Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

DOI Artikel:
Frimmel, Theodor von: Eine vergessene Gemäldesammlung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0251

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
483

Eine vergessene Gemäldesammlung.

484

Mieris d. ä. zu nennen. Von diesem ist, so meine
ich, das kleine hochovale Bildnis Vaubans gemalt
(auf Kupfer).

Von A. v. d. Velde dürfte ein auf Leiuwaud
gemaltes Breitbild (0,72x0,62) mit einem holländi-
schen Viehmarkt stammen, auf dem wohl auch noch
eine Signatur zu finden sein wird. Das Bild ge-
hört in die Berghemisirende Zeit des Meisters. — Ob
ein kleines Rundbild (Diam. 0,20) mit einer Ruhe
auf der Flucht nach Ägypten von einem Holländer
genialt ist, möchte ich vermuten, aber nicht behaupten.
An die italienische Zeit Breenberghs habe ich gedacht.
Elsheimers Atmosphäre ist nicht zu verkennen, doch
ist das Bild auf weichem (wohl italienischem) Holz
gemnlt nnd in italisirender Weise komponirt.

Zwei kleine fast quadratische Bildchen, die höchst
wahrscheinlich von den Vlämen Bout und Boude-
wyns herriihren, gar sauber gemacht und wohl er-
halten sind, und ein kleines Blumenstück in der Art
des Savery mögen hier angereiht werdeu.

Da ich übrigens keinen Katalog zu liefern habe,
gehe ich an vielem, an einem männlichen lebeusgroßcn
Bildnis, das dem B. v. d. Helst zugeschrieben wird,
an einer kleinen Bauernschlägerei, einer Landschaft, die
als Ruisdael gilt, an zwei Tierstücken, die für A.
Cnyp gehalten werdeu, einstweilen vorüber, um vou
einem älteren niederdeutschen Bilde zu sprechen, das
dem Meister vom Tode Mariae verwandt ist.
Jch meine eine Maria mit dem Kinde, das sein rechles
Ärmchen um den Hals der Mutter zu schlingen sucht.
(Maria als halbe Figur in etwa halber Lebensgröße.)
Ganz vorne links liegen Früchte auf einer nur wenig
mehr sichtbaren Brüstung. Goldgrund. Für de»
Meister selbst ist die Zeichnung und Modellirung
nameiitlich an einem Fuße des Kindes zu schwach.
Ob hier ein Schulbild oder eine alte Kopie vorliegt,
wage ich augenblicklich nicht zu entscheideu.

Von Jnteresse ist gewiß auch ein kleines, sorg-
fältig durchgebildetes männliches Brustbild, das ich
für französisch halte und das große Stilverwandt-
schaft mit dem kleinen Bilde im Belvedere (2. Stock,
I. Saal, Nr. 99) und deni Brustbild einer Heiligen
in der Ambrasersammlung (letztes Zimmer, Nr. 67)
zeigt. Wahrscheinlich sind alle drei von derselben
Hand.ch Das kleine Bildnis bei Czartoryski zeigt

1) Jch bleibe einstweilen bei diesem Namen, obwohl
W. Schmidt in neuester Zeit den Namen Joh. Voest für dcn
„Meister vom Tode Mariä" vorgeschlagen hat und zwar
mit gnten Gründen. (Vergl. Repertorium für Kunstwissen-
schasi Xll, S. 43.)

2) Über daS kleine Porträt im Belvedere vergl. Scheibler
im Repertorium sür Kunst X, 293 S. ff zu Nr. 1437 des
Engerthschen Kataloges. Über das Brnstbild in der Ambraser-

einen Mann in mittleren Jahren und mit blondem
zweispitzigen Vollbart in halbem Profil nach links.
Auf dem Haupt trägt er eine niedrige schwarze Mütze.
Der Hintergrund ist sastgrün von mittlerer Helligkeit.
Links oben die Reste der sauber ausgeführten Dati-
rung: (1)549. (Auf hartem Holz, hoch 0,16, breit0,13)-
Weniger bedeutend in künstlerischem Sinne ist ein
gegenwärtig polygones kleines Gemülde mit dem Brust-
bild einer Dame, das ich gleichfalls für französische
Malerei dcs 16. Jahrhunderts halte.')

Als spätere französische Bilder sind ein Seestuim,
den ich aus der Entfernung für Jos. Vernet halte,
sowie eine Kopie oder Wiederholung des Mädchens
mit dem zerbrochenen Krug vou Greuze (Lonvre,
Nr. 263) zu nennen. Beide Biider müßte ich erst
genauer studiren, um mich über sie bestimmt äußern
zu könneu.

Unter den zahlreich vorhandenen Jtalienern
befinden sich viele Kopien, darunter auch einige ältere
nach berühmten Bildern, so nach der Johanna von
Aragonien des Raffael im Louvre, nach der Fornarina
des Sebastiano del Piombo in der Tribuna, nach
einer Boltraffio'schen Madonna u. s. w. Ein Albani
scheint mir sehr bedeutend, ein großes Breitbild, das
viele Verwandtschaft mit dem Bilde im Louvre (Nr. 12)
zeigt, aber, wenn ich nicht irre, reicher komponirt ist-
(Adonis von Amor geführt, nähert sich der schlafenden
Venus). Eine Madonna von Sassoferrato ist eines
der reichsten Bilder dieses Meisters.

Unter den modernen Gemälden hebe ich folgende
hervor: Jar. Czermak, Herzegowinischeralter Sänger
mit seiner Tochter. Es ist das unvollendet gebliebene
letzte Werk des allznfrüh verstorbenen Küustlers.
Ein Aquarell von demselben, einen betenden Mönch
vorstellend, ist von seltener Kraft in Farbe und Ans-
druck. Ein polnisches Sittenbild von Rybkowski
schließlich sei noch erwähnt.

__ Th. Frimmel.

sammlung, das nach Waagens Borgang dem Holbeinschen
Kreise zugeteilt wird, vergl. Primissers und v. Sackens Bücher
über die Ambrasersammlnng und Waagens vornehmste Kunst-
denkmäler in Wien.

1) Es ist auf einem Tableau mit neueren MiniatureN
zusammen angeordnet, was Veranlassung giebt, hier auch
auf die hübsche Miniaturensammlung des Fürsten aufmerk-
sam zu machen, deren wertvollstes Slück vielleicht ein be-
zeichneter I. Jsabep ist, ein Brnstbild von Louis XVIII. —
Auch möchte ich nicht versäumen, aus eine Anzahl interessanter
Plastischer und verschiedenartiger kunslgewerblicher Gegen
stände ausmerksam zu machen, die bei Czartoryski's zu fin-
den sind.
 
Annotationen