift einiges darüber mitteilen wollen:

„Um die Fresken von den Wänden ablösen zu können,
inußten die eigentlichen Mauerbestandtheile derselben voll-
ständig entfernt werden. Nach Wegnahme zweier Außen-
wände und infolge der notwendig gewordenen Zerstörung
der gewölbten.Decke des Freskenzimmers und der beiden
anstoßenden Räume schwebte die darüber befindliche Etage
gleichsam frei in der Luft, und nur durch ungewöhnliche,
l mit Rücksicht auf den stark baufälligen Zustand des Hauses
 
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