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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Rutari, A.: Die Ausstellung der Royal Academy zu London
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0282

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Nr. 35.

2H. Iahrgang.

(888/89.

Aunstchronik

6. ^uni.

wochenschrift für Aunst und Aunstgewerbe.

Ankündigungsblatt des verbandes der deutschen Runstgewerbevereine.

^erausgeber:

Larl v. ^ützow und Arthur j)abst

wien WIn

Therestanumgasse 2S. Raiser-lvilhelmsring 22a.

Lxpedition:

Leipzig: L. A. Seemann, Gartenstr. 15. Berlin: w. L). Aühl, Jägerstr. rz.

Die Kunstchronik erscheint von Gktober bis Lnde guni rvöchentlich, im guli, August und September nur aller 14 Tage und kostet in verbindung
mit dem Runstgerverbeblatt halbjährlich 6 Mark, ohne dasselbe ganzjährlich 8 Mark. — gnserate, ü Z0 pf. für die dreispaltige ssetitzeile
nehmen außer der verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein 6c vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

Dic Allsstelllintz der Royal Academy zu London.

Jn den vornehm kühlen Rämnen des Burlington- I
hauses, Piccadilly, vollzieht sich seit dem Ansang
Atai das grvßte knnstlerische Ereignis des Jahres.
Am ersten Montag im Monat Mai ist — wie seit
hundert Jahren üblich — wieder einmal die große
Ausstellung der Royak Academy eröffnet worden.
Damit ist die Season feierlichst eingeläutet und die
große Gesellschaft Englands hat einen Sammelpunkt
gefunden. Es giebt keine Kunstausstellung auf dem
Festlande, die einen ähnlichen Einfluß ausznüben ver-
möchte, wie die in Piccadilly. Mancher behauptet, es
sei nichts Besseres als Modegewohnheit oder der
Wunsch, schöne Toilctten zur Schau zu tragen, was die
Mehrzahl der Besncher in die Academy führe. Wäre
dem wirklich so, es gabe nns noch kein Recht, ver-
ächtlich von dem Kunstsinne der Engländer zu
sprechen: wer im Glashause sttzt, soll nicht mit Steinen
werfen. Aber ein großer Teil dieser Besucher, die
wir durch die Ausstellung haben wandeln sehen, be-
trachtete die Gemälde mit so großer Aufmerksamkeit'
daß wir die Liebe zur Knnst dem Engländer uicht
bestreiten mögen. Zum mindesten thut er mehr als
irgend ein anderer Weltbürger, diese seine Liebe zu
bethätigen, und es giebt selten eine Ausstellung, auf
der nicht etwa 25 » des Dargebotenen verkauft würde;
von 2000 Kunstwerken 500 verkanst, das will schon
etwas sagen, wie unsere deutscheu Maler bestätigen
werden. Und es sind fast nur gnte Sachen, die sich
so schnell verkaufen, während es uns schon oft auf
deutschen Ausstellungen (die Erfahrung erlaubt uns
nur von Berlin zu sprechen) begegnet ist, daß die

Käuser sich das Billigste, nicht aber das Beste aus-
wühlten. Der Engländer bewährt auch auf diesem
Gebiete seinen kaufmännischen Grnndsatz, das Gute
zu nehmen, ohne nach dem Preise zu fragen, das
Schlechte aber abzulehnen und wenn er es halb ge-
scheukt bekäme.

Die diesjährige Ausstellung trägt den Charakter
des Mittelguten; es ist kaum etwas Schlechtes zu
findeu, aber anch nur wenig Hervorrngendes. Von
Meistern ersten Ranges sind nur Leighton und
Alma Tadema vertreten. Letzterer, der im Augen-
blick nicht weniger als sechs Bilder ausgestellt hat,
alles Werke dieses Frühjahrs, sandte nur eines davon
auf die Academy. Es ist eines der kleinsten Bilder
daselbst, aber vielleicht das größte Kunstwerk. Punch
spottet umsonst, Tadema sei wieder t.rö8-g,ima-rbls
oommo koujovrs; gerade was an diesem neuesten Ge-
mälde so sreudig überrascht, ist der völlige Sieg des
Künstlers über seine Neigung, die ihm verliehenen
glänzenden Eigenschasten in der Wiedergabe des Stoff-
lichen hauptsächlich zur Geltung zu bringen. Man
preist vor dieser Leiuwaud nicht mehr wie vor seinen
früheren deu „natürlichen Marmor", sondern man
läßt zuerst den seelischen Gehalt des Bildes, die freie
Schönheit seiner Komposition, den Reichtum seiner
maßvoll und doch zugleich verschwenderisch gebrauchten
Farben anf sich wirken, und danu erst kommt man
dazu, sich in die unübertreffliche Meisterschaft, mit
welcher jede Einzelheit gemalt wurde, zu versenken.
Eiues der bedeuteudsten Kunstwerke in jeder dieser
Beziehungen ist sein „Bachusopser" (^ voäioation to
Lgoollns), in welchem der große Künstler sich selbst
übertroffen hat. Nicht ganz so vollendet in der Kom-
 
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