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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 24.1889

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Frimmel, Theodor von: Ein Gang durch die Galerie Nostitz in Prag, [2]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.6239#0370

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72l

Bücherschau.

722

und scheint ebenfalls später zu fallen. Verschieden
von dem Exemplar bei Nostitz ist auch das.späte
Schulbild in Schwerin. ^)

Von geringerer Qualität als Nr. 27 ist eine der
vielen Atelierwiederholungen vonCranachs Ehebrecherin
vor Christo (Nr. 31). Das Bild zeigt fast lebens-
große Figuren. Rechts oben findet sich das Mono-
gramm. ^)

Gute interessante Bilder sind Nr. 173 und 175,
lebensgroßePorträte vom jüngeren Cranach. Beide
datiren von 1566 und stellen Mann und Frau in
mittlerem Alter vor. Von „einer alten Frau", wie
der Katalog sie nennt, kann keine Rede sein, auch
wenn man die Jnschrift „Xstutis suas 38" nicht lesen
würde. (Helle Karnation, grauer Hintergrund —
auf Lindenholz).

Die „altdeutsche" Madonna Nr. 13 hängt für
meine Sehweite zu hoch, als daß ich sie anders denn
vermutungsweise der Cranachschen Schule zuweisen
könnte. Nr. 141, ebenfalls hoch situirt, dürfte eine
Kopie nach Cranach sein.

Aus späteren Zeiten finden wir einige Rotten-
hammers, Nr. 120 und 150.^) Erstere Nummer
weist eine schon sehr undeutlich gewordene Jnschrift
auf, in welcher die Jahreszahl 1615 zuoberst steht
und der Name des Malers vorzukommen scheint. Auf
Nr. 150 erinnert die Landschaft an Jan Brueghel
oder Schoubrouck. Nikolaus Knupfer ist durch ein
interessantes signirtes Breitbildchen vertreten, Diana
und andere Figuren in einer Landschaft (Nr. 53), das
durch gute Erhaltung und saubere Ausführung
auffällt. Es ist weniger bunt gehalten als Knupfers
Hauptbild in Schwerin.

Von Paudiß bewahrt die Galerie eine lebens-
große Halbfigur aus dem Jahre 1661. Ein junger
Mann mit blauem Barett, woran zwei weiße Federn,
ist äs tllos in der bekannten verblasenen Weise dar-
gestellt. Die linke Hand ist ausgebreitet, der linke

1) (No. 166) Der Schlie'sche Katalog weist auf die ein-
schlägigen Stellen bei Schuchardt hin.

2) Wiederholungen werden genannt in: Dresden, Mün-
chen, Nürnberg, bei Esterhazy in Wien (jetzt in Pest). Vergl.
Schuchardt II. 5, 44, 95, 110, 145. S. 110 ist das Bild
bei Nostitz erwähnt. Eine andere Wiederholung war 1876 in
München ansgestellt vom Kirchenvorstand von Annaberg in
Sachsen (Br. 1, 20, 40, 73) mit der Jnschrift: „Wer unter
Euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie
Jo: VIII" Darunter die Schlange mit liegenden Flügeln in
sauberer Aussührung (ältere Notiz). Andere Wiederholungen
sind auch in Woermann's Geschichte der Malerei II, 426 nam-
haft gemacht. Dort eine kleine Abbildung des Münchener
Exemplars, eine größere in JanitschekS Geschichte der deut-
schen Malerei.

3) Nach einer älteren Notiz auch No. 4 und zwar mit
dem Namen der Jahreszahl 1607.

Arm (verkürzt gesehen) wird in die Seite gestemmt.
Die Bezeichnung lautet „Christstoffter Paudis 1661".
Die zwei Gemälde von Karl Andreas Ruthart habe
ich schon im Repertorium f. K. besprochen (IX, 141).

Ohne von der Nationalität des Malers bestimmte
Kunde zu haben, reihe ich hier zwei mit H. oder A.
Hoc bezeichnete große Breitbilder an, die irrtümlicher-
weise als Werke des Rob. v. Hoeck im Katalog ver-
zeichnet stehen. Der Maler ist vielleicht Holländer
und hat wohl den Einstuß des Palamedes Palame-
desz und des jüngeren Huchtenburg erfahren. Dic
zwei Reitergefechte bei Nostitz, von denen Nr. 197 die
erwähnte Bezeichnung trägt, gehen vollkommen mit
einem bezeichneten Hoc der Sammlung Stroß in
Wien zusammen; zu dem sog. Hock und van Loon in
der gräfl. Harrachschen Galerie in Wien können sie
aber schon deshalb gar nicht passen, weil das kleine
Bild, das gene wunderliche Benennung erhalten hat,
einfach ein signirter Hermann van Lin ist, dessen
Siguatur freilich rechts unten etwas gelitten hat.Z
Unter den Modernen wären besonders hervor-
zuheben: Führichs trauernde Juden von 1837 und
Chr. Rubens' Columbus von 1846.

Die Jtaliener der Galerie Nostitz, die ohnedies
in nur geringer Anzahl vorhanden sind, möchte ich in
anderem Zusammenhang besprechen.

Wien, im Juli 1889.

vr. Th. Frimmcl.

1) Noch dazu wurde neuerdings fast auf die Signatur
eine Fideicommisnummer hingekleckst, die zur Leichtigkeit der
Bestimmung eben nicht beiträgt und die recht gut auf der
Rückseite Platz gefunden hätte. Viele Bilder der Harrach-
galerie sind durch die aufgesetzten Jnventarnummern gerade-
wegs in ihrem Wert beeinträchtigt worden, z. B. der
schöne Rembrandt.

Bücherschau.

x.— Ein Bilderatlas zum Homer, herausgegeben von
vr. R. Engelmann, ist soeben im Verlage des Litterari-
schen Jahresberichtes (Artur Seemann) in Leipzig erschienen.
Er enthält 36 Taseln mit etwa 200 antiken homerischen Dar-
stellungen und die dazu nötigen Erläuterungen. Die my-
thologifchen und antiquarischen Kenntnisse, welche die Schüler
zur Homerlektüre mitbringen, sind in der Regel ziemlich
dürftige. Daß ein Atlas wie der vorliegende den Unter-
richt beleben wird, leuchtet ohne weiteres ein. Die homer-
lesende Jugend wird durch diese klassischen Abbildungen
ohne Zweifel eine lebhaflere Aufmerksamkeit für den Stoff
gewinnen, als wenn ihr, wie bisher wohl meist üblich war,
der Homer als Mittel zur Einprägung der griechischen
Sprachformen und des Satzbaues dargeboten wurde. Gerade
die wenigsten Menschen empfangen in der Schule einenauch
nur schwachen Begriff von der Größe und Bedeutung des
homerischen Gedichtes. Die Schule soll aber nach Möglich-
keit auch das Verständnis des Homer erschließen und kann
dies nur, wenn die Beschästiaung mit dem Stoffe eine inten-
sivere wird, als die landläufige war. Darum verdient der
vorliegende Atlas die Beachtüng aller Pädagogen und darf
als wichtiges Hilfsmittel bei der Homerlektüre empfohlen
werden. Der Preis ist äußerst mäßig: der vollständige
 
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