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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Boetticher, Ernst: Über die Malweise der alten Meister
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Frimmel, Theodor von: Ein Gang durch die Galerie Nostitz in Prag, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0369

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719

Ein Gang durch die Galerie Nostitz in Prag.

72U

merkten, wie trefflich sich diese mit so durchsichtigen
und haltbaren Lasuren „koloriren" ließ. Vielfach
läßt es sich ja auch feststellen, daß die Grisailleunter-
malung in Tempera ausgeführt ist. Wo die Grisaille
in Ll gemalt ist, hat sie gewöhnlich einen gelblichen
Ton angenommen, der auch im Kolorit nachwirkt.
Man könnte am Ende gar fragen, ob nicht auch der
gepriesene gelbliche Ton der Rembrandtschen Bilder
hiermit zusammenhänge. Alle die Meister der vlä-
mischen und holländischen Schule, auch Rubens und
van Dyck (in ihren Holztafelbildern, ganz und zum
Teil auch noch in ihren Leinwandgemälden), nament-
lich aber die berühmten Kleinmeister wie Brueghel,
van Balen, Brouwer, Teniers, Terborch, Mieris,
Dov u. s. w. haben im Prinzip an der alten Mal-
weise festgehalten, behandelten sie aber unvergleichlich
genial gegenüber den alten Koloristen. Der Unter-
malung in lichter Grisaille verdanken ihre Bilder die
sie auszeichnende Klarheit in den Tiefen und im Hell-
dunkel, sowie den einheitlich aus der Tiefe heraus
über die ganze Bildfläche gebreiteten Grundton, während
die emailartige Glätte von der Verwendung von
Mastixfarben herrührt. Ob die zahlreichen Grisaille-
bilder aus jener Zeit nur, wie man sagt, als Vor-
lagen sür den Kupferstich gefertigt wurden, ob nicht
manche ursprünglich bestimmt waren, bemalt zu werden,
muß dahingestellt bleiben. Damals wurden die Bilder
gewissermaßen bemalt, heute werden sie gemalt, so
könnte man den Unterschied zwischen der alten und
modernen Malerei bezeichnen. Es scheint, man darf
diesen Umschwung der Schule zuschreiben, die zuerst
der Wirkung durch die Farbe den Vorrang einräumte,
mehr in Farben modellirte als zeichnete, also der
.venetianischen, und wahrscheinlich hängt dies eng zn-
sammen mit der immer breiteren Raum gewinnenden
Verwendung der Leinwand. Die Malerei erhielt nun
einen Zug ins Große und Großartige. Die hol-
ländischen Kleinmeister haben jedoch die alte Weise
bis zum Schluß bewahrt, und so endete diese, wie sie
begonnen, in der Miniaturmalerei.

Mögen nun Bernfenere entscheiden, ob die hier
mitgeteilten Beobachtungen, für welche jede andere
größere Galerie wohl auch Gelegenheit bieten wird,
über die alte Malweise neues Licht verbreiten. Die
kopirenden Künstler in den Galerien, die vergeblich
mit ihrer modernen Manier die alten Meister treu
wiederzugeben suchen, würden mit der hier beschriebenen
alten Weise vollkommene Ebenbilder schaffen. Jnsofern
hat die Sache ja auch einen praktischen Wert, und dies noch
mehr, wenn man angesichts der längeren Haltbarkeit der
alten Malweise diese auch heute wieder für monumen-
tale Zwecke, Verewigung historisch wichtiger Vorgänge
u. dgl. anwenden wollte. Ernst Boetticher.

<Lin Gang durch die Galerie Nostitz in Prag.

(Schluß.)

Die Gegenstücke Nr. 256 und 279 endlich gehen
vielleicht auf Holbeinsche Originale zurück, obwohl ich
solche nicht namhaft machen kann. Eine kurze Be-
schreibung der Bilder, deren eines die alte Jahres-
zahl 1537 trägt, sowie eine Wiedergabe der Jnschriften
führt vielleicht zur Klärung des Sachverhaltes von
seiten anderer Forscher. Die fraglichen Bilder sind
Gegenstücke, unterlebensgroße Brustbilder mit Hän-
den. (Beide auf Lindenholz.) Nr. 256 Halbprofil
nach rechts, Mann mit schwarzem Barett. Unten in
gelber Kapitalis auf grauem Grunde: „Ouur tröäselm
vitas üuxisssnt lustra psraotas / Viribus sxbausto
volors talis sram / Lignora, sunt trsäsoiw nostra äs
sanguins orsta/Vniea guas nobis sustulit vxor srat."
Oben links ein Wappen: in Schwarz ein steigendes
kleines Roß über Flammen. Auf dem Fingerring
wiederholt sich das Wappen. Rechts im Hintergrunde
ein Fenster, durch welches man auf eine bergige Land-
schaft blickt. Das Gegenstück Nr. 279 zeigt einen
Mann mit abgelebten Zügen und etwas verkommenem
Vollbart. Schwarzer barettartiger Hut. Halbprofil
nach links. Rechts oben ein Wappen: Der rote Schild
durch ein blaues Band mit drei gelben, sechsstrahligen
Sternen geteilt. Oben ein heraldisch nach rechts ge-
kehrter aufsteigender Bock. Auf dem Bilde liest man
unten in gelber Capitalis folgende Jnschrift: „Lis
oolo luskris, annis tribus atgus psraotis / 8io labra,
sio vvltvs 1vrn(i)na. viva tuli / Oorpors parvus sram:
ssä inagnus ooräs, llä6g(us) / blt nobis vxor pignora
guingus xarit". Links im Hintergrunde ein Fenster,
durch das eine bergige Landschaft sichtbar ist.

Des älteren Cranach Werkstätte ist durch mehrere
Tafeln vertreten, deren wertvollste das Breitbild mit
Christus und den Kleinen sein dürfte (Nr. 27). Rechts
oben bemerkt man die geflügelte Schlange, links unten
ein Wappen: heraldisch links eine Katze in Gold,
heraldisch rechts ein schräggeteiltes Feld (oben Gold,
unten Blaugrün). Oben auf dem Bilde noch eine
lange Zeile mit dem Text: „Lasset die Kleinen..."
in Kapitalschrift (auf Lindenholz ca. 0,80 m breit).
Man weiß, wie oft diese Darstellung in der Werk-
statt Cranachs wiederholt worden ist. So befinden
sich zwei dieser Bilder in der Dresdener Galerie,
Nr. 1924 und 1927, wovon das erstere gar nicht,
das letztere in vielen Stücken mit dem Bilde bei Nostiz
übereinstimmt. Das Prager Exemplar steht aber dem
älteren Cranach viel näher als die Dresdener Wieder-
holung und könnte vom Meister selbst gemalt sein.
Eine andere Wiederholung im gotischen Haus zn
Wörlitz (Nr. 1137) stimmt nach meiner Erinnerung
auch nicht vollkommen mit dem Prager Bilde überein
 
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