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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 5.1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.5781#0235

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451

Ausgrabungen und Funde. — Vermischtes.

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hat die bayerische Regierung nunmehr energische Sehritte
gethan. Zunächst hat der Prinzregent nach dem Vorschlage
des Kultusministers genehmigt, dass eine gemeinschaftliche
„Ankaufskommission" für die diesjährigen beiden Kunstaus-
stellungen in München gebildet worden ist, die aus neun
Mitgliedern, sechs Künstlern und drei Kunstfreunden besteht.
Zum Vorsitzenden dieser Kommission, die ihre Vorschläge
an das Kultusministerium zu richten hat, ist der Direk-
tor der Münchener Kunstakademie, Ludwig v. Löfftx, zum
stellvertretenden Vorsitzenden der Professor Karl Harr, zu
weiteren Mitgliedern, und zwar aus der Reihe der Künstler,
Professor und Bildhauer Johann Hirt, die Professoren und
Maler Adolf Eehtlcr und Franx Stuck, und der Maler Peter
Paul Müller in München, ferner aus der Reihe der Kunst-
freunde der Centralgcmäldegaleriedirektor Dr. Franx von
Reber, der Ministerialdirektor a. D. Ludwig v. Bürkel und
der Gutsbesitzer Jan Frhr. v. Wendelstadt in Neubeuern er-
nannt worden. Das Staatsministerium des Innern für Kir-
chen- und Schulangclegenheiten behält sich vor, auch über
solche Kunstwerke, welche von der Kommission nicht vor-
geschlagen wurden, ihr Gutachten einzuholen. Um auch
die Etikettenfrage zu erledigen, über die im vorigen Jahre
lebhaft gestritten wurde, hat der Prinzregent am 31. Mai
die Kunstausstellung der Sezessionisten, die in zwölf Sälen
etwa 400 Kunstwerke enthält, und am 1. Juni die inter-
nationale Jahresausstellung im Glaspalast eröffnet, die in 41
Räumen etwa 1800 Kunstwerke umfasst.

S. Archäologische Gesellschaft in Berlin. Maisitzung.
In Vertretung des ersten Vorsitzenden eröffnete Herr Schöne
die Sitzung mit einigen Vorlagen, denen Herr Ruhemohn
die Vorlage des eben erschienenen ersten Bandes der grie-
chischen Anthologie von Stadtmüller anschloss. Darauf be-
richtete Herr Conxe über die Arbeiten des Kaiserl. Deutschen
archäologischen Instituts, Herr Biels über den Apollohymnus,
der bei den französischen Ausgrabungen in Delphi zu Tage
gekommen und durch seine Notenschrift so bemerkenswert
ist, Herr Brüchner über trojanische Keramik, Herr Winter
über einen Marmorkopf des Louvrc, in dein er ein Porträt
des Mithridates Eupator sieht. Zum Schluss bemerkte Herr
Pomtow, dass die Inschrift des Apollohymnus nach dem Cha-
rakter der Buchstaben zweifellos nicht vor dem Jahre 200
entstanden ist.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE.

*„* Von ihn bei den Ausgrabungen in, Magnesia am
Mäander gemachten Funden hat die türkische Regierung
dem Berliner Museum außer einigen Skulpturen und In-
schriftsteinen auch eine große Zahl von Architekturproben
überlassen, die meist von dem berühmten, von Hermogenes
erbauten Artemistempel herrühren. Die Ausgrabungen sind
von Direktor Dr. Humann geleitet worden.

VERMISCHTES.

Das angebliehe Selbstporträt von Rubens von 1599. Der
Zufall bat es gefügt, dass das von Rooses in seinem Rubens-
werke B. IV, Nr. 1042 erwähnte und darnach in unserem
ersten Aufsatze über Rubens im- Märzhefte der „Zeitschrift
für bildende Kunst" auf S. 135, Anm. 2) citirte Jugendbildnis
von Rubens auf einer am 0. März bei R. Lepke in Berlin
veranstalteten Auktion wieder zum Vorschein gekommen ist.
Es wurde mit der ganzen Sammlung des Herrn Eduard Houben
versteigert, desselben Herrn, der es im Jahre 18Ü7 bei der

Auktion der Sammlung von A. G. Thiermann in Köln für
49 Thalcr gekauft hatte, und erzielte jetzt 309 Mark. Wer
mit den aus dem Besitze des Berliner Sammlers A. G. Thier-
mann stammenden Kunstschätzen einigermaßen vertraut ist,
der weiß, dass alle Provenienzen aus der Thiermann'schen
Sammlung mit Vorsicht aufzunehmen sind. Wir sind dabei
weit entfernt, den ganzen ehemaligen Bestand der Samm-
lung als verdächtig oder gar als gefälscht zu bezeichnen.
Es scheint sogar, dass Thiermann in seiner ersten Sammel-
zeit durch Vermittelung Berliner Händler aus den Nieder-
landen eine stattliche Zahl von hervorragenden Kunstwerken
(besonders Handzeichnungen und Radirungen) erworben hat,
deren Echtheit über jeden Zweifel erhaben ist, wenn auch
das eine oder andere Blatt manches noch ungelöste Rätsel
aufgiebt. Als aber mit den Jahren Thiermann's Sammel-
eifer zunahm, ohne dass sich sein kritischer Blick in glei-
chem Maße schärfte, besonders aber, als er sich in seinem
hohen Alter nur auf den Verkehr mit wenigen Personen
beschränkte, die seine Schwächen zu benutzen wussten, ist
er das Opfer eines Konsortiums von Fälschern geworden, die
ihm nur noch Seltenheiten ersten Ranges und Unika ins
Haus brachten. Die Mehrzahl dieser Fälschungen ist so
plump und lächerlich, dass sich die Kunstkritik nicht damit
zu befassen braucht. Anders steht es mit dem angeblichen
Selbstporträt von Rubens, das nicht so ohne weiteres als
Fälschung abgewiesen werden kann. Das auf weichem Holz
gemalte Bild misst 37 cm in der Höhe und 24 cm in der
Breite. Es stellt einen jungen Mann, der sein nach rechts
gewendetes Antlitz zu drei Vierteilen dem Beschauer zu-
kehrt, etwa bis zu der Hüfte dar. Sein Haupt ist mit
einem oben fast spitz zulaufenden Schlapphut von selt-
samer Form bedeckt. Um den Hals trägt er eine sorg-
fältig getollte Mühlsteinkrauso, dazu ein gelbes Wamms
und eine schwarze ärmellose Überweste. In der linken Hand
hält er eine Palette, in der rechten einen Pinsel. Auf der
Oberlippe bemerkt man den Anflug eines Bärtchens. eigent-
lich nur einen dünnen Strich, der ganz den Eindruck macht,
als wäre er erst später hinzugesetzt, als der Kopf längst
fertig war. Den Eindruck eines späteren Zusatzes macht
auch der geraffte purpurrote Vorhang, der in der linken
Ecke des Bildes, halb hinter dem Hute des Dargestellten
sichtbar ist. Auf der steinfarbenen Wand des Raumes, in
dem der angebliche Künstler steht, liest man die Inschrift
in Majuskeln: Aetatis mei (!) XXI 1509. Der flotte Zug und
die ganze Form der Buchstaben weisen auf unser Jahrhun-
dert. Der Verfasser der Inschrift, der nach bekannten Ana-
logieen den grammatischen Fehler absichtlich hineingebracht
hat, hatte trotz seiner Schlauheit vergessen oder nicht ge-
wusst, dass Rubens ein perfekter Lateiner war. An dem
Kopfe ist der mandelförmige Schnitt der Augen besonders
auffällig. Man wird zunächst an die Isabella Braut in der
Gaisblattlaube in München, dann aber an das Doppelbildnis
der beiden Rubenssöhne in Wien und Dresden erinnert.
Vielleicht hat der Urheber des Thiermann'schen Bildes das
leicht zugängliche Dresdener Exemplar benutzt, um nach
einem der Söhne ein Jugendporträt des Vaters zu rekon-
struiren. Jedenfalls zeugt die Arbeit, wenn man von einer
gewissen Ängstlichkeit der Mache und von einer ans Pedan-
tische grenzenden Verschmelzung der Töne absieht, von
einem nicht geringen Geschick, so dass man sich nicht völlig
der Annahme erwehren kann, dass hier vielleicht doch ein
Bild des 17. Jahrhunderts vorliegt, das nur von dem Fälscher
für seine Zwecke zurechtgestutzt worden ist. Die Ent-
scheidung dieser Frage, die übrigens in Anbetracht der
geringen Bedeutung des Objekts ziemlich gleich gültig ist,
 
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